Transkript
XUNDHEIT IN BÄRN
POLITFORUM
Medikamente mit gentechnisch veränderten Hilfsstoffen/Nahrungsbestandteilen
INTERPELLATION vom 26.9.2014 Maya Graf Nationalrätin Grüne Kanton Basel-Landschaft
Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten: 1. Welche gentechnisch veränderten Pflan-
zen oder aus ihnen gewonnene Stoffe sind aktuell als Lebensmittel in der Schweiz zugelassen? 2. Wie erklärt er, dass Medikamente in der Schweiz eine Marktzulassung besitzen, die Bestandteile gentechnisch veränderter Pflanzen beinhalten, die in der Schweiz vom BLV als Lebensmittel nicht bewilligt sind? 3. Wird von der Arzneimittelbehörde Swissmedic vor der Marktzulassung eines solchen Medikaments eine Risikoabschätzung bezüglich der (vom BLV unbewilligten) gentechnisch veränderten Hilfsstoffe durchgeführt? 4. Sieht er durch die Verwendung von Hilfsstoffen in Medikamenten aus gentechnisch veränderten Pflanzen einen Verstoss gegen den mehrheitlichen Willen der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten, auf GVO-Produkte zu verzichten? 5. Was unternimmt er, um die Bevölkerung über gentechnisch veränderte, pflanzliche Inhaltsstoffe in Medikamenten aufzuklären?
(Gentechnisch veränderter) Mais im Bundeshaus?
Begründung In der Schweiz sind mittlerweile über hundert mittels gentechnischer Verfahren erzeugte Medikamente zugelassen. Wirkstoffe, die auf diese Weise hergestellt werden, müssen nicht gekennzeichnet werden, denn im Endprodukt lässt sich kein Hinweis mehr darauf finden, dass am Produktionsprozess gentechnisch veränderte Organismen beteiligt waren. Anders verhält es sich bei Hilfsstoffen, die aus gentechnisch veränderten Pflanzenteilen hergestellt wurden. Sie müssen – analog zu den
Vorgaben im Lebensmittelbereich – auf der Verpackungsbeilage als GVO deklariert werden. Wie jetzt öffentlich bekannt wurde, sind in der Schweiz mehr als 50 Medikamente auf dem Markt, die gentechnisch veränderte Nahrungsbestandteile enthalten – die als Lebensmittel teilweise illegal wären. Diese Medikamente enthalten Stoffanteile, die aus gentechnisch veränderten Nutzpflanzen hergestellt wurden: Zum Beispiel eine Hepatitis-Spritze mit Polysorbat aus Gentech-Mais oder ein Medikament gegen Schmerzen, das neben Zucker-
Stärke-Pellets aus Gentech-Mais zusätzlich eine Cellulose-Verbindung enthält, die aus gentechnisch veränderter Baumwolle hergestellt ist. Eine überwiegende Mehrheit der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten will, dass die Lebensmittelbranche keine Gentech-Lebensmittel verkauft. Der Detailhandel verzichtet deshalb auf den Vertrieb von Lebensmitteln, die Gentech-Mais, -Raps, -Reis oder -Soja enthalten.
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ARS MEDICI 23 I 2014
POLITFORUM
Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen». Neutrale Haltung des Bundes bei der Bevölkerungskampagne
INTERPELLATION vom 19.6.2014
Felix Gutzwiller Nationalrat FDP Kanton Zürich
Der Bundesrat hat in Erfüllung der Postulate Gutzwiller «Für mehr Organspender», Amherd «Widerspruchsmodell bei Organentnahmen» und Favre Laurent «Organspende. Evaluierung der Widerspruchsregelung» verschiedene Massnahmen zur Erhöhung des Bestandes der Organe, die für eine Transplantation zur Verfügung stehen, geprüft. In der Folge hat er entschieden, einen Aktionsplan «Mehr Organe für
Transplantationen» zu lancieren. Der inzwischen von Bund und Kantonen genehmigte Aktionsplan bündelt Massnahmen, die zum Ziel haben, Spenderate und Anzahl transplantierter Organe zu erhöhen. Die Massnahmen sind in vier Teilprojekte gegliedert, die bis 2017 umgesetzt werden sollen. Das BAG übernimmt die Hauptverantwortung des Teilprojekts «Bevölkerungskampagne und Öffentlichkeitsarbeit». 1. Im auf der Homepage des BAG veröffent-
lichten Wirkungsmodell heisst es unter anderem: «Bund und Kantone sprechen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Organspende aus.» Wie definiert der Bundesrat seine Haltung zur Organspende im Rahmen der Bevölkerungsinformation? Was ist mit «im Rahmen seiner Möglichkeiten» konkret gemeint? 2. Ein Ziel der Bevölkerungsinformation soll es sein, dass die Öffentlichkeit eine posi-
tive Grundhaltung zur Organspende und Transplantation hat. Ist er bereit, eine explizit befürwortende Haltung gegenüber der Organspende einzunehmen, um die positive Grundhaltung der Öffentlichkeit zu begünstigen? 3. Ein weiteres Ziel ist eine Ablehnungsrate unter 40 Prozent. Der Bund hat in den letzten Jahren immer wieder relativ kostspielige Kampagnen zur Organspende lanciert. Eine befürwortende Haltung der Bevölkerung zur Organspende ist bis zum heutigen Tag nicht auszumachen, denn die Ablehnungsrate stieg von rund 40 Prozent (2008) auf über 50 Prozent (2013). Wird der Bund künftig den Wortlaut allfälliger Protagonisten durchwegs positiv halten, um den Kosten der Kampagne und ihrem Ziel gemäss Aktionsplan gerecht zu werden?
Antwort des Bundesrates vom 27.8.2014
Da nicht genügend Organe für Transplantationen zur Verfügung stehen, hat der Bundesrat im März 2013 den Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen» lanciert. Die Projektleitung obliegt zwar dem Bundesamt für Gesundheit, die Umsetzung erfolgt aber in enger Zusammenarbeit mit den wichtigsten Akteuren des Organspendebereichs. Die Kantone (GDK), das Comité national du don d'organes, Swisstransplant und weitere Akteure beteiligen sich somit an der Entscheidungsfindung und den Prozessen in diesem Projekt. 1. «Im Rahmen seiner Möglichkeiten» bedeutet,
dass der Bund zur Spendefrage eine zurückhaltende Haltung bewahrt: Jede Person soll frei entscheiden, ob sie Organe spenden will oder nicht. Artikel 61 des Bundesgesetzes über die Transplantation von Organen, Zellen und Gewebe vom 8. Oktober 2004 sieht einzig die Information der Bevölkerung und nicht einen Aufruf zur Spende vor: Das Parlament hat in der Gesetzesberatung eine Spendenförderung durch expliziten Aufruf zur Spende ausgeschlossen und vor allem die Informationsaufgabe des Bundes betont. Bund und Kantone möchten das Vertrauen der Bevölkerung in die Transplantationsmedizin und den Spendeprozess stärken, ohne gegen das im Bereich der Information an die Bevölkerung geltende Prinzip der Zurückhaltung zu verstossen.
2. Eine positive Grundhaltung in der Bevölkerung kann begünstigt werden, indem klare Strukturen geschaffen werden und der Bevölkerung der Spendeprozess verständlich gemacht wird, damit sie der Transplantationsmedizin Vertrauen entgegenbringen kann. Ziel des Bundesrates ist es, dass sich auch weiterhin jede Person frei für oder gegen eine Spende entscheiden kann und auch künftig niemand verurteilt wird, der sich dagegen ausspricht. Mit der Lancierung eines Aktionsplans «Mehr Organe für Transplantationen» hat der Bundesrat aber gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass er die Spenderate erhöhen will.
3. Das Ziel der Kampagnen der letzten Jahre war einerseits, die Bevölkerung für das Thema Organspende zu sensibilisieren, und andererseits aufzuzeigen, wie wichtig es ist, sich selber eine Meinung zu bilden und sich zu entscheiden. Ist der Wille eines Verstorbenen bekannt, kann dies insbesondere für die Angehörigen, die sich sonst schon in einer äusserst schwierigen Situation befinden, eine grosse Entlastung sein. In der Tat ist die Ablehnungsrate in der Schweiz vergleichsweise hoch: Die Studie Swiss POD (Swiss Monitoring of Potential Donors) ergab eine Ablehnungsrate von über 50 Prozent bei den Angehörigen von potenziellen Spenderinnen und Spendern in der Schweiz. Zum Vergleich: Euro-
paweit liegt die durchschnittliche Ablehnungsrate bei etwa 30 Prozent. Doch die Ablehnungsrate kann nicht einzig auf die (Un-)Wirksamkeit einer Kampagne abgestützt werden. Wie die Swiss POD gezeigt hat, spielen andere Faktoren, wie beispielsweise der Zeitpunkt, in dem mit den Angehörigen gesprochen wird, oder das professionelle Führen dieses Gesprächs eine viel wichtigere Rolle. Der Aktionsplan setzt unter anderem hier an und will die Abläufe im Spendeprozess vereinheitlichen und die Kommunikationsfähigkeiten durch eine adäquate Ausbildung der zuständigen Fachpersonen verbessern. Damit soll die Ablehnungsrate auf einen Wert unter 40 Prozent gesenkt werden. Neben anderen Massnahmen, die zu Optimierungen im Spendeprozess führen, sieht der Aktionsplan namentlich eine bedeutende Informationskampagne vor, bei deren Lancierung die Partner zum ersten Mal einbezogen werden. Die Botschaften der Kampagne müssen folglich so formuliert werden, dass sie das gesetzte Ziel erreichen, ohne den gesetzlichen Rahmen zu übertreten. Der Bundesrat wird zur Erreichung der Ziele des Aktionsplans den Spielraum, den er bei der Information der Bevölkerung hat, weitmöglichst und noch stärker als bisher nutzen.
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