Transkript
EADV
Lebensgefährliche generalisierte pustulöse Psoriasis
Rascher Erfolg mit IL-36-Blockade
Die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) ist eine seltene, autoinflammatorische, neutrophile Hautkrankheit, die in Schüben auftritt. Ohne rasche Behandlung kann es zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen. Bislang fehlte eine zugelassene Therapie für GPP. Am virtuellen EADV-Kongress 2021 wurde über die erfolgreiche Entwicklung rasch wirksamer, innovativer Behandlungen berichtet.
Bei Patienten mit generalisierter pustulöser Psoriasis bilden sich plötzlich am ganzen Körper sterile Pusteln auf geröteter Haut. Oft werden die Hautveränderungen begleitet von systemischen Entzündungszeichen wie Fieber, Unwohlsein, Leukozytose und/oder Erhöhung des C-reaktiven Proteins. Pathogenetisch spielen Interleukin-36-Rezeptoren eine zentrale Rolle. Bei GPP ist der proinflammatorische IL-36-Signalpfad infolge von Regulationsstörungen überaktiv. Oft funktioniert die Bremse am IL-36-Rezeptor nicht, weil der IL-36-Rezeptorantagonist aufgrund von Mutationen nicht funktionsfähig ist. Innovative Therapien, die derzeit entwickelt werden, verwenden monoklonale Antikörper, die den IL-36-Rezeptor blockieren. Dadurch wird die verstärkte Aktivität des Rezeptors reduziert und die Entzündungsreaktion gedämpft.
Spesolimab kann Pusteln in nur einem Tag vertreiben
Im Rahmen der plazebokontrollierten Phase-II-Doppelblindstudie Effisyil™ 1 erzielte eine einzige Dosis des Anti-IL-36Rezeptorantikörpers Spesolimab (900 mg intravenös) bei Patienten im akuten GPP-Schub die rasche Abheilung der Hautveränderungen innerhalb einer Woche, berichtete Prof. Hervé Bachelez, Paris (F). Den primären Endpunkt (Verschwinden aller sichtbaren Pusteln innerhalb einer Woche) erreichten in der Spesolimab-Gruppe (n = 35) 54,3 Prozent und damit signifikant mehr Patienten als in der Plazebogruppe (n = 18) mit 5,6 Prozent (p < 0,001). 4 Patienten hatten bereits 24 Stunden nach der Verabreichung von Spesolimab keine Pusteln mehr. Der GPPGA-Score (Generalized Pustular Psoriasis Physician Global Assessment) besteht aus drei Unterscores (Pusteln, Erythem, Schuppung/Krusten). Als sekundärer Endpunkt diente ein GPPGA-Gesamtscore von 0 oder 1 (Haut vollständig oder fast ganz abgeheilt). Innerhalb einer Woche erreichten in der Spesolimab-Gruppe 42,9 Prozent dieses Therapieziel und in der Plazebogruppe 11,1 Prozent. Vor Beginn der Studie betrug der GPPGA-Gesamtscore bei 80 Prozent aller Patienten 3 (Hautveränderungen moderat) und bei 20 Prozent 4 (Hautveränderungen schwer). Generell war die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse in beiden Gruppen ähnlich.
In der Spesolimab-Gruppe kamen Infektionen von leichter bis moderater Intensität häufiger vor (bei 17,1%) als in der Plazebogruppe (bei 5,6%). Es war aber kein klares Infektionsmuster erkennbar, und Hinweise auf opportunistische Infekte fehlten.
Imsidolimab als weiterer IL-36-Rezeptorblocker
Die Entwicklung rasch wirksamer Medikamente mit akzep-
tablem Sicherheitsprofil sei dringend, da GPP-Schübe bislang
nur off-label mit systemischen Immunmodulatoren behan-
delt werden können, was mit potenziellen Sicherheitsrisiken
verbunden sei, sagte Prof. Johann Gudjonsson aus Ann
Arbor (Michigan/USA). Er berichtete über die Ergebnisse der
Phase-II-Studie GALLOP (open-label), die den Anti-IL-36-
Rezeptorantikörper Imsidolimab als Monotherapie bei 4
Frauen und 4 Männern im moderaten bis schweren GPP-
Schub testete. Die Therapie bestand aus einer intravenösen
Infusion von 750 mg Imsidolimab zu Beginn und drei sub-
kutanen Injektionen von je 100 mg in den Wochen 4, 8 und
12. Als primärer Endpunkt, der in den Wochen 4 und 16
evaluiert wurde, diente die CGI-Besserung (Clinical Global
Impression basierend auf dem modifizierten Japanese Der-
matology Association Severity Index). 2 Patienten verliessen
die Studie vor der Woche 4 wegen Wirkungslosigkeit bzw.
unerlaubter Medikation (Infliximab). Alle 6 evaluierbaren
Patienten sprachen auf die Therapie an. Sehr stark ausge-
prägt war die mit Imsidolimab erreichte Besserung bei jeweils
4 Patienten in Woche 4 und 16, stark ausgeprägt bei 2 Patien-
ten in Woche 4 und bei einem Patienten in Woche 16. Bei 4
Patienten konnte der GPPPGA-Score erhoben werden. Die
Haut war in Woche 4 bei 2 Patienten fast vollständig abge-
heilt (Score 1) und in Woche 16 bei 3 Patienten vollständig
oder fast vollständig abgeheilt (Score 0 oder 1). Auch bei den
übrigen Patienten mit geringerem Ansprechen kam es zu
substanziellen Besserungen (leichte Hautveränderungen,
Score 2).
s
Alfred Lienhard
Quelle: 30th EADV Congress (virtuell). Free communications FC08.05 und FC08.06 beim 30. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology am 2. Oktober 2021.
4 CongressSelection Dermatologie | Januar 2022