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27. SCHWEIZERISCHE TAGUNG FÜR PHYTOTHERAPIE, BADEN, 22. NOVEMBER 2012
Veterinärmedizinische Phytotherapie
Immunmodulation durch Phytotherapie in der Tiermedizin
Sabine Vollstedt
Immunsystem
Das unspezifische und spezifische Immunsystem sind während einer Infektion hervorragend aufeinander abgestimmt. Zellen des unspezifischen Immunsystems, insbesondere die dendritischen Zellen (DC), sind fähig, die infektiösen Keime als pathogen zu erkennen und genau zu analysieren. Abhängig von der Art des Erregers wird die spätere Immunantwort orchestriert. Es werden intrazelluläre von extrazellulären Pathogenen unterschieden, und es gibt eine Differenzierung zwischen einer Infektion mit Viren, Bakterien oder Parasiten. Bei viralen Infektionen sind es die plasmazytoiden DC (pDC), die grosse Mengen an Typ-I-Interferon produzieren und somit eine zelluläre Immunantwort induzieren. Zytotoxische T-Zellen werden aktiviert und die von Viren befallenen Zellen lysiert. Bei einer intrazellulär-bakteriellen Infektion spielt das von den konventionellen DC (cDC) produzierte Interleukin (IL)-12 eine grosse Rolle, und es werden T-Helferzellen und Makrophagen aktiviert, die die befallenen Zellen lysieren können. Extrazelluläre Erreger, wie extrazelluläre Bakterien, Parasiten und Pilze, induzieren indessen eine humorale Immunantwort, und hier spielen das IL-4 und IL-10 eine wichtige Rolle, um B-Zellen optimal auf eine Antikörperproduktion vorzubereiten.
Phytotherapeutika
Phytotherapeutika besitzen nicht nur die Eigenschaften, direkt auf Pathogene zu
wirken, sondern sie können auch das Immunsystem optimal unterstützen. Einerseits sind sie in der Lage, eine Immunantwort zu stimulieren. Andererseits modulieren sie die Immunantwort, ohne dabei die Selbstregulation des Immunsystems ausser Kraft zu setzen. Ohne diese Wirkungsweise käme es vermehrt zu Autoimmunerkrankungen oder Allergien.
Wirkung von Phytotherapeutika
Echinacea purpurea (Sonnenhut), Camellia sinsensis (Grüntee), Hypericum perforatum (Johanniskraut), Zingiberis officinale (Ingwer), Allium sativum (Knoblauch) und Glycyrrhiza (Süssholzwurzel) aktivieren die zelluläre Immunantwort, um intrazelluläre Pathogene wie Viren und intrazelluäre Bakterien zu bekämpfen. Die Funktionen der DC und Makrophagen werden unterstützt, es werden Interferon Typ I und IL-12 hochreguliert, und somit wird ein Milieu geschaffen, das dazu dient, intrazelluläre Pathogene zu eliminieren oder zu kontrollieren. Abhängig von der Dosis wie auch der Dauer der Verabreichung können Echinacea, Ingwer und Knoblauch jedoch auch die humorale Immunantwort stimulieren und optimale Bedingungen für die Abwehr von extrazellulären Erregern wie Parasiten und Pilzen schaffen. DC produzieren dann IL-4 und IL-10, und die B-Zellen können unter diesen Bedingungen Antikörper produzieren, die die Pathogene effektiv bekämpfen. Am Beispiel des Lungengewebes kann gezeigt werden, dass Phytotherapeutika ihre Wirkung nur dann ausüben, wenn pathologische Bedingungen vorliegen.
Ätherische Öle
Eukalyptusöl und australisches Teebaumöl können sehr gut zur Inhalation verwendet werden. Beide dämpfen im Falle eines vorliegenden Entzündungsprozesses die in diesem Gewebe besonders negativen Effekte einer zellulären Immunantwort und
unterstützen die Entstehung einer humo-
ralen Antwort. Liegen keine pathologi-
schen Zustände vor, so bewirken diese bei-
den Öle keine Veränderungen in der Lunge.
Ein weiteres Phytotherapeutikum zur Be-
handlung von Atemwegsinfektionen ist Is-
ländisch Moos (Cetraria islandica). Es ist fä-
hig, die Entwicklung von maturen DC zu
generieren, die eine humorale, also antiin-
flammatorische Immunantwort hervorru-
fen und somit das Lungengewebe eben-
falls vor Schaden bewahren.
Die hier genannten Phytotherapeutika
sind nur ein kleiner Auszug von immunolo-
gisch wirksamen Pflanzen, die in der west-
lichen wie auch östlichen traditionellen
Medizin eingesetzt werden. Da das Im-
munsystem sehr komplex ist und auf allen
Ebenen selbstregulative Elemente besitzt,
gibt es in der konventionellen Medizin
keine Möglichkeiten, gezielt in das Gesche-
hen einzugreifen. Pflanzen und Kräuter da-
gegen besitzen eine Vielzahl von wirksa-
men Bestandteilen, die das Immunsystem
in seiner Funktion unterstützen, ohne dass
die Eigenregulationen ausgeschaltet wer-
den. Unabhängig von der Art des Erregers
oder beispielsweise dessen Resistenzen
gegenüber Antibiotika bewirken Phytothe-
rapeutika eine erhöhte Wirksamkeit der
körpereigenen Abwehrmechanismen bei
gleichzeitigem Schutz der körpereigenen
Strukturen.
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Anschrift der Referentin: Dr. med. vet. Sabine Vollstedt Hauptstrasse 53 D-25335 Bockholt-Hauredder tcpm@svollstedt.com
Literatur: ist auf Anfrage beim Verlag erhältlich.
1/2013
thema PHYTOTHERAPIE
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