Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
6.2014: Postmenopausale Hormonsubstitution (HT)
Die KEEP-Studie ist da!
Hintergrund: Seit Jahren warten wir auf die Publikation der KEEPS-Daten, in der Hoffnung, dass die Hypothese des günstigen Zeitfensters für eine Hormontherapie (HT) am Herzen bestätigt wird. Nun liegen Ergebnisse vor.
Wie ist die Studie von Harman und Kollegen zu bewerten?
Die Studie im Resümee
In der randomisierten, plazebokontrollierten Studie KEEPS (= Kronos Early Estrogen Prevention Study) wurden 727 (kardiovaskulär) gesunde Frauen im mittleren Alter von 52,7 Jahren und in der frühen Postmenopause über 4 Jahre mit einer niedrig dosierten Östrogentherapie I (1) konjugierte equine Östrogene
0,45 mg/Tag oral (o-CEE) oder I (2) Östradiol 1 x 50 mcg Pflaster/Wo-
che transdermal (t-E2) versus I Plazebo behandelt. Die Frauen unter Östrogentherapie erhielten an 12 Tagen im Monat zusätzlich Progesteron 200 mg/Tag oral. Der primäre Endpunkt war die sonografisch gemessene jährliche Rate der Veränderung der Carotis-Intima-MediaDicke (CIMT). Sekundäre Endpunkte waren die Veränderungen von kardiovaskulären Risikofaktoren. Zu den Charakteristika der Teilnehmerinnen bei Studienbeginn zählten unter anderem: mittlerer BMI: 26,2; Anteil der Nichtraucherinnen: 79%; Anteil der HTNeuanwenderinnen: 80%; Anteil der Frauen mit Hitzewallungen: 85,7%; keine Anwendung von Lipidsenkern; Koronarkalk (CAC) Score < 50 Agatston Units. Bei Baseline betrug die mittlere CIMT 0,7268 mm (o-CEE), 0,7176 mm (t-E2) respektive 0,7213 mm (Plazebo). Innerhalb des 4-jährigen Beobachtungszeitraums nahm die CIMT in allen drei Gruppen im Mittel um 0,0076 mm/Jahr zu. Der Unterschied zwischen den aktiven Behandlungsarmen und Plazebo war hierbei nicht signifikant. Ähnliches galt für den per CT gemessenen Koronarkalk (CAC). Nach 4 Jahren zeigte sich eine
Zunahme des CAC-Scores bei 17,4% (o-CEE), 18,9% (t-E2) und 21% (Plazebo) der Probandinnen; der Gruppenunterschied war nicht signifikant. Die kardiovaskulären Risikofaktoren wurden durch die HT positiv beeinflusst (Serumlipide v.a. durch o-CEE, Insulinresistenz v.a. durch t-E2). In keinem Behandlungsarm kam es zu einer Blutdruckveränderung. Bis auf vaginale Blutungen traten unerwünschte Ereignisse (UE) in allen Studienarmen gleich häufig auf. Ebenso zeigte sich kein signifikanter Unterschied im Auftreten oder in der Verteilung von schweren UE: Herzinfarkt (1-mal im t-E2-Arm vor Start der Studienmedikation), venöse Thromboembolie (1-mal im t-E2-, 1-mal im Plazeboarm), Mammakarzinom (3-mal im o-CEE-, 3-mal im t-E2-, 2-mal im Plazeboarm) und Endometriumkarzinom (2-mal im o-CEE-, 1-mal im t-E2-Arm). Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine vierjährige HT in der frühen Postmenopause keinen Einfluss auf die Progression der Arteriosklerose hat.
Kommentar
Im Gegensatz zur EPAT-Studie (1) beispielsweise zeigt KEEPS keinen positiven, sondern einen neutralen Einfluss einer HT auf CIMT und CAC, welche als Surrogatmarker für das Ausmass der Arteriosklerose genutzt werden. Als mögliche Erklärung für die Diskrepanz der Studienergebnisse werden verschiedene Faktoren diskutiert wie: 1. Die KEEPS-Studienpopulation hatte
ein sehr niedriges Basisrisiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. 2. Der Beobachtungszeitraum war zu kurz.
PD Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Kommentierte Studie: Harman SM, Black DM, Naftolin F, et al.: Arterial imaging outcomes and cardiovascular risk factors in recently menopausal women: a randomized trial. Ann Intern Med. 2014; 161(4): 249–60; LoE-I.
3. Die gewählte Östrogendosis (2) war
zu niedrig.
4. Der Surrogatmarker CIMT ist eventu-
ell nicht ausreichend repräsentativ für
Veränderungen an den Koronararte-
rien.
5. Die Perimenopause hätte in das güns-
tige Zeitfenster der Hormonwirkung
am Herzen mit einbezogen werden
sollen (3).
Hier gilt es, weitere KEEPS-Subanalysen
und die Publikation der ELITE-Studie
abzuwarten.
Wichtig ist jedoch festzuhalten, dass so-
wohl eine orale als auch transdermale
niedrig dosierte HT über 4 Jahre bei ge-
sunden Frauen in der frühen Postme-
nopause nicht mit einem erhöhten Risiko
für kardiovaskuläre oder Malignomer-
krankungen verbunden ist!
I
PD Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
32 GYNÄKOLOGIE 5/2014