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Im Fokus: Leukämien bei Erwachsenen und Kindern
Heutige Diagnostik der Leukämien
Der diagnostische Prozess am Beispiel der CLL und der AML
Unter dem Begriff Leukämien werden unterschiedliche Gruppen sehr heterogener Krankheitsbilder zusammengefasst. Die Variabilität dieser Erkrankungen widerspiegelt sich in den äusserst unterschiedlichen morphologischen, immunphäntoypischen, zytogenetischen und molekulargenetischen zellulären Eigenschaften. Am Beispiel der CLL und AML wird der heutige Standard des diagnostischen Weges zusammengefasst.
JEROEN S. GOEDE
SZO 2013; 2: 6–11.
Jeroen S. Goede
Unter «Leukämie» werden diagnostisch und klinisch ausgesprochen heterogene Krankheitsentitäten zusammengefasst, die als gemeinsames Merkmal eine Vermehrung weisser Blutkörperchen aufweisen, ausgelöst durch klonale Stammzelldefekte. Bei einem Grossteil der Patienten zeigt sich dies im peripheren Blutbild mit einer zum Teil extremen Steigerung der Leukozyten. Bei einem nicht zu vernachlässigenden Anteil der Patienten finden sich die Leukämiezellen praktisch nur im Knochenmark; im peripheren Blut zeigt sich dann eine verminderte Leukozytenzahl. Trotz fehlender Leukämiezellen im peripheren Blut werden diese Präsentationsformen ebenfalls unter den Leukämien subsummiert (als «aleukämische» Präsentation bezeichnet). In seltenen Fällen finden sich die Leukämiezellen bei Erstdiagnose weder im peripheren Blut noch im Knochenmark, sondern infiltrierend in anderen Geweben, beispielsweise testikulär oder intestinal (Beispiel: myeloisches Sarkom).
Eckpfeiler der Diagnostik
Für eine optimale Diagnostik muss eine genügende Anzahl an Leukämiezellen aus dem peripheren Blut, dem Knochenmark und/oder dem befallenen extramedullären Gewebe gewonnen werden. Für alle
Leukämien gilt, dass die heutige moderne Diagnostik unverzichtbar: ▲ einerseits aus Routineanalysen wie der maschi-
nellen quantitativen Analytik und der Morphologie sowie ▲ andererseits aus spezialisierten Analysen wie Immunphänotypisierung, Molekulargenetik und Zytogenetik besteht. Nur die zusammenführende Bewertung dieser Befunde erlaubt eine präzise Diagnostik mit genauest möglicher prognostischer Aussage für den Patienten. Als Referenz gilt die im Jahr 2008 publizierte vierte Edition der WHO-Klassifikation hämatopoietischer und lymphatischer Neoplasien (1). Je nach Reifegrad der leukämischen Zelle werden chronische von akuten Leukämien und je nach Ursprung der leukämischen Zellen lymphatische von myeloischen Leukämien unterschieden. Nur in einem kleinen Teil der akuten Leukämien zeigen die klonalen Zellen weder eine klar lymphatische noch eine klar myeloische Linienzugehörigkeit (akute Leukämien unklarer Linienzugehörigkeit). Im Folgenden wird die detaillierte Diagnostik am Beispiel der chronischen lymphatischen Leukämie und der akuten myeloischen Leukämien beschrieben.
ABSTRACT
Current diagnostic process of leukemia
Leukemia represents a group of very heterogeneous diseases with enormous variations in morphology, immunophenotype, cytogenetics and molecular abnormalities. A precise diagnosis of leukemia is essential in predicting clinical outcome of patients and in estimating response to therapy. This short review highlights the course of the diagnostic process in patients with chronic lymphocytic leukemia and acute myeloid leukemia.
Keywords: leukemia, diagnostic process, clinical outcome
Chronische lymphatische Leukämie
Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist ein leukämisches und lymphozytisches Lymphom, welches sich vom «small lymphocytic lymphoma» (SLL) durch das vermehrte Auftreten dieser Zellen im peripheren Blut unterscheidet (2). CLL und SLL sind klonale Erkrankungen der reifen B-Lymphozyten. Im diagnostischen Prozess gilt es, die CLL klar von anderen lymphoproliferativen Entitäten der B-Zellen mit leukämischem Verlauf zu unterscheiden. Diese sind im Wesentlichen das Mantelzelllymphom, die B-Prolympho-
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zytenleukämie, das Marginalzonenlymphom, das splenische Lymphom mit villösen Lymphozyten, das lymphoplasmozytische Lymphom (Morbus Waldenström), die Haarzellleukämie und das follikuläre NonHodgkin-Lymphom. Die Unterscheidung gelingt durch Kombination von Zellzählung und morphologischer Beurteilung des Blutausstriches (sowie ggf. des Knochenmarkes) mit der Immunphänotypisierung der lymphatischen Elemente.
Charakteristika der CLL Für die CLL wird eine während mindestens drei Monaten anhaltende Lymphozytose (mehr als 5 G/l) von klonalen B-Lymphozyten verlangt. Morphologisch ist die typische CLL-Zelle klein bis mittelgross mit schmalem bis fast fehlendem Zytoplasmasaum (nacktkernig) und rundem bis ovoidem Kern mit dichtem Kernchromatin, welches oft charakteristisch marmoriert ist (Abbildung 1). Die meist vorkommenden lädierten lymphatischen Zellen im Blutausstrich werden bei Diagnose einer CLL als «Gumprecht‘sche Kernschatten» bezeichnet. Oft finden sich in unterschiedlichem Ausmass grössere lymphatische Zellen mit gebuchtetem Kern, verfeinertem Kernchromatin und angedeutetem Nukleolus sowie breiterem Zytoplasmasaum beigemischt. Diese Zellen werden als Prolymphozyten bezeichnet. Je höher der Anteil dieser Zellen ist, desto weniger wahrscheinlich ist die Diagnose einer CLL. Formal darf der Anteil an Prolymphozyten gemäss Hallek (2) bis 55% aller lymphatischen Elemente ausmachen. In Fällen mit hohem Anteil an Prolymphozyten im peripheren Blut sollte unter Berücksichtigung der Immunphänotypisierung eine Knochenmarkaspiration inklusive Biopsie zur Diagnosesicherung der CLL durchgeführt werden. Immunphänotypologisch wird die Klonalität der BZellen mittels Darstellung der Oberflächenrestriktion für Kappa- oder Lambda-Leichtketten bestätigt. Die typische CLL zeigt eine deutliche aberrante Oberflächenexpression des T-Zell-Markers CD5 mit deutlicher Expression von CD23 sowie schwacher Positivität
Abbildung 1: Typische Morphologie bei CLL Kleine monomorphe Lymphozyten mit schmalem bis fehlendem (nacktkernig) Zytoplasmasaum und dichtem, teilweise marmoriertem Kernchromatin mit rundem bis ovoidem Kern. Die lädierten Zellen werden als Gumprecht’sche Kernschatten bezeichnet.
für CD79b/CD22 und oberflächlichem Immunglobulin (SIg) bei Negativität für FMC7. Mit diesen 5 Markern kann gemäss Matutes (3) die Wahrscheinlichkeit der Diagnose einer CLL beurteilt werden (Tabelle 1). Bei einem Matutes-Score von 4 oder 5 (87% der CLL-Diagnosen) kann – bei nur seltenen Ausnahmen (0,3%) – von der Diagnose einer CLL ausgegangen werden. Auch beim Erreichen eines Matutes-Scores von 3 (10% der CLL-Diagnosen) ist eine CLL noch wahrscheinlich (nur 17% mit anderer Diagnose). Nur etwas mehr als 3% der CLL-Diagnosen erreichten in dieser Arbeit einen Matutes-Score von weniger als 3. Bei eindeutiger Morphologie und passendem Immunphänotyp kann bei einem Patienten ohne Therapieindikation auf eine Knochenmarkpunktion verzichtet werden. Sobald jedoch atypische Verhältnisse in Morphologie und/oder FACS-Analyse vorgefunden werden, sollte zur Diagnosesicherung eine Knochenmarkpunktion inklusive Biopsie und gegebenenfalls Zytogenetik empfohlen werden. Zur prognostischen
Tabelle 1:
Anwendung des Matutes-Scores (adaptiert nach [3])
Matutes-Score
5 4 3 2 1 0 Total
Anzahl Fälle mit Diagnose CLL 209 (52% der CLL) 139 (35% der CLL) 39 (10% der CLL) 11 (3% der CLL) 1 1 400
Anzahl Fälle mit anderer Diagnose* 0 1 8 51 100 106 266
Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer CLL 100% 99% 83% 18% 1% 1%
*Andere Diagnosen: B-Zell-PLL, Haarzellleukämie, lymphoplasmozytisches Lymphom, Mantelzelllymphom, grosszelliges B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom, follikuläres Non-Hodgkin-Lymphom, splenisches Lymphom mit villösen Lymphozyten
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Einordnung bei Erstdiagnose oder spätestens vor Therapiebeginn werden die klonalen Lymphozyten mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) untersucht. Bei rund 80% der CLL-Patienten finden sich damit genetische Veränderungen, wobei die Deletion des langen Armes von Chromosom 13 (13q-) die häufigste genetische Anomalie darstellt (ca. 50% der Patienten). Als singuläre Veränderung ist die 13q-Deletion mit einem prognostisch eher günstigen Verlauf assoziiert. Die wohl wichtigste Veränderung ist die Deletion des kurzen Armes von Chromosom 17 (17p-). Diese Veränderung ist mit einer schlechten Prognose vergesellschaftet, und diese CLL-Patienten sollten nicht mit Fludarabin behandelt werden (hohe Resistenzrate).
Tabelle 2:
Derzeit gültige WHO-Klassifikation von 2008
(adaptiert nach [1])
Akute myeloische Leukämie (AML) mit rekurrenten genetischen Veränderungen
▲ AML mit t(8;21)(q22;q22), RUNX1–RUNX1T1 ▲ AML mit inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1;q22), CBFB-MYH11 ▲ Akute Promyelozytenleukämie mit t(15;17)(q22;q12), PML-RARA ▲ AML mit t(9;11)(p22;q23); MLLT3–MLL ▲ AML mit t(6;9)(p23;q34); DEK-NUP214 ▲ AML mit inv(3)(q21q26.2) oder t(3;3)(q21;q26.2); RPN1–EVI1 ▲ AML (megakaryoblastisch) mit t(1;22)(p13;q13); RBM15–MKL1 ▲ AML mit mutiertem NPM1 (provisorische Entität) ▲ AML mit mutiertem CEBPA (provisorische Entität)
AML mit Myelodysplasie-assoziierten Veränderungen Therapieassoziierte AML AML, nicht anders spezifiziert (NOS)
▲ AML mit minimaler Differenzierung ▲ AML ohne Ausreifung ▲ AML mit Ausreifung ▲ Akute myelomonozytäre Leukämie ▲ Akute monoblastische/akute monozytäre Leukämie ▲ Akute erythroide Leukämie (erythroid/myeloische und rein erythro-
leukämische Varianten)
▲ Akute megakaryoblastische Leukämie ▲ Akute basophile Leukämie ▲ Akute Panmyelose mit Myelofibrose
Myelogenes Sarkom Down-Syndrom-assoziierte myeloische Proliferation Blastische plasmozytoide dentritische Zellneoplasie
Akute myeloische Leukämie
Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) handelt es sich um eine ausgesprochen heterogene Gruppe von Erkrankungen mit sehr unterschiedlichen Prognosen. Die Diagnose erfolgt über die Morphologie des peripheren Blutes und des Knochenmarks in der Standardfärbung (May-Grünwald-Giemsa) und den zytochemischen Spezialfärbungen Myeloperoxydase (Graham Knoll), Sudan-black B, Chloracetat-Esterase, unspezifische Esterase, periodic acid-Schiff und Eisenfärbung in Kombination mit Zytogenetik, Molekular-
genetik und Immunphänotypisierung. Diese Untersuchungen erlauben eine Klassifizierung der AML gemäss FAB (4) und WHO 2008 (1, 5) (Tabelle 2).
Beurteilungskriterien Für die morphologische Beurteilung müssen das periphere Blutbild und eine Knochenmarkaspiration vorliegen. Eine Knochenmarkbiopsie ist nur bei Punctio sicca obligat. Im peripheren Blut werden mindestens 200 Leukozyten und im Knochenmarkaspirat 500 kernhaltige Zellen mikroskopisch differenziert. Für die Diagnose AML muss der Blastenanteil im Blutbild oder im Knochenmarkaspirat 20% oder mehr betragen. Nur bei AML mit einer der folgenden rekurrenten genetischen Anomalien: «t(8;21)(q22;q22); RUNX1-RUNX1T1», «inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16) (p13.1;q22); CBFB-MYH11», «t(15;17)(q22;q12); PMLRARA» sowie der Erythroleukämie genügt für die Diagnose auch ein niedrigerer Blastenanteil. In der Differenzierung werden Myeloblasten, Monoblasten und auch Megakaryoblasten unter den «Blasten» differenziert. Bei monoider oder myelomonoider Differenzierung werden die Monoblasten und Promonozyten unter «Blasten» differenziert, nicht jedoch die atypischen Monozyten. Zur Beurteilung der Linienzugehörigkeit werden die zytochemischen Spezialfärbungen und die Immunphänotypisierung hinzugezogen. Werden ≥ 3% Myeloproxidase-positive Blasten ausgezählt, darf die Leukämie der myeloischen Linie zugeordnet werden. Die zytochemische Charakterisierung der Blasten in Kombination mit der noch vorhandenen hämatopoietischen Ausreifung in der May-GrünwaldGiemsa-Färbung erlaubt die Klassifikation der AML gemäss FAB: AML vom myeloblastären Typ mit minimaler Differenzierung (FAB M0), AML vom myeloblastären Typ ohne Maturation (FAB M1), AML vom myeloblastären Typ mit Maturation (FAB M2), akute promyelozytäre Leukämie (FAB M3), AML vom myelomonozytären Mischtyp (FAB M4, bei mindestens 5% Eosinophilen M4e), akute Monoblastenleukämie (FAB M5a), akute Monozytenleukämie (FAB M5b), akute Erythroleukämie (FAB M6) und akute Megakaryoblastenleukämie (FAB M7). Bei weniger als 3% Myeloperoxidase-positiven Blasten und bei der akuten Megakaryoblastenleukämie wird die Linienzugehörigkeit mittels Immunphänotypisierung bestimmt respektive bestätigt. Diese erfolgt über einen mindestens vierfarbigen Multiparameter-FACS. Dabei gelten CD34, CD38, CD117, CD133 sowie HLADR als Vorläufermarker, CD13, CD15, CD16, CD33, CD65 sowie zytoplasmatische Myeloperoxidase als granulopoietische Marker, unspezifische Esterase, CD11c, CD14, CD64, Lysozym, CD4, CD11b, CD36 sowie NG2 homologue als monoide Marker, CD41, CD61 und CD42 als megakaryoide Marker und CD235a als erythroider Marker. Sobald immunphäno-
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Abbildung 2: Diagnostische Färbungen am Beispiel einer akuten myeloblastären Leukämie mit Zeichen der Maturation (gemäss FAB M2)
a. und b.: May-Grünwald-Giemsa-Färbung aus peripherem Blut und einer Zellanreicherung mit einem Blasten mit singulärem Auerstäbchen (Pfeil).
typologisch 20% oder mehr der Blasten einen dieser Marker exprimieren, wird dieser als positiv beurteilt. Ein Teil der AML mit rekurrenten genetischen Anomalien zeigt einen charakteristischen Immunphänotyp. So zeigt die AML mit t(8;21)(q22;q22); RUNX1RUNX1T1 häufig eine aberrante Expression des lymphatischen Markers CD19 oder etwas weniger häufig von CD7 und CD56. Die AML mit inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1; q22); CBFB-MYH11 ist gehäuft positiv für CD2. Die Blasten bei AML mit isoliert mutiertem NPM1 zeigen typischerweise eine starke Expression von CD33 bei fehlender oder nur schwacher Expression von CD34.
Zytogenetische Analyse der Blasten Die zytogenetische Analyse der Blasten ist in der Abklärung der akuten Leukämie eine zwingende Untersuchung. In etwas mehr als 50% der Fälle finden sich dabei Abnormitäten. 7 der 9 Entitäten, die gemäss WHO 2008 in der Rubrik «AML mit rekurrenter genetischer Veränderung» vorkommen, können mittels einer repräsentativen Zytogenetik erkannt werden. Um eine AML mit unauffälligem Karyotyp zu diagnostizieren, müssen mindestens 20 Metaphasen aus Knochenmarkaspirat untersucht werden. Bei abnormen Karyotypen können auch die zytogenetischen Ergebnisse aus peripherem Blut berücksichtigt werden.
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Tabelle 3:
Risikostratifizierung gemäss HOVON/SAKK-102-Protokoll
Risikogruppen Gut
GR1 GR2 GR3 GR4
Intermediär
IR1 IR2
Schlecht
PR1
PR2
PR3
Sehr schlecht
VPR1 VPR2 VPR3
Definition und Häufigkeit t(8;21), RUNX1-RUNX1T1 und WBC ≤ 20 inv16/t(16;16), CBFB-MYH11 Mutiertes CEBPA, keine Monosomie Mutiertes NPM1 ohne FLT3-ITD, keine Monosomie, CR nach Induktion I t(8;21), RUNX1-RUNX1T1 und WBC > 20 Normaler Karyotyp oder nur Verlust von X- oder Y-Chromosom, WBC ≤ 100, CR nach Induktion I Normaler Karyotyp oder nur Verlust von X- oder Y-Chromosom, WBC ≤ 100, keine CR nach Induktion I Normaler Karyotyp oder nur Verlust von X- oder Y-Chromosom, WBC > 100 Zytogenetische Veränderung, keine Monosomie, keine CBF, keine abn3q26, kein EVI1Keine CBF, Monosomie Keine CBF, abn3q26 Keine CBF, EVI1 positiv
CR1: % der Patienten mit CR nach 1. Induktions-Chemotherapie CBF: Core-binding-factor-Leukämien sind Leukämien mit t(8,21), inv(16) oder t(16;16) EFS: Event free survival 5 Jahre nach Diagnose OS: Overall survival 5 Jahre nach Diagnose
CR1 EFS OS 5% 94% 59% 68% 6% 93% 44% 68% 7% 84% 48% 61% 11% 100% 51% 57%
2% 87% 32% 46% 17% 100% 43% 51%
10% 0% 23% 23%
5% 74% 27% 27%
16% 79% 25% 25%
9% 48% 4% 4% 2% 65% 19% 19% 9% 79% 17% 17%
Wenn die zytogenetische Untersuchung nicht gelingt, wird das Material mittels FISH analysiert. Die FISH-Analytik ist besonders hilfreich bei der Erkennung von MLL-Fusionspartern bei 11q23-Translokationen.
Mutationsanalysen Bei jeder AML-Neudiagnose werden routinemässig genomische DNA und RNA hergestellt sowie Zellen tiefgefroren. Bei limitierter Zellzahl wird der Gewinnung von RNA Vorrang gegeben, weil auf RNA die meisten Fusionsgene und auch Leukämie-assoziierten Mutationen detektiert werden können. In der Molekulargenetik werden folgende Fusionstranskripte gesucht: RUNX1-RUNX1T1, CBFB-MYH11, PML-RARA, MLLT3-MLL und DEK-NUP214. Zusätzlich werden Veränderungen folgender Gene detektiert: NPM1, FLT3, CEBPA, EVI1. Für die häufigen NPM1Mutationstypen A und B sowie für die prognostisch relevante Feststellung von internen Tandemduplikationen (ITD) im FLT3-Gen stehen quantitative PCRUntersuchungen zur Verfügung. Besonders im Falle der NPM1-Mutationen eignen sich diese gut für die Detektion einer minimalen Resterkrankung (MRD) unter und nach Therapie. Die Mutationen in CEBPA sind sehr variabel, deswegen sollte dieses Gen bei Erstdiagnose sequenziert werden. Um ein diesbezüglich repräsentatives Resultat zu erhalten, ist es essenziell, dass im Ausgangsmaterial ein Blastenanteil von > 20% vorliegt. Dieser Parameter eignet sich deswegen ebenso wie die Untersuchung zur Überexpression von EVI1 nicht als Verlaufsparameter unter Therapie.
Implikationen für Therapiewahl Bei Patienten, die für eine intensive Therapie qualifizieren, kann mittels dieser Informationen zusammen mit dem morphologischen Therapieansprechen auf den ersten Induktions-Chemotherapie-Zyklus ein differenziertes Bild bezüglich der Krankheitsprognose erstellt werden. Diese Diagnostik hat unmittelbaren Einfluss auf das therapeutische Vorgehen, indem es die Indikation einer allogenen Stammzelltransplantation und damit die Notwendigkeit einer Fremdspendersuche bestimmt. Die Beurteilung des Therapieansprechens nach der ersten Induktions-Chemotherapie kann bei einsetzender Regeneration der Myelopoiese Schwierigkeiten bereiten. Gerade für diese Situationen ist die optimale Charakterisierung der Leukämiezellen bei Erstdiagnose gemäss der klassischen FAB-Klassifikation wichtig. Dies hilft, die einsetzende noch linksverschoben ausreifende Myelopoiese von leukämischen Blasten abzugrenzen. Deswegen sollte die AML-Diagnostik weiterhin gemäss FAB und WHO 2008 erfolgen. Durch «gene expression profiling», kürzlich auch durch «epigenetic profiling» und «next generation sequencing» ergänzt, konnte das Krankheitsbild der AML auf molekularer Ebene noch wesentlich detaillierter untersucht werden. Dadurch konnte eine Reihe neuer Biomarker festgestellt werden. Ein Teil dieser Marker wird in Zukunft klinische Auswirkungen bei der Beurteilung von Patienten mit AML haben. Dies betrifft mit hoher Wahrscheinlichkeit die Feststellung von Mutationen in DNA-(cytosine-5-)methyltransferase 3 alpha (DNMT3A), additional sex coombs-like 1 (ASXL1), tet methylcytosine dioxygenase 2 (TET2)
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und Runt-related transcription factor 1 (RUNX1). Zu-
sätzlich haben diese Untersuchungen einmal mehr
die Heterogenität der AML mit einer enormen Viel-
zahl von Mutationen bei Erstdiagnose wie auch im
weiteren Krankheitsverlauf aufgezeigt (6).
▲
Dr. med. Jeroen S. Goede Klinik für Hämatologie UniversitätsSpital Zürich 8091 Zürich E-Mail: jeroen.goede@usz.ch
Quellen:
1. Swerdlow SH et al.: WHO Classification of Tumors of Haematopoietic and Lymphoid Tissues; 4th Edition, Lyon. International Agency for Research on Cancer Press, 2008.
2. Hallek M et al.: Guidelines for the diagnosis and treatment of chronic lymphocytic leukemia: a report from the International Workshop on Chronic Lymphocytic Leukemia updating the National Cancer Institute-Working Group 1996 guidelines. Blood 2008, 111: 5446–56.
3. Matutes E et al.: The immunological profile of B-cell disorders and proposal of a scoring system for the diagnosis of CLL. Leukemia 1994, 8: 1640–45.
4. Bennett JM et al.: Proposed revised criteria for the classification of acute myeloide leukemia. A report of the French-AmericanBritish Cooperative Group. Ann Intern Med. 1985 Oct; 103(4); 620–25.
5. Döhner H et al.: Diagnosis and management of acute myeloid leukemia in adults: recommendations from an international expert panel, on behalf of the European LeukmiaNet. Blood 2010, 115: 453–74.
6. Sanders MA, Valk PJ.: The evolving molecular genetic landscape in acute myeloid leukaemia. Curr Opin Hematol. 2013 Mar; 20(2): 79–85.
Merkpunkte
▲ Die Diagnose der CLL kann bei typischer Morpholo-
gie und dazu passender Immunphänotypisierung aus peripherem Blut gestellt werden und bedarf nicht zwingend einer Knochenmarkdiagnostik.
▲ Wenn bei Verdacht auf eine CLL die Morphologie
und/oder der Immunphänotyp atypisch sind, ist die Indikation zur Knochenmarkpunktion gegeben. Dies erlaubt die Abgrenzung bezüglich Mantelzelllymphom, B-Prolymphozytenleukämie, Marginalzonenlymphom, splenischem Lymphom mit villösen Lymphozyten, lymphoplasmozytischen Lymphom (Morbus Waldenström), Haarzellleukämie und follikulärem Non-Hodgkin-Lymphom.
▲ Die heute adäquate Diagnostik einer AML mittels
Morphologie, Immunphänotypologie, Zytogenetik und Molekulargenetik erlaubt eine detaillierte Risikobeurteilung der Krankheit und hat damit direkten Einfluss auf die zu empfehlende Therapie.
▲ Die Entwicklung in der molekularen Diagnostik, be-
sonders im Bereich der AML, ist rasant und stellt für die diagnostischen Zentren eine immer grösser werdende Herausforderung in Klinik und Forschung dar.
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