Transkript
EADV 2022
Vitiligo
Update zu Diagnostik und Behandlung
Es ist wichtig, Vitiligo möglichst frühzeitig zu diagnostizieren. Weil vor Kurzem entstandene weisse Flecken besser auf die Therapie ansprechen, erhöht ein unverzüglicher Behandlungsbeginn die Chancen für eine erfolgreiche Repigmentierung. Das Angebot von psychologischer Unterstützung kann hilfreich sein, denn Vitiligo ist oft mit grosser psychischer Belastung und mit eingeschränkter Lebensqualität verbunden.
Zum Management von Patienten mit Vitiligo wurden gleich 3 neue Guidelines erarbeitet. Bereits publiziert sind eine deutsche (1) und eine britische Leitlinie (2). Prof. Nanja van Geel aus Gent (Belgien) gab am hybriden EADVKongress 2022 einen Überblick über eine noch nicht publizierte, internationale Guideline. Sie wies darauf hin, dass statt des Oberbegriffs «Vitiligo» die genaueren Krankheitsbezeichnungen «nicht segmentale» bzw. «segmentale Vitiligo» verwendet werden sollten, denn die Unterscheidung der beiden Vitiligoformen sei wichtig für Prognose und Therapie. Die wesentlich häufigere nicht segmentale Vitiligo tritt symmetrisch auf und verläuft in unvorhersehbarer Weise (aktiv/ stabil). Eine segmentale Vitiligo kommt einseitig bei 5 bis 16 Prozent der Betroffenen vor. Nach einem aktiven Stadium von 1 bis 2 Jahren stabilisiert sich diese Vitiligoform.
Behandlung mit Topika oder Schmalband-UV-B
Für die Therapiewahl ist die Beurteilung der Krankheitsaktivität zentral. Mit standardisierten Fotos kann eine Progression objektiv erfasst werden. Zudem gibt es zuverlässige sichtbare Zeichen der Krankheitsaktivität wie konfettiähnliche Depigmentierungen, Koebner-Phänomen und hypochrome Ränder und Bezirke. Zur Stabilisierung und Re-
Neue topische Therapie
• Die FDA liess im Juli 2022 Ruxolitinib-Creme (1,5%, topischer JAKInhibitor) bei Patienten ab 12 Jahren mit nicht segmentaler Vitiligo zur Repigmentierungsbehandlung zu.
• Beim Verlust der Melanozyten spielt die Aktivierung des Januskinase-Signalpfads durch Interferon-γ eine zentrale Rolle. RuxolitinibCreme wirkt als Inhibitor von JAK 1 und 2.
• In 2 randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudien war Ruxolitinib bezüglich der Repigmentierung nach 24 Wochen bei Adoleszenten und Erwachsenen mit nicht segmentaler Vitiligo dem Vehikel signifikant überlegen. In der anschliessenden Extensionsphase (Behandlung aller Patienten mit Ruxolitinib) nahm die Repigmentierung bis Woche 52 weiter zu.
• In allen Körperregionen kam es bis Woche 52 zu einer klinisch relevanten Repigmentierung. In Woche 52 war noch kein Plateau der Repigmentierungswirkung erreicht.
• Repigmentierung benötigt bekanntlich sehr viel Zeit (6 bis 24 Monate). Im Gesicht gelingt sie am leichtesten, an Händen und Füssen am schwierigsten.
pigmentierung wird bei nicht segmentaler Vitiligo, die in den
letzten 6 Monaten aktiv war, die topische Behandlung mit
einem Kortikosteroid (1-mal täglich, nicht in der periokulä-
ren Region) empfohlen, z. B. mit Mometason-Furoat (1).
Wenn in Regionen mit dünnerer Haut Nebenwirkungen
einer prologierten Therapie mit topischen Kortikosteroiden
befürchtet werden, kann intermittierend behandelt werden
(z. B. während 2 Wochen 1-mal täglich, dann 2 Wochen
Pause). Besonders im Gesicht (speziell in der periokulären
Region) kann statt des Kortikosteroids off-label ein topischer
Calcineurin-Inhibitor (Tacrolimus oder Pimecrolimus, 2-mal
täglich, initial für 6 Monate) verwendet werden. Auch Foto-
therapie wird bei aktiver, nicht segmentaler Vitiligo empfoh-
len, wobei Schmalband-UV-B (NB-UV-B, lokal oder am gan-
zen Körper) bevorzugt wird. Das Ansprechen auf die Be-
handlung soll bei der Fototherapie alle 3 Monate und bei der
Therapie mit Topika alle 6 Monate evaluiert werden. Kom-
binationsbehandlungen (z. B. topisches Kortikosteroid plus
Fototherapie) gelten als effektiver als Monotherapien. Nach
erfolgreicher Repigmentierung kann das Rezidivrisiko durch
eine Erhaltungstherapie reduziert werden (während mindes-
tens 6 Monaten 2-mal pro Woche topisches Kortikosteroid
oder topischer Calcineurin-Inhibitor).
Bei nicht segmentaler Vitiligo, die in den letzten 6 Monaten
ohne Krankheitsaktivität stabil blieb, werden klinische Kon-
trolluntersuchungen empfohlen. Alternativ kommt eine Er-
haltungstherapie mit einem topischen Kortikosteroid oder
einem Calcineurin-Inhibitor 2-mal pro Woche in Betracht.
Die orale Minipulstherapie mit einem Kortikosteroid ist die
am meisten verwendete systemische Therapie bei nicht seg-
mentaler Vitiligo. Diese Behandlungsform (jeweils an 2 kon-
sekutiven Tagen pro Woche 5 mg Betamethason oder 2,5 mg
oder 5 mg Dexamethason) kann während 3 oder maximal
6 Monaten eingesetzt werden, um eine rasch progrediente,
nicht segmentale Vitiligo zu stoppen.
Kürzlich einigten sich internationale Experten und Patienten-
vertreter auf eine Definition von rasch progredienter, nicht
segmentaler Vitiligo: Während der letzten 3 Monate sind
neue Flecken in grosser Zahl aufgetreten und/oder haben sich
bereits vorhandene Flecken signifikant vergrössert.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Session D3T05.1 «Hypopigmentation» beim 31. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 10. September 2022 in Mailand und online.
(Referenz 3)
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Referenzen: 1. Böhm M et al.: Diagnostik und Therapie der Vitiligo, S1-Leitlinie.
AWMF-Register-Nr. 013-093, 2021. 2. Eleftheriadou V et al.: British Association of Dermatologists guide-
lines for the management of people with vitiligo 2021. Br J Dermatol. 2022;186:18-29. 3. Passeron T et al.: Effect of ruxolitinib cream on achievement of VASI50 by body region: week 52 pooled analysis of the TRuE-V phase 3 studies. Abstract 3640, 31. EADV-Kongress 2022.
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