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Reiseimpfungen
Was bei Rheumapatienten beachtet werden sollte
Dank neuer Therapien können auch immer mehr Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen Fernreisen unternehmen. Worauf im Hinblick auf die erforderlichen Impfungen geachtet werden sollte, erläutern Experten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh).
Zunächst weisen sie darauf hin, dass manche Rheumamedikamente eine effektive und dauerhafte Reaktion des Immunsystems auf eine Impfung verhindern. «Diese begrenzte Wirksamkeit, auch bei Erstimpfungen, sollte mit den Patienten besprochen werden», sagt Dr. med. Ioana Andreica, Rheumatologin am Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne (D). Wann und mit welchem Erfolg geimpft werden kann, hängt von der Art und Dosierung der Medikation sowie von der Aktivität der Erkrankung ab. Generell sollte nicht in einen Krankheitsschub «hineingeimpft» werden, raten die Experten. Totimpfstoffe seien grundsätzlich sicher, allerdings kann der Impfschutz schwächer ausfallen. Bei Personen unter Immunsuppression sollten Lebendimpfstoffe möglichst vermieden werden. Als nicht immunsuppressive Medikamente gelten zum Beispiel Hydroxychloroquin, Sulfasalazin und Apremilast. Immunsuppressiv wirken hingegen bestimmte Biologika wie TNF-Blocker, Abatacept oder Rituximab. Auch hoch dosierte Glukokortikoide, Azathioprin oder hoch dosiertes Methotrexat dämpfen die Immunantwort. Impfungen sollten möglichst vor einem Therapiestart mit immunsuppressiven Medikamenten vorgenommen werden.
Reise- und Standardimpfungen
Für Personen mit eingeschränkter Immunfunktion gelten prinzipiell dieselben Impfempfehlungen wie für andere Reisende. Je nach Reiseziel sollte ein Impfschutz gegen Cholera, Dengue (in der Schweiz noch nicht zugelassen), Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Gelbfieber, Japanische Enzephalitis, Meningokokkeninfektionen, Tollwut und Typhus angestrebt werden. Einige Impfungen, beispielsweise gegen Gelbfieber, Meningokokken, Poliomyelitis oder Masern, werden im internationalen Reiseverkehr vorgeschrieben. Des Weiteren empfehlen die Experten, im Rahmen einer reisemedizinischen Impfberatung auch die Überprüfung der Standard- und Indikationsimpfungen. Dazu gehören Tetanus, Diphtherie, HPV, Herpes zoster, Pertussis, Masern, Meningokokkeninfektionen (ACWY), Pneumokokken, Influenza, Hepatitis A und B, Poliomyelitis, COVID-19 und – seit Kurzem – Meningokokken-B. «Für die meisten dieser Impfungen gibt es Totimpfstoffe, die auch bei Immungeschwächten sicher sind. Die Impfungen sollten spätestens zwei Wochen vor Reisebeginn abgeschlossen sein, um eine ausreichend schützende Immunität und das Abklingen oder eine Behandlung etwaiger unerwünschter Arzneimittelwirkungen vor Reiseantritt zu gewährleisten», sagt Andreica. Unter Umständen werde aber nur ein eingeschränkter Impfschutz aufgebaut. Im Falle der Hepatitis-A-Impfung wird deshalb eine zusätzliche Impfdosis empfohlen.
Lebendimpfstoffe gegen Gelbfieber und Dengue
Der wichtigste Lebendimpfstoff unter den Reiseimpfungen ist die Gelbfieberimpfung, die etliche tropische Länder verpflichtend vorschreiben. «Bei Personen mit geschwächtem Immunsystem besteht die Gefahr, dass der Lebendimpfstoff die Gelbfiebererkrankung auslöst, gegen die er schützen soll. Denn das geschwächte Immunsystem kann die abgeschwächten Viren im Lebendimpfstoff nicht wirksam abwehren», sagt Andreica. Um solche Impfkompli-
kationen zu vermeiden, wäre theoretisch eine Immunsuppressionspause von etwa drei Monaten oder länger, je nach Immunsuppression, vor und vier Wochen nach der Lebendimpfung erforderlich. Dies ist wegen der Gefahr eines Schubes der rheumatischen Erkrankung meist nicht möglich. Neue Daten zeigen jedoch, dass unter Umständen die Gelbfieberimpfung unter einer leichten Immunsuppression möglich ist. Laut Fachinformation für Stamaril® kann eine Impfung unter niedrig dosierter Kortisoneinnahme vorgenommen werden. Auch bei der in Europa, jedoch nicht in der Schweiz zugelassenen Dengueimpfung handelt es sich um einen Lebendimpfstoff, der bei immunsupprimierten Personen nicht verabreicht werden darf. Weil hier noch Erfahrungswerte fehlen, ist dies auch unter geringer Immunsuppression kontraindiziert. «Neben den Impfungen sollten im Rahmen der Beratung aber auch weitere Themen zur Sprache kommen, die für Rheumapatienten wichtig sind, wie beispielsweise Wechselwirkungen zwischen Immunsuppressiva und einer notwendigen Malariaprophylaxe», sagt DGRh-Präsident Prof. Dr. med. Christof Specker.DGRh/PS s
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh) vom 12.07.2024
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