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BERICHT
Nachsorge bei Melanompatienten
Aktuelle Schweizer Empfehlungen
Was die Empfehlungen für die Nachkontrollen bei Melanompatienten betrifft, gibt es bislang keinen internationalen Konsens. Die Experten jedes Landes formulieren nationale Empfehlungen für die Melanomnachsorge, die nicht zuletzt auf die vorhandenen Ressourcen Rücksicht nehmen. Über die aktuellen Schweizer Empfehlungen berichtete Dr. Andreas Arnold, Oberarzt Dermatologie, Universitätsspital Basel, im Rahmen der 3. Zürcher Dermatologischen Fortbildungstage am Updatekurs Dermatoonkologie.
sen, In-Transit-Metastasen, lokoregionäre Lymphknotenmetastasen). Das Risiko für ein Zweitmelanom beträgt in den ersten 2 Jahren nach Erstdiagnose 5 bis 8 Prozent. Nach Ablauf von 10 Jahren kommt es nur noch bei 3 Prozent der Patienten zum Rezidiv. Da Spätmetastasen beim Melanom vorkommen, sind auch nach Ablauf von 10 Jahren weiterhin lebenslang Nachkontrollen sinnvoll.
Das Hauptziel von Nachuntersuchungen besteht darin, ein Rezidiv oder ein Zweitmelanom früh zu entdecken, damit kurativ operiert werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gemäss einer australischen Studie in einer Gesellschaft, die bezüglich des Melanoms gut informiert ist, drei Viertel der betroffenen Patienten ihr Melanomrezidiv selbst erkennen. Die Hälfte der Betroffenen erkennt ein Zweitmelanom selbst. Die professionelle Nachsorge ist aber keineswegs überflüssig. Aus der Perspektive der Patienten sprechen – abgesehen von der Früherkennung von Rezidiven, Zweitmelanomen und hellem Hautkrebs – noch mehrere positive Effekte für den Nutzen ärztlicher Nachkontrollen (1): G Beruhigende Wirkung der Beurteilung durch Spezia-
listen G Anleitung zur Selbstkontrolle der Haut und der
Lymphknoten G Gelegenheit, Fragen zu stellen und von Spezialisten
kompetente Antworten zu erhalten G Verstärkung «sonnensicherer» Verhaltensweisen. Allerdings muss dabei auch der belastende Effekt in Kauf genommen werden, dass sich vor und während der Kontrolluntersuchungen Ängste, Befürchtungen und Spannungen breitmachen.
Grundlagen der Schweizer Nachsorgeempfehlungen
90 Prozent aller Metastasen erscheinen in den ersten 5 Jahren nach Diagnosestellung, wobei 70 Prozent der ersten Metastasen lokoregionär sind (Satellitenmetasta-
Abbildung: Malignes Melanom mit Satellitenmetastasen. (Foto: Dr. Marguerite Krasovec Rahmann, Schlieren)
Die aktuellen Schweizer Empfehlungen zur Melanomnachsorge richten sich nach den bekannten Rezidivraten (2). Bei der Stadieneinteilung muss beachtet werden, dass das Stadium IIC (Breslow-Eindringtiefe des Primärtumors über 4 mm mit Ulzeration) eine schlechtere Prognose hat als das Stadium IIIA (jede Tumordicke, keine Ulzeration, Mikrometastasen der regionären Lymphknoten). Die Kontrollfrequenz kann mit der
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Nachsorge bei Melanompatienten
Tabelle:
Aktuelle Schweizer Empfehlungen zur Melanomnachsorge (2)
Stadium (TNM)
Klinische Untersuchung im 1.–3. Jahr
Klinische
Klinische
Untersuchung Untersuchung
im 4.–5. Jahr im 6.–10. Jahr
Lokoregionäre LymphknotenSonografie im 1.–5. Jahr
S100 im 1.–5. Jahr
Abdomen- CT, MRI,
Sonografie PET oder
und Thorax- PET-CT
röntgen
im 1.–5. Jahr
im 1.–5. Jahr
I (≤ T1N0) Alle 6 Monate I (T2N0), Alle 3 Monate IIA+IIB IIC, III Alle 3 Monate IV Individuell
Alle 12 Monate Alle 12 Monate – – –
Alle 6 Monate Alle 6–12 Monate Alle 6–12 Monate Alle 6–12 Monate Individuell -
Alle 3 Monate Alle 6 Monate Alle 6 Monate Alle 6 Monate Individuell
Individuell
Individuell
Individuell
Individuell
Individuell
– –
Alle 6–12 Monate Individuell
Zeit (1.–3. Jahr, 4.–5. Jahr, 6.–10. Jahr) etwas reduziert werden, weil die krankheitsfreie Überlebenswahrscheinlichkeit zunimmt, je länger ein Patient schon krankheitsfrei überlebt hat. Systemische Metastasen würden mehrheitlich durch bildgebende Verfahren erkannt, sagte der Referent. Mit Hilfe der Abdomensonografie würden nur wenige Metastasen neu entdeckt. Das Thoraxröntgenbild habe praktisch keine Relevanz mehr. Es wird zwar in den Nachsorgeempfehlungen noch erwähnt, ist aber nur fakultativ (individueller Einsatz). Die Lymphknotensonografie sei eine hilfreiche bildgebende Untersuchung, mit der 30 Prozent aller klinisch nicht palpablen Lymphknotenmetastasen entdeckt werden können. Nur in der Schweiz und in Deutschland wurde das Protein S100 in die Nachsorgeempfehlungen aufgenommen. Serumspiegelbestimmungen von S100 seien nicht teuer und trügen zur Entdeckung nodaler und systemischer Metastasen bei, so der Referent. In einer an der
Dermatologischen Klinik des USZ durchgeführten Studie erwies sich ein ansteigender S100-Serumspiegel als spezifischer Marker der Melanomprogression nach einem krankheitsfreien Intervall. Bei 37 Prozent der Patienten war S100 zum Rezidivzeitpunkt erhöht. Im Stadium III war S100 bei 32 Prozent der Patienten erhöht, im Übergang zum Stadium IV bei 48 Prozent (3). G
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Morton RL et al. Patient’s perspectives of long-term follow-up for localized
cutaneous melanoma. Eur J Surg Oncol 2013; 39: 297–303. 2. Dummer R et al. Updated Swiss guidelines for the treatment and follow-up of
cutaneous melanoma. Swiss Med Wkly 2011; 141: w13320. 3. Beyeler M et al. Detection of melanoma relapse: first comparative analysis on
imaging techniques versus S100 protein. Dermatology 2006; 213: 187–191.
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