Transkript
KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
EADV 2021
Akne vulgaris
«Du sollst nicht warten!» – Therapietipps für die Praxis
Den Behandlungsbeginn nicht hinauszögern, immer topisch behandeln, Kombinationstherapien einsetzen und den Patienten schriftliche Therapieanleitungen geben – damit die Aknetherapie zum Erfolg wird, gab António Massa aus Porto (Portugal) am virtuellen EADV-Kongress 2021 praktische Ratschläge.
Das wichtigste Gebot der Aknetherapie lautet: «Du sollst nicht warten!» Je früher die Behandlung der Akne beginnt, desto besser. Wird die Therapie verzögert, nimmt das Risiko für eine Narbenbildung zu. Er werde immer wieder von Patienten konsultiert, deren Therapieergebnis ganz anders hätte sein können, wenn sie frühzeitig behandelt worden wären, berichtete Massa.
Immer zuerst topisch behandeln
Mit den Patienten sollte besprochen werden, dass Akne eine chronische Hautkrankheit ist. Die Läsionen sind nicht schon nach 2 Monaten vollständig verschwunden, und Rezidive sind häufig. Topische Behandlung ist bei Akne unerlässlich. Eine gute Adhärenz ist nicht leicht zu erreichen. Die Patienten müssen verstanden haben, weshalb topische Behandlungen bei Akne so wichtig sind. Bei leichter Akne sind topische Therapien ausreichend (Benzoylperoxid = BPO oder ein topisches Retinoid in Mono- oder Kombinationstherapie). Topische Retinoide sind bei Komedonenakne im Vergleich zu BPO überlegen. BPO wirkt antibakteriell (Abtötung von Cutibacterium acnes durch freigesetzte Sauerstoffradikale) und leicht komedolytisch. Resistenzen sind nicht aufgetreten. Gemäss der international populärsten Akne-Guideline der American Academy of Dermatology sollten topische Kombinationstherapien, die gleichzeitig mehrere Aspekte der Aknepathogenese abdecken, bei der Mehrheit der Patienten verwendet werden (1). Topische Kombinationstherapien (BPO und Retinoid) beschleunigen das Ansprechen und verbessern die Abheilung. Um das Risiko für Irritationen zu reduzieren, kann die Behandlung anfänglich jeden zweiten Tag erfolgen. Vor Behandlungsbeginn sollten die Patienten darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Therapie Irritationen der Haut hervorrufen kann. So kann vermieden werden, dass Betroffene die Medikamente absetzen. Es sollte erwähnt werden, dass initiale Verschlimmerungen vorkommen können und kein Therapieversagen darstellen. Weil auch die Entwicklung neuer Läsionen durch topische Therapien gehemmt wird, muss die gesamte
Hautregion behandelt werden, nicht nur die vorhandenen einzelnen Akneläsionen. Topische Antibiotika akkumulieren in den Follikeln und wirken antiinflammatorisch und antibakteriell (1); Massa verzichtet aber wegen der Resistenzproblematik vollständig darauf. Orale Antibiotika seien im Vergleich zu östrogenhaltigen, kombinierten oralen Kontrazeptiva gemäss einer Metaanalyse nach 3 Monaten bezüglich Reduktion von Akneläsionen effektiver, aber nach 6 Monaten gleich effektiv, berichtete er. Perorales Isotretinoin sei eine sehr wirksame Aknetherapie, und der Trend gehe aktuell in die Richtung, Isotretinoin nicht nur bei sehr schwerer, sondern auch bei moderater Akne einzusetzen. Immer gilt es, das teratogene Potenzial zu beachten und für die Kontrazeption zu sorgen.
Kombinationstherapie bei Acne fulminans
Acne fulminans ist eine seltene, schwere Form von
entzündlicher Akne mit akuter Verschlimmerung der
Akne, abrupter Entwicklung von ulzerierenden, ne-
krotisierenden Papeln und oft mit systemischen Sym-
ptomen (z. B. Fieber, Polyarthralgie, Leukozytose,
BSR-Erhöhung). Mit einer oralen Kombinationsthera-
pie, bestehend aus Isotretinoin und Prednisolon,
können innerhalb eines Monats gute Resultate erzielt
werden. Hauptmedikament sei dabei Isotretinoin,
während Prednisolon bei der Behandlung zusätzlich
hilfreich sei, betonte Massa. In einer Fallserie (26 Pa-
tienten) konnte die gute Wirksamkeit der Kombina-
tionstherapie von Isotretinoin (täglich 0,5 mg pro kg,
aufgeteilt auf 2 Dosen) zusammen mit Prednisolon
(30 mg pro Tag, aufgeteilt auf 3 Dosen) bestätigt wer-
den (2). Nach einmonatiger Behandlung waren die
systemischen Symptome bei allen Patienten ver-
schwunden. Bei 17 Patienten (65%) besserten sich die
Hautläsionen um mehr als 50 Prozent.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Session D3T10.4,Vortrag«Acne and rosacea treatment»beim 30.Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 2. Oktober 2021.
Referenzen: 1. Zaenglein A et al.: Guidelines of care for the management of acne vulgaris. J Am
Acad Dermatol. 2016;74:945-973. 2. Massa A et al.: Acne fulminans: Treatment experience from 26 patients. Dermato-
logy. 2017;233:136-140.
20 SZD 1/2022