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Behandlung der dekompensierten Herzinsuffizienz
Vier wichtige Phasen bis zur «Tagesordnung»
Foto: vh
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Bei Patienten mit akut dekompensierter Herzinsuffizienz ist das Mortalitätsrisiko während des Spitalaufenthalts und in der ersten Zeit bis zu einem Jahr später hoch. Deshalb ist eine optimale Behandlung im Spital sowie ein gut aufeinander abgestimmter Übergang von stationär zu ambulant entscheidend für ein gutes Outcome. Die kardiale Rehabilitation unterstützt in der Folge die Nachhaltigkeit der getroffenen Massnahmen.
Gleich vom Zeitpunkt der Hospitalisierung
eines dekompensierten Herzinsuffizienzpatien-
ten an sollte auf die Spitalentlassung hingear-
beitet werden, betonte Dr. Matthias Paul, Lei-
tender Arzt Kardiologie, Luzerner Kantonsspi-
tal, am Jahreskongress der Schweizerischen
Gesellschaft für Kardiologie (SGK/SSC) in
Lausanne. Das geschieht in mehreren Phasen.
In der 1. Phase nach der Spitalaufnahme erfolgt
Matthias Paul
die rasche und aggressive Dekongestion sowie die Suche nach dem Trigger, die Abklärung der Ätio-
logie und der Risikofaktoren. In der 2. Phase, der
Vorbereitung der Spitalentlassung, wird die De-
kongestion bis zum Absinken der natriuretischen
Proteine um mindestens 30 Prozent, der Norma-
lisierung der Elektrolyte, des Gewichts und des
linksventrikulären Füllungsdrucks (1) fortge-
führt, Komorbiditäten erfasst und behandelt
sowie die Herzinsuffizienztherapie begonnen
oder eine bestehende optimiert. In dieser Zeit er-
Jan Vontobel
hält der Patient ausserdem eingehende Informationen zu seiner Erkrankung, zur Selbstmonitori-
sierung und Ratschläge zu Verhaltensweisen bei
Auftreten von bestimmten Symptomen. Damit nach der Ent-
lassung keine Komplikationen auftreten, sollte darüber hinaus
sichergestellt werden, dass der Patient stabil und euvoläm ist,
zuhause eine adäquate Versorgung hat und psychisch stabil ist.
Des Weiteren sollen zeitnahe Follow-up-Kontrolltermine beim
Hausarzt oder beim Kardiologen zur raschen Auftitrierung der
Medikation koordiniert werden.
Die 3. Phase umfasst die Spitalentlassung beziehungsweise
den Übergang von stationär zu ambulant. Dazu bedarf es
ausreichender Informationen an den Hausarzt beziehungs-
weise an den Kardiologen hinsichtlich der raschen Auftitrie-
rung der Medikation auf die höchstmögliche vertragene
Dosis innerhalb von 6 Wochen beziehungsweise der Anpas-
sung der Diuretika bei Verschlechterung der Symptome. In
komplexen Fällen helfe es, den Medikationsplan telefonisch
zu besprechen und sich einen Follow-up-Termin bestätigen
zu lassen, so Paul.
Ein Beispiel für einen Ablaufplan ab Spitalentlassung mit
Angaben darüber, durch wen was wann erledigt werden
kann, ist in der Tabelle dargestellt.
Dass eine möglichst rasche und intensive Auftitrierung der guidelinekonformen Medikation im Vergleich zu einer Standardbehandlung ein besseres Outcome zeigt (2), hatte die STRONGHF-Studie gezeigt. Deren Resultate trugen zu den aktualisierten ESC-Empfehlungen zum Therapiemanagement der Herzinsuffizienz kurz vor und nach Spitalentlassung (3) bei.
Besseres Outcome mit intensiver Nachsorge
Die Studie untersuchte den Effekt einer raschen Auftitrierung der neurohormonalen Blockade bei herzinsuffizienzbedingt hospitalisierten Patienten (n = 542) kurz vor und nach der Spitalentlassung versus Standardtherapie (n = 542). Die Patienten erhielten bereits 2 Tage vor Spitalentlassung etwa 50 Prozent der Zieldosis der Therapie mit ACE-Hemmern/ ARNI/Sartan, Betablockern und MRA, die innerhalb der folgenden 2 Wochen auf 100 Prozent auftitriert wurden (2). Bei 4 Kontrollterminen innerhalb von 2 Monaten nach Entlassung wurden der klinische Status, Laborwerte und das NTproBNP überprüft. Die Studie wurde wegen unerwartet grosser Unterschiede zwischen den Gruppen vorzeitig gestoppt. Nach 180 Tagen war in der Gruppe mit der Standardnachsorge bei 23,3 Prozent der Patienten ein Endpunktereignis (herzinsuffizienzbedingte Rehospitalisation oder Tod jeglicher Ursache) eingetreten. Unter der Intensivnachsorge war die Ereignisrate um 8,1 Prozent tiefer (15,2%) (Risk Ratio: 0,66; 95%-Konfidenzintervall: 0,50–0,86; p = 0,0021), was einer relativen Risikoreduktion um 34 Prozent entspricht (2).
Rehabilitation als 4. Phase
In einer 4. Phase kann der Patient von einer ambulanten kardialen Langzeitrehabilitation profitieren, um den erreichten stabilen Status möglichst lange aufrechtzuerhalten und zu verbessern. Es erhielten aber nur etwa 20 Prozent der Herzinsuffizienzpatienten die Möglichkeit, an einem solchen Rehaprogramm teilzunehmen, bedauert Dr. Jan Vontobel, Ärztlicher Direktor und Chefarzt Kardiologie, Hochgebirgsklinik Davos. Grund dafür sei die je nach Krankenkasse unterschiedliche Kostenübernahme. Dass sich eine kardiale Rehabilitation bei Herzinsuffizienzpatienten durchaus lohnen würde, zeigte ein systematischer Cochrane-Review mit Metaanalyse von 60 Studien und 8728 Patienten (4). Den Resultaten zufolge reduziert eine bewe-
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Tabelle: Follow-up-Plan nach HF-Spitalentlassung
Wann
1 Woche
2 Wochen
4–6 Wochen 3 Monate
alle 3–6 Monate
(nach Entlassung)
Wer
Hausarzt Kardiologe Hausarzt Kardiologe Hausarzt
Was
klinische klinische klinische klinische klinische
Evaluation Evaluation
Evaluation
Evaluation plus Evaluation
plus Labor
plus Labor
Echokardiografie, plus Labor
(K, Crea)
(K, Crea)
Evaluation
(K, Crea)
von ICD/CRT
HF-coaching
HF-coaching
Auftitrierung der HF-Medikation Medikations-Check
Zielgewicht und Adaptation der Diuretika (Reduktion wenn möglich)
alle 6–12 Monate
Kardiologe klinische Evaluation plus Echokardiografie, wenn nötig
HF-coaching (wenn nötig) Medikations-Check
Abkürzungen: HF: Herzinsuffizienz; K: Kalium; Crea: Kreatinin; ICD: implantierbarer Kardioverter-Defibrillator; CRT: kardiale Resynchronisationstherapie Quelle: M. Paul, SSC 2024, Lausanne
gungsbasierte Rehabilitation das kurzfristige (≤ 12 Monate) Hospitalisierungsrisiko jeglicher Ursache um 31 Prozent mit einer Number Needed to Treat (NNT) von 13 und verbessert in klinisch relevantem Ausmass die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Langfristig (> 12 Monate) fallen die Resultate ähnlich aus (4). Gemäss einer weiteren Studie (HF-ACTION) profitieren beide Geschlechter in Bezug auf die Veränderung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) nach 3 Monaten gleich stark, doch zeigte sich bei Frauen eine grössere Reduktion des kombinierten Endpunkts Gesamtmortalität und Dauer des Spitalaufenthalts (5). Eine länger dauernde Studie aus Japan mit einer Nachbeobachtungszeit von 2,4 Jahren zeigte bei Herzinsuffizienzpatienten mit poststationärer kardialer Rehabilitation eine signifikante Reduktion hinsichtlich Gesamtmortalität und herzinsuffizienzbedingter Rehospitalisation von 23 Prozent gegenüber HF-Patienten ohne kardiale Rehabilitation (6). Eine Subgruppenanalyse zeigte ausserdem, dass auch Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) sowie gebrechliche Patienten davon profitiert haben (6). Bei Letzteren verlängerte sich das Überleben bei mildem bis moderatem Frailtystatus signifikant. Bei schwerer Frailty brachte das Rehabilitationsprogramm dagegen keinen Nutzen mehr (6). Das bedeute, dass man mit einer kardialen Rehabilitation nicht allzu lange zuwarten sollte, so Vontobel.
Warum Training wirkt
Ein kardiales Bewegungsprogramm erhöht die VO2max um 12 bis 33 Prozent. Dies hauptsächlich infolge einer gestiegenen arteriovenösen Sauerstoffdifferenz. Im Allgemeinen ist eine parallele Verbesserung der Ventilations- oder Laktatschwelle sowie eine Senkung der Herzfrequenz und der Laktatwerte bei festgelegten submaximalen Arbeitsbelastungen zu beobachten. Für einen Grossteil des Nutzens der aeroben Bewegungstrainings bei HF-Patienten sind die Verbesserung der peripheren Durchblutung und die verbesserte Morphologie und Funktion der Skelettmuskulatur verantwortlich. Nach 6 Monaten aerobem Training wurde eine Zunahme der mitochondrialen Volumendichte um etwa 20 Prozent und der Cytochrom-C-Oxidase-positiven Mitochondrien um 41 Prozent festgestellt. Diese Zunahmen korrelierten mit Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit, so Vontobel.
Kardiale Reha als Ergänzung zur medikamentösen Therapie
Die Auswirkungen von Medikamenten auf die Lebensqualität sind sehr unterschiedlich, so Vontobel. Die meisten wichtigen Medikamentenklassen hätten entweder keinen Nutzen für die Lebensqualität oder die durchschnittliche Verbesserung liege unter dem, was als patientenrelevante Wirkung angesehen werden könnte (7). Bei HF-Patienten mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) führten nur intravenöses Eisen und ARNI (Valsartan/Sacubitril) nach 3 Monaten zu einer mittleren Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, die über dem 5-Punkte-Schwellenwert bei KCCQ (Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire) oder MLWHF (Minnesota Living with Heart Failure) lag und einen klinisch wichtigen Unterschied widerspiegelte (7). Nur bei HFpEF übertraf die Verwendung des SGLT2-Hemmers Dapagliflozin den 5-Punkte-Schwellenwert, obwohl in anderen Studien, einschliesslich der grösseren EMPEROR-Preserved-Studie mit Empagliflozin, eine geringere Verbesserung der KCCQ im Vergleich zu Plazebo festgestellt wurde. Der beträchtliche Zugewinn an gesundheitsbezogener Lebensqualität durch die kardiale Rehabilitation unterstreicht daher die Bedeutung ihrer Kombination mit der derzeitigen guidelinekonformen Therapie mit den «fantastischen 4» (ACE-Hemmer/ARNI/Sartan, Betablocker, MRA, SGLT2Hemmer) als «5. Säule» der Behandlung der Herzinsuffizienz (7). Die ESC-Guidelines empfehlen für alle stabilen HFrEFoder HFmr(mid-range)EF-Patienten ein individualisiertes kardiales Bewegungsprogramm zur Verbesserung der Leistungskapazität, der Lebensqualität und zur Senkung der Rehospitalisierungshäufigkeit (8). Die kardiale Rehabilitation ermögliche es ausserdem, auf die Präferenzen der Patienten einzugehen, um ihre Morbidität, ihr Überleben und ihre Lebensqualität zu verbessern (7), so Vontobel abschliessend.s
Valérie Herzog
Quelle: «Double trouble: Heart & kidney failure». Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (SGK/SSC), 19. bis 21. Juni, Lausanne.
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Referenzen: 1. Metra M et al.: Pre-discharge and early post-discharge management of
patients hospitalized for acute heart failure: A scientific statement by the Heart Failure Association of the ESC. Eur J Heart Fail. 2023;25(7):11151131. doi:10.1002/ejhf.2888. 2. Mebazaa A et al.: Safety, tolerability and efficacy of up-titration of guideline-directed medical therapies for acute heart failure (STRONG-HF): a multinational, open-label, randomised, trial. Lancet. 2022;400(10367):1938-1952. 3. McDonagh TA et al.: 2023 Focused update of the 2021 ESC guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J. 2023;ehad195. 4. Molloy CD et al.: Exercise-based cardiac rehabilitation for adults with heart failure - 2023 Cochrane systematic review and meta-analysis. Eur J Heart Fail. 2023;25(12):2263-2273. doi:10.1002/ejhf.3046. 5. Piña IL et al.: Effects of exercise training on outcomes in women with heart failure: analysis of HF-ACTION (heart failure-a controlled trial investigating outcomes of exercise training) by sex. JACC Heart Fail. 2014;2(2):180-186. doi:10.1016/j.jchf.2013.10.007. 6. Kamiya K et al.: Multidisciplinary cardiac rehabilitation and long-term prognosis in patients with heart failure. Circ Heart Fail. 2020;13(10):e006798. doi:10.1161/CIRCHEARTFAILURE.119.006798. 7. Taylor RS et al.: Cardiac rehabilitation for heart failure: ‹Cinderella› or evidence-based pillar of care?. Eur Heart J. 2023;44(17):1511-1518. doi:10.1093/eurheartj/ehad118. 8. Pelliccia A et al.: 2020 ESC Guidelines on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease. Eur Heart J. 2021;42(1):17-96. doi:10.1093/eurheartj/ehaa605
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