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Systemische Glukokortikoide zwischen Nutzen und Risiko
Erläuterungen zu den EULAR-Empfehlungen bei rheumatoider Arthritis
Systemische Glukokortikoide sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie bei rheumatoider Arthritis. Allerdings kann die richtige Balance zwischen Risiko und Benefit eine Herausforderung sein. In Paris wurden die im vergangenen Jahr veröffentlichten EULAR-Empfehlungen zum Einsatz von systemischen Glukokortikoiden genauer vorgestellt.
S chwedische und deutsche Registerdaten zeigen: Rund die Hälfte aller Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) verwenden Glukokortikoide. So sei der Gebrauch von niedrig dosierten Glukokortikoiden zwischen 1990 und 2010 um 34 Prozent gestiegen, berichtete Prof. Dr. Johannes Bijlsma von der Universität Utrecht/Niederlande. Allerdings erhöhen sich mit einem solchen Anstieg auch die Risiken.
Mortalität und Dosierung korrelieren Aktuelle Analysen aus RABBIT, dem deutschen Register zur Langzeitbeobachtung der Biologikatherapie bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit RA, weisen auf eine klare Korrelation zwischen Mortalitätsrate und Steroiddosierung hin. So betrug die adjustierte Hazard Ratio für Tod bei glukokortikoidbehandelten RA-Patienten 1,05 bei 1 bis 5 mg/Tag, 1,46 bei 5 bis 10 mg/Tag, 2,0 für 10 bis 15 mg/Tag und 3,59 bei mehr als 15 mg/Tag (1). Man könne zwar einwenden, dass der Gebrauch von Glukokortikoiden per se ein Indikator für eine schwere Erkrankung sei, so die Autoren der Studie. Allerdings werde diese Annahme nicht durch die Ergebnisse gestützt, da die Daten hinsichtlich Krankheitsaktivität und Komorbiditäten adjustiert worden seien. Um nun auch die in letzter Zeit hinzugekommenen neuen Erkenntnisse hinsichtlich des Einsatzes von Steroiden bei RA in die Praxis einfliesen lassen zu können, wurden die vormaligen Guidelines aus dem Jahr 2007 aktualisiert (2). «Im Gegensatz zu den früheren Empfehlungen hat man nun auch die Anwendung höherer Glukokortikoiddosierungen berücksichtigt», sagte Bijlsma. Zudem finden Gedanken zu Ausbildung, Prävention, Dosierung, Monitoring und Risiko-Nutzen-Abschätzungen ihren Niederschlag. Alle Patienten sollten regelmässig auf gängige Nebenwirkungen untersucht werden. «Basierend auf den individuellen Risikofaktoren sollten dabei Diabetes, Bluthochdruck, Blutfette, Gewichtszunahme, Ödeme, Osteoporose, versteckte Infektionen, Osteonekrosen, Myopathie, Augen- und Hautprobleme sowie neuropsychologische Nebeneffekte beachtet werden», so Bijlsma. Viele solche Nebeneffekte könnten vermieden werden, wenn der Einsatz von Glukokortikoiden umsichtig durchgeführt werde, meinte der niederländische Experte. Hinsichtlich krankheitsmodifizierender Effekte erscheine, bei einer Anwendungsdauer von mindestens 6 Monaten, eine tägliche Dosierung bei RA von 7,5 oder 10 mg als optimal. Allerdings seien solche Dosierungen unter Berücksichtigung möglicher Nebenwirkungen immer individuell zu bestimmen.
Klaus Duffner
EULAR-Empfehlungen zum Einsatz von systemischen Glukokortikoiden bei rheumatoider Arthritis
Ausbildung und Prävention • Den Patienten, Familienmitgliedern beziehungsweise Betreuern die Ziele
einer mittelgradig oder hoch dosierten Glukokortikoidtherapie sowie die potenziellen Risiken einer solchen Behandlung erklären. • Massnahmen zur Abmilderung solcher Risiken (inkl. Ernährung, regelmässige Bewegung sowie Aufmerksamkeit gegenüber schlecht heilenden Wunden) diskutieren. • Adäquate, praktische, therapeutische Ratschläge gegen glukokortikoidinduzierte Osteoporose bereitstellen. • Praktische Ratschläge zum Management von glukokortikoidinduzierter «hypothalamic-pituitary-adrenal (HPA) axis suppression» geben. • Hilfestellung für Allgemeinpraktiker bei der Optimierung ihrer Praxis hinsichtlich des Einsatzes von mittelgradig oder hoch dosierten Glukokortikoidtherapien geben.
Dosierung und Nutzen-Risiko-Abschätzung • Komorbiditäten beachten: Diabetes, kardiovaskuläe Erkrankungen, chro-
nische Infektionen, schwere Immunsuppressionen und Osteoporose. Vor der Glukokortikoidtherapie sollten die Patienten auf Prädispositionen hinsichtlich solcher Nebenwirkungen untersucht werden. Wenn Vorbelastungen vorliegen, müssen engmaschige Gesundheitskontrollen stattfinden. • Eine adäquate initiale Dosierung auswählen, das heisst die erforderliche Minimaldosierung suchen, um einen therapeutischen Effekt zu erzielen. • Dosierung konstant hinsichtlich therapeutischer Effekte und sich einstellender Nebenwirkungen anpassen. • Bei zu erwartenden Langzeitanwendungen immer glukokortikoidsparende Therapien wählen.
Literatur: 1. Listing J et al. Mortality in rheumatoid arthritis: the impact of disease activity, treatment with glucocorticoids, TNF-α-inhibitors and rituximab. Ann Rheum Dis 2013; Nov 29 (doi: 10.1136/annrheumdis-2013204021). 2. Duru N et al. EULAR evidence-based and consensus-based recommendations on the management of medium to high-dose glucocorticoid therapy in rheumatic diseases. Ann Rheum Dis 2013; 72: 1905– 1913.
Die EULAR-Empfehlungen zum Einsatz systemischer Glukokortikoide sind online abrufbar unter folgender Adresse: http://ard.bmj.com/content/72/12/1905.full oder direkt zugänglich via QR-Code.
Rheumatologie • August 2014
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