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Pneumotox.com gibt Auskunft über Medikamente, die der Lunge schaden
Viele gängige Medikamente können der Lunge schaden: Ob Amiodaron, Methotrexat, Nitrofurantoin, die Liste lässt sich beliebig ergänzen. Der französische Toxikologe Prof. Dr. Philippe Camus von der Universität Dijon hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, aktuelle Daten und Studien zu Nebenwirkungen aller Substanzen an der Lunge öffentlich zugänglich zu machen, um so eine schnellere Diagnose und Behandlung der oft fulminant verlaufenden pneumologischen Komplikationen zu ermöglichen.
O b interstitielle Pneumopathie, Allergie, schwerer Asthmaanfall, Lungenödem, akute pulmonale Hypertonie oder ARDS, bei fast jeder Manifestation an der Lunge gilt es erst verdächtige Übeltäter in Form von Medikamenten oder Drogen auszuschliessen, so der Experte. Insgesamt seien 3 bis 5 Prozent aller interstitiellen Pneumopathien, 10 Prozent aller ARDS-Fälle, 14 Prozent der schweren Asthmaanfälle und bis zu 20 Prozent aller eosinophilen Pneumonien auf Medikamente zurückzuführen. Das Krankheitsbild der kryptogen organisierenden Pneumonie (früher bekannt als Bronchiolitis obliterans mit organisierender Pneumonie, BOOP) ist in bis zu 30 Prozent der Fälle auf Medikamente zurückzuführen, etwa auf das Antiarrhythmikum Amiodaron.
Sinnvolle Sisyphusarbeit Derzeit werden über 800 Einträge von Stoffen gelistet, die pulmonale Komplikationen verursachen können. Täglich kommen Einträge hinzu, und Links werden aktualisiert. Man kann über Symptome der Toxizität bei Überdosierung von Medikamenten und über die akzidentielle Einnahme von Chemikalien oder Drogen nachlesen. Aber auch Einträge zu Nebenwirkungen wie sie auf dem Beipackzettel stehen und deren Häufigkeit sind zu finden. Die Häufigkeit dieser Nebenwirkungen erstaunt oft. Immunsuppresiva wie der mTor-Inhibitor Sirolimus führen bei 1 von 3 Patienten zu Lungenkomplikationen. Die immer häufiger verwendeten monoklonalen Antikörper Rituximab oder Cetuximab führen bei bis zu 10 Prozent der Erstanwendungen zu schweren anaphylaktischen Reaktionen.
Auch seltene Komplikationen finden Erwähnung Auf der Website sind sowohl bekannte und häufige Komplikationen wie der ACE-Hemmer-Husten zu finden als auch seltene und wenig bekannte Nebenwirkungen oder Interaktionen, so Camus. Zu den weniger bekannten medikamenteninduzierten Notfällen gehöre das auch durch RAAS-Blocker verursachte Angioödem, das selbst Monate nach Therapiebeginn noch auftreten könne. Zudem seien auch Antidote gelistet, etwa Icatibant, das bei ACE-induziertem Angiödem Leben rette. Prominent erwähnt wird Nitrofurantoin, das sehr häufig zur Prophylaxe und zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfekten verschrieben wird und in 0,02 Prozent der Fälle Lungenkomplikationen verursacht; auch Todesfälle sind in der Literatur beschrieben. Nitrofurantoin ist laut Camus ein
Abbildung: Auf www.pneumotox.com können Sie entweder nach Substanzen oder Erkrankungsmustern suchen. Der QR-Code führt Sie direkt auf die Seite.
«Killermedikament, das auf dem Vormarsch ist». Es ist übers Internet bestellbar und in einigen Ländern zur Selbstmedikation (OTC) verfügbar. Auf der Website in englischer Sprache sind nicht nur Atemwegskomplikationen zu finden, sondern auch Links zu neusten Studien und Kasuistiken. Nimmt ein Patient mit Husten oder Atemnot viele unterschiedliche Substanzen ein, gilt es alle Medikamente einzeln nachzuschauen und den potenziellen Übeltäter auszumachen.
Anka Stegmeier-Petroianu
Quelle: «Medikamentös induzierte interstitielle Pneumopathien», Vortrag im Rahmen der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie, 8. und 9. Mai 2014 in Interlaken.
Häufigste Substanzklassen/ Medikamente bei Pneumotox
• ACE-Hemmer • Amiodaron • Acetylsalicylsäure • Bleomycin • Methotrexat • Minocyclin
• Nitrofurantoin • Rituximab • Statine • Chemotherapeutika • TNF-alpha-Hemmer • TKI
www.pneumotox.com
Pneumologie • Juni 2014 17