Transkript
Rosenbergstrasse 115
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Gang durch die Wohnung eines plötzlich verstorbenen und noch keine 50 Jahre alten, alleinstehenden Mannes. Ein komischer Vogel war er gewesen, offenbar ohne Angehörige (jedenfalls wollte keiner sein Erbe antreten, es hätte ja auch kaum was zu erben gegeben). Einer aus einer Randgruppe. Ziemlich am Rande, und doch irgendwie liebenswürdig. Zumindest harmlos. Da liegen sie nun, die Überbleibsel eines nicht gelungenen Lebens. Manches achtlos, eben noch gebraucht, manches belanglos, aber liebevoll drapiert: Figürchen, Haschpfeife, Feuerzeug, eine Puppe aus Indonesien, ein Quarz, Schwarz-Weiss-Fotos, Bilder an den nikotingelben Wänden, Essensreste, eine Maske. Nichts Besonderes, nur lästig, weil’s entsorgt werden muss. Entsorgt. So also ist der Gang durchs Leben. Ist er so? Na dann … Gute Reise! Im Ernst!
OOO
Ein Kollege zu seiner …, na ja, lassen wir das: Jedesmal wenn ich dich anschaue, frage ich mich: Was wollte uns die Natur nur damit sagen?
OOO
Auch wenn’s manche ärgert, es sei wiederholt: Bitte bleiben Sie misstrauisch, auch und gerade im nicht beruflichen Alltag, wenn (z.B. bei Dienstleistungen) von Qualitätssicherung, -verbesserung und -kontrolle oder von Professionalisierung die Rede ist. Es bedeutet immer und ausnahmslos Mehrkosten. Ohne Garantie, dass damit irgendetwas besser wird für die Empfänger der Dienstleistungen. Profiteure sind immer und ausnahmslos die mit (angeblich oder tatsächlich) besserer Qualität argumentierenden professionellen Anbieter. Dabei bieten sie nicht selten einfach Überflüssiges zu höheren Preisen an. Oder führen Verbesserungen ein, nach denen niemand gefragt hat. Ob Spitex oder Kinderhüte, ob Haushalthilfe oder Kindes- und Erwachsenenschutz, ob Vereinsbuchhaltung
oder Hundeerziehung, ob Lernhilfe oder Fitnesstraining – es lässt sich alles und noch viel mehr «professionalisieren».
OOO
Professionalisieren heisst: Leistungen, die bisher von Freiwilligen, Ehrenamtlichen, Angelernten, Hobbyisten, Wiedereinsteigern zu bester Zufriedenheit aller erbracht wurden, werden neu von Ausgebildeten erbracht, die für ihre Leistungen – verständlicherweise, da sie für ihre lange Ausbildung ja viel bezahlt haben – angemessen entschädigt werden wollen. Womit zweierlei deutlich wird: Erstens gibt es weitere Profiteure: alle jene, die Ausbildungen anbieten. Und zweitens: Freiwillige, Ehrenamtliche und überhaupt alle Laien machen den neuen Professionellen das Geschäft kaputt. Sie lassen sich am besten verdrängen durch Vorschriften und Anforderungen, die sie nicht erfüllen (können). Womit ein Drittes klar wird: Professionalisierer sind auf willfährige Politiker angewiesen, denn Vorschriften sind am wirksamsten, wenn sie gesetzlich festgelegt sind.
OOO
Goals are dreams with a deadline. (Zugegeben: Manche Weisheit klingt auf Englisch bedeutend – auch wenn man nicht so genau weiss, wie sie gemeint ist.)
OOO
Apropos Deadlines – es sagt Douglas Hunt: «I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.» (Ist auch Englisch, klingt aber nicht nur deswegen gut.)
OOO
Tierschutz ist nicht sexy. Allenfalls in Einzelfällen, wenn man grad nicht darum herum kommt, Bilder von Tiertransporten, Käfighaltung oder aus Schlachthäusern anzuschauen. Am wenigsten Eindruck machen Statistiken. Deshalb hier ein paar Zahlen:
Jedes Jahr sterben (wie immer das im Einzelfall auch aussieht; die Tierchen sterben ja nicht «von selber») in der EU bei – teils unvermeidlichen, teils vielfach aber unnötigen – Tierversuchen 171 584 Meersäuli, 6 999 312 Mäuse, 1 602 969 Ratten, 1 397 462 Fische, 358 213 Chüngel, 77 280 Schweine, 7 896 Hunde, 3713 Katzen und 853 092 andere Tiere. Das sind pro Stunde 1311 Tiere. Wie viele pro Minute, können Sie selber ausrechnen.
OOO
Wir erreichen unsere grossen Ziele nicht deshalb nicht, weil so viele Hindernisse im Weg stehen, sondern weil der Weg zu kleineren Zielen so verdammt eben ist.
OOO
Den Lehrern ist wieder mal eine Entlastungsstunde zu wenig zu viel. Ausgerechnet den Lehrern mit ihren 13 … , aber halt, das zu erwähnen, wäre äusserst unfair. Und selbstkritisch müssen wir zugeben: Wenn Ärzte um ihr Einkommen fürchten, mahnen sie, man dürfe nicht «bei der Gesundheit» sparen. Wenn der Professor seinen Posten behalten möchte, beschwört er die Politik, keinesfalls «bei der Forschung» zu sparen. Und wenn Lehrer mehr Ferien oder weniger Arbeitsstunden möchten, appellieren sie eben an die Gesellschaft, keinesfalls «bei der Bildung» zu sparen. Manche fallen darauf rein.
OOO
Und das meint Walti: In der Schweiz heisst es Jugend forscht, in England heisst es Petting.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 12 I 2014
613