Transkript
Im Fokus: Leukämien bei Erwachsenen und Kindern
Nachbetreuung nach allogener Blutstammzelltransplantation
«Survival of the cure»
Dank neuer Techniken und verbesserter Supportivtherapien steigt die Zahl der Überlebenden nach allogener Blutstammzelltransplantation stetig. Dennoch hängt das Langzeitüberleben von der Entwicklung von Spätkomplikationen ab. Screening und Prävention sollten in enger Kooperation zwischen dem Hausarzt und dem Transplantationszentrum erfolgen. Wichtige Themen in der Nachsorge werden im Folgenden besprochen.
JÖRG HALTER
SZO 2013; 2: 27–31.
Gegenwärtig werden in der Schweiz jährlich rund 150
bis 200 Patienten mit einer allogenen Blutstammzell-
transplantation behandelt, die meisten davon wegen
einer zugrunde liegenden hämatoonkologischen
Neoplasie. Während die Nachbetreuung dieser Pati-
enten in früheren Jahren fast ausschliesslich an den
Transplantationszentren selbst erfolgte, findet diese
Jörg Halter
nun zunehmend in enger Zusammenarbeit mit den
zuweisenden Hämatologen und Onkologen statt.
Viele Patienten erfreuen sich nach der Transplanta-
tion einer sehr guten Lebensqualität. Andere leiden
demgegenüber unter erheblichen Spätkomplikatio-
nen. Gemäss internationalen Erfahrungen liegt die
Lebenserwartung für Patienten nach einer allogenen
Blutstammzelltransplantation auch 10 und 30 Jahre
später noch immer mindestens 10% unter derjenigen
der Normalbevölkerung, bedingt durch Spätrezidive,
chronische Graft-versus-Host-Krankheit (GvHD), In-
fekte, Zweitmalignome und verschiedene Organdys-
funktionen (1–3). Diese Zahlen dürften auch für die
Schweiz in etwa zutreffen. Dementsprechend
gehören die Prävention, die frühzeitige Diagnose
und die Behandlung von Spätkomplikationen mit zu
ABSTRACT
Follow-up after allogeneic hematopoietic stem cell transplantation
Thanks to many advances in new techniques and supportive care, the number of survivors after allogeneic hematopoietic stem cell transplantation is continuously increasing but long-term survivorship exposes for developing late complications. Therefore guidelines for screening and preventive practices have been developed and are best followed in close collaboration between the patient’s own practitioner and the transplant center. Some of the most important issues for follow-up are summarized in this paper.
Keywords: allogeneic hematopoietic stem cell transplantation, survivors, supportive care.
den Herausforderungen einer posttransplantären Nachsorge. In den letzten Jahren wurden verschiedene aktualisierte Empfehlungen zu Nachsorge und Impfungen nach allogener Blutstammzelltransplantation publiziert und sind im Internet frei zugänglich (4–8). Neben Spättoxizitäten nach Exposition gegenüber Chemo- und Radiotherapien sind nach allogener Blutstammzelltransplantation zusätzliche Komplikationen durch eine chronische GvHD und deren Behandlung sowie durch die Immundefizienz möglich. Nachfolgend werden die wichtigsten Grundlagen bei erwachsenen Patienten besprochen.
Immunrekonstitution, Infektneigung und Impfung
Die Immunrekonstitution nach allogener Blutstammzelltransplantation ist abhängig von der Art des Transplantats (Stammzellquelle: Knochenmark, periphere Blutstammzellen, Nabelschnurblut; T-Zell-Depletion; Übereinstimmung der Histokompatibilitätsantigene; Serostatus des Spenders für Herpesviren), vom Empfänger (Alter, Konditionierung, vorangegangene Infekte) sowie vom posttransplantären Verlauf (GvHD, Immunsuppression usw.). Während sich die Zellen des Immunsystems zahlenmässig relativ schnell erholen, ist die funktionelle Erholung deutlich protrahierter und schlechter voraussagbar. So normalisiert sich zum Beispiel die Neutrophilenzahl in der Regel innerhalb des ersten Monats nach Transplantation, während sich die Neutrophilenfunktion erst nach zirka 4 Monaten wieder normalisiert. Die Rekonstitution der T-Zellen dauert in der Regel 1 bis 2 Jahre oder noch länger bei anhaltender Immunsuppression, bei GvHD oder nach Transplantation von Nabelschnurblut, bei HLA-Mismatch oder nach T-Zell-Depletion.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2013
27
Im Fokus: Leukämien bei Erwachsenen und Kindern
Das bedeutet, dass trotz numerisch normaler peripherer Blutwerte nicht automatisch von einer adäquaten Infektabwehr ausgegangen werden kann und die Patienten weiterhin einem erhöhten Risiko für schwer verlaufende bakterielle, Pilz- oder Virusinfekte ausgesetzt sind. Dieses Risiko ist am höchsten in den ersten beiden Jahren nach Transplantation, besteht jedoch auch später fort bei chronischer GvHD oder anhaltender Immunsuppression. Vor allem bekapselte Bakterien (Meningokokken, Pneumokokken und H. influenzae) können schwer verlaufende Infekte auslösen, weshalb alle Patienten minimal über ein Reserveantibiotikum zu Hause verfügen sollten. Auch wird eine frühzeitige Impfung beginnend ab 6 Monate (für Influenza und Pneumokokken bereits ab 3 Monate) nach Transplantation unter Kontrolle der Impftiter empfohlen (6). An einzelne Zentren wird auch eine Antibiotikadauerprophylaxe – meist mit Penicillin – favorisiert. Aufgrund der Immundefizienz muss bei Infekten die Differenzialdiagnose weit gefasst werden. So ist zum Beispiel bei pulmonalen Infiltraten immer auch an Schimmelpilzinfekte zu denken. Gleiches gilt für Sinusitiden. Solange eine aktive chronische GvHD besteht, ist auch das Risiko für Pneumocystis-jiroveciiPneumonien vorhanden, welche noch Jahre nach Transplantation (gelegentlich selbst unter BactrimProphylaxe!) auftreten können. In Phasen intensivierter Immunsuppression sind auch Spätreaktivierungen von Zytomegalieviren (CMV), Varicella zoster (VZV) oder Herpes simplex (HSV) möglich und müssen bei Verdacht gezielt gesucht werden. Bezüglich der generell in der Schweiz empfohlenen Impfungen bei Patienten nach Blutstammzelltransplantation sei auf die aktuellen BAG-Empfehlungen verwiesen (6). Vor Auslandsreisen kommt dem betreuenden Arzt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Patienten in der frühzeitigen und sorgfältigen Reiseplanung und der Auswahl des Reiseziels zu. Neben allgemeinen Grundregeln (wie z.B. Safe Sex) sollten folgende Punkte beachtet werden: Art der Transportmittel zum und am Reiseziel (Menschenmengen, Unfallgefahr), medizinische Versorgung vor Ort und Möglichkeiten für eine vorzeitige Rückkehr, Hygiene, notwendige Impfungen, Klima, Sonnen- und Mückenschutz, Notfallmedikamente sowie das Mitführen einer Kontaktadresse in der Schweiz und einer Diagnoseliste in der Landessprache oder in Englisch.
Chronische Graft-versus-HostKrankheit (cGvHD)
Zeichen der chronischen Graft-versus-Host-Krankheit finden sich bei über 50% der adulten Patienten nach allogener Blutstammzelltransplantation und sind die häufigste Ursache für eine anhaltende Morbidität und eine verminderte Lebensqualität nach Trans-
plantation. Während eine milde cGvHD bei malignen Krankheiten wegen des stärkeren Graft-versusTumor-Effekts mit einer Verbesserung des Gesamtüberlebens assoziiert ist, beträgt die Langzeitmortalität bei schwerer cGvHD gegen 50%. Die cGvHD beginnt in der Regel zirka 3 Monate bis 2 Jahre nach Transplantation, kann aber bereits früher oder noch später einsetzen. Der Beginn ist oft schleichend, und die Manifestationen sind vielfältig. Da die Patienten häufig erst die funktionellen Einschränkungen bemerken, ist eine regelmässige sorgfältige Untersuchung wichtig. Die häufigsten Zielorgane sind Haut, Augen, Mundschleimhaut, Leber, Gastrointestinaltrakt, Genitalien, Lunge, Gelenke und Faszien. Sehr instruktives Bildmaterial findet sich unter (7) und (9) und lässt sich auch als App frei herunterladen (10). An der Haut kann sich die cGvHD mit Pigmentverschiebungen (Poikilodermie, Hypo- oder Hyperpigmentierung), oberflächlicher Morphea-artiger oder tiefer Sklerose manifestieren. Leichte Lädierbarkeit der Haut, schlechte Wundheilung und eingeschränkte Beweglichkeit sind die Folgen. Sind die Tränen- und Speicheldrüsen betroffen, entwickelt sich an den Augen und der Mundschleimhaut eine Sicca-Symptomatik, ähnlich einem Sjögren-Syndrom. Bei Frauen findet sich in Kombination dazu oft zusätzlich eine vaginale Trockenheit und Einengung – Beschwerden, die meist erst auf Nachfrage berichtet werden. Am Auge kann die verminderte Tränenquantität und -qualität zur Keratokonjunktivitis bis hin zum perforierenden Cornea-Ulkus mit Visusverlust führen. Die reduzierte und in der Zusammensetzung ebenfalls veränderte Speichelproduktion begünstigt enorale Schleimhautulzera, Gingivitiden und Parodontiden mit Zahnverlust, weshalb regelmässige zahnärztliche Kontrollen und eine gute Mundhygiene wichtig bleiben. Leberbeteiligungen können sich als Cholestase oder in Form von Transaminasenerhöhungen manifestieren, wobei hier oft eine breite Differenzialdiagnose besteht, inklusive medikamentöser Nebenwirkungen. Ist der Gastrointestinaltrakt mitbetroffen, kann sich das in Dysphagie (Ösophagus), Nausea und Emesis (Magen) oder chronischer Diarrhö und Malabsorption (Darm, Pankreas) äussern. Eine Lungenbeteiligung äussert sich mehrheitlich als irreversible Obstruktion (Bronchiolitis obliterans) und wird nicht selten durch respiratorische Infekte getriggert. Ein hohes Mass an Aufmerksamkeit sowie wiederholte Lungenfunktionstests sind notwendig, um einen sonst irreversiblen pulmonalen Funktionsverlust frühzeitig zu erfassen. Grundsätzlich ist bei allen diesen Manifestationen die Mitbetreuung durch entsprechende Organspezialisten sinnvoll, wobei diese idealerweise ebenfalls über Erfahrung mit allogen stammzelltransplantierten Patienten und GvHD verfügen sollten.
28 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2013
Im Fokus: Leukämien bei Erwachsenen und Kindern
Zweitmalignome
Nach allogener HSZT (hämatopoetische Stammzelltransplantation) besteht gegenüber einer gleichaltrigen Normalbevölkerung ein 2- bis 3-fach erhöhtes Risiko für Zweitmalignome, ohne dass sich mit zunehmender Beobachtungsdauer ein Plateau erkennen liesse. Eine grosse Vielfalt von soliden Tumoren wurde posttransplantär beschrieben. Risikofaktoren sind vorangehende Bestrahlung, Dauer und Intensität der Immunsuppression sowie cGvHD. Das Risiko für mit Bestrahlung assoziierte Tumoren (Sarkome, Brust- und Schilddrüsenkarzinome, ZNSTumoren bei Kindern) oder für mit cGvHD-assoziierte Tumoren (Plattenepithelkarzinome von Mund, Ösophagus und vaginal) nimmt auch nach mehr als 10 Jahren nach HSZT weiter zu. Zudem wurde nach Busulfankonditionierung nun erstmals auch eine Zunahme von Bronchialkarzinomen bei Patienten mit Anamnese eines Nikotinabusus beobachtet (11). Langzeitüberlebende sollten deshalb neben den allgemeinen Grundsätzen der Krebsvorsorge gezielt auf die Entwicklung von Zweitkarzinomen betreut und beraten werden. Dazu gehören eine regelmässige systematische Hautinspektion, ein guter Schutz vor UV-Bestrahlung, Schilddrüsensonografien und für Patientinnen nach Ganzkörper- oder thorakaler Bestrahlung eine erste Mammografie ab dem Alter von 25 Jahren oder 8 Jahre nach Bestrahlung (entscheidend ist der spätere Zeitpunkt), spätestens aber eine ab dem 40. Lebensjahr.
Gefässkomplikationen und metabolisches Syndrom
Kardiovaskuläre Komplikationen werden in ihrer Bedeutung wahrscheinlich immer noch unterschätzt. Die kardiale Spättoxizität manifestiert sich oft erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Transplantation in Form einer Kardiomyopathie, einer Valvulopathie oder einer koronaren Herzkrankheit. Neben der kumulativen Anthrazyklintoxizität, den Bestrahlungen an Thorax oder Hals oder einer Eisenüberladung (v.a. bei längeren Transfusionsanamnesen) werden auch chronische Entzündungsreaktionen in Form von Alloimmunreaktionen am Endothel postuliert, welche zusätzlich zur lang dauernden Einnahme von Immunsuppressiva die Atherosklerose fördern. Das führt vor allem bei Vorhandensein von weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren zu einer deutlich erhöhten kumulativen Inzidenz von vaskulären Komplikationen im ganzen arteriellen Stromgebiet von 22% 25 Jahre nach allogener Transplantation (12). Dementsprechend haben die frühzeitige Beratung und die effiziente Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren (Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes, Nikotin, körperliche Aktivität) in der Prävention an Bedeutung gewonnen. Das Auftreten eines metabolischen Syndroms nach HSZT wird gehäuft beobachtet und
dürfte zumindest partiell durch die lang dauernde Gabe von Immunsuppressiva mitbedingt sein. Auch wenn Präventionsstudien bei HSZT-Patienten bis anhin fehlen, darf aufgrund der verfügbaren Daten von der Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren ein günstiger Einfluss auf die kardiovaskuläre Morbidität postuliert werden.
Renale Komplikationen
Die Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz stellt eine zunehmende Herausforderung nach allogener Stammzelltransplantation dar. Schwere Nierenfunktionseinschränkungen finden sich bei zirka 15% der Langzeitüberlebenden. Für eine frühzeitige Diagnose einer chronischen Niereninsuffizienz ist eine regelmässige routinemässige Berechnung der Kreatininclearance nach der CKD-EPI-Formel sinnvoll, da die Patienten häufig – gerade bei GvHD – eine nur geringe Muskelmasse aufweisen und das Serumkreatinin dementsprechend die Nierenfunktion nur ungenügend wiedergibt. Ursächlich im Vordergrund stehen die Langzeittherapie mit Calcineurin-Inhibitoren, arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus. Seltener, aber differenzialdiagnostisch dennoch in Betracht zu ziehen sind eine transplantationsassoziierte thrombotische Mikroangiopathie, ein nephrotisches Syndrom oder eine Polyoma-BK-Virusassoziierte Nephropathie, wobei sich die klinische Manifestation dieser drei letztgenannten von den akuten Manifestationen in der frühen posttransplantären Periode deutlich unterscheidet und zum Teil nur mittels Nierenbiopsie geklärt werden kann. Eine frühzeitige nephrologische Beurteilung ist sinnvoll. Das weitere Management richtet sich primär nach dem Stadium der chronischen Niereninsuffizienz und deren Ätiologie. Selten entwickelt sich die Notwendigkeit eines Nierenersatzverfahrens. Wird ein solches notwendig, so weisen die verfügbaren Daten darauf hin, dass eine Nierentransplantation vergleichbar erfolgreich ist wie bei Patienten ohne allogene Blutstammzelltransplantation, sodass auch diese Option frühzeitig geprüft werden soll.
Endokrinologie, Fertilität und Knochen
Nach intensiver Konditionierung findet sich in der Regel eine Gonadeninsuffizienz. Während bei Männern meist nur die Spermatogenese ausfällt, findet sich bei Frauen eine sekundäre Ovarialinsuffizienz mit Notwendigkeit zur Hormonersatztherapie bis zu dem Alter, in dem natürlicherweise die Menopause eintritt. Eingeschränkte oder fehlende Fertilität stellt häufig ein belastendes Thema sowohl für die Patienten wie auch deren Partner dar. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass selbst nach intensiver Konditionierung sich die Gonadenfunktion erholen kann, wobei die Chancen für eine erfolgreiche Schwangerschaft allerdings klein bleiben.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2013
29
Im Fokus: Leukämien bei Erwachsenen und Kindern
Tabelle:
Checkliste für die Nachsorge nach allogener Blutstammzelltransplantation
(diese ist individuell an Patienten anzupassen und zu ergänzen)
Anamnese Kompletter klinischer Status inkl. neurologischer und kognitiver Funktionen
Vorsorgeuntersuchung für Zweitmalignome sowie Beratung bezügl. Krebsvorsorge und Gefässrisikofaktoren
1 Jahr x
x
Blutbild Leber- und Nierenwerte Lipidstatus Ferritin Urinstatus TSH Kinder: Wachstumsgeschwindigkeit, Entwicklung der Pubertät Gonadenfunktion bei postpubertären Patienten
x x x x x x x
x
Synacthentest Infektprophylaxe: Gegen bekapselte Bakterien PcP-Prophylaxe Impfstatus prüfen
Ophthalmologische Untersuchung
Zahnärztliche Untersuchung Lungenfunktionstest
Knochendichtemessung
Gynäkologische Untersuchung und Mammografie
x x x x x x x
x
x
Minimal-Residual-Disease-Marker
x
Jährlich x
x
x x x x x x x
Bemerkung Inkl. Beurteilung der körperlichen Aktivität, des kardiovaskulären Risikos, persönliche und Familienanamnese bezüglich Malignomen, Fatigue und Depressionen. Beinhaltet aktuell empfohlene Vorsorgeuntersuchungen, Beratung zur Sonnenexpositionsprophylaxe, Hautinspektion, Rauchstopp usw., evtl. weitere individuell zu bestimmende Vorsorgeuntersuchungen. Häufigkeit und Ausmass der Tests abhängig von Vorbefunden und aktuellen Symptomen. Lipidstatus und Ferritin müssen bei Normalbefunden nicht jedes Jahr wiederholt werden.
x Hormonersatztherapie ist bei den meisten Frauen < 50 Jahren indiziert. Entscheidung basiert auf individuellem Risiko (für Mamma-CA, Thrombosen, Hepatopathien, Folgen der vorzeitigen Ovarialinsuffizienz). Bei Männern ist eine Hormonsubstitution selten indiziert. x Nur nach lang dauernder Steroidtherapie. Empfohlen für alle Patienten mit anhaltender x Immunsuppression oder Zeichen x funktioneller Asplenie. x Vgl. BAG-Impfempfehlungen sowie evtl. Reisepläne. x Frequenz abhängig von Sicca-Symptomatik, Kataraktbildung oder Retinopathie. x Inkl. Kariesbehandlung. x Häufiger bei Patienten mit aktiver GvHD (alle 3 Monate), seltener bei komplikationsfreiem Verlauf. x Wiederholung der Untersuchung höchstens alle 2 Jahre bei Osteopenie/-porose, unter Steroidbehandlung oder bei Auftreten von neuen Frakturen. x PAP-Abstrich Mammografie empfohlen: – vor Start Hormonersatztherapie – falls Ganzkörper- oder Thoraxbestrahlung: ab Alter 25 Jahre oder 8 Jahre nach Transplantation (späterer Zeitpunkt gilt), spätestens ab Alter 40 Jahre – weitere Mammografien alle 2 Jahre. x Häufigkeit und Art der Untersuchung werden zusammen mit dem Transplantationzentrum festgelegt. Dementsprechend empfiehlt sich bei Kinderwunsch eine spezialärztliche Abklärung. Subklinische oder klinisch manifeste Hypothyreosen werden vor allem – aber nicht nur – nach Bestrahlung beobachtet. Dementsprechend sollen die Schilddrü- senwerte regelmässig kontrolliert, und bei Bedarf soll substituiert werden. Hypogonadismus, Vitamin-D-Mangel und lang dauernde Steroidbehandlungen erhöhen das Risiko für Osteopenie und Osteoporose. Die Bestimmung der 30 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2013 Im Fokus: Leukämien bei Erwachsenen und Kindern Knochendichte mittels Osteodensitometrie ist deshalb Bestandteil der posttranplantären Nachsorge. Die weiteren Verlaufskontrollen sollen in Abhängigkeit der Resultate der Knochendichtemessung und der weiteren Therapien (Ernährungsberatung, Kalzium- und Vitamin-D-Substitution, evtl. Bisphosphonat) erfolgen. Eine recht häufige Komplikation der lang dauernden Steroidtherapie vor allem bei cGvHD ist zudem das Auftreten von Osteonekrosen, welche im fortgeschrittenen Stadium den Beizug eines Orthopäden erfordern. Psychosoziale Unterstützung, finanzielle Risiken und Reintegration Krankheit, Transplantation und posttransplantäre Komplikationen stellen eine grosse psychische Belastung sowohl für die Patienten wie auch für ihre Angehörigen dar. Die Unsicherheit über den weiteren Verlauf, chronische Müdigkeit und ein geändertes Selbstbildnis können sehr belastend sein, sodass eine psychologische Unterstützung frühzeitig angeboten werden sollte. Ebenso sollen die Patienten ermutigt werden, eine mögliche Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit – und sei es auch nur mit niedrigem Teilzeitpensum – frühzeitig mit dem Arbeitgeber zu besprechen. Krebsliga und IV können diesbezüglich wertvolle Hilfe leisten oder Unterstützung bei einer möglichen Umschulung anbieten. Zusammenfassung Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Einbezug von wohnortnahen Hämatologen und Onkologen in die posttransplantäre Nachsorge sinnvoll ist, da mit der zunehmenden Anzahl an allogen transplantierten Patienten auch der Erwerb einer gewissen Routine gewährleistet ist. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Transplantationszentrum bildet dabei die Grundlage einer guten Partnerschaft. Neben standardisierten Nachsorgeuntersuchungen in Form von Checklisten (Tabelle) sollen spezifische Organkomplikationen unter Beizug von Spezialisten mit Erfahrung in posttransplantärer Nachsorge betreut werden. ▲ Dr. med. Jörg Halter Klinik für Hämatologie Universitätsspital Basel 4031 Basel E-Mail: joerg.halter@usb.ch Quellen: 1. Wingard JR, Majhail NS, Brazauskas R, et al.: Long-term survival and late deaths after allogeneic hematopoietic cell transplantation. J Clin Oncol. 2011; 29: 2230–39. 2. Bhatia S, Francisco L, Carter A, et al.: Late mortality after allogeneic hematopoietic cell transplantation and functional status of long-term survivors: report from the Bone Marrow Transplant Survivor Study. Blood. 2007; 110: 3784–92. Merkpunkte ▲ Spätrezidive, chronische Graft-versus-Host- Krankheit, Infekte, Zweitmalignome und verschiedene Organdysfunktionen mindern die Lebenserwartung nach allogener Stammzelltransplantation im Vergleich zur Normalbevölkerung. ▲ Mögliche Spätkomplikationen sind vielfältig, wes- halb eine regelmässige, voraussichtlich lebenslängliche, standardisierte Langzeitnachsorge zu der Prävention, der frühzeitigen Diagnose und der Behandlung in Zusammenarbeit mit dem Transplantationszentrum essenziell ist. ▲ GvHD-Manifestationen und Infekte beginnen häufig oligosymptomatisch und erfordern ein hohes Mass an Aufmerksamkeit durch die betreuenden Ärzte. 3. Martin PJ, Counts GW, Jr, Appelbaum FR, et al.: Life expectancy in patients surviving more than 5 years after hematopoietic cell transplantation. J Clin Oncol. 2010; 28: 1011–16. 4. Majhail NS, Rizzo JD, et al.: Center for International Blood and Marrow Transplant Research, American Society for Blood and Marrow Transplantation, European Group for Blood and Marrow Transplantation, Asia-Pacific Blood and Marrow Transplantation Group, Bone Marrow Transplant Society of Australia and New Zealand, East Mediterranean Blood and Marrow Transplantation Group, Sociedade Brasileira de Transplante de Medula Ossea. Recommended screening and preventive practices for long-term survivors after hematopoietic cell transplantation. Bone Marrow Transplant. 2012 Mar; 47(3): 337–41. 5. Wolff D, Bertz H, Greinix H, et al.: The treatment of chronic graft-versus-host disease: consensus recommendations of experts from Germany, Austria, and Switzerland. Dtsch Arztebl Int. 2011 Oct; 108(43): 732–40. 6. Bundesamt fur Gesundheit (BAG) und Eidgenössische Kommission fur Impffragen (EKIF): Empfehlungen zur Impfung von Empfängerinnen und Empfängern von Blutstammzellen. Stand April 2012. BAG-Bulletin. 2012, Mai 21: 363–70. 7. www.gvhd.eu: information for physicians – staging, documentation and treatment of chronic GvHD (in Dokumenten für Ärzte finden sich je ein Bildatlas zu kutanen und oralen Manifestationen der cGvHD). 8. Passweg JR, Halter J, Bucher C, et al.: Hematopoietic stem cell transplantation: a review and recommendations for follow-up care for the general practitioner. Swiss Med Wkly. 2012 Oct 15; 142: w13696. doi: 10.4414/smw.2012.13696. PubMed PMID: 23135685. 9. Fotoatlas zu posttransplant care und GvHD diagnosis unter: http: //marrow.org/Physicians/Medical_Education/Medical_Education.aspx. 10. GvHD-Foto-Gallerie als freier App-Download unter http: //marrow.org/Physicians/Medical_Education/Clinical_Guidelines_ App/Clinical_Guidelines_App.aspx. 11. Majhail NS, Brazauskas R, Rizzo JD, et al.: Secondary solid cancers after allogeneic hematopoietic cell transplantation using busulfan-cyclophosphamide conditioning. Blood. 2011 Jan 6; 117(1): 316–22. 12. Tichelli A, Bucher C, Rovó A, Stussi G, Stern M, Paulussen M, Halter J, et al.: Premature cardiovascular disease after allogeneic hematopoietic stem-celltransplantation. Blood. 2007 Nov 1; 110(9): 3463–71. SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2013 31