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Bei Patienten mit moderater Atemwegsobstruktion und ohne häufige Exazerbationen – also weniger als 2 pro Jahr – werden inhalative Steroide nach wie vor zu häufig eingesetzt, kritisiert eine am ERS vorgestellte italienische Studie. Deren Daten weisen nach, dass auch bei ausschliesslicher Therapie mit langwirksamen Bronchodilatatoren sowohl Lungenfunktion als auch Anzahl der Exazerbationen stabil bleiben.
L aut GOLD-Leitlinien 2013 fliessen in die Stadieneinteilung von COPD-Patienten neben der Anzahl der Hospitalisierungen pro Jahr auch die Beurteilung des Exazerbationsrisikos und die Symptomschwere mit ein (1). Zusätzlich schätzt der Patient seine Symptome mittels Fragebögen («Medical Research Council» MRC, COPD Assessment Test CAT) selbst ein. Unter Berücksichtigung aller Ergebnisse wird der Patient in eine der Gruppen A bis D eingeteilt. Während Patienten der Gruppe B ein niedriges Risiko zukünftiger Exazerbationen zeigen (Exazerbationsrate 0–1/J) und dafür mehr Symptome aufweisen, zeigen Patienten der Gruppe C ein höheres Exazerbationsrisiko (Exazerbationsrate ≥ 2/J), jedoch einen geringeren Symptomenscore auf den Fragebögen. Laut GOLD-Leitlinien sind in der Gruppe B (FEV < 80%) langwirksame Anticholinergika oder langwirksame β2-Agonisten die Therapie der ersten Wahl; in der Gruppe C (FEV1 < 50%) können hier zusätzlich noch inhalative Kortikosteroide (ICS) zum Einsatz kommen. Hier zeige sich allerdings die Diskrepanz zwischen Leitlinien und klinischer Praxis, monieren nun die Autoren der OPTIMO-Studie: denn auch bei Patienten mit moderater Atemwegsobstruktion und ohne häufige Exazerbationen (< 2/J) würden häufig ICS eingesetzt (2).
Inhalative Kortikosteroide: Absetzen möglich Ziel der Studie war die Untersuchung, ob bei bestimmten COPD-Patienten unter Beibehaltung der Therapie mit langwirk-
Milde bis moderate COPD: weniger Therapie erforderlich
samen β2-Sympathomimetika (LABA) die inhalativen Steroide abgesetzt werden können, ohne die Sicherheit zu kompromittieren. Eingeschlossen waren 914 COPD-Patienten in 43 Lungenabteilungen in Italien. Das Durchschnittsalter lag bei 72,5 Jahren, die Patienten litten an milder bis moderater COPD und zeigten keine häufigen Exazerbationen. Zu Beginn der Studie waren die Teilnehmer auf eine Steroid-Fixkombination (FDC) eingestellt. Zum Erstbesuch (T0) entschieden die behandelnden Ärzte aufgrund der Klinik, ob diese Therapie weitergeführt werden sollte oder das ICS abzusetzen wäre, wobei die Erhaltungstherapie mit LABA oder langwirksamen Muskarinantagonisten (LAMA; Indacaterol, Tiotropium oder eine Kombination beider) bestehen blieb. Nach sechs Monaten wurden FEV1, Exazerbationsrate und CAT gemessen.
Keine signifikanten Unterschiede Ergebnis: In keiner der drei Kategorien zeigten sich signifikante Änderungen zwischen T0 und T6. So verbesserte sich in der Gruppe, die weiterhin FDC erhielt, die FEV1 von 71,4 auf 72,3 Prozent, der CAT-Score rutschte minimal von 15 auf 14, und die Anzahl der Exazerbationen sank von 0,6 auf 0,4. Im Vergleich dazu stieg das FEV1 der Patienten unter reiner Erhaltungstherapie von 71,7 auf 72,5 Prozent, der CAT-Score sank von 16 auf 15, und die Anzahl der Exazerbationen verbesserte sich von 0,6 auf 0,3. Für die Autoren der Universität Verona lassen diese Ergebnisse nur einen Schluss zu: Bei Patienten mit milder bis moderater COPD kann das inhalative Steroid gefahrlos abgesetzt werden, unter Beibehaltung der regulären Behandlung mit langwirksamen Bronchodilatatoren.
Lydia Unger-Hunt
Referenzen: 1. Gold Strategy updates 2013: http://www.goldcopd.org. 2. Rossi A et al, Real-Life study On the aPpropriaTeness of treatment In MOderate COPD patients (OPTIMO), Poster P4144, ERS 2. September 2013.
Einfache Behandlung steigert Compliance, Lungenfunktion und Symptomatik
Im Management der COPD gibt es seit kurzem auch das langwirksame Anticholinergikum Glycopyrroniumbromid, das mit seiner erhöhten Affinität für M3-Rezeptoren eine rasch einsetzende, klinisch signifikante brochodilatatorische Wirkung über 24 Stunden zeigt. In der GLOW2-Studie wurde die Effektivität und Sicherheit bei knapp 1000 Patienten mit moderat-bis-schwerer COPD 52 Wochen lang untersucht; die Patienten wurden 2:1:1 auf Glycopyrroniumbromid 50 µg, Plazebo oder Tiotropium 18 µg randomisiert (3). Primärer Endpunkt war der FEV1-Wert am Ende der Dosis («trough FEV1»). Zu Woche 12 zeigte das FEV1 eine signifikante Erhöhung um 97 ml mit Glycopyrroniumbromid beziehungsweise 83 ml mit Tiotropium. Verglichen mit Plazebo führte Glycopyrroniumbromid zu signifikanten Verbesserungen von Dyspnoe und Gesundheitsstatus; es senkte zudem signifikant das Exazerbationsrisiko um 34 Prozent sowie den Einsatz von Notfallmedikation, ebenfalls vs. Plazebo. Die Sicherheitsprofile der Gruppen waren ähnlich. Fazit der Autoren: Glycopyrroniumbromid kann potenziell als alternative Wahl eines langwirksamen Anticholinergikums für COPD-Patienten gelten.
Kerwin E et al., Efficacy and safety of NVA237 versus placebo and tiotropium in patients with COPD: the GLOW2 study. Eur Respir J. 2012; 40: 1106–1114.
20 Pneumologie ERS 2013