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BERICHT
Management von schwerem Asthma
Foto: KD
Zur Behandlung von schwerem Asthma stehen heute mehrere wirkungsvolle Biologika zur Verfügung. Unterstützt wird ihr Einsatz durch die Entwicklung einer ganzen Reihe von Biomarkern. Prof. Celeste Porsbjerg aus Kopenhagen (DK) erklärte am diesjährigen Kongress der European Academy of Allergy & Clinical Immunology (EAACI), welche Biologika für welche Asthmareaktionswege geeignet sind.
Die Behandlung von schwerem Asthma hat
sich in den vergangenen Jahrzehnten stark ver-
ändert. Auf die anfangs sehr breit gefächerte
systemische Behandlung mit Kortikosteroiden
und Beta-2-adrenergen Rezeptoragonisten
folgten spezifischere Kortikosteroide und
Bronchodilatatoren. Sie wurden durch immun-
basierte Therapien mit Biologika und später
durch spezifischere Behandlungen ergänzt res-
Celeste Porsbjerg
pektive abgelöst. «Heute befinden wir uns in der Biologika-Ära und sehen eine stetige Ent-
wicklung hin zu personalisierten Therapien», sagte Porsbjerg
am Jahreskongress der EAACI in Valencia (E).
Exzellente Biomarker vorhanden
Tatsächlich ist die T2-Entzündung eine heterogene Situation, an der verschiedene Reaktionswege beteiligt sein können. Solche Asthmareaktionswege können mittlerweile individuell bestimmt werden. Im Vergleich zu anderen Entitäten, hat man bei Asthma den grossen Vorteil, über exzellente Biomarker zu verfügen, die als Prädiktoren für den möglichen Verlauf einer Therapie mit Biologika dienen. Obwohl beispielsweise bei der rheumatoiden Arthritis (RA) schon deutlich länger Biologika eingesetzt würden, besitze man dort nicht das Level der Phänotypisierung, das bei der Asthmatherapie vorhanden sei, so die dänische Spezialistin für schweres Asthma. «Wir haben uns von einer rein antientzündlichen zu einer zielgerichteten individuellen Therapie gewandelt», so Porsbjerg.
Weniger Exazerbationen und weniger Steroide
Welche Response kann beim Einsatz eines Biologikums bei Patienten mit schwerem Asthma erwartet werden? «Als die wichtigsten klinischen Effekte wollen wir erstens weniger Exazerbationen und zweitens die reduzierte Verwendung von oralen Steroiden in der Erhaltungstherapie», so Porsbjerg. Hingegen würden bei der Lungenfunktion und Symptomkontrolle nur wenige Fortschritte gemacht, wie aus plazebokontrollierten Studien hervorgehe. Je nach Reaktionsweg können bei schwerem Asthma folgende Biologika eingesetzt werden:
Anti-IgE-Behandlung
Bei Patienten mit IgE-vermitteltem Asthma und perennialer Allergie und Exazerbationen oder der Notwendigkeit, täglich orale Kortikosteroide (OCS) zu verwenden, zeige die Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Omalizumab (Xolair®) hinsichtlich der Reduktion von Exazerbationen, dem geringeren Einsatz von Prednisolon und der Verminderung von Nasenpolypen gute Effekte, berichtete Porsbjerg. Zudem sei bei nicht wenigen Betroffenen auch eine Verbesserung der Lungenfunktion und der Symptome zu beobachten. Zwar gibt es für diese Therapie derzeit noch keine echten Biomarker, allerdings sind ein erhöhtes Level der Eosinophilen, erhöhtes fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid (FeNO), das Vorhandensein einer allergischen Rhinitis und der Beginn der Erkrankung im Kindesalter Prädiktoren für einen erfolgreichen Einsatz von Omalizumab.
Anti-IL-5-Behandlung
Die Indikation für eine Anti-IL-5-Behandlung bei Patienten mit schwerem Asthma sind erhöhte Eosinophile und entweder Exazerbationen oder die Notwendigkeit einer täglichen OCS-Behandlung. Dabei können die spezifischen Indikationskriterien von Land zu Land variieren. Die für eine Anti-IL-5-Behandlung infrage kommenden Biologika sind die humanisierten monoklonalen Antikörper Mepolizumab (Nucala®), Reslizumab (Cinqaero®) und Benralizumab (Fasenra®). Sie führen dazu, dass weniger Exazerbationen auftreten, die Verwendung von OCS reduziert wird und nasale Polypen zurückgehen. Wie bei der Anti-IgE-Behandlung ist bei einigen Betroffenen auch eine Verbesserung der Lungenfunktion und der Symptome zu beobachten. Der Effekt auf die Biomarker ist eindeutig, nämlich eine Reduktion der Eosinophilen. Als Prädiktoren für eine erfolgreiche Behandlung gelten eine erhöhte Eosinophilenkonzentration, die Exazerbationsrate, der frühe Beginn der Erkrankung (wobei diese Patienten typischerweise einen eher späteren Beginn des Asthmas zeigen) und Nasenpolypen.
Anti-IL-4-Behandlung
Für eine Anti-IL-4 Therapie steht der monoklonale Antikörper Dupilumab (Dupixent®) bereit. Er ist für Patienten indi-
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Kasten:
Response bei Biologikatherapien (nach Prof. Parameswaran Nair, Hamilton, Kanada)
Super-Responder
Suboptimale Responder
▲ keine Exazerbationen
▲ < 50% Reduktion der Exazerbationen ▲ Prednisonreduktion um 75% bis 100% ▲ Prednisonreduktion < 50% ▲ ACQ < 0,5 ▲ ACQ > 1,5
▲ FEV1-Verbesserung > 500 ml
▲ FEV1-Verbesserung < 200 ml ▲ Verbesserung einer Sinusitis Responder Gescheitert ▲ 50% Reduktion der Exazerbationen ▲ Verschlechterung unter Therapie ▲ Prednisonreduktion um 50% ▲ < 25% Reduktion der Exazerbationen ▲ ACQ < 1,5 ▲ keine Prednisonreduktion oder Steigerung der Dosierung ▲ FEV1-Verbesserung 200–500 ml ▲ FEV1-Verschlechterung ▲ Verschlechterung der Entzündungen Modifiziert nach Upham J et al.: Defining a Severe Asthma Super-Responder: Findings from a Delphi Process. J Allergy Clin Immunol Pract. 2021;9(11):3997-4004. ziert, die neben einem schweren Asthma entweder erhöhte Eosinophilenkonzentration (oder FeNO) und Exazerbationen zeigen oder auf tägliche OCS angewiesen sind. Die klinischen Effekte einer solchen Therapie sind verminderte Exazerbationen, OCS-Reduktion, reduzierte Mukushypersekretion und weniger Nasenpolypen. Auch hier können bei einzelnen Betroffenen auch die Lungenfunktion und die Asthmasymptome eine Verbesserung zeigen. Als Effekte auf die Biomarker gelten reduzierte FeNO- und IgE-Level. Zudem können durch die Behandlung bei manchen Betroffenen auch die Eosinophilen erhöht sein. Prädiktoren für einen Therapieerfolg sind Eosinophilenzahl, FeNO und Nasenpolypen. Anti-TSLP-Behandlung Die Anti-TSLP-Behandlung mit Tezepelumab (Tezspire®) ist die erste Therapie, die bei allen Asthmaphänotypen wirkt. Ob hohe oder niedrige T2-Biomarker, es würden signifikante Effekte gegen Exazerbationen beobachtet, sagte Porsbjerg. Allerdings würden zweifellos die besten Effekte bei Patienten mit hohen T2-Biomarker-Level erzielt. Neben den reduzierten Exazerbationen lassen sich auch Verbesserungen der Atemwegshyperreaktivität (AHR) und der Mukushypersekretion feststellen. Bei erfolgreicher Therapie kommt es zu einer deutlichen Reduktion von T2-Entzündungen und der Biomarker FeNO, IgE, Eosinophile und AHR. Tezepelumab ist zudem das erste Biologikum, das eine Reduktion von Atemwegshyperreaktivität gezeigt hat. Als weitere Effekte bei einigen Individuen sind Verbesserungen der Lungenfunktion und der Asthmasymptome möglich. Für eine Behandlung mit Tezepelumab kommen Patienten mit schwerem Asthma und Exazerbationen oder Patienten mit einem täglichen OCS-Bedarf infrage. Je nach länderspezifischer Zulassung können für die Indikation auch die Anwesenheit von T2-Entzündungen, Allergien gegen Aeroallergene oder Atemwegshyperreaktivität ein Kriterium sein. Fazit Derzeit steht eine ganze Reihe unterschiedlicher Biologika zur Behandlung von schwerem Asthma zur Verfügung. Die zentralen Effekte einer Behandlung mit solchen Medika- menten sind die Reduktion der Exazerbationen und der OCS-Gaben. Bei manchen Betroffenen könne sogar eine klinische Remission eingeleitet werden, was «eine fantasti- sche Sache» und das Therapieziel der Zukunft sei, betonte Porsbjerg. Neuere Biologika wie Dupilumab oder Tezepelu- mab hätten eine breitere Wirkung auf die T2-Signalwege, so die Expertin. s Klaus Duffner Quelle: Jahreskongress der European Academy of Allergology and Clinical Immunology(EAACI), Symposium 5 «Successfully managing severe asthma» am 31. Mai 2024 in Valencia (Spanien). 446 ARS MEDICI 19 | 2024