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Atopische Dermatitis: Behandeln Sie proaktiv!
In einem kurzweiligen Referat fasste die Dermatologin Dr. med. Lisa Weibel vom Kinderspital Zürich die wichtigsten Punkte der Betreuung von Kindern mit atopischer Dermatitis zusammen und forderte zu einem proaktiven Handeln auf.
Weibel schlug in ihrem Referat neun goldene Regeln für die erfolgreiche Betreuung von Kindern mit atopischer Dermatitis vor (Tabelle). Zu Regel eins und
zwei erläuterte sie: «Die Eltern dieser Kinder kommen mit vie-
len Fragen zu Ihnen. Nehmen Sie sich die Zeit, diese zu be-
antworten, und gewinnen Sie durch Ihr Wissen das Vertrauen
der Eltern.» Besonders häufig sei zum Beispiel die Frage nach
dem Grund für die Erkrankung. «Erklären Sie, dass jedes 5.
Kind betroffen ist, die Eltern also nicht allein mit ihrem Pro-
blem sind, und dass die Hauptursache in
einer genetischen Prädisposition liegt, die
zu einer Dysfunktion der Hautbarriere
führt.» Häufig tauche auch der Wunsch
nach einer Testung auf Nahrungsmittelaller-
gien auf. «Wir wissen jedoch mittlerweile,
dass die Rolle von Nahrungsmittelallergien
von Eltern – und oft auch Ärzten – stark
überschätzt wird. Sie können jedoch bei ei-
nem gewissen Anteil an Kindern mit schwe-
rem Ekzem relevant sein», betonte Weibel.
Lisa Weibel
Bei Säuglingen und Kleinkindern mit mittel-
oder schwergradigem unkontrolliertem ato-
pischem Ekzem, insbesondere in Verbin-
dung mit einer gestörten Darmmotilität und Gedeihstörungen,
sollte eine Nahrungsmittelallergie in Betracht gezogen wer-
den (1). «Vermeiden Sie jedoch bei Kindern unnötige Diäten»,
schloss die Referentin diesen Themenblock ab.
Tabelle:
Neun goldene Regeln für ein erfolgreiches Management von Patienten mit atopischer Dermatitis
1. Nehmen Sie sich Zeit 2. Verfügen Sie über das nötige Wissen 3. Erkennen und behandeln Sie bakterielle und virale Infektionen prompt 4. Null Toleranz für Ekzem – seien Sie proaktiv 5. Verwenden Sie Wickel/Bandagen, und setzen Sie bei schweren Fällen
spezialisiertes Pflegepersonal/Kispex ein 6. Bauen Sie Vertrauen und Compliance auf 7. Fördern Sie bei Patienten/Eltern die Autonomie 8. Vermeiden Sie Alternativmedizin 9. Übernehmen Sie Verantwortung
(nach Dr. Lisa Weibel)
Infektionen erkennen und behandeln Im Weiteren ging Weibel auf die Notwendigkeit ein, virale und bakterielle Infektionen korrekt zu erkennen und prompt zu behandeln. «Ein einziger Behandlungszyklus mit oralen Antibiotika ist oft sehr wirkungsvoll, besonders bei Kleinkindern», erläuterte sie. «Es ist jedoch wichtig, gleichzeitig eine topische entzündungshemmende Therapie und eine antiseptische Hautpflege zu implementieren.»
Ein Bad hat viele positive Aspekte Das proaktive Handeln bei Ekzem, zu dem Weibel mit ihrer vierten Management-Regel aufrief, beinhaltete als ersten Punkt das Thema Hautpflege/Emollienzien. «Obwohl wir alle die Bedeutung dieser Massnahmen kennen, gibt es leider nur sehr wenige Daten aus kontrollierten Studien dazu», so die Referentin. «In den meisten Fällen genügt eine 1- bis 2-mal tägliche Ganzkörperapplikation von Emollienzien. Nach einem Bad sollten die Produkte innerhalb von 10 Minuten aufgetragen werden.» Weibel wies zudem darauf hin, dass Urea in den ersten 3 Lebensjahren aufgrund seines beissenden Effekts vermieden werden sollte. «Und, zur Sicherung der Compliance, nehmen Sie ein Produkt, das Patient und Eltern mögen», riet sie. Die Referentin sprach sich zudem stark für ein maximal 10 Minuten langes tägliches Bad (oder Dusche) in handwarmem Wasser aus, mit einem öligen Zusatz oder unter Verwendung milder Syndets. «Baden hat viele positive Effekte. Mikroorganismen, Krusten und Residuen der Emollienzien werden entfernt, die Haut wird befeuchtet, und die Penetration von im Anschluss aufgetragenen Hautpflegemitteln wird verbessert. Und nicht zuletzt macht es vielen Kindern auch einfach Spass und hilft ihnen, danach einzuschlafen.» Neuere Studien zeigen zudem einen positiven Effekt regelmässiger Bäder mit Natriumhypochlorid 0,005 Prozent (Javelwasser) (2, 3).
Stellenwert der topischen Steroide und Calcineurininhibitoren Die antiinflammatorische Behandlung der atopischen Dermatitis beinhaltet den Einsatz topischer Steroide und Calcineurininhibitoren. Im Bezug auf die topischen Steroide riet Weibel: «Um Ängste abzubauen, weisen Sie die Eltern auf die vielen Jahre an Erfahrung hin, die wir mit topischen Steroiden haben, dass eine Intervalltherapie angezeigt ist, und erklären Sie ihnen, wie wirksam diese Substanzen sind, wenn sie proaktiv und vor allem auch langfristig genug eingesetzt werden.» Sie selbst gibt bei Kindern Salben gegenüber von Cremen den Vorzug und betont, dass eine 1-mal tägliche Ap-
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plikation in der Regel ausreicht. «Verwenden Sie ein Steroid, das stark genug ist, um mit dem Ekzem innerhalb von 5 Tagen fertig zu werden», erklärte sie weiter. Williams und Grindlay schlagen als Behandlungsschema 5 Tage Steroide gefolgt von 2 Tagen ohne über 2 Wochen, danach Reduktion auf 3 Tage mit/4 Tage ohne Steroide über 2 Wochen und schliesslich 2 Tage mit/5 Tage ohne Steroide bis zum nächsten Kontrolltermin vor (4).
Ein Bad ist in vielerlei Hinsicht zu empfehlen, nicht zuletzt macht es vielen Kindern Spass und kann beim Einschlafen helfen. (Bild: fotolia.com)
PETITE-Studie bekräftigt Sicherheitsprofil über 5 Jahre
Der topische Calcineurininhibitor Pimecrolimus (ELIDEL® 1%, Creme) ist in der Schweiz für eine Kurzzeit- und intermittierende Langzeitbehandlung der leichten bis mittelschweren atopischen Dermatitis ab einem Alter von 2 Jahren als Zweitlinientherapie in Situationen zugelassen, in denen eine konventionelle Therapie mit Emollienzien und topischen Kortikosteroiden nicht angewendet werden kann (5). In der PETITE-Studie wurde erstmals auch die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Pimecrolimus und TCS bei Kleinkindern über einen Zeitraum von 5 Jahren untersucht (6). In der multizentrischen, offenen ParallelgruppenStudie wurden Kleinkinder mit einer leichten bis mittelgradigen atopischen Dermatitis bei den ersten Anzeichen entweder mit niedrig- bis mittelpotenten topischen Steroiden (TCS) oder Pimecrolimus behandelt. Die Untersuchung wurde unter «real-world»-Bedingungen in 28 Ländern durchgeführt und zeigte schliesslich für beide Behandlungsgruppen einen vergleichbar raschen Wirkungseintritt. Über 50 Prozent der Patienten wiesen nach 3 Wochen keine oder fast keine atopische Dermatitis mehr auf. Dieser Anteil nahm bis zum Studienende progressiv auf 85 Prozent zu (im Gesicht: 95%). Die mit Pimecrolimus behandelten Patienten benötigten über 5 Jahre im Median nur an 7 Tagen zusätzlich ein TCS im Vergleich zu 178 Tagen in der TCSGruppe. 36 Prozent der Patienten in der Pimecrolimus-Gruppe brauchten während der gesamten Studiendauer keine Steroide. Der Anteil an Patienten mit Nebenwirkungen war in beiden Studiengruppen vergleichbar, am häufigsten waren Nasopharyngitis, Pyrexie, Bronchitis und Otitis media. Der Einsatz von Pimecrolimus beeinflusste weder das Wachstum noch das Immunsystem der Kinder. Aufgrund der Resultate dieser Studie hat eine Gruppe aus 12 internationalen Experten vor kurzem einen neuen Algorithmus zur Behandlung der milden bis mittelgradigen atopischen Dermatitis mit Pimecrolimus erarbeitet (7).
Zu den Calcineurininhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus meinte die Referentin: «Haben Sie keine Angst davor, diese Substanzen einzusetzen. Sie sind für eine Erhaltungstherapie ideal, insbesondere für Areale wie das Gesicht, die Lippen, Augenlider und den Genitalbereich. Es genügt oft eine 1-mal tägliche Applikation am Abend.» Es sei jedoch notwendig, mit den meisten Eltern die Frage der Sicherheit von CalcineurinInhibitoren zu thematisieren. «Glücklicherweise liegen uns hier mittlerweile mehr Daten, auch bei Kindern, vor. Und bisher konnte dabei kein einziger Fall eines Malignoms festgestellt werden.»
Bei schwerem Ekzem: topische Steroide unter feuchten Wickeln Weibel sprach sich auch stark für den Einsatz topischer Steroide unter feuchten Wickeln/Bandagen (TubeGaze®, TubiFast Garments) bei Fällen mit schweren, ausgedehnten Ekzemen aus. «Das Verdunsten der Feuchtigkeit hilft der entzündeten Haut und erhöht die Hydratation. Der Effekt kann sehr beeindruckend sein.» In chronischen Fällen könne das Hinzuziehen einer spezialisierten Pflegeperson beziehungsweise der Kispex unter Umständen zu einem Durchbruch verhelfen.
Cave: Verzicht auf wirksame Therapien zugunsten alternativer Massnahmen Zum Schluss forderte die Referentin dazu auf, sich besonders dann einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen, wenn Eltern bei einem schwer betroffenen Kind auf eine wirksame Therapie verzichten und lediglich alternativmedizinische Massnahmen einsetzen wollen. «Zeigen Sie ihnen die Gefahren ihres Vorgehens auf. Solche Kinder können Schlafstörungen entwickeln, an denen sie womöglich lebenslang leiden, ihr Wachstum kann beeinträchtig werden, und das Risiko für Erkrankungen wie ADHS oder bestimmte Immunschwächen steigt.»
Therese Schwender
Referenzen: 1. Atopic eczema in children: Management of atopic eczema in children from birth up to the age of 12 years. NICE Clinical Guidelines, 2007. 2. Ryan C et al. Novel sodium hypochlorite cleanser shows clinical response and excellent acceptability in the treatment of atopic dermatitis. Pediatr Dermatol 2013; 30: 308–315. 3. Huang JT et al. Treatment of Staphylococcus aureus colonization in atopic dermatitis decreases disease severity. Pediatrics 2009; 123: e808–14. 4. Williams HC, Grindlay DJ. What’s new in atopic eczema? An analysis of the clinical significance of systematic reviews on atopic eczema published in 2006 and 2007. Clin Exp Dermatol 2008; 33: 685–688. 5. Fachinformation Elidel®, www.swissmedicinfo.ch 6. Luger T, Nieto A. Pimecrolimus cream 1% in infants with mild-to-moderate atopic dermatitis: efficacy and safety results from a 5-year randomized study. 12th World Congress of Paediatric Dermatology, 27th September 2013, Madrid. 7. Luger T et al. Recommendations for pimecrolimus 1% cream in the treatment of mild-to-moderate atopic dermatitis: from medical needs to a new treatment algorithm. Eur J Dermatol 2013; 23: 758–766.
Quelle: Lunchsymposium «Diagnostic and therapeutic dilemmas – from nose to skin». Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI), 21. März 2014, Davos.
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