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Kongressnotizen
Französische Tour-de-France-Teilnehmer leben länger
Hochleistungssport und Doping zum Trotz: Die französischen Teilnehmer der Tour de France leben länger als ihre Landsmänner, hiess es am Jahreskongress der European Society of Cardiology in Amsterdam. In Anbetracht der Diskussionen über potenziellen Nutzen oder Schaden der exzessiven Belastung sowie der Auswirkungen der leistungsfördernden Substanzen wollten es die Forscher um Prof. Dr. Xavier Jouven, Paris, genauer wis-
sen. Sie verglichen insgesamt 768 französische Radrennfahrer, die zwischen 1947 und 2012 mindestens einmal an der Tour de France teilgenommen hatten, mit der Normalbevölkerung gleichen Alters. Bis September 2012 verstarben 26 Prozent der beobachteten Rennfahrer, die Mortalitätsrate lag damit um 41 Prozent signifikant unter derjenigen der Normalbevölkerung, so Jouven. Dabei waren insbesondere kardiovaskuläre und krebsbedingte Todesfälle
deutlich seltener. Lediglich bei den unter
30-Jährigen gab es mehr Verkehrs- oder
Rennunfälle, allerdings nicht signifikant.
Die Ergebnisse sind zwar beruhigend,
lassen aber keinen direkten Rückschluss
auf die Schädlichkeit des Dopens zu, wie
Jouven anmerkte.
Mü
Jouven X: Centenary of the Tour de France Group: Mortality of French Participants from the Tour de France. ESC-Kongress vom 31. August bis 4. September 2013 in Amsterdam.
Rauchverbot senkt STEMI-Inzidenz in der Schweiz
Nach Einführung des Rauchverbots auf öffentlichen Plätzen im Süden der Schweiz konnte ein Rückgang der STEMI-Inzidenz verzeichnet werden, wie Dr. Alessandra Pia Porretta, Bellinzona, am ESC-Kongress berichtete. Als Erster der Schweizer Kantone führte das Tessin dieses Rauchverbot ein. Die Auswirkungen auf die STEMI-Inzidenz wurde durch einen Vergleich mit dem Kanton Basel-Stadt, in dem kein Rauchverbot gilt, näher betrachtet. Dafür wurden die Daten
der STEMI-bedingten Hospitalisierungen zwischen 2004 und 2007 mit denen zwischen 2007 und 2010 verglichen. Im Tessin konnte nach Einführung des Rauchverbots insbesondere bei älteren Menschen eine signifikante, lang anhaltende Abnahme dieser Hospitalisationen verzeichnet werden. Am stärksten profitierten Frauen ab 65 Jahren, so Porretta. In Basel blieb die Zahl der STEMI-bedingten Krankenhausaufenthalte gesamthaft mehr oder weniger gleich; einzig bei den
über 65-jährigen Männern fand sich ein
Rückgang, den die Forscherin mit beson-
ders in dieser Altersgruppe veränderten
Rauchgewohnheiten erklärte.
Mü
Porretta A et al. Long-term implications on the incidence of ST-Elevation Myocardial Infarction after implementation of a public smoking ban: a comparison between cantons in Switzerland. Abstract 101, ESC-Kongress vom 31. August bis 4. September 2013 in Amsterdam.
Herz und Gewicht: Was birgt die grössten Risiken?
E in grosser Taillenumfang, eine schwere Adipositas und Untergewicht sind mit den grössten Risiken für Herzinfarktüberlebende assoziiert, so Prof. Dr. Tabassome Simon und Prof. Dr. Nicolas Danchin, Paris (1). Es ist nicht gut, zu schlank oder zu dick zu sein, aber noch ungünstiger wird es, wenn dabei ein grosser Bauch vorliegt. Die Botschaften für Patienten nach Infarkt sollten sich daher auf die schweren Formen der Adipositas, ihre abdominale Form sowie weitere Risikofaktoren wie Rauchen und zu wenig Bewegung konzentrieren, so die Experten. Dr. Michelle Schmiegelow, Gentofte Hospital, DK, et al. kommen in einer Untersuchung an jungen Frauen ohne kardiovaskuläre Vorgeschichte zu dem Schluss, dass Übergewicht das kardiovaskuläre Risiko zumindest auf kurze Sicht nicht erhöht, solange noch kein Hochdruck, Stö-
rungen im Zuckerstoffwechsel oder erhöhte Cholesterinspiegel vorliegen (2). Da aber Übergewicht per se die Entwicklung der genannten Störungen unterstütze, sollten die Betroffenen dieses «window of opportunity» nutzen, um abzunehmen und damit ihre Prognose zu verändern, betonen die Experten. Gar ein reduziertes Risiko für adipöse Frauen mit Koronarerkrankung, die ihr Gewicht beibehielten, konstatierten Forscher um Dr. Aziza Azimi, Gentofte Hospital, DK (3). Das mag daran liegen, dass diese Frauen mit grösserer Wahrscheinlichkeit früher Statine erhielten sowie eine antihypertensive und falls erforderlich auch antidiabetische Therapie, mutmassen die Autoren. Das Gewichtsmanagement sollte demnach individuell abhängig von der medizinischen Situation erfolgen. Im Gegensatz dazu bedeutete Untergewicht für
Frauen mit KHK ein zweifach erhöhtes Risiko, nahmen sie weiter ab, stieg das Risiko. «Diese Erkenntnisse scheinen im Widerspruch damit zu stehen, dass üblicherweise die Adipositas als kardialer Risikofaktor bewertet wird. Sie bedürfen daher weiterer Untersuchungen.» Mü
1. Danchin N et al.: Long-term prognostic impact of body mass index and waist circumference in hospital survivors of acute myocardial infarction. Data from the French FAST-MI 2005 registry. Abstract 1948. 2. Schmiegelow MD et al. Associations between obesity and cardiovascular risk factors requiring intervention in young women. Abstract 4353. 3. Azimi A et al. Weight gain is associated with lower risk of death regardless of baseline BMI in women with angiographically documented coronary artery disease – a nationwide study. Abstract 4354.
ESC-Kongress vom 31. August bis 4. September 2013 in Amsterdam.
2 Kardiologie ESC 2013