Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Neurologie
Sonografie zur Differenzialdiagnose bei Parkinson
Morbus Parkinson kann man mit einer Ultraschalluntersuchung des Gehirns frühzeitig diagnostizieren. Eine Studie zeigte nun, dass sich die transkranielle Sonografie auch zur Diagnose ähnlicher Erkrankungen, den sogenannten atypischen Parkinson-Syndromen, eignet. Diese gehen ebenfalls mit Symptomen wie Muskelstarre, Händezittern und verlangsamten Bewegungen einher. Man geht davon aus, dass etwa 20 Prozent der Patienten mit Parkinson-Symptomatik an solchen atypischen Parkinson-Syndromen leiden. In einer Studie mit zunächst 36 Patienten haben Ärzte am Universitätsklinikum Freiburg im Breisgau nun unter-
sucht, inwieweit sich mithilfe des Hirnultraschalls die klassische Parkinson-Krankheit von den atypischen Formen unterscheiden lässt. Alle Patienten wurden auch einer PET-Untersuchung unterzogen. Dabei stellten die Forscher fest, dass sich die transkranielle Sonografie mit der PET messen kann. Beide Untersuchungen führten bei den meisten Patienten zur richtigen Diagnose. Um die Ergebnisse zu überprüfen, seien zwar noch Studien mit grösseren Patientenkollektiven erforderlich, aber für den Einsatz des Hirnultraschalls spreche schon jetzt, dass die Patienten keiner Strahlenbelastung ausgesetzt werden und die Untersuchung jederzeit wiederholt werden
kann. Zudem verursache der Ultraschall nur geringe Kosten, heisst es in eine Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Allerdings erfordert eine aussagekräftige Hirnsonografie nicht nur das geeignete Ultraschallgerät, sondern auch viel Erfahrung. Deshalb führen Neurologen die Untersuchung derzeit vorwiegend in spezialisierten Einrichtungen durch.
RBO/DEGUMO
Hellwig S et al.: Transcranial sonography and [18 F]fluorodeoxyglucose positron emission tomography for the differential diagnosis of parkinsonism: a head-to-head comparison. Eur J Neurol 2014; 21(6): 860–866.
Diabetes
Resultate drei Jahre nach bariatrischer Chirurgie
Bei einer medikamentös erzielten Diabetesremission (HbA1c ≤ 6,0%) besteht diese nach drei Jahren nur noch bei 5 Prozent der Patienten. Besser sieht es mit 38 Prozent nach einem Roux-en-Y-Magenbypass aus, nach einer Schlauchmagenoperation waren es noch 24 Prozent. Das ergab eine kürzlich publizierte Studie (1). Auch die sekundären Endpunkte waren bei operativem Vorge-
hen vergleichsweise deutlich besser. Diese umfassten die Dosis an weiterhin benötigten antihyperglykämischen Medikamenten, Körpergewicht, Lipidwerte und Lebensqualität. Bariatrische Operationen seien bei stärkerer Adipositas wegen der günstigen Auswirkungen auf die hier als «sekundär» bezeichneten Endpunkte zunehmend indi-
ziert, kommentierte der Diabetologe Hel-
mut Schatz dieses Resultat in seinem
Blog (2), auch wenn Diabetesremissionen
nicht so anhaltend seien wie man anfäng-
lich erhofft habe.
RBOO
1. Schauer PR et al.: Bariatric surgery versus intensive medical therapy for diabetes – 3-year outcome. New Engl J Med 2014; 370: 2002-2013.
2. http://blog.endokrinologie.net
Physiologie
Helicobacter pylori und BMI
Nicht nur Lebensstil und Gene haben einen Einfluss auf unser Gewicht, sondern auch unser individuelles Mikrobiom, das heisst die Zusammensetzung der mannigfaltigen Bakterienstämme, die unseren gesamten Gastrointestinaltrakt bevölkern. Seit einiger Zeit ist der Magenkeim Helicobacter pylori ins Visier der Adipositasforscher geraten. Der Grund: Personen ohne den Keim sind im Durchschnitt schlanker. Das fand sich jedenfalls in einigen Studien, allerdings nicht in allen. Man schätzt, dass weltweit etwa jeder Zweite diesen Magenkeim hat, das aber nur bei jedem fünften H.-pylori-Träger zu
Beschwerden führt. Die mit dem Nobelpreis belohnte Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Gastritis und H. pylori sowie die Einführung einer wirksamen Eradikationstherapie gehören zu den unbestreitbaren Erfolgen der Medizin. Fördert am Ende die Beseitigung des Keims nun das Übergewicht? Das behaupten die Autoren einer neuen Studie zwar nicht, suggerieren allerdings, dass es so sein könnte. Sie haben die Literatur von 1990 bis 2012 systematisch nach Studien zur H.-pylori-Prävalenz repräsentativer Bevölkerungsgruppen in Industrieländern durchforstet und diesen Angaben
die Adipositasprävalenz gemäss WHO-
Angaben gegenübergestellt. Dabei zeigte
sich der Trend, dass der BMI in Ländern
mit hoher H.-pylori-Prävalenz niedriger ist.
Das beweise zwar keine Ursache-Wirkungs-
Beziehung, könne aber ein Hinweis darauf
sein, dass der Rückgang von H. pylori per
se oder aber damit verknüpfte Faktoren
(z.B. Veränderungen im gesamten Mikro-
biom durch Antibiotikatherapie) etwas
damit zu tun haben könnten, schreiben die
Studienautoren. Vielleicht ist das alles aber
auch nur Zufall. Es sei in diesem Zusam-
menhang beispielhaft daran erinnert, dass
der Geburtenrückgang in Mitteleuropa
hoch signifikant mit dem Rückgang der
Störche korrelierte.
RBOO
Lender N, Talley NJ, Enck P et al.: Review article: associations between Helicobacter pylori and obesity – an ecological study. Aliment Pharmacol Ther 2014; doi:10.1111/apt.12790.
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ARS MEDICI 12 I 2014
Reisemedizin
70 Jahre Schweizerisches Tropeninstitut
Das Schweizerische Tropen- und
in Umsetzungs- und Entwick-
Public-Health-Institut (Swiss TPH)
lungszusammenarbeitsprojekten
feiert dieses Jahr sein 70-jähriges
in Afrika, Osteuropa und Zen-
Bestehen. Aus dem von Rudolf
tralasien. In Basel ist das Swiss
Geigy im Mai 1944 gegründeten
TPH insbesondere für seine reise-
«Tropeli» ist heute ein Wissen-
medizinische Beratung und als
schaftsbetrieb mit globaler Aus-
nationales Referenzzentrum für
strahlung geworden. Derzeit ar-
parasitäre Erkrankungen bekannt.
beiten über 700 Mitarbeiter für das
Seit der Integration des Instituts
Swiss TPH in mehr als 20 Län-
für Sozial- und Präventivmedizin
dern. Alleine in Basel sind rund um die Socinstrasse gegen 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Rudolf Geigy Bild: Schweizerisches Tropeninstitut Basel
im Jahr 2009 sind weitere Forschungsgebiete hinzugekommen. So befasst man sich auch mit
sowie rund 120 Studierende tätig.
nicht übertragbaren Erkrankun-
Neben den globalen Bedrohungen wie Mala- gen wie Bluthochdruck, Folgen der Luftver-
ria und Tuberkulose werden am Swiss TPH schmutzung oder Diabetes sowie deren Kon-
auch die sogenannten «vernachlässigten sequenzen für die Bevölkerungen und die
Krankheiten», ihre auslösenden Parasiten Gesundheitssysteme in der Schweiz, Europa
und entsprechende Behandlungsstrategien und Übersee.
RBOO
erforscht. Dazu gehören zum Beispiel die Schlafkrankheit, die Bilharziose oder die Leishmaniose. Das Swiss TPH ist dabei nicht
Pressemitteilung des Schweizerischen Tropen- und Public HealthInstituts.
nur forschend tätig, sondern auch als Partner
Allergologie
Übersicht zu allen Aspekten der Allergie
RÜCKSPIEGEL
Vor 10 Jahren
Klone klonen
In der Zeitschrift «Nature Biotechnology» wird verkündet, dass man nach Mäusen auch Rinder in Serie habe klonen können, das heisst: Aus der Körperzelle eines geklonten Bullen entnahm man den Zellkern, transferierte diesen in eine Eizelle und erzeugte damit sozusagen die zweite Klongeneration. Danach war allerdings Schluss. Dem Team an der Universität Connecticut um den Klonforscher Xiangzhong (Jerry) Yang gelang es nicht, eine dritte Generation in der Petrischale zu generieren, also keinen Klon des Klons des Klons ...
Vor 50 Jahren
Deklaration von Helsinki
Der Weltärztebund verabschiedet im Juni 1964 eine Empfehlung zur biomedizinischen Forschung am Menschen. Darin heisst es unter anderem, dass das Interesse der Wissenschaft und der Gesellschaft niemals Vorrang vor Erwägungen haben darf, die das Wohl der Probanden betreffen. Die Schweizerische Akademie der Wissenschaften verabschiedete 1970 eigene Richtlinien, die sich an der Deklaration von Helsinki orientierten. Sowohl die Deklaration von Helsinki als auch nationale Leitlinien wurden seitdem teilweise mehrfach aktualisiert.
Die Europäische Akademie für Allergologie
und klinische Immunologie (EAACI) hat
einen neuen Allergie-Atlas publiziert, der von
170 Fachleuten aus aller Welt erarbeitet
wurde. Darin geht es um alle Aspekte von
Allergien: Pathophysiologie, Epidemiologie
und Risikofaktoren, Allergiediagnose, Be-
schreibung der wichtigsten Allergien im
Detail sowie weiterer Hypersensitivitätser-
krankungen, therapeutische Optionen und
Prävention. Darüber hinaus werden gesund-
heitspolitische Strategien vorgestellt, welche
die EAACI angesichts steigender Allergie-
prävalenzen fordert.
Das rund 400 Seiten umfassende, reich bebil-
derte Werk ist in Englisch verfasst und steht
unter folgendem Link zum Download gratis
zur Verfügung: http://www.eaaci.org/resources/
global-atlas-of-allergy.html.
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Vor 100 Jahren
Frauen bei Olympia
Am Kongress des IOC in Paris fällt im Juni 1914 gegen den Willen des Gastgeberlandes Frankreich der prinzipielle Beschluss, auch Frauen bei den Olympischen Spielen an den Start gehen zu lassen. Das Formulieren der genauen Bedingungen wurde auf später vertagt. Erst 1928 wurden Frauen zu Leichtathletikwettbewerben vom IOC offiziell zugelassen. Übrigens nahmen bereits vor 1914 Frauen an den Wettkämpfen teil, weil sich die Veranstalter vor Ort nicht um die Vorstellungen des IOC scherten – was heute undenkbar scheint.
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