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BERICHT ZUM SCHWERPUNKT
Aktuelles zur Therapie des Basalzellkarzinoms
Molekular gezielte orale Behandlung bei fortgeschrittenem Tumor
Für Patienten mit sehr schwierig behandelbaren, fortgeschrittenen Basalzellkarzinomen steht in der Schweiz seit einem Jahr mit Vismodegib (Erivedge®) eine innovative medikamentöse Therapie zur Verfügung. Der kleinmolekulare, orale Hedgehog-Signalweginhibitor kann wahrscheinlich in Zukunft auch neoadjuvant zur Verkleinerung des Tumors vor der Operation erfolgreich eingesetzt werden. Über die neue Behandlungsmöglichkeit berichtete PD Dr. Patrick Oberholzer, Universitätsklinik für Dermatologie, Inselspital Bern, an den 4. Zürcher Dermatologischen Fortbildungstagen.
Der Hedgehog-Signalweg, der während der embryonalen Entwicklung für die Steuerung von Zellproliferation, Zelldifferenzierung, Wachstum und Organbildung sorgt, ist in den meisten gesunden Zellen Erwachsener inaktiviert. Als Signalgeber wirkt in diesem Signalweg die Komponente SMO (Smoothened),
Abbildung: Basalzellkarzinom (Foto: Dr. Marguerite Krasovec Rahmann)
die durch die Komponente PTCH (transmembranöser Hedgehog-Ligandrezeptor Patched) daran gehindert wird, den Signalweg zu aktivieren. Inaktivierende Mutationen in PTCH, die beim Gorlin-GoltzSyndrom (seltenes genetisches Basalzellnävussyndrom mit Prädisposition zu multiplen Basalzellkarzinomen) und bei mehr als 90 Prozent der sporadischen Basalzellkarzinome der Haut vorhanden sind, bewirken durch Wegfallen der Hemmwirkung von PTCH, dass der Signalweg konstitutiv aktiviert ist. Dabei werden Transkriptionsfaktoren der Gli-Familie aktiviert. Sobald diese in den Zellkern gelangt sind, lösen sie ein unkontrolliertes Tumorzellwachstum aus. Vismo-
degib (Erivedge®) wirkt durch Inhibition der SMOKomponente als Hedgehog-Signalweghemmer und unterbindet damit molekular gezielt das Proliferationssignal in den mutierten Tumorzellen.
Rasch feststellbare Wirkung – gravierende, aber reversible Nebenwirkungen
Vismodegib kann zur Behandlung eines lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinoms, bei dem eine chirurgische Behandlung oder eine Strahlentherapie nicht in Betracht kommt, verwendet werden. Auch wenn das Basalzellkarzinom metastasiert ist oder wenn es trotz operativer Eingriffe oder Radiotherapien rezidiviert ist, kann Vismodegib eingesetzt werden. Metastasierende Basalzellkarzinome mit Knochen-, Haut- oder Lungenmetastasen kommen tatsächlich vor, wenn auch selten. Bei Vismodegib handelt sich um ein teures, orales Medikament (1-mal täglich 1 Kapsel zu 150 mg). Die monatlichen Medikamentenkosten belaufen sich auf etwa 7500 Franken (Fabrikabgabepreis). Der Referent empfiehlt das Medikament explizit nicht für die Praxis, sondern nur für Fälle, bei denen die Indikation in einem multidisziplinären Tumorboard gestellt wurde. Vor Behandlungsbeginn muss zwingend bei der Krankenkasse eine Kostengutsprache eingeholt werden. Eine multizentrische Open-label-Studie, in der 119 Patienten täglich 150 mg Vismodegib erhielten, ergab bei 46,4 Prozent der Patienten mit lokal fortgeschrittenem und bei 30,8 Prozent mit metastasiertem Basalzellkarzinom ein objektives Ansprechen (1). Die Nebenwirkungen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, sind aber nach Absetzen des Medikaments wieder reversibel. Bei einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 6,5 Monaten kamen folgende Nebenwirkungen am häufigsten vor (1):
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Aktuelles zur Therapie des Basalzellkarzinoms
Langzeitresultate zur Wirksamkeit und Sicherheit
von Vismodegib
30-Monate-Resultate der Studie ERIVANCE BCC (2) L 104 Patienten (aus den USA, Europa und Australien) mit fortgeschrittenem Ba-
salzellkarzinom (in 71 Fällen lokal fortgeschritten, in 33 Fällen metastasiert)
L Medianes Alter: 62 Jahre
L Objektive Ansprechraten – lokal fortgeschrittenes Basalzellkarzinom: 60,3 Prozent – metastasiertes Basalzellkarzinom: 48,5 Prozent
L Häufige Nebenwirkungen – Muskelspasmen: 74 Prozent – Alopezie: 69 Prozent – Dysgeusie: 58 Prozent – Gewichtsverlust: 54 Prozent – Fatigue: 45 Prozent – Nausea: 34 Prozent – Appetitabnahme: 29 Prozent – Diarrhö: 28 Prozent
O in 70 Prozent Muskelspasmen O in 70 Prozent Dysgeusie: Verminderung oder Ver-
änderung der Geschmacksempfindung, fremdartiger Geschmack im Mund (metallisch oder wie «Dreck» im Mund) O in 58 Prozent Alopezie. Klinisch kommt es bei der Behandlung mit Vismodegib oft zur vollständigen Remission (3). Es können aber im Verlauf Rezidive im narbig abgeheilten Areal auftreten. Weil die Läsionen oft rasch schrumpfen, die Nebenwirkungen aber bestehen bleiben, können Patienten in Versuchung geraten, die Behandlung vorzeitig zu beenden, sobald sie mit dem Behandlungsresultat zufrieden sind (3). Zur praktisch wichtigen Frage, wie lang die Behandlung dauern sollte, bestehe bis jetzt noch kein Konsens, sagte der Referent. Er empfahl, nach Abheilung noch weitere 6 Monate zu behandeln.
Schwangerschaftsverhütungsprogramm gegen das teratogene Risiko
In der Regel sind ältere Personen von Basalzellkarzinomen betroffen. Es gibt aber auch jüngere Patienten (z.B. mit Gorlin-Goltz-Syndrom), bei denen es besonders wichtig ist, das teratogene Risiko zu beachten, denn eine Behandlung mit Vismodegib während der Schwangerschaft kann schwere Missbildungen und den Tod des ungeborenen Kindes provozieren. Roche Pharma hat zur Information von Ärzten und Patienten ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm zu Erivedge® erarbeitet. Gebärfähige Frauen, die nicht ganz sexuell abstinent leben, benötigen eine doppelte Kontrazeption, wobei es sich bei einer der beiden gleichzeitig empfohlenen Empfängnisverhütungsmethoden um eine Barrieremethode (männliches Kondom mit Spermizid oder
Diaphragma mit Spermizid) handeln muss. Innerhalb von 7 Tagen vor Behandlungsbeginn mit Vismodegib muss ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Monatlich wiederholte Schwangerschaftstests sind im Behandlungszeitraum vorgesehen. Während der Behandlung und noch 24 Monate über das Therapieende hinaus muss die doppelte Kontrazeption eingehalten werden. Weil Vismodegib in der Samenflüssigkeit zu finden ist, müssen Männer – auch wenn sie vasektomiert sind – während ihrer Behandlung mit Vismodegib und noch während 2 Monaten nach Therapieende immer Kondome mit Spermizid verwenden. Für alle mit Vismodegib behandelten Patientinnen und Patienten gilt die Regel, dass sie während und bis zu 2 Jahre nach der Therapie kein Blut spenden dürfen.
Vismodegib bei Gorlin-Goltz-Syndrom und als neoadjuvante Behandlung
Im Rahmen einer randomisierten, plazebokontrollierten
Doppelblindstudie erhielten 41 Patienten mit Gorlin-
Goltz-Syndrom täglich entweder 150 mg Vismodegib
oder Plazebo (4). Die aktive Behandlung erreichte
eine deutliche Reduktion bestehender Basalzellkar-
zinome und vermochte die Bildung neuer Basalzell-
karzinome zu verhindern. Bei Patienten mit Gorlin-
Goltz-Syndrom kann ein On-off-Behandlungsschema
mit Erfolg angewendet werden (6 Monate Behand-
lung – 6 Monate Pause), wie der Referent berichtete.
Eine aktuelle, nicht plazebokontrollierte Studie
konnte zeigen, dass sich die Tumorausdehnung
durch neoadjuvante Vismodegibbehandlung vor der
Operation verkleinern lässt (5). Bei 11 Patienten im
Alter zwischen 39 und 100 Jahren, die zumeist im
Gesicht ein grosses Basalzellkarzinom von durch-
schnittlich 3,2 cm Durchmesser aufwiesen, konnte
das Operationsdefektareal durch Vismodegib um
27 Prozent reduziert werden. Voraussetzung für den
Erfolg war eine mindestens 3-monatige Behandlung.
Nach der Operation (Mohs-Chirurgie) kam es nur in
einem Fall nach 17 Monaten zum Rezidiv.
L
Alfred Lienhard
Referenzen:
1. Chang AL et al.: Expanded access study of patients with advanced basal cell carcinoma treated with the hedgehog pathway inhibitor, vismodegib. J Am Acad Dermatol 2014; 70: 60–69.
2. Sekulic A et al. Long-term safety and efficacy of vismodegib in patients with advanced basal cell carcinoma: Final Update (30-month) of the pivotal ERIVANCE BCC study. Presented at the 50th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology; May 30–June 3, 2014; Chicago.
3. Nägeli MC, Dummer R. Vismodegib (Erivedge®). Schweiz Med Forum 2014; 14: 284–286.
4. Tang JY et al.: Inhibiting the hedgehog pathway in patients with the basal-cell nevus syndrome. N Engl J Med 2012; 366: 2180–2188.
5. Ally MS et al.: An investigator-initiated open-label clinical trial of vismodegib as a neoadjuvant to surgery for high-risk basal cell carcinoma. J Am Acad Dermatol 2014, published online June 11.
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