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STUDIE REFERIERT
Kardiovaskuläre und renale Effekte von GLP-1-Rezeptor-Agonisten
In einer Metaanalyse senkten GLP-1-RA das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse und renale Endpunkte. Eine Metaregressionsanalyse ergab, dass diese Effekte mit der Reduzierung des HbA1cWerts, jedoch nicht mit derjenigen des Körpergewichts in Zusammenhang stehen. Das Ausmass der HbA1c-Senkung kann somit als Surrogatmarker des kardiovaskulären und renalen Nutzens einer Therapie mit GLP-1-RA betrachtet werden.
Diabetes Obesity Metabolism
Schwere kardiovaskuläre Ereignisse und chronische Nierenerkrankungen gehören zu den Hauptursachen von Morbidität und Mortalität bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2). GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) sind mit einem kardiovaskulären und renalen Nutzen verbunden und spielen zudem eine wichtige Rolle im DMT2-Management. Bis anhin wurde bereits eine Reihe randomisierter, plazebokontrollierter, klinischer Studien mit GLP-1-RA durchgeführt. In einer Metaanalyse von 8 dieser Studien (siehe Kasten) untersuchten Satishi Yoshiji von der Universität Kyoto (Japan) und seine Arbeitsgruppe nun zunächst die kardiovaskulären und renalen Wirksamkeiten der GLP-1-RA. Mithilfe einer Metaregressionsanalyse evaluierten die Wissenschaftler dann, ob diese protektiven Effekte auf die Senkung des HbA1c-Werts oder des Körpergewichts – die Hauptwirkungen der GLP-1-RA – zurückzuführen sind. Als primären Endpunkt definierten die Forscher die Hazard Ratio (HR) des kombinierten Outcomes MACE (kardiovaskuläre Mortalität, Schlaganfall,
Myokardinfarkt). Sekundäre Endpunkte waren die Einzelkomponenten von MACE sowie die Gesamtsterblichkeit, herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierungen, das kombinierte renale Outcome und die Nierenfunktion. Die Definitionen des kombinierten renalen Endpunkts und des Endpunkts der Nierenfunktion unterschieden sich in den ausgewerteten Einzelstudien. Im Rahmen ihrer Untersuchung werteten die Wissenschaftler die Daten von 60 800 Personen aus den 8 Studien aus.
Kardiovaskulärer und renaler Nutzen
GLP-1-RA senkten die HR des kombinierten Endpunkts MACE (HR: 0,86; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,80– 0,93; p < 0,001; Heterogenitätsmass [I2] = 44,5%). Des Weiteren reduzierten GLP-1-RA die kardiovaskuläre Mortalität (HR: 0,87; 95%-KI: 0,80–0,94; p = 0,001; I2 = 12,8%), die Rate der Herzinfarkte (HR: 0,90; 95%-KI: 0,83– 0,98; p = 0,020; I2 = 27,4%) und die Rate der Schlaganfälle (HR: 0,83; 95%KI: 0,76–0,92; p < 0,001; I2 = 0,0%).
Kasten:
In der Metaanalyse ausgewertete Studien
▲ ELIXA: Lixisenatid (Lyxumia®) ▲ LEADER: Liraglutid (Victoza®) ▲ SUSTAIN-6: Semaglutid (Ozempic®) ▲ EXSCEL: Exenatid 1-mal wöchentlich (Bydureon®) ▲ HARMONY: Albiglutid (Eperzan®) ▲ PIONEER 6: Semaglutid oral (Rybelsus®) ▲ REWIND: Dulaglutid (Trulicity®) ▲ AMPLITUDE-O: Efpeglenatid (nicht im AK der Schweiz)
Zudem reduzierten GLP-1-RA den kombinierten renalen Endpunkt (HR: 0,80; 95%-KI: 0,73–0,87; p < 0,001; I2 = 45,0%) und die Gesamtsterblichkeit (HR: 0,88; 95%-KI: 0,82–0,94; p < 0,001; I2 = 10,5%) sowie die Rate der herzinsuffizienzbedingten Hospitalisierungen (HR: 0,89; 95%-KI: 0,82–0,98; p = 0,13; I2 = 2,5%) und den Endpunkt der Nierenfunktion (HR: 0,84; 95%-KI: 0,73–0,97; p = 0,16; I2 = 31,4%).
Heterogenität in Subgruppenanalysen
In einer Subgruppenanalyse senkten exendinbasierte GLP-1-RA den Endpunkt MACE nicht (HR: 0,90; 95%KI: 0,78–1,04; p = 0,163; I2 = 67,2%), allerdings lag mit einem I2-Wert von 67,2 Prozent eine hohe Heterogenität der Studienergebnisse vor. Im Gegensatz dazu reduzierten humane GLP1-RA den kombinierten Endpunkt MACE, und es war nur eine geringe Heterogenität zwischen den Studien vorhanden (HR: 0,84; 95%-KI: 0,79– 0,90; p < 0,001; I2 = 0,0%). In einer weiteren Subgruppenanalyse senkten GLP-1-RA den kombinierten Endpunkt MACE bei Personen mit etablierter kardiovaskulärer Erkrankung (HR: 0,85; 95%-KI: 0,79–0,92; p < 0,001; I2 = 48,0%), jedoch nicht bei Personen ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung (HR: 0,94; 95%-KI: 0,83–1,06; p = 0,303; I2 = 0,0%).
HbA1c-Wert als Surrogatmarker
In der Metaregressionsanalyse der 8 gepoolten Studien war eine Normalisierung des HbA1c-Werts mit der log-HR des primären Endpunkts MACE assozi-
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STUDIE REFERIERT
iert (Slope: –0,26; 95%-KI: –0,52 bis –0,01; p = 0,044; R2 = 0,65). Somit war jede Senkung des HbA1c-Werts um 1 Prozent mit einer Abnahme der log-HR von MACE um 26 Prozent verbunden (p = 0,44). Die Normalisierung des HbA1c-Werts war auch mit der log-HR des sekundären, kombinierten renalen Endpunkts assoziiert (Slope: –0,35; 95%-KI: –0,68 bis –0,02; p = 0,040; R2 = 0,85). Zudem stand die Normalisierung des HbA1cWerts mit fast allen anderen sekundären Endpunkten in Verbindung. Hier wurde allerdings keine Signifikanz erreicht.
Eine Normalisierung des Körpergewichts war dagegen nicht mit der log-HR von MACE assoziiert (Slope: –0,05; 95%-KI: –0,17 bis 0,07; p = 0,390; R2 < 0,01), und es zeigten sich auch keine Zusammenhänge mit sekundären Endpunkten.
Fazit der Autoren
Aus der Metaregressionsanalyse geht hervor, dass die Reduzierung des HbA1c-Werts mit den kardiovaskulären und renalen Outcomes in Zusammenhang steht, das Körpergewicht dagegen nicht. Das Ausmass der Senkung des HbA1c-Werts kann daher als Surrogat
für den kardiovaskulären und renalen Nutzen einer Behandlung mit GLP1-RA herangezogen werden. PS s
Quelle: Yoshiji S et al. Effects of glucagon-like peptide-1 receptor agonists on cardiovascular and renal outcomes: a meta-analysis and metaregression analysis. Diabetes Obes Metab. 2022 Feb 8; doi: 10.1111/dom.14666.
Interessenlage: 2 der 6 Autoren der referierten Studie haben Honorare von verschiedenen Pharmaunternehmen erhalten. Die anderen 4 deklarieren keine Interessenkonflikte.
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