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Im Vergleich zu jüngeren Menschen hat die Synkope bei älteren Menschen oft eine ernsthafte organische Ursache. Die Prognose ist ungünstig.
Diagnostischer Work-up bei Synkope
Die Synkope wird definiert als Bewusstseinsverlust (Transient loss of consciousness, T-Loc) infolge einer vorübergehenden zerebralen Hypoperfusion. Charakteristisch für einen T-Loc sind die kurze Dauer, der schnelle Onset und die spontane Erholung (1).
Risiko abhängig vom Auslöser
Synkopen treten gehäuft im jungen Erwachsenenalter und in der zweiten Lebenshälfte auf. «Während Synkopen bei jungen Erwachsen oft vasodepressorisch bedingt sind, hat der jenseits der 70 auftretende Bewusstseinsverlust oft eine kardiale Ursache», sagte Prof. Dr. Stefan Osswald, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am Universitätsspital Basel. Einer Studie mit einem durchschnittlichen Follow-up von 17 Jahren zufolge sterben Personen mit kardialer Synkope sehr viel häufiger als Personen mit vasovagal bedingtem Bewusstseinsverlust oder ohne Synkope (2). Neurologisch bedingte oder unklare Synkopen waren ebenfalls mit einem erhöhten Sterberisiko assoziiert – allerdings in geringerem Ausmass. Die Basisdiagnostik der Synkope umfasst Anamnese, klinische Untersuchung und EKG. Die Durchführung ergänzender Untersuchungen, zum Beispiel Echokardiografie, Holter-EKG oder Stresstest, ist von der
klinischen Situation abhängig (Abbildung 1). Wichtige Hinweise auf die Ursache ergeben sich aus der Befragung von Patienten und sogenannten «Bystanders». Klassische Auslöser neurokardiogener Synkopen sind Miktion, Schmerz oder Emotionen. Ein typischer Trigger bei obstruktiver Herzerkrankung ist die körperliche Belastung. Hinweise auf die Ursache ergeben auch die letzten 30 bis 60 Sekunden vor dem Ereignis und das Verletzungsmuster. Vasodepressive Synkopen kündigen sich an und haben selten ernsthafte Verletzungen zur Folge. Die Bradyarrhythmie führt dagegen zu einem plötzlichen Bewusstseinsverlust: «Die Personen fallen um wie Baumstämme und tragen typischerweise Kopfverletzungen davon», sagte Osswald. Pektanginöse Beschwerden oder Dyspnoe deutet auf eine Tachyarrhythmie hin. Ein verändertes Bewusstsein nach dem Erwachen spricht für eine neurologische Ursache (Abbildung 2).
Diagnostische Stolpersteine
Grundsätzlich gilt, dass bei Patienten mit Synkope jede Form einer Anomalie im EKG abgeklärt werden sollte. Das bevorzugt bei jungen Männern häufig auftretende frühe Repolarisations-Syndrom erweist sich als häufiger Stolperstein auf dem Weg zur Diagnose – und zieht nicht
selten unnötige Folgeuntersuchungen nach sich. Obwohl das 48-Stunden-Holter-EKG zu den klassischen Untersuchungsmethoden gehört, ist der diagnostische Wert gering. «Sofern man überhaupt etwas findet, ist es eine Bradyarrhythmie», so der Kardiologe. Wenn man überzeugt sei, dass es sich um eine echte Synkope handelt, erübrige sich ein Holter-EKG. Vielmehr stelle sich die Frage, ob man einem älteren Menschen einen Schrittmacher implantieren möchte? «Der Literatur zufolge ist eine Schrittmachertherapie bei der klassischen Adams-Stokes-Synkope auch ohne Dokumentation vertretbar», so Osswald.
Regina Scharf
Literatur: 1. Guidelines for the diagnosis and management of syncope (version 2009). Eur Heart J. 2009 Nov; 30 (21): 2631–2671. 2. Soteriades ES et al. Incidence and prognosis of syncope. N Engl J Med. 2002 Sep 19; 347 (12): 878–885. 3. Strickberger SA. AHA/ACCF Scientific Statement on the evaluation of syncope. Circulation 2006; 113 (2): 317–328.
Quelle: Gemeinsame Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaften für Kardiologie und Herz- und thorakale Gefässchirurgie, 12. bis 14. Juni 2013 in Lugano.
Abbildung 1
14 Kardiologie SGK/ESH 2013
Abbildung 2 (1, 3)