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STUDIE REFERIERT
Pflanzliche Alternative
Wirksamkeit und Sicherheit von Johanniskrautextrakt bei Depression
Der Extrakt aus Johanniskraut gilt als nebenwirkungsarme Alternative zu selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) bei Depression. Allerdings gibt es widersprüchliche Studien zu seiner Wirksamkeit. Eine aktuelle Metaanalyse kommt jetzt zu positiven Resultaten.
Advances in Clinical and Experimental Medicine
Depressionen sind die häufigste psychische Störung, von der weltweit etwa 3,8 Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Zu den klinischen Symptomen von Depressionen gehören unter anderem Traurigkeit, Angstzustände und häufige Stimmungsschwankungen. Depressionen haben erhebliche Auswirkungen auf das Sozialverhalten der Patienten und führen dazu, dass sich die Betroffenen von der Gesellschaft abkapseln und bizarren Gedanken nachhängen. Wenn das Problem eskaliert, kann es zu einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sowie zu Selbstverletzungs- und Selbstmordgedanken führen. Üblicherweise werden für die Behandlung SSRI wie Fluoxetin, Paroxetin und Sertralin, Psychotherapie und Verhaltenstherapie eingesetzt. Da SSRI mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden sind, gilt Johanniskrautextrakt (St. John,s wort, SJW) als wirksame Alternative. Allerdings gibt es widersprüchliche Studien zu seiner Wirksamkeit. Viele Studien berichteten über positive Ergebnisse mit geringen Nebenwirkungen, während andere es nicht als geeignete Alternative taxierten. Aus diesem Grund wurden die Daten von 14 randomisierten, plazebokon-
trollierten Studien zur Verwendung von Johanniskrautextrakt in der Depressionstherapie versus SSRI oder Plazebo in einer Metaanalyse neu bewertet. In den Studien waren insgesamt 2270 Depressionspatienten eingeschlossen. Alle analysierten Arbeiten wurden zwischen 2000 und 2022 veröffentlicht.
Guter Effekt, weniger Nebenwirkungen
Alle untersuchten Studien zeigten, dass Johanniskrautextrakt ein sichereres und wirksameres Medikament ist als Plazebo, mit geringen Nebenwirkungen. Für Patienten, die entweder mit SSRI oder Johanniskrautextrakt behandelt wurden, ergaben sich eine gepoolte Odds Ratio (OR) von 2,44 (95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,33–4,45) für SSRI im Vergleich zu Johanniskrautextrakt und eine gepoolte OR von 0,46 mit einem 95%-KI von 0,26–0,83 für Plazebo im Vergleich zu Johanniskraut. Mit diesen statistisch signifikanten (p < 0,05) Ergebnissen und einer statistisch signifikanten Sensitivität von 80 Prozent empfehlen die Autoren Johanniskrautextrakt als wirksames Medikament für Erwachsene mit leichten bis mittelschweren Depressionen. Darüber hinaus war der Anteil der Patienten mit
verbesserten Depressionssymptomen, gemessen anhand der Hamilton-Depressionsskala (HAMD), in der Johanniskrautgruppe signifikant grösser als unter Plazebo und SSRI.
Fazit
SSRI werden häufig zur Behandlung von Depressionen eingesetzt und können die klinischen Symptome deutlich lindern und den HAMD-Score senken. Allerdings induzieren sie starke Nebenwirkungen. Für leichte bis mittelschwere Depressionen sollte stattdessen Johanniskrautextrakt verwendet werden, da es sich um eine kostengünstige, leicht verfügbare und wirksame Behandlungsstrategie handelt, die nur geringe Nebenwirkungen induziert. Auf der Grundlage der aktuellen Metaanalyse und der statistisch signifikanten Ergebnisse empfehlen die Autoren daher den Einsatz von Johanniskraut bei Depressionen bei Erwachsenen. VH s
Quelle: Zhao X et al.: The efficacy and safety of St. John,s wort extract in depression therapy compared to SSRIs in adults: A meta-analysis of randomized clinical trials. Adv Clin Exp Med. 2023;32(2):151-161. doi:10.17219/acem/152942.
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