Transkript
BERICHT
Psoriasis
IL-23- und IL-12/23-Hemmung zeigen geringeres PsA-Risiko
Hautpsoriasis und Psoriasisarthritis (PsA) sind klar miteinander assoziiert. Die World Health Organization (WHO) geht davon aus, dass bis zu ein Drittel der Patienten mit Psoriasis (1,3–34,7%) im Laufe ihres Lebens eine PsA entwickelt. Am diesjährigen Jahrestreffen der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) in Wien wurden interessante Erkenntnisse zur möglichen Entwicklung einer PsA bei Patienten mit Psoriasis vorgestellt.
Schon seit Längerem wird versucht, prognostische Faktoren bei Patienten mit Psoriasis zu identifizieren, die auf ein späteres Auftreten von PsA hinweisen. Allerdings hatten die bislang unternommenen Versuche mit methodischen Mängeln, wie zum Beispiel zu kleinen Patientenkollektiven, zu kämpfen. Britische Wissenschaftler werteten deshalb eine grosse Kohorte im Clinical Practice Research Datalink (CPRD) aus, um ein neues Prädiktionsmodell zu entwerfen (1).
Prognostische Faktoren für eine PsA
Dazu identifizierten und verfolgten die Forscher 122 330 Psoriasisfälle aus den Jahren 1998 bis 2019, von denen 2460 im Laufe der Zeit zusätzlich eine PsA entwickelten. Dabei zeigte sich, dass Patienten zwischen 30 und 50 Jahren das höchste und solche über 60 Jahre das geringste Risiko aufwiesen, eine PsA zu bekommen. Weitere Risikofaktoren waren männliches Geschlecht und ein Body-Mass-Index (BMI) von über 25. Zudem waren eine erhöhte Plasmaviskosität, eine zuvor erfolgte Phototherapie sowie Verschreibungen von Acitretin, Ciclosporin, Dimethylfumarat oder nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) mit einem erhöhten PsA-Risiko assoziiert (Hazard Ratio [HR]: 2,61 resp. 2,24). Diese Therapien könnten stellvertretend für den Schweregrad eine Psoriasis stehen, so die Autoren. Unter den muskuloskelettalen Befunden waren unspezifische Arthritis, Fingerschmerzen und geschwollene Knie weitere Risikofaktoren.
Daten von über 1 Million Psoriasispatienten
Eine spanische Arbeitsgruppe ging noch weiter: Sie wollte in einer am EULAR in Wien vorgestellten Studie (2) herausfinden, ob eine Assoziation zwischen dem Einsatz bestimmter Biologikatherapien bei Patienten mit Hautpsoriasis und dem späteren Auftreten von PsA besteht. Für die retrospektive TRINETX-Studie wurden die Daten von über 1 Million Menschen mit Psoriasis aus weltweit 30 Ländern ausgewertet. Dabei verglichen die spanischen Wissenschaftler die Inzidenzen von neu aufgetretener PsA bei Erst- und Zweitbehandlungen mit Biologika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen. Die in die Auswertung einbezogenen Patienten litten vor der Biologikabehandlung an Psoriasis, aber nicht an PsA. 24 700 erhielten als Ersttherapie TNF-(Tumornekrosefaktor-)Inhibitoren, 6020 IL-(Interleukin-)12/23-Inhibitoren, 5440 IL-17- und 5830 IL-23-Inhibitoren. Die PsA-Inzidenzen nach 5 Jahren betrugen in den adjustierten Kohorten
350 versus 530 (IL-12/23- vs. TNF-Hemmer), 460 versus 520 (IL-17- vs. TNF-Hemmer) und 240 versus 600 Patienten (IL-23- vs. TNF-Hemmer). Mit anderen Worten: Das Risiko für biologikanaive Patienten, nach 5 Jahren eine PsA zu entwickeln, sei im Vergleich zur TNF-Inhibition unter IL-12/23Hemmern um 34 Prozent (HR: 0,69) und unter IL-23-Hemmern um 60 Prozent (HR: 0,58) geringer gewesen, berichtete Dr. Beatriz Joven-Ibáñez, Madrid (SP). Auch bei Patienten, die in Zweitlinientherapie IL-12/23- oder IL-23-Hemmer erhalten hatten, war das PsA-Risiko nach 3 Jahren immerhin noch um 24 respektive 40 Prozent niedriger im Vergleich zur TNF-Hemmer-Therapie. Auch gegenüber IL-17-Hemmern zeigten sich IL-23-Inhibitoren überlegen. So war nach 3 und nach 5 Jahren das PsA-Risiko unter IL-23-Inhibition gegenüber IL-17-Inhibition in Erstlinientherapie um 55 Prozent und in Zweitlinientherapie um 45 Prozent reduziert.
Geringeres PsA-Risiko bei IL-23- und
IL-12/23-Inhibition
«Diese Datenanalyse mit der bislang grössten Anzahl von
Patienten zeigt unter den Biologika unterschiedliche Effekte
hinsichtlich ihrer Wirkmechanismen. Die Studie bietet die
Gelegenheit, Informationen zur Effektivität solcher Medika-
mente in ‹real life› über einen langen Zeitraum zu erhalten»,
so Joven-Ibáñez bei der Vorstellung der Ergebnisse in Wien.
Die Daten würden zeigen, dass IL-12/23- und IL-23-Inhibi-
toren die Inzidenz der PsA im Vergleich zur TNF-Inhibition,
aber auch zur IL-17-Inhibiton reduzierten, und zwar sowohl
bei biologikanaiven als auch bei biologikaerfahrenen Patien-
ten. Je mehr derartige Erkenntnisse zur Verfügung stünden,
desto eher sei es möglich, die PsA «abzufangen», sagte die
Rheumatologin. Der Einsatz von TNF-Inhibitoren als Erst-
linientherapie bei Patienten mit Psoriasis, aber ohne PsA,
müsse aufgrund der Ergebnisse der TRINETX-Studie infrage
gestellt werden, so die Wissenschaftlerin.
s
Klaus Duffner
Referenzen: 1. Rudge A et al.: POS0964: Dynamic prediction of psoriatic arthritis in a
cohort of psoriasis patients using uk primary care electronic health records. Ann Rheum Dis. 2024;83:699-700. 2. Joven-Ibáñez B et al.: OP0010: Evaluation of the risk of psoriatic arthritis in patients with psoriasis undergoing biological treatment. Global population study (TRINETX). Ann Rheum Dis. 2024;83:168-169.
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ARS MEDICI 21 | 2024