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Herzinsuffizienz, Lipidsenkung, Bluthochdruck
Aktuelle Studien vom ESC-Jahreskongress
Eine spannende Mischung neuer Erkenntnisse erwartete die Teilnehmer am ESC-Jahreskongress: Enttäuschenden Ergebnissen der Lp-PLA2-Hemmer beim akuten Koronarsyndrom stehen positive Daten gegenüber, etwa die deutliche Verbesserung gegenüber dem bisherigen Standard bei der chronischen Herzinsuffizienz unter LCZ696, die drastische Lipidsenkung unter PCSK9-Inhibitoren und die gute Wirksamkeit von Serelaxin bei akuter Herzinsuffizienz. Eisenersatz zeigt auch bei Herzinsuffizienzpatienten ohne Anämie Wirkung, und Ticagrelor verhindert Stentthrombosen und ist daher bereits im Rettungswagen zu verabreichen.
Neue Substanz verbessert Therapie der chronischen Herzinsuffizienz
Für Aufsehen sorgten am Kongress die Ergebnisse der PhaseIII-Studie PARADIGM-HF, die parallel zur Vorstellung am ESCKongress auch im «New England Journal of Medicine» publiziert wurden (1). Als erster Vertreter einer neuen Klasse zeigte sich der ARNI (Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor) LCZ696 darin der bisherigen Standardtherapie mit dem ACEHemmer Enalapril überraschend deutlich überlegen. Die Studie randomisierte 8442 Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen II bis IV und einer Auswurffraktion von nicht mehr als 40 Prozent zu entweder 2-mal täglich LCZ696 200 mg oder 2-mal täglich Enalapril 10 mg ergänzend zur empfohlenen Therapie. Die Untersuchung wurde bereits im März dieses Jahres nach einem medianen Followup von 27 Monaten auf Anraten des Data Monitoring Comittees vorzeitig beendet. Grund dafür war ein überzeugender Vorteil für LCZ696 in der Zwischenanalyse. Der primäre Endpunkt (Tod oder Spitaleinweisung aufgrund der Herzinsuffizienz) wurde unter dem ARNI signifikant seltener erreicht (21,8 vs. 26,5% unter Enalapril, HR: 0,8; 95%-KI: 0,73–0,87; p < 0,001). Im Vergleich zu Enalapril konnte das Risiko einer Spitaleinweisung aufgrund von Herzinsuffizienz um 21 Prozent signifikant reduziert werden (p < 0,001), ebenso nahmen Symptome und körperliche Einschränkungen durch die Herzinsuffizienz signifikant ab (p = 0,001). «Der Vorteil der neuen Substanz gegenüber Enalapril hinsichtlich der kardiovaskulären Mortalität war mindestens so gross wie der Nutzen einer Langzeittherapie mit Enalapril versus Plazebo. Diese Daten unterstützen den Einsatz der neuen Substanz anstelle von ACE-Hemmern oder Angiotensinrezeptorblockern bei der Behandlung der Herzinsuffizienz und werden dazu beitragen, das Management von Patienten mit Herzinsuffizienz zu verändern, kommentiert Prof. Dr. med. Milton Packer, University of Texas, Southwestern Medical Center, Dallas, einer der beiden Erstautoren. Im «New England Journal of Medicine» heisst es dazu: «Die robusten Ergebnisse liefern eine hohe Evidenz, dass die kombinierte Hemmung von Angiotensinrezeptor und Neprilysin der alleinigen Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz überlegen ist.»
Herzinsuffizienz mit Eisenmangel: Verbesserung unter Eisenersatz
Eisenmangel gilt seit kurzem als häufige Komorbidität bei Herzinsuffizienz und ist mit gestörter funktioneller Kapazität, schlechter Lebensqualität und erhöhter Mortalität assoziiert, und zwar unabhängig von der Anwesenheit einer Anämie, berichtete Prof. Dr. med. Piotr Ponikowski von der Medizinischen Universität Breslau in Polen. Eisenmangel ist daher ein attraktives therapeutisches Ziel. Die doppelblinde, plazebokontrollierte CONFIRM-HF-Studie (Ferric CarboxymaltOse evaluatioN on perFormance in patients with IRon deficiency in coMbination with chronic Heart Failure) umschloss 304 Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz und Eisenmangel (Serumferritin < 100 ng/ml) in 41 Zentren in 9 europäischen Ländern (2). Sie erhielten randomisiert entweder Eisen als Ferric-Carboxymaltoselösung (FCM) in einer medianen Gesamtdosis von 1500 mg Eisen oder Plazebo, 52 Wochen lang. Mehr als 75 Prozent der Patienten benötigten maximal 2 Injektionen, um die Eisenparameter zu korrigieren und die Werte zu erhalten. Untersucht wurde, inwieweit sich die in 6 Minuten zurückgelegte Gehstrecke veränderte, primärer Endpunkt der Studie war die Verbesserung dieses Tests zu Woche 24. Verglichen mit der Plazebogruppe gingen die FCM-Patienten nach 24 Wochen 33 Meter weiter, nach 36 Wochen 42 Meter weiter und zu Woche 52 36 Meter weiter als zu Beginn; auch funktioneller Status, Fatigue und Lebensqualität besserten sich, und das Risiko der Hospitalisation aufgrund einer sich verschlechternden Herzinsuffizienz wurde gesenkt. Die Veränderungen waren bei Patienten mit und ohne Anämie zu beobachten. «Dies ist klinisch bedeutsam und stellt gleichzeitig die traditionelle Sichtweise in Frage, die die Folgen eines Eisenmangels mit Anämie verbindet», kommentierte Ponikowski. Dass die Anzahl der Todesfälle in beiden Gruppen ähnlich war, weise darauf hin, dass ein 1-jähriger Follow-up nicht lange genug für einen Nachweis eines Mortalitätsunterschiedes sei, so der Experte. Die derzeit «relativ schwache» Empfehlung der aktuellen ESC-Richtlinien bezüglich Management des Eisenmangels sei vor allem auf die mangelnde Evidenz des Nutzens einer Eisensubstitution zurückzuführen. «Die CON-
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FIRM-Studie füllt diese Lücke und sollte für die Definition der Bedeutung des Eisenmangels in den nächsten ESC-Richtlinien 2016 eine wichtige Rolle spielen.»
Übergewichtige Jugendliche haben 6-fach erhöhtes Hypertonierisiko Dies ist das Ergebnis der PEP Family Heart Study an mehr als 22 000 Kindern und Jugendlichen, die von Prof. Dr. med. Peter Schwandt, Universität München, präsentiert wurde (3). Bei jedem Teilnehmer wurden zu Beginn Blutdruck, Body-Mass-Index, Taillenumfang, das Verhältnis von Taille zu Körpergrösse, Hautfaltendicke und Körperfettanteil gemessen. Die Ergebnisse: Im Vergleich zu nicht übergewichtigen Kindern und Jugendlichen war das Risiko für Prähypertonie (90.–95. Perzentile der Blutdruckkurve für Kinder und Jugendliche) bei übergewichtigen beziehungsweise adipösen Buben um das 1,6-Fache beziehungsweise 2,4-Fache erhöht, bei Mädchen um das 1,8-Fache beziehungsweise das 3,3-Fache. Für das Risiko einer Hypertonie (> 95. Perzentile) waren die Assoziationen noch stärker: Übergewichtige Jungen hatten ein fast 6-fach erhöhtes Risiko, übergewichtige Mädchen ein immer noch vierfach erhöhtes Risiko im Vergleich zu ihren normalgewichtigen Alterskollegen. Dazu Schwandt: «Je übergewichtiger junge Menschen sind, desto höher ist ihr Risiko für Prähypertonie und Hypertonie. Jeglicher Gewichtverlust kann helfen, ihr Risiko zu senken.»
STEMI: Ticagrelor bereits im Rettungswagen Die Verabreichung von Gerinnungshemmern wie Fibrinolytika oder Glykoprotein-IIb/IIIa-Hemmer ist nachweislich mit verbesserter koronarer Reperfusion bei STEMI-Patienten assoziiert, und bei der stationären Therapie zeigte sich Ticagrelor gegenüber Clopidogrel bei STEMI-Patienten mit Stent überlegen, umriss Prof. Dr. med. Gilles Montalescot von der Abteilung für Kardiologie am Pitié-Salpêtrière-Universitätskrankenhaus in Paris die Hintergründe der ATLANTIC-Studie (4). «Unbekannt war, ob eine frühere Verabreichung von Ticagrelor sicher und noch effektiver wäre.» Die doppelblinde Multizenterstudie umfasste 1862 Patienten mit STEMI, die randomisiert im Rettungswagen oder im Krankenhaus Ticagrelor oder Plazebo erhielten, zusätzlich zu ASS und der Standardbetreuung. Nachfolgend unterzogen sich die Patienten einer perkutanen koronaren Intervention (PCI). Im Ambulanzarm erhielten Patienten eine Sättigungsdosis von 180 mg Ticagrelor und dann ein entsprechendes Plazebo im Krankenhaus. Im anderen Arm gab es Plazebo im Rettungswagen und 180 mg Ticagrelor im Krankenhaus. Danach erhielten alle Patienten 90 mg Ticagrelor 2-mal täglich, 30 Tage lang, mit der Empfehlung, die Behandlung 1 Jahr fortzusetzen. Für die beiden primären Endpunkte zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen: 1) Anzahl der Patienten, die keine 70-prozentige oder höhere Auflösung der ST-Hebung vor der PCI hatten, sowie 2) Anzahl an Patienten, die keinen kontinuierlichen Fluss Grad 3 in der infarktbezogenen Arterie nach Thrombolyse im Rahmen der initialen Angiografie hatten. Patienten, die kein Morphin erhielten, hatten jedoch eine signifikant bessere EKG-Normalisierung, wenn sie Ticagrelor bereits im Rettungswagen erhielten. «Das Morphin könnte den Wirkeintritt von Ticagrelor verzögert haben; aber in welchem Ausmass dies die Ergebnisse beeinflusst haben könnte, ist zum derzeitigen Zeitpunkt ungeklärt», kommentierte Montalescot. Die sekundären Endpunkte waren die Raten schwerer kardiovaskulärer Ereignisse und Stentthrom-
bosen nach 30 Tagen. Letztere traten im Ambulanzarm sowohl nach 24 Stunden (0 vs. 0,8%) als auch nach 30 Tagen (0,2% vs. 1,2%) signifikant seltener auf. «Es gibt keinen Nachteil der früheren Verabreichung von Ticagrelor. Das Risiko einer postprozeduralen Stentthrombose – eine schwere iatrogene Komplikation – wird vermindert, und es ist zudem praktischer, den Wirkstoff bereits im Krankenwagen und nicht erst im Katheterlabor zu verabreichen, wo die Mitarbeiter schon mehr als genug zu tun haben», fasst der Kardiologe zusammen.
Serelaxin wirksam bei akuter Herzinsuffizienz Serelaxin ist die synthetische Version des Hormons Relaxin, das in der Schwangerschaft in hoher Konzentration produziert wird und dort zu einer Verbesserung der Funktion von Blutgefässen, Nieren und Herz führen soll. Nun zeigte sich, dass unter Serelaxin seltener eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz im Spitalsbereich auftrat, und zwar bei etwa der Hälfte der Patienten, die mit akuter Herzinsuffizienz aufgenommen wurden (5). Prof. Dr. med. John R. Teerlink von der University of California in San Francisco war Co-Autor der RELAX-AHF-Untersuchung, welche die Effekte einer 48-Stunden-Infusion von Serelaxin i.v. auf das klinische Endergebnis von 1161 Patienten untersuchte. Der Wirkstoff hatte in dieser Studie bereits zu einer Verbesserung der anfänglichen Zeichen und Symptome der Herzinsuffizienz geführt sowie eine reduzierte Mortalität gezeigt. In der vorliegenden Analyse verschlechterte sich die Herzinsuffizienz bei 12,2 Prozent der Patienten unter Standardbehandlung verglichen mit 6,7 Prozent unter Serelaxin. «Zu den Symptomen einer sich verschlechternden Herzinsuffizienz zählen Kurzatmigkeit oder ein Gefühl des Ertrinkens in den eigenen Flüssigkeiten; sie sind für den Patienten äusserst unangenehm», erklärte der Experte. Zudem sind sie mit einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert und mit einem 2-fach erhöhten Risiko, innerhalb von 180 Tagen zu sterben, ergänzt Prof. Dr. med. Marco Metra, Co-Autor der RELAX-AHF-Studie und Direktor der Abteilung für Kardiologie an der Universität Brescia.
Fixdosiskombination verbessert Compliance nach Myokardinfarkt Die mangelnde Compliance hinsichtlich kardiovaskulärer Medikation zur Sekundärprävention ist ein wesentlicher Faktor für die zunehmende Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen, betonte Dr. med. Valentin Fuster, Direktor von Mount Sinai Heart des Mount Sinai Health Systems. Die wichtigsten Faktoren seien dabei die Komplexität der Behandlung sowie die tägliche Anzahl der verschriebenen Tabletten. Eine Fixdosiskombination in einer Tablette könnte daher die Compliance verbessern. Die FOCUS-Studie wurde in 2 Phasen durchgeführt: FOCUS 1 umfasste knapp 2200 Patienten nach Myokardinfarkt (MI) und analysierte alle Faktoren (Epidemiologie, Sozioökonomie, Komorbidität), welche die Compliance zu kardiovaskulärer Medikation bestimmen (6). Zu Baseline lag die Compliance bei 45,5 Prozent; Non-Compliance war unabhängig assoziiert mit jüngerem Alter (< 50 Jahre), hohen Werten auf einer Depressionsskala und Einnahme einer komplexen Therapie. FOCUS 2 war eine randomisierte kontrollierte Studie, die den Effekt einer Fixdosiskombination, der CNIC-FS-FERRER «Polypill» (3), auf die Compliance untersuchte. Die Polypill enthält ASS 100 mg, Simvastatin 40 mg und Ramipril 2,5, 5 oder 10 mg; knapp 700 Patienten wurden hierfür 9 Monate lang
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beobachtet. Ergebnis: Laut Fragebogen nahmen 68 Prozent der Patienten die Polypill zur Sekundärprävention eines MI ein, verglichen mit 59 Prozent der Patienten, die 3 Tabletten einnehmen mussten. Bei Abzählen der Tabletten zeigte sich eine Compliance von 92 Prozent in der Polypillgruppe, verglichen mit 84 Prozent in der anderen Gruppe. Fazit des Kardiologen: «Die Fixdosiskombination hat das Potenzial, bei mehr Patienten einen zweiten Myokardinfarkt zu verhindern; diese Vermutung sollte nun in einer randomisierten Studie untersucht werden.»
PCSK9-Inhibitor: Drastische Lipidsenkung bei kardiovaskulärem Risiko … Bei Patienten mit hohem Cholesterin und erhöhtem Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung (CVD) verbesserte Alirocumab im Vergleich zu Ezetimib signifikant die Cholesterinwerte bei zusätzlicher Gabe zur regulären Statintherapie, berichtete Dr. med. Christopher Cannon vom Harvard Clinical Research Institute in Boston. Alirocumab ist ein vollständig humaner Antikörper und gehört einer neuen Medikamentenklasse an, die wahrscheinlich synergistisch mit traditionellen Cholesterinsenkern wirkt: PCSK9-Inhibitor (Proprotein Konvertase Subtilisin/Kexin-Typ 9), erklärt Cannon. Die ODYSSEY-COMBO-II-Studie umfasste 720 Patienten mit hohen Cholesterinwerten oder anderen kardiovaskulären Risikofaktoren, die bereits die maximal verträgliche Statindosis einnahmen (7). Sie erhielten 104 Wochen lang randomisiert entweder Alirocumab s.c. oder Ezetimib per os sowie die jeweilige Plazebobehandlung als Tablette beziehungsweise als s.c.-Injektion. Im Vergleich zu Ezetimib senkte Alirocumab die LDL-C-Werte zu Woche 24 und 52 signifikant stärker (50,6 vs. 20,7% bzw. 49,5 vs. 18,3%, p jeweils < 0,0001 bzw. < 0,001). 77 Prozent der Alirocumabpatienten erreichten zu Woche 24 LDL-C Werte von 1,81 mmol/l oder niedriger, verglichen mit 45,6 Prozent der Ezetimibpatienten (p < 0,0001). Mehr als drei Viertel der Patienten erreichten die Ziele LDL-C-Werte bereits unter der Anfangsdosis von 75 mg, obwohl eine Steigerung auf 150 mg bei Bedarf möglich war, kommentierte Cannon. Die Rate unerwünschter Nebenwirkungen war in beiden Gruppen ähnlich.
… und bei familiärer Hypercholesterinämie Die Effektivität des neuen Wirkstoffs konnte zudem bei 735 Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie (heFH) nachgewiesen werden, deren LDL-C-Werte unter Statintherapie und anderen Lipidsenkern immer noch relativ hoch (im Mittel 3,6 mmol/l) und damit unzureichend kontrolliert waren, berichtet Dr. Michel Farnier vom Point Médical in Dijon (8). Die Patienten erhielten zusätzlich zu ihrer aktuellen Therapie 78 Wochen lang entweder alle 2 Wochen Alirocumab 75 bis 150 mg oder Plazebo. Zu Woche 24 hatte Alirocumab die LDL-C-Werte im Vergleich zum Ausgangspunkt signifikant reduziert, während es in den Plazeboarmen zu Erhöhungen kam (p < 0,0001). Mehr als 70 Prozent hatten zu Woche 24 den LDL-C-Zielwert von < 2,59 mmol/l beziehungsweise < 1,81 mmol/l (Hochrisiko beziehungsweise Sehr-Hochrisiko-Patienten) erreicht, verglichen mit 11,3 Prozent unter Plazebo. «In früheren Untersuchungen erreichen nur 20 Prozent der heFH-Patienten einen Zielwert unter 2,5 mmol/l. Aufgrund der drastischen Abnahme des LDL-C unter Alirocumab in dieser Untersuchung lässt sich erkennen, wie enorm wichtig die neue Strategie für Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko ist.»
… und langfristige kardiovaskuläre Protektion In der ODYSSEY-LONG-TERM-Studie waren 2431 Patienten mit hohem Cholesterinspiegel und entweder hohem kardiovaskulärem Risiko oder mit heFH eingeschlossen; sie erhielten randomisiert entweder Alirocumab 150 mg s.c. alle 2 Wochen oder Plazebo, 78 Wochen lang, zusätzlich zur maximal verträglichen Statindosis mit oder ohne andere Lipidsenkung (9). Nach 24 Wochen zeigten Alirocumabpatienten eine Senkung des mittleren LDL-C vs. Baseline von 61 Prozent, verglichen mit einem Anstieg von 0,8 Prozent in der Plazebogruppe (p < 0,0001). Zu diesem Zeitpunkt hatten zudem signifikant mehr Alirocumabpatienten das LDL-C-Ziel von zumindest einer 50-prozentigen Reduktion vs. Baseline erreicht (76% vs. 2%, p < 0,0001). Auch die Rate wichtiger kardiovaskulärer Ereignisse (Herztod, MI, Insult und instabile Angina mit Hospitalisierung) war in der Verumgruppe niedriger (p < 0,01). Die Nebenwirkungen waren wiederum in beiden Armen ähnlich. Fazit von Hauptautorin Dr. med. Jennifer Robinson von der Universität Iowa: «Dies ist ein sehr ermutigendes Ergebnis, da frühere Untersuchungen verschiedener lipidsenkender Therapien hier gescheitert sind. Wir müssen nun noch die Ergebnisse einer laufenden langfristigen kardiovaskulären Outcome-Studie abwarten. Dann können wir bestimmen, ob Alirocumab routinemässig zusätzlich zur Statintherapie verabreicht werden sollte, um das kardiovaskuläre Risiko dieser Hochrisikopatienten zusätzlich zu senken.»
Wieder enttäuschendes Ergebnis für Darapladibstudie bei akutem Koronarsyndrom Das Studienmedikament Darapladib konnte bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (Herzinfarkt oder instabile Angina) keine Reduktion wichtiger Koronarereignisse im Vergleich zu Plazebo zeigen, berichtete Dr. Michelle O’Donoghue vom Brigham and Women’s Hospital in Boston (10). Dies ist bereits die zweite grosse Studie, die keinen Benefit für diesen Wirkstoff zeigt: «Unsere Ergebnisse können die Strategie einer gezielten Lp-PLA2-Hemmung mit Darapladib bei nach ACS stabilisierten Patienten nicht unterstützen», so O’Donoghue, Co-Autorin der SOLID-TIMI-52-Studie an 13 000 Patienten (the Stabilization Of pLaques usIng Darapladib-Thrombolysis in Myocardial Infarction trial): Nach 2,5 Jahren zeigte sich unter Darapladib kein vermindertes Risiko für einen primären Endpunkt (Kompositum aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt oder dringliche koronare Revaskularisation). Auch der zusammengesetzte sekundäre Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt oder Schlaganfall wurde unter Darapladib nicht gesenkt.
Lydia Unger-Hunt Christine Mücke
Quelle: ESC-Kongress, 30. August bis 3. September 2014 in Barcelona.
Literatur: 1. Meurin P et al. Colchicine for postoperative pericardial effusion: The Post-Operative Pericardial Effusion-2 (POPE-2) study: A multicenter, double-blind, randomized trial. European Society of Cardiology 2014 Congress; August 31, 2014; Barcelona, Spain. Hot line 889. 2. Ponikowski P et al. Beneficial effects of long-term intravenous iron therapy with ferric carboxymaltose in patients with symptomatic heart failure and iron deficiency; Eur Heart J 2014; pii: ehu385. [Epub ahead of print] 3. Schwandt et al. Body fat distribution and elevated blood pressure in 22051 youths: The PEP Family Heart Study, ESC Abstract P2992. 4. Montalescot G et al. Prehospital ticagrelor in ST-segment elevation myocardial infarction; N Engl J Med 2014; 371: 1016–1027.
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5. Metra M et al. Effect of Serelaxin on Cardiac, Renal, and Hepatic Biomarkers in the Relaxin in Acute Heart Failure (RELAX-AHF) Development Program, J Am Coll Cardiol. 2013; 61: 196–206. 6. Castellano JM et al. A polypill strategy to improve adherence: results from FOCUS (Fixed-dose Combination Drug for Secondary Cardiovascular Prevention) Project, J Am Coll Cardiol. 2014; doi:10.1016/ j.jacc.2014.08.021 7. Colhoun HM et al. Efficacy and safety of alirocumab, a fully human PCSK9 monoclonal antibody, in high cardiovascular risk patients with poorly controlled hypercholesterolemia on maximally tolerated doses of statins: rationale and design of the ODYSSEY COMBO I and II trials. BMC Cardiovasc Disord. 2014; 14: 121 [Epub ahead of print]. 8. Kastelein JJ et al. Efficacy and safety of alirocumab in patients with heterozygous familial hypercholesterolemia not adequately controlled with current lipid-lowering therapy: design and rationale of the ODYSSEY FH studies. Cardiovasc Drugs Ther. 2014; 28: 281–290. 9. Kastelein JJ et al. Efficacy and safety of alirocumab in patients with heterozygous familial hypercholesterolemia not adequately controlled with current lipid-lowering therapy: design and rationale of the ODYSSEY FH studies. Cardiovasc Drugs Ther. 2014; 28: 281–290. 10. O’Donoghue M et al. Effect of darapladib on major coronary events after an acute coronary syndrome: the SOLID-TIMI 52 randomized clinical trial; JAMA 2014; 312: 1006–1015.
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