Transkript
Prävention von RSV-Infektionen
Expertengruppe erarbeitet Empfehlungen für Säuglinge und Kleinkinder
Infektionen
Die Expertenarbeitsgruppe Nirsevimab hat eine Konsenserklärung für die Anwendung des monoklonalen Antikörpers Nirsevimab (Beyfortus®) zur Prävention von Infektionen mit dem Respiratorischen-Synzytial-Virus (RSV) bei Neugeborenen und Kindern bis zu zwei Jahren formuliert.
Fast alle Kinder erkranken innerhalb der ersten zwei Lebensjahre an einer Infektion mit dem Respiratorischen-Synzytial-Virus (RSV). In Ländern mit hohem Einkommen ist die RSV-Infektion eine der Hauptursachen für Spitalaufenthalte in dieser Altersgruppe. In der Schweiz wurden im Jahr 2021 pro 1000 Einwohner 56 Kinder im Alter von 0 Monaten, 63 Kinder im Alter von 1–2 Monaten und 26 Kinder im Alter von 3–5 Monaten sowie 15 im Alter von 6–11 Monaten und 7 im 2. Lebensjahr hospitalisiert (1). Im Jahr 2022 kam es zu mindestens 5 Todesfällen aufgrund von RSV bei Kindern unter 2 Jahren (2). Rund 90 Prozent der Kinder < 1 Jahr, die wegen RSV hospitalisiert werden, sind ansonsten gesunde Terminkinder oder späte Frühgeborene ohne medizinische Risikofaktoren. Im 2. Lebensjahr sinkt der Anteil gesunder, wegen RSV hospitalisierter Kinder auf 60–75 Prozent (3). Im Dezember 2023 hat Swissmedic den monoklonalen Antikörper Nirsevimab zur Prävention schwerer RSV-Infektionen bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern zugelassen, und die Expertenarbeitsgruppe Nirsevimab (Mitglieder siehe Kasten) hat Empfehlungen zur Anwendung des Medikaments Beyfortus® bei den kleinen Patienten erarbeitet. Empfehlungen Die Experten empfehlen für alle Säuglinge im ersten Lebensjahr eine einmalige Dosis des monoklonalen Antikörpers Nirsevimab als passive Grundimmunisierung gegen das RSV. Bei Kindern, die zwischen April und September geboren werden, soll der Antikörper im Oktober oder baldmöglichst später verabreicht werden. Die Experten weisen darauf hin, dass er gleichzeitig mit den regulären Impfstoffen (DTPa-IPV-Hib-HBV, PCV, Meningokokken-Impfstoffe, MMR, MMRV) appliziert werden kann. Für Kinder, die zwischen Oktober und März geboren werden, raten die Fachleute zur Gabe von Nirsevimab in der ersten postnatalen Woche, idealerweise auf der Entbindungsstation oder, falls das Kind nach der Geburt hospitalisiert ist, vorzugsweise vor der Entlassung. Zusätzlich wird eine zweite Dosis für Kinder im Alter von 24 Monaten oder für jüngere Kinder empfohlen, die in ihre zweite RSV-Saison eintreten und bei denen chronische angeborene oder erworbene Erkrankungen vorliegen, die mit einem dauerhaft hohen Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung verbunden sind. Dazu gehören hämodynamisch bedeutsame angeborene oder erworbene Herzerkrankungen (z. B. zyanotische Herzfehler), eine pulmonale arterielle Hypertonie, chronische Lungenerkrankungen (z. B. mittelschwere bis schwere BPD, Lungenfehlbildungen und zystische Fibrose), angeborene Stoffwechselstörungen mit Auswirkung auf die Herzoder Lungenfunktion, angeborene oder erworbene neurologische Erkrankungen (wie Epilepsie und Zerebralparese) und neuromuskuläre Erkrankungen sowie eine angeborene, erworbene oder medikamenteninduzierte Immunschwäche, das Down-Syndrom und andere Chromosomenanomalien, eine Frühgeburtlichkeit mit einem Gestationsalter (GA) < 33 Wochen und andere chronische Erkrankungen, die zu einer schweren RSV-Erkrankung führen können (z. B. chronische Lebererkrankungen oder Organfehlbildungen). Nirsevimab sollte nicht während der gleichen Saison verabreicht werden, in der das Kind bereits eine RSV-Infektion durchgemacht hat. Wenn in der Vorgeschichte schwere allergische Reaktionen auf den Antikörper oder einen der Inhaltsstoffe von Beyfortus® aufgetreten sind, ist Nirsevimab kontraindiziert. Petra Stölting Quelle: Nirsevimab expert working group: Consensus statement / recommendation on the prevention of respiratory syncytial virus (RSV) infections with the monoclonal antibody Nirsevimab (Beyfortus®); Januar 2024. Referenzen: 1. Stucki M et al.: RSV epidemiology and health care recource use associated with RSV patients in inpatient care in Switzerland 2016–2021. Poster at ESWI conference 2023. 2. BFS/ FS: Medizinische Statistik der Krankenhäuser 2023 / Statistique médicale des hôpitaux 2023. 3. Munro APS et al.: The disease burden of respiratory syncytial virus in Infants. Curr Opin Infect Dis. 2023;36:379-384. Zur Expertenarbeitsgruppe Nirsevimab gehören Vertreter von • Pädiatrie Schweiz • Kinderärzte Schweiz • Pädiatrische Infektiologie Gruppe Schweiz (PIGS) • Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie • Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie • Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie • Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe • Schweizerische Gesellschaft für Neuropädiatrie • Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) • Bundesamt für Gesundheit (BAG) 3/24 Pädiatrie 21