Transkript
EDITORIAL
Phytotherapie hat ungehobenes Potenzial
Da Pflanzen auch von Viren und anderen pathogenen Keimen befallen werden, haben sie Abwehrmechanismen entwickelt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass viele pflanzliche Zubereitungen Eingang in die erfahrungsbasierte Medizin zur Behandlung von Erkältungskrankheiten gefunden haben. Dies bewog den Virologen Stephan Pleschka von der Universität Giessen, sich mit Arzneipflanzen als Wirkstoffen zu beschäftigen. Die Vielstoffgemische interessieren mit Paul Schnitzler von der Universität Heidelberg einen weiteren Virologen. Beide berichteten von den gleichen interessanten Beobachtungen: Gegen synthetische Substanzen resistente Influenza- und Herpesviren zeigten gegen pflanzliche Wirkstoffe weder Abwehr noch Resistenzen. Vielstoffgemische haben im direkten Kontakt mit Krankheitserregern ein hohes Potenzial, deren Vermehrung zu hemmen. Ähnliche Beobachtungen konnten Dermatologen mit lipophilen Zubereitungen machen, die erstaunliche granulationsfördernde Eigenschaften aufweisen. Dies motiviert Christoph Schemmp, Arzt und Biologe, sich mit Arzneipflanzen zu beschäftigen. In der Veterinärmedizin führt die monotone Fütterung mit proteinreichen Gräsern zu Verdauungsproblemen. Im Futter fehlen die früher auf Weiden verbreiteten aromatischen Pflanzen, die heute jedoch der Düngung zum Opfer fallen. Dies und viel mehr war an der 27. Schweizerischen Jahrestagung für Phytotherapie zum Thema «Infektionskrankheiten – eine
Herausforderung für die Phytotherapie?» zu hören. Das vorliegende Sonderheft dokumentiert einen spannenden, gut besuchten Anlass sowohl aus der Sicht der Human- wie der Veterinärmedizin. Es deckt auf, wie mit klinischen Studien (Beispiel Echinacea purpurea) Wirksamkeit belegt und wie mit Kreativität und guten Ideen neue Indikationen erschlossen werden können. Es gibt auch Anregungen für zukünftige Forschungstätigkeit in der Phytotherapie. Für den Leser soll es Motivation sein, sich mit Phytotherapie zu beschäftigen – als Fachverband begleitet Sie die Schweizerische Medizinische Gesellschaft für Phytotherapie (SMGP) gerne auf diesem Weg.
Prof. Dr. sc. nat. Beat Meier Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften Wädenswil Geschäftsführer SMGP
1/2013
thema PHYTOTHERAPIE
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