Transkript
LEBENSMITTELZUSATZSTOFFE
Antioxidanzien, Säuerungsmittel, Säureregulatoren
Teil 6 – Serie Lebensmittelzusatzstoffe
STEFFEN THEOBALD
Im letzten Beitrag unserer sechsteiligen Serie über Zusatzstoffe in Lebensmitteln sollen Antioxidanzien, Säuerungsmittel und Säureregulatoren besprochen werden. Diese drei Substanzgruppen wurden bewusst zusammengefasst, da viele ihrer Vertreter aufgrund ihrer physiko-chemischen Eigenschaften sich gleich mehreren der genannten Klassen zuordnen lassen. Frische, naturbelassene Nahrungsmittel sind durch ihren natürlichen Gehalt an Antioxidanzien für eine begrenzte Zeit vor Verderb geschützt. Durch Lagerung und Verarbeitung in Gegenwart von Sauerstoff und erhöhten Temperaturen kommt es jedoch zu einem Verlust an diesen Stoffen. Deshalb werden Antioxidanzien, die grösstenteils natürlichen Ursprungs sind, weitverbreitet zur Haltbarmachung in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Mithilfe von Säuerungsmitteln und Säureregulatoren werden viele, vor allem biotechnologische Verarbeitungsprozesse gesteuert, da diese häufig vom pH-Wert abhängig sind. Aber auch aus sensorischen Gründen werden diese Zusatzstoffe breit eingesetzt. Nach einer Einführung über Funktionen und Wirkungsweise der Antioxidanzien, Säuerungsmittel und Säureregulatoren werden die lebensmitteltechnologisch wichtigsten Vertreter und ihre Einsatzgebiete sowie toxikologische Aspekte vorgestellt.
Antioxidanzien – wirksamer Schutz
vor Lebensmittelverderb
Die Gegenwart von Sauerstoff ist eine wesentliche Einflussgrösse für den Verderb von Lebensmitteln. Durch Autooxidation, die entweder spontan oder enzymatisch katalysiert ablaufen kann, können vor allem Lipide mit einer oder mehreren Doppelbindungen leicht peroxidiert werden. Die Peroxidation von Fettsäuren ist ein komplexer Prozess in mehreren Schritten, der durch Radikale induziert wird und in Form einer Kettenreaktion mit exponentieller Reaktionsgeschwindigkeit abläuft. Antioxidanzien sind dabei aufgrund ihrer phenolischen Struktur in der Lage, diese einmalig in Gang gesetzte Kettenreaktion zu unterbrechen, indem sie entweder selbst zu radikalischen, aber stabileren Metaboliten werden oder Radikale abfan-
gen können. Beides führt letztlich zu einem Kettenabbruch (1). Der Oxidationsschutz insbesondere von Fetten in Lebensmitteln ist deshalb von grosser Bedeutung, weil infolge der Peroxidation leicht flüchtige Substanzen entstehen, die bereits in geringen Konzentrationen zu unerwünschten Veränderungen des Geruchs und Geschmacks in Richtung ranzig, muffig, fischig oder metallisch und damit zum Verderb des Produkts führen können (2). Da es sich bei der Lipidperoxidation um einen natürlichen Prozess handelt, findet sich in pflanzlichen und tierischen Organismen auch eine Vielzahl antioxidativ wirkender Substanzen. Die prominentesten Vertreter sind die Tocopherole. Ausser den Tocopherolen wirken auch phenolische sekundäre Pflanzenstoffe wie Karotinoide
(z.B. b-Carotin), Flavonoide (z.B. Quercetin) oder Gallussäurealkyester antioxidativ (1). Neben den oben genannten lipophilen Substanzen wirken sogenannte Synergisten bei der Antioxidation mit. Ein bedeutsames Beispiel für einen Synergisten beim Oxidationsschutz von Fetten ist Ascorbinsäure. Sie ist in der Lage, oxidierte Tocopherole wieder zu reduzieren und damit den Oxidationsprozess der Lipide zu verlangsamen. Als Katalysator für die Fettoxidation wirken hingegen Schwermetallionen wie Eisen oder Kupfer, die in ihren beiden Oxidationsstufen Fe2+/Fe3+ beziehungsweise Cu+/Cu2+ selbst als Redoxpaar fungieren und bereits in Spuren die Autooxidation fördern können. Die Haltbarkeit eines Öls hängt signifikant von der Anwesenheit und der Konzentration dieser Spurenele-
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Tabelle 1: In der Schweiz zugelassene Säureregulatoren (6)
E170 E261 E262 E263 E325 E326 E327 E331 E332 E333 E335 E336 E337 E338 E339
E340
E341
E343 E350 E351 E352 E354 E355 E356 E357 E380 E450 E451 E452 E500
E501 E503 E504
E514 E515 E516 E524 E525 E526 E527 E528 E529 E530 E541 E574 E575 E576 E577 E578 E1410
Kalziumkarbonat Kaliumacetat Natriumacetat, Natriumdiacetat Kalziumacetat Natriumlactat Kaliumlactat Kalziumlactat Mononatriumzitrat, Dinatriumzitrat, Trinatriumzitrat Kaliumzitrate: Monokaliumzitrat, Trikaliumzitrat Monokalziumzitrat, Dikalziumzitrat, Trikalziumzitrat Mononatriumtartrat, Dinatriumtartrat Monokaliumtartrat, Dikaliumtartrat Natriumkaliumtartrat Orthophosphorsäure Mononatriumphosphat, Dinatriumphosphat, Trinatriumphosphat Monokaliumphosphat, Dikaliumphosphat, Trikaliumphosphat Monokalziumphosphat, Dikalziumphosphat, Trikalziumphosphat Monomagnesiumphosphat, Dimagnesiumphosphat Natriummalat, Natriumhydrogenmalat Kaliummalat Kalziummalat, Kalziumhydrogenmalat Kalziumtartrat Adipinsäure Natriumadipat Kaliumadipat Triammoniumzitrat Diphosphate1 Triphosphate1 Polyphosphate1 Natriumkarbonat, Natriumhydrogenkarbonat, Natriumsesquikarbonat Kaliumkarbonat und Kaliumhydrogenkarbonat Ammoniumkarbonat und Ammoniumhydrogenkarbonat Magnesiumkarbonat und Magnesiumhydrogenkarbonat Natriumsulfat und Natriumhydrogensulfat Kaliumsulfat und Kaliumhydrogensulfat Kalziumsulfat Natriumhydroxid Kaliumhydroxid Kalziumhydroxid Ammoniumhydroxid Magnesiumhydroxid Kalziumoxid Magnesiumoxid Saures Natriumaluminiumphosphat Gluconsäure Glucono-delta-Lacton Natriumgluconat Kaliumgluconat Kalziumgluconat Monostärkephosphat
1Bei diesen Bezeichnungen handelt es sich um Gruppen von Phosphaten, eine Übersicht über die Einzelverbindungen siehe Tabelle 2.
mente ab. Durch den Prozess der Raffination kann zum Beispiel die Menge an Eisen in einem Sojaöl von 4,5 mg/kg auf 0,06 mg/kg reduziert und damit die Lagerfähigkeit deutlich verlängert werden (3). Ein Nachteil der Raffination liegt im gleichzeitigen Zerstören der natürlich vorhandenen Antioxidanzien. Um den Oxidationsschutz wiederherzustellen, dürfen deshalb Tocopherole beispielsweise nach der Raffination wieder zugesetzt werden.
Säuerungsmittel und
Säureregulatoren –
technologisch
vielfältige Hilfsstoffe
Der Einsatz von Säuerungsmitteln hat einen wichtigen Stellenwert bei der Produktion von Lebensmitteln. Durch die Zugabe von Säuren kommt es einerseits zu einer Absenkung des pH-Werts, was sowohl für das Wachstum von pathologischen als auch zum Beispiel für den Reifeprozess wichtiger Mikroorganismen von Bedeutung sein kann. Ein bekanntes Beispiel ist die spontane Vergärung von Lebensmitteln durch Laktobazillen. Durch den niedrigeren pH-Wert in milchsauren Produkten wie Joghurt oder Sauerkraut wird gegenüber dem Ausgangslebensmittel die Haltbarkeit wesentlich verlängert. Bei einem pH-Wert zwischen 6,0 und 4,0 wird die Vermehrung der meisten pathogenen Bakterien (nicht jedoch von Hefen und Schimmelpilzen) bereits effektiv unterdrückt (1).
Andererseits sind auch enzymatische Prozesse in ihrer Reaktionsgeschwindigkeit häufig vom pH-Wert abhängig. Durch eine Regulation des Säuregrades können sowohl bestimmte enzymabhängige Reifungsprozesse gesteuert als auch der enzymatische Verderb von Lebensmitteln verhindert werden. So ist beispielsweise die durch Polyphenoloxidasen hervorgerufene Bräunungsreaktion bei frisch angeschnittenem Obst und Gemüse vom pH-Wert abhängig und kann durch die Zugabe von Zitronensäure verzögert werden (3). Als Säureregulatoren werden Stoffe bezeichnet, die als Säuren den pH-Wert absenken oder als basisch reagierende Verbindungen einen bestehenden pH-Wert in einem Lebensmittel anheben. Säureregulatoren dienen nicht primär der Geschmacksveränderung des Produktes. Vielmehr werden sie aus technologischen Gründen eingesetzt. Die pH-Wert-Änderung kann zum Beispiel eine Eiweissfällung, eine bessere Emulgierung zweier Phasen oder eine Stabilisation der Konsistenz bewirken (3). Einige Substanzen stehen an der Schnittstelle zwischen den hier besprochenen Zusatzstoffklassen. So können natürlich vorkommende organische Säuren wie Zitronen-, Wein- oder Phosphorsäure einerseits als Antioxidanzien wirken, indem sie als Synergisten der Tocopherole, wie oben beschrieben, durch eine komplexe Bindung von Schwermetallionen deren oxidative Wirkung hemmen (1, 4). Andererseits können sie den Säuregrad und die damit verbundenen technologischen Eigenschaften von Lebensmitteln verändern. Eine Übersicht über die gemäss Schweizer Zusatzstoffverordnung (ZuV) zugelassenen Säureregulatoren bietet die Tabelle 1. Im Folgenden sollen die wichtigsten Antioxidanzien, Säuerungsmittel und Säureregulatoren, die als Zusatzstoffe zugelassen sind, vorgestellt werden.
Essigsäure (E260) und ihre Salze
Essig wird schon seit dem Altertum zum Konservieren von Lebensmitteln verwendet. Als starke Säure mit einem pKs-Wert von 4,75 vermag sie bereits in geringen
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Konzentrationen das Wachstum von Mikroben zu unterdrücken. Bedingt durch den charakteristischen Eigengeschmack ist ihr Einsatz als Säureregulator jedoch begrenzt auf salzige/würzige Speisen wie Gemüse- und Fischkonserven, Marinaden, Mozzarella und alkoholische Getränke sowie bestimmte Brotsorten (5, 6). Kalium- (E261), Natrium- (E362) und Kalziumacetat (E263) werden analog der Essigsäure verwendet.
Milchsäure (E270)
Milchsäure entsteht natürlicherweise durch die Fermentation von Kohlenhydraten durch Laktobazillen. Durch Absenken des pH-Wertes im Lebensmittel wird das Mikrobenwachstum von Lebensmittelverderbern gehemmt, womit sie gleichzeitig konservierend wirkt (1). Die Salze der Milchsäure Natriumlactat (E325), Kaliumlactat (E326) und Kalziumlactat (E327) dienen primär als Säureregulatoren in Konfitüren, Gelees sowie Obstund Gemüsekonserven (5).
Kohlendioxid (E290) und Salze der Kohlensäure
Beim Lösen von Kohlendioxid in Wasser entsteht Kohlensäure. Dabei dissoziiert jedoch relativ wenig Kohlendioxid zu Hydrogenkarbonat beziehungsweise Karbonationen. Der Grossteil des Gases wird lediglich gelöst. Die säuernde Wirkung ist deshalb relativ gering und instabil. Mit Kohlensäure versetzte Lebensmittel (v.a. Erfrischungsgetränke) müssen unter Druck abgefüllt werden. Mehrere Salze der Kohlensäure werden als Säureregulatoren verwendet. Natriumkarbonat (E500, Natron), Kaliumkarbonat (E501, Pottasche) und Ammoniumkarbonat (E503, Hirschhornsalz) finden vor allem als Backtriebmittel in Kuchen und Feingebäck, aber auch in Schokolade und Kakao Verwendung. Als Soda wird Natriumkarbonat auch dem Tafelwasser zugesetzt (= Sodawasser). Kalziumkarbonat (E170, Kalk, Kreide) wird als Überzugsmittel für Dragees und Süsswaren sowie als Trennmittel zum Klären von Säften benötigt. Die Trivialnamen der Verbindungen deuten auf ihr natürliches Vorkommen hin. Heute werden die Karbonate im grossen Stil synthetisch hergestellt (1, 6).
Apfelsäure (E296) und ihre Salze
Apfelsäure (chemisch Äpfelsäure) findet sich natürlicherweise vor allem in unreifem Obst und Gemüse und ist ein Intermediärprodukt im Zitratzyklus. Durch Wasseranlagerung an die beiden Diastereoisomere Malein- beziehungsweise Fumarsäure wird die Säure biotechnologisch gewonnen (2). Als Säuerungsmittel kommen die Äpfelsäure und ihre Salze Natrium- (E350), Kalium- (E351) und Kalziummalat in Obst- und Gemüsesäften und -konserven sowie Konfitüren vor. Weiter wirken diese Zusatzstoffe antioxidativ und verhindern zum Beispiel das Braunwerden von angeschnittenem Obst, Gemüse und Kartoffeln.
Fumarsäure (E297)
Die Fumarsäure ist ebenfalls ein Zwischenprodukt des Zitratzyklus und kommt in der Natur in Pflanzen, Flechten und Pilzen vor. Sie hat einen scharf-sauren Geschmack und wirkt in grösseren Mengen leicht abführend (5). Aufgrund des Geschmacks hat sie eine begrenzte Zulassung für Trockenprodukte wie zum Beispiel Puddingpulver oder Instantgetränkepulver aus Tee, Kräutern oder Früchten. In Kombination mit Benzoesäure (E210) wirkt sie konservierend, zusammen mit Pektinen (E440) als Gelierhilfsmittel (6).
Ascorbinsäure (E300), Natriumascorbat (E301), Kalziumascorbat (E302)
Ascorbinsäure vereint gleich mehrere Eigenschaften in sich. Als dreibasige starke Säure (pKs-Wert: 4,25) kann sie bereits in geringen Konzentrationen einen sauren Geschmack erzeugen. Durch das Absenken des pH-Werts kann sie das Mikrobenwachstum hemmen und konservierend wirken. Ihre antioxidative Eigenschaft ist in der Endiolstruktur des Moleküls begründet. Damit ist sie in der Lage, freie Radikale abzufangen und, wie oben beschrieben, als Synergist für Tocopherole zu agieren. Ascorbinsäure kommt natürlicherweise in vielen Pflanzenarten vor, wird für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie jedoch chemisch aus D-Glukose oder bio-
technologisch mithilfe von Mikroorganismen synthetisiert. Die Säure und ihre Salze werden einer Vielzahl von Produkten gemäss guter Herstellungspraxis (GHP) oder mit Mengenbegrenzung zugesetzt (6). Dort verhindern sie unter anderem die oxidative Verfärbung von angeschnittenem Obst, Gemüse, Konfitüren, Kartoffelpulver in Püree und hemmen die Umwandlung von Nitrit aus Nitritpökelsalz zu Nitrosaminen (5).
Ascorbinsäureester (E304)
Durch Veresterung von Ascorbinsäure mit Palmitinsäure (Ascorbylpalmitat) oder Stearinsäure (Ascorbylstearat) entstehen lipophile Derivate, die zwar nur noch eine geringe Vitaminwirkung haben, dafür aber effektiv die Oxidation fetthaltiger
Tabelle 2: Phosphate, die gemäss Schweizer Zusatzstoffverordnung zugelassen sind (6)
E-Nr. E339 E340 E341 E343 E450
E451 E452
E541 E1410
Zusatzstoff Natriumphosphate • Mononatriumphosphat • Dinatriumphosphat • Trinatriumphosphat Kaliumphosphate • Monokaliumphosphat • Dikaliumphosphat • Trikaliumphosphat Kalziumphosphate • Monokalziumphosphat • Dikalziumphosphat • Trikalziumphosphat Magnesiumphosphat • Monomagnesiumphosphat • Dimagnesiumphosphat Diphosphate • Dinatriumdiphosphat • Trinatriumdiphosphat • Tetranatriumdiphosphat • Tetrakaliumdiphosphat • Dikalziumdiphosphat • Kalziumdihydrogendiphosphat Triphosphate • Pentanatriumtriphosphat • Pentakaliumtriphosphat Polyphosphate • Natriumpolyphosphat • Kaliumpolyphosphat • Natriumkalziumpolyphosphat • Kalziumpolyphosphat Saures Natriumaluminiumphosphat Monostärkephosphat
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Lebensmittel wie Öle, Mayonnaisen, Trockenmilchprodukte sowie Fleisch- und Wurstwaren hemmen können (5).
Tocopherole (E306–E309)
Tocopherole ist lebensmittelrechtlich die Sammelbezeichnung für stark tocopherolhaltige Extrakte (E306) natürlichen Ursprungs: a-Tocopherol (E307), γ-Tocopherol (E308) und δ-Tocopherol (E309). Der Extrakt wird aus pflanzlichen Ölen, vor allem Soja und Keimölen, gewonnen und darf auch Biolebensmitteln zugesetzt werden (1, 5). Er stellt ein Gemisch aus a-, b-, γ- und δ-Tocopherol sowie Tocotrienolen dar. Haupteinsatzgebiete der Tocopherole sind raffinierte Öle und Margarinen, denen das bei der Raffination zerstörte Tocopherol in adäquater Menge als Oxidationsschutz wieder zugesetzt werden muss, da die Fette sonst rasch verderben würden. Die Tocopherole sind hitzestabil, aber licht- und sauerstoffempfindlich.
Ester der Gallussäure (E310–312)
Durch die biotechnologische Veresterung der natürlicherweise in Tee, Rotwein und Galläpfeln vorkommenden Gallussäure mit verschiedenen Alkanolen entstehen Propylgallat (E310), Octylgallat (E311) und Dodecylgallat (E312). Die leicht bitter schmeckenden Ester kommen in der Natur nicht vor. Sie sind leicht fettlöslich und verhindern das Ranzigwerden von lange lagerfähigen Lebensmitteln wie Kuchenmischungen, Trockensuppen, Saucen und Automatenwaren, haben jedoch eine geringe Thermostabilität. Die Substanzen sind nicht ganz unumstritten. Die Anzahl Personen mit einer allergischen Sensibilisierung scheint im Laufe der Jahre zugenommen zu haben. Einzelne Fälle von manifesten Kontaktallergien wurden beschrieben, wobei jedoch unklar blieb, ob diese durch die Gallatester in Lebensmitteln oder in fetthaltigen Kosmetika, wo sie ebenfalls als Antioxidans eingesetzt werden, verursacht wurden (12, 13).
Butylhydroxianisol (E320)
Das extrem hitzebeständige, synthetisch hergestellte Butylhydroxianisol (BHA) fin-
det seine Verwendung in gewerblich genutzten Bratölen und -fetten, Fischöl, Schweine-, Rinder-, Geflügel- und Schaffett. Es wird häufig zusammen mit den Gallatestern und den als unbedenklich eingestuften tertiären Butylhydrochinon (TBHQ) (E319) und Butylhydroxitoluol (BHT) (E321) sowie dem Synergisten Zitronensäure eingesetzt (3, 6). Butylhydroxianisol war lange Zeit in der Kritik, da bei Ratten zellproliferative Effekte im Vormagen beobachtet wurden. Eine Neubewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Jahr 2011 kam zum Ergebnis, dass die beobachteten Effekte nicht auf den Menschen übertragbar seien. Sie hob daraufhin den als vorläufig geltenden ADI-Wert (acceptable daily intake) von 0,5 auf 1,0 g/kg Körpergewicht an (14).
Zitronensäure (E330), ihre Salze
und Ester
Die in vielen Organismen im Intermediärstoffwechsel (Zitratzyklus) vorkommende Zitronensäure ist ein Antioxidans und eine starke Säure zugleich. Sie wird aufgrund ihrer breiten Verwendung als Säuerungsmittel und Säureregulator biotechnologisch auf zuckerhaltigen Nährböden gewonnen. Die antioxidative Wirkung beruht auf der Komplexbildung mit Schwermetallen. Sie ist das wichtigste Säuerungsmittel in der Lebensmittelindustrie mit einem Anteil von etwa 60 Prozent an allen eingesetzten Säuren (2). Sie wird in Erfrischungsgetränken, Säften, Süsswaren, Speiseeis und Desserts eingesetzt. Zitronensäure verhindert das Braunwerden von angeschnittenem Obst, Gemüse und Kartoffeln und wirkt stabilisierend in Lebensmittelfarbstoffen (5, 6). Die Salze der Zitronensäure Natriumzitrat (E331), Kaliumzitrat (E332), Kalziumzitrat (E333) und Triammoniumzitrat (E380) finden zusätzlich in Fischprodukten, Gemüsekonserven, Kondens- und Trockenmilch Verwendung (6). Als starke Komplexbildner und Schwermetallionen bindend wirken die Zitronensäureester von Mono- und Diglyzeriden der Speisefettsäuren (E472c). Sie schützen Fette in Wurst, Kuchen, Keksen, Süsswaren und Backfetten vor Oxidation.
Weinsäure und Tartrate
(E334–337, 354)
Die Weinsäure (E334) und ihre Salze Natriumtartrat (E335), Kaliumtartrat (E336) sowie Natriumkaliumtartrat (E337) kommen als Inhaltsstoff vieler Früchte in der Natur vor. Sie werden aus Traubenrückständen gewonnen. Kalziumtartrat (E354) wird dagegen synthetisch hergestellt. Alle Stoffe wirken aufgrund ihrer komplexbildenden Eigenschaften als Synergisten für Antioxidanzien in fetthaltigen Lebensmitteln. In Getränken werden sie analog der Zitronensäure als Säuerungsmittel und Säureregulatoren verwendet (1, 5).
Orthophosphorsäure (E338)
und ihre Salze
Die Phosphorsäure hat einen Anteil von zirka 25 Prozent an allen eingesetzten Säuren in der Lebensmittelindustrie (2). Phosphorsäure und ihre Salze haben aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften ein breites Einsatzgebiet. Die dreibasige Phosphorsäure und die Phosphate sind wirksame Puffersubstanzen zur Einstellung des pH-Wertes in einem weiten Bereich, was zum Beispiel bei kontrollierten Fermentationsprozessen oder bei der Stabilisierung von Kolloiden in Lebensmitteln wie Kondensmilch, Schmelzkäse oder Eiweissschäumen in Desserts von Bedeutung ist. (2). Als Synergisten unterstützen sie die antioxidative Wirkung von Gallaten und Butylhydroxianisol (BHA). Weiter dienen sie als Emulgatoren und Wasserbindemittel in der Wurst- und Schinkenproduktion, wo sie auch geschmacksprägend agieren. In Backpulver setzen sie durch Reaktion mit den darin enthaltenen Karbonaten Kohlendioxid als Backtriebmittel frei (1). Phosphorsäure ist das wichtigste Säuerungsmittel in Erfrischungsgetränken, vor allem in koffeinhaltigen Limonaden. Die Substanz ist zwar an sich harmlos, jedoch zunehmend in der Kritik, seit der Konsum von Erfrischungsgetränken mit einem hohen Zucker- und Säuregehalt zugenommen hat (7). Mehrere Kohortenund kleinere Interventionsstudien haben eine positive Korrelation zwischen dem Verzehr von Cola- und anderen Erfrischungsgetränken und dem Verlust an
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Knochenmasse sowie dem Auftreten von Zahnerosionen feststellen können (8–11). Ein Zusammenhang mit dem vermehrten Auftreten des Hyperaktivitätssyndroms bei Kindern konnte dagegen nicht bestätigt werden. Tabelle 2 listet die in der Schweiz zugelassenen Phosphate auf.
Salzsäure (E507)
Salzsäure ist eine vollständig dissoziierte, sehr starke anorganische Säure (pKsWert: -6). In konzentrierter Form spielt sie eine bedeutende Rolle bei der Hydrolyse von Proteinen und Stärken für die Herstellung von Speisewürzen. In Endprodukten stark verdünnt, ist Salzsäure ausschliesslich in Getreidebeikost und anderer Beikost für Säuglinge und Kleinkinder zugelassen (1, 6).
Schwefelsäure (E513) und Sulfate
Schwefelsäure wird wie Salzsäure in der Regel nicht in Endprodukten verwendet, sondern zum Aufschluss von Proteinen und Stärken benötigt. Die Salze der Schwefelsäure, Mono- und Dinatriumsulfat (E514), Mono- und Dikaliumsulfat (E515), Kalziumsulfat (E516) und Monoammonium- und Diammoniumsulfat (E517) werden zum Ausfällen von Milchprotein und als Säureregulatoren verwendet (1, 5).
Natriumhydroxid (Natronlauge) (E524)
Die anorganische Verbindung ist eine starke Base und kann, entsprechend verdünnt, den pH-Wert von sauren Lebensmitteln wie Konfitüren, Gelees und Kakaorohmasse regulieren. Dabei entstehen die harmlosen Natriumsalze der jeweiligen Fruchtsäuren. In Würzmitteln wird Natriumhydroxid für die Neutralisierung des durch die Hydrolyse mit Salzoder Schwefelsäure stark sauren Endproduktes benötigt. Weiter wird es in 1,25prozentiger Lösung für die Herstellung von Laugengebäck eingesetzt (2). Oliven verlieren nach Zusatz von Natronlauge einen Teil ihres Bittergeschmacks und bekommen die erwünschte dunkle Farbe.
Weitere Hydroxide
Als Säureregulatoren kommen auch Kaliumhydroxid (E525, Kalilauge) in ähnlichen Anwendungen wie Natronlauge, Kalziumhydroxid (E526, gelöschter Kalk) und Kalziumoxid (E529) zur Behandlung von Muskatnüssen und Ammonium(E527) und Magnesiumhydroxid (E528) zur Behandlung von Kakaorohmasse zum Einsatz.
Gluconsäure (E574) und Gluconate (E576–E578)
Gluconsäure entsteht beim Abbau von Kohlenhydraten in Früchten bei deren Reifung und ist eine wichtige Säure in Honig. Die Säure ist in wässriger Lösung nicht beständig und bildet unter Wasserabspaltung in einer Gleichgewichtsreaktion unter anderem Glucono-δ-Lacton (E575). Dieses Reaktionsgleichgewicht macht man sich zunutze bei der Herstellung von Joghurt, dem Glucono-δ-Lacton zugesetzt wird. Durch die langsame Umwandlung in Gluconsäure tritt eine Eiweissfällung ein, die das Joghurt erst nach der Abfüllung optimal geliert. Die Salze der Gluconsäure Natriumgluconat (E576), Kaliumgluconat (E577) und Kalziumgluconat (E578) verstärken als Komplexbildner die Quellfähigkeit und die Löslichkeit von Milch- und Milcheiweisserzeugnissen (1).
Fazit
Bei den Zusatzstoffen aus den Klassen der Antioxidanzien, Säurungsmittel und Säureregulatoren handelt es sich häufig um in der Natur vorkommende Substanzen oder deren Derivate, die für viele Bereiche der Lebensmittelproduktion aufgrund ihrer physiko-chemischen Eigenschaften unverzichtbar sind. Durch ihre Zulassung und regelmässige Reevaluation durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie eine Verwendung gemäss guter Herstellungspraxis (GHP) oder bis zum jeweils festgelegten ADIWert beziehungsweise bis zum Einsatz gemäss Anwendungsliste der Schweizer Zusatzstoffverordnung (ZuV) ist eine sichere Verwendung gewährleistet.
Korrespondenzadresse:
Dipl. oec. troph. Steffen Theobald
Berner Fachhochschule Gesundheit
Studiengang Ernährung und Diätetik
Murtenstr. 10, 3008 Bern
E-Mail: steffen.theobald@bfh.ch
Literatur: 1. Ternes W, Täufel A, Tunger L, Zobel M. Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie. 4 ed. Hamburg: Behr’s; 2005. 2. Belitz HD, Grosch W, Schieberle P. Lehrbuch der Lebensmittelchemie. 6 ed. Berlin: Springer; 2008. 3. Ternes W. Naturwissenschaftliche Grundlagen der Lebensmittelzubereitung. 3 ed. Hamburg: B. Behr’s; 2008. 4. Baltes W. Lebensmittelchemie. 7 ed. Berlin: Springer; 2012. 5. Elmadfa I, Muskat E, Fritzsche D. GU Kompass ENummern & Zusatzstoffe. 3 ed. München: Gräfe und Unzer; 2011. 6. Eidgenössisches Departement des Innern (EDI). Verordnung des EDI über die in Lebensmitteln zulässigen Zusatzstoffe (Zusatzstoffverordnung ZuV) vom 22. Juni 2007 (Stand am 25. Mai 2009). 2013 June 20, Available from: URL: www.admin.ch/ch/d/sr/ 817_022_31/index.html, Zugriff am 20.6.2013. 7. Bleich SN, Wang YC, Wang Y, Gortmaker SL. Increasing consumption of sugar-sweetened beverages among US adults: 1988–1994 to 1999–2004. Am J Clin Nutr. 2009 Jan; 89: 372–381. 8. Li H, Zou Y, Ding G. Dietary factors associated with dental erosion: a meta-analysis. PLoS One. 2012; 7: e42626. 9. Tucker KL, Morita K, Qiao N, Hannan MT, Cupples LA, Kiel DP. Colas, but not other carbonated beverages, are associated with low bone mineral density in older women: The Framingham Osteoporosis Study. Am J Clin Nutr. 2006 Oct; 84: 936–942. 10. McGartland C, Robson PJ, Murray L, Cran G, Savage MJ, Watkins D, Rooney M, Boreham C. Carbonated soft drink consumption and bone mineral density in adolescence: the Northern Ireland Young Hearts project. J Bone Miner Res. 2003 Sep; 18: 1563–1569. 11. Kristensen M, Jensen M, Kudsk J, Henriksen M, Molgaard C. Short-term effects on bone turnover of replacing milk with cola beverages: a 10-day interventional study in young men. Osteoporos Int. 2005 Dec; 16: 1803–1808. 12. Garcia-Melgares ML, de la Cuadra J, Martin B, Laguna C, Martinez L, Alegre V. Sensitization to gallates: review of 46 cases. Actas Dermosifiliogr. 2007 Dec; 98: 688–693. 13. Perez A, Basketter DA, White IR, McFadden J. Positive rates to propyl gallate on patch testing: a change in trend. Contact Dermatitis. 2008 Jan; 58: 47–48. 14. Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food (ANS). Scientific Opinion on the re-evaluation of butylated hydroxyanisole – BHA (E 320) as a food additive. EFSA Journal. 2011; 9: 2392.
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