Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Na gut, dann auch an dieser Stelle noch etwas zum CS-Untergang: Die CS ist/war eine Aktiengesellschaft (AG). Aktiengesellschaften haben Verwaltungsräte. Die Verwaltungsräte sind das Aufsichtsgremium, die Oberleitung, und als solche für die Arbeit der Leitung verantwortlich (Geschäftsleitung und deren Chef, der CEO).Verwaltungsräte – zumindest von Grossbanken – werden für ihren Teilzeitjob (eigentlich ein Euphemismus, es geht meist um ein paar Sitzungen pro Jahr) gut bezahlt, sechsstellig. Frage:Wissen Sie, wie viele Verwaltungsräte die CS hat/hatte und wer sie sind? Natürlich nicht. Blocher (Christoph, der vielgeschmähte) sagte zum Thema Verwaltungsräte: «In schlechten Zeiten kann man sie nicht brauchen und in guten Zeiten braucht es sie nicht.» Die CS hat(te) 12 «VerwaltungsrätInnen». Hier darf, wer Wert darauf legt, gerne die Genderversion gebrauchen, denn es waren – vermutlich irgendeinem Gleichstellungsreglement folgend – sieben Frauen und fünf Männer, die es verpassten, das Debakel vorherzusehen und zu verhindern. Frauenpower? Leider ohne jegliche Wirkung, reine Staffage – wie fast … Aber lassen wir die Häme – eine Mehrheit von Männern hätte es auch nicht besser gemacht.
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Wenn auf der Welt nichts passiert – was selten der Fall ist –, zumindest nichts Schlimmes – was ebenfalls selten der Fall ist –, dann greifen die Journalisten auf den Konjunktiv zurück. Es könnte, unter gewissen Umständen, zumindest wäre es denkbar und einige Experten sprechen davon, dass … ein Asteroid mit der Erde kollidiert, ein Bergrutsch auf La Palma einen Tsunami auslöst, sich in China ein neues Killervirus entwickelt, Sonnen-
stürme Taifune auslösen, die Credit Suisse Konkurs geht … Vor irgendetwas sollen wir Leser schliesslich zittern. Und sei’s nur vor der Möglichkeit, dass … (Leider klappt das, weil dann und wann unerwarteterweise tatsächlich das Undenkbare eintritt.)
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Diplomatie in Zeiten Putins: Ich belüge dich und du weisst es, und natürlich weiss ich, dass du es weisst, aber ich belüge dich trotzdem.
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Gelesen: Eines der überflüssigsten Genres im Journalismus ist das Schauspieler-Interview. Ganz oben auf der Liste der dämlichen Fragen: «Wie fühlt es sich an, einen Mörder zu spielen?» Oder auch: «Wie hat sich die Liebesszene mit Johnny Depp angefühlt?» Und gedacht: Falsch, es gibt im Journalismus noch Überflüssigeres: Das Fussballer-Interview. Mit Fragen wie: «Was hat der Trainer in der Pause gesagt?» Oder «Wie fühlt man sich nach einer solchen Niederlage?» Oder einfach: «Sind Sie enttäuscht, dass Sie verloren haben?»
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Der todunglückliche Nachbar, augenrollend: Verstehen, was meine Frau will, ist wie sich vorstellen, nach welcher Farbe die Zahl 7 riecht.…
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Die frivole Gisela: Es gibt Leute, die mögen mich nicht wegen dem, was ich sage. Wenn die wüssten, was ich denke!
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Aus der Serie «seltsame Fragen»: Was hat es zu bedeuten, wenn man von Tigerfinkli träumt?
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Man muss (nein, muss man natürlich nicht) die, wie manche sagen, poesietötende Ironie oder den Sarkasmus von Heinrich Heine einfach gern haben. Zum Beispiel sein Gedicht «Das Fräulein stand am Meere». Sie kennen es nicht? Das Fräulein sitzt am Meere – und seufzet lang und bang. – Es rühret sie so sehre – der Sonnenuntergang. Mein Fräulein! Sein’s doch munter! – Das ist ein altes Stück. – Dort vorne geht sie unter – und kehrt von hinten zurück. Selten prallen Ideal und Wirklichkeit so heiter aufeinander.
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Einzelkinder haben’s manchmal leichter. Sie verstehen beispielsweise nicht, was gemeint ist, wenn (Bonmot eines Bekannten) jemand die Frage stellt: «Sprecht ihr noch miteinander oder habt ihr schon geerbt?»
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Dazu passend Oscar Wilde: Als ich klein war, dachte ich, Geld sei das Wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiss ich: Es stimmt.
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Und das meint Walti, ein Fan von Laotse: Je mehr Verbote und Beschränkungen das Reich hat, desto mehr verarmt das Volk.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 7 | 2023