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KONGRESSBERICHT
EADV 2022
Bullöses Pemphigoid
Neue Guideline und neue Therapieansätze
Patienten und Ärzte sind oft mit den vorhandenen Möglichkeiten zur Behandlung des bullösen Pemphigoids nicht wirklich zufrieden. Es fehlt weiterhin eine einfach anwendbare, hoch wirksame und gut verträgliche Therapie zur langfristigen Kontrolle dieser chronischen Krankheit alter Menschen. Über eine aktualisierte Leitlinie zum Management des bullösen Pemphigoids und über neue Therapieansätze sprach Prof. Luca Borradori aus Bern am hybriden EADV-Kongress 2022.
SZD 1/2023
Beim bullösen Pemphigoid handelt es sich um eine stark juckende, bullöse Autoimmundermatose mit subepidermaler Spaltbildung und dermalem neutrophilem und eosinophilem Infiltrat. Die Autoimmunantwort ist gegen Adhäsionsproteine (BP 180 und 230) gerichtet, die normalerweise in der Basalmembranzone den Zusammenhalt von Epidermis und Dermis sicherstellen. IgG-Autoantikörper und/oder Komplement C3 lagern sich entlang der Basalmembran linear ab. Neben gewebegebundenen und zirkulierenden IgG-Auto-antikörpern spielen IgE-Autoantikörper pathogenetisch eine Rolle. Das bullöse Pemphigoid ist eine chronische Krankheit, die meist Monate bis Jahre dauert. Nach Beendigung der Behandlung kommt es oft zu Rezidiven.
Herkömmliche Therapieoptionen
Die «Autoimmune blistering diseases task force» der EADV hat die Leitlinie für das Management des bullösen Pemphigoids kürzlich auf den neuesten Stand gebracht (1). Als Behandlung der ersten Wahl werden empfohlen: s superpotentes topisches Kortikosteroid 2-mal
oder 1-mal täglich am ganzen Körper ausser im Gesicht anwenden (Clobetasolpropionat 0,05% Creme) s alternativ orales Kortikosteroid mit Initialdosierung 0,5 mg/kg/Tag Prednisolon s bei lokalisiertem bullösem Pemphigoid (Läsionen nur auf einer Körperseite) eventuell gezielte Behandlung der Läsionen statt des ganzen Körpers mit einem potenten oder superpotenten topischen Kortikosteroid. In der Zweitlinie können gemäss der auf dem EADVKongress vorgestellten Leitlinie weitere herkömmliche Behandlungen in Betracht gezogen werden (z. B. Doxycyclin, Dapson, Immunsuppressiva wie Methotrexat, Azathioprin, Mycophenolatmofetil, B-ZellDepletion durch Rituximab, intravenöse Immunoglobuline, Immunoadsorption).
Innovative Therapieansätze
Aufgrund neuer Erkenntnisse zur Pathophysiologie werden derzeit innovative Therapieansätze entwickelt und zum Teil bereits eingesetzt. Schon seit 2009 wird Omalizumab off-label als Mono- oder Zusatztherapie beim bullösen Pemphigoid verwendet. Das Biologikum neutralisiert zirkulierende, pathogene, gegen BP180 und BP230 gerichtete IgE-Auto-antikörper und hemmt deren Bindung an Mastzellen und Eosinophile. So wird verhindert, dass diese Zellen durch Degranulierung zu Entzündungen, Gewebeschäden und Blasenbildung beitragen. Leider seien keine randomisierten, kontrollierten Studien zur Verwendung von Omalizumab bei dieser Indikation geplant, bedauerte der Referent. Er äusserte die Vermutung, dass die Kosten solcher Studien gescheut würden. Die Wirksamkeit von Omalizumab wurde in Fallserien dokumentiert. Gemäss einem Review erreichte das Biologikum nach median 4,4 Monaten bei 55 bis 88 Prozent der Patienten ein komplettes Ansprechen. Borradori hat auch selbst mit dieser gut verträglichen Behandlungsoption, die schon in vielen Zentren erfolgreich verwendet wird, ermutigende Resultate erzielt (z. B. bei schwierig behandelbaren Patienten und wenn Immunsuppressiva kontraindiziert waren). Die einzige randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie, die mit einem monoklonalen Anti-IgE-Antikörper (Ligelizumab) begonnen wurde, erreichte nicht die vordefinierten Wirksamkeitskriterien und wurde abgebrochen. Allerdings kritisierten Experten das Studiendesign. Recht erfolgreich kann auch mit einem Biologikum behandelt werden, das die Signalpfade von IL-4 und IL-13 blockiert. In einer Fallserie war das Ansprechen auf Dupilumab (als Mono- oder Zusatztherapie) bei 12 von 13 Patienten zufriedenstellend. Bei 7 Patienten (54%) kam es sogar zur vollständigen Abheilung der Hautläsionen. Derzeit wird mit Dupilumab eine multizentrische, randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie bei Patienten mit bullösem Pem-
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phigoid durchgeführt (LIBERTY-BP). Dupilumab stelle in schwierig behandelbaren Fällen eine nützliche Therapieoption dar, so der persönliche Kommentar des Referenten. Insbesondere wenn orale Kortikosteroide und Immunsuppressiva kontraindiziert seien, könne Dupilumab als Mono- oder Zusatztherapie (off-label) hilfreich sein. IL-5 spielt eine wichtige Rolle bei der Proliferation und der Aktivierung von Eosinophilen. Deshalb wird derzeit in einer randomisierten, plazebokontrollierten Phase-III-Studie die Wirksamkeit des IL-5-Rezep-
tor-Blockers Benralizumab beim bullösen Pemphi-
goid evaluiert.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Session D3T02.2 «Bullous diseases» beim 31. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 10.September 2022 in Mailand und online.
Referenz: 1. Borradori L et al.: Updated S2 K guidelines for the management of bullous pemphi-
goid initiated by the European Academy of Dermatology and Venereology (EADV). J Eur Acad Dermatol Venereol. 2022;36:1689-1704.