Transkript
STUDIE REFERIERT
Warzen bei Schulkindern
Fuss- oder Handwarzen verschwinden häufig spontan
Eine aktuelle Studie bestätigt, dass
Warzen an Händen oder Füssen bei
Kindern eine hohe Spontanhei-
lungsrate haben. Dies ist beim The-
rapieentscheid zu berücksichtigen.
ANNALS OF FAMILY MEDICINE
In der Studie wurden zunächst 1099 Schulkinder in Holland im Alter von 4 bis 12 Jahren auf Warzen an Händen und Füssen untersucht. Diese fanden sich bei einem Drittel von ihnen. Von diesen 333 Kindern mit Warzen konnten 276 nach 11 bis 18 Monaten erneut untersucht werden. Es zeigte sich, dass bei jedem zweiten Kind innert eines Jahres keine Warzen mehr zu finden waren, das heisst, die alten Warzen waren verschwunden, neu hinzugekommene wurden mitgezählt. Betrachtete man nur die alten Warzen, so waren 90 Prozent von ihnen verschwunden. Die Wahrscheinlichkeit, keine Warzen mehr zu finden, war bei jüngeren Kindern und bei Kindern mit nicht kaukasischem Hauttyp höher. Lokalisation, Grösse und Anzahl der Warzen spielten für die Wahrscheinlichkeit der Warzenfreiheit nach einem Jahr keine Rolle; ebenfalls spielte es keine Rolle, ob eine Behandlung stattgefunden hatte oder nicht.
38 Prozent der Kinder waren zwischen dem ersten und zweiten Untersuchungstermin behandelt worden, wobei dies eher bei grossen und störenden Warzen der Fall war. Insgesamt waren die Warzen nach Aussage der Eltern bei 26 Prozent der Kinder störend, zum Beispiel wegen Schmerzen oder aus kosmetischen Gründen. Die Behandlung erfolgte entweder nur durch die Eltern (46%) mit frei verkäuflichen Mitteln, nur durch den Hausarzt (39%) oder durch beide (15%). Die meisten holländischen Ärzte setzten die Kryotherapie ein (74%), gefolgt von Salicylsäure (21%) und anderen Massnahmen (5%).
Diskussion Die durch Papillomviren verursachten, kutanen Warzen treten in der Regel an Händen oder Füssen auf, und sie sind sehr häufig, insbesondere bei Kindern. Die Prävalenz unter Schulkindern wird in der Literatur mit 22 bis 33 Prozent angegeben, eine Grössenordnung, wie sie sich auch in der aktuellen Studie zeigt. Ebenfalls bestätigt wurde, dass längst nicht alle Eltern wegen Warzen mit ihrem Kind den Arzt aufsuchen. Die Studie bekräftig altbekannte Daten aus den 1960er-Jahren, wonach bei mehr als der Hälfte (57–67%) dieser Hautwarzen nach ein bis zwei Jahren mit einem spontanen Verschwinden zu rechnen ist. Je länger das Follow-up, umso wahrscheinlicher verschwinden die Warzen: In einer 1993 publizierten britischen Studie war das nach 5 Jahren bei 93 Prozent der Warzen der Fall.
Merksatz
O Hand- oder Fusswarzen haben bei Kindern eine hohe Spontanheilungsrate.
Fazit für die Praxis Die Tatsache, dass mit Behandlung das Verschwinden der Warzen nicht wahrscheinlicher wurde, ist für die Autoren der Studie kein Grund, generell von einer Behandlung abzuraten. Warzen gelten als behandlungsbedürftig bei
Schmerzen, Funktionseinschränkungen
(z.B. Gelenke), starken kosmetischen
Beeinträchtigungen oder Angst vor einer
Ausbreitung der Infektion. Die Auto-
ren der Studie betonen aber, dass die
hohe Spontanheilungsrate bei der Ab-
wägung der Vor- und Nachteile einer
Warzentherapie zu bedenken sei.
Klar für das Abwarten plädiert Dr. Elie
Mulhem, Vize-Dekan der Fakultät für
Hausarztmedizin an der Oakland Uni-
versity, USA, in einem Kommentar auf
der Website der Zeitschrift «Annals of
Family Medicine». Er gibt zu beden-
ken, dass alle verfügbaren Warzen-
therapien eine eher bescheidene Wirk-
samkeit aufwiesen. Wenn Kinder
wegen kutaner Warzen zum Arzt kom-
men, dürfe dieser nicht automatisch
annehmen, dass diese Warzen beson-
ders behandlungsbedürftig seien; die
Studie zeige, dass weder Anzahl noch
Grösse der Warzen etwas über die
Spontanheilungsrate aussagten.
Angesichts der Beliebheit der Kryothe-
rapie in dieser Studie ist darauf hinzu-
weisen, dass die Vereisung zu irreversi-
blen Schädigungen der Nagelmatrix
führen kann (s. Literaturtipp).
O
Renate Bonifer
Bruggink SC et al.: Natural course of cutaneous warts among primary schoolchildren: a prospective cohort study. Ann Fam Med 2013; 11(5): 437–441.
Interessenkonflikte: Die Autoren der Publikation deklarieren, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Literaturtipp
Eine Übersicht über das Vorgehen in der Praxis und die verschiedenen therapeutischen Optionen finden Sie hier: Caroline Lang und Stéphanie Christen-Zaech: Was hilft gegen Warzen bei Kindern? ARS MEDICI 2011; 8: 324–329.
Download unter: www.arsmedici.ch
ARS MEDICI 23 I 2013 1181