Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Wiener Humor ist schwarz, auch in Zeiten von Corona: «I geh trotzdem ausse. Mein Krebs kann dann mit dem Corona ausschnapsen, wer das Licht odraht.»
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Gerne noch was aus Wien und zu Corona: Massentestung in Österreich. Das Bundesheer hilft aus. Ein Unteroffizier weist seine Kameraden an: «Alles, was sich bewegt, wird getestet. Alles, was sich nicht mehr bewegt, wird desinfiziert.»
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Besonders lustig wird’s, wenn grosszügig tätowierte Fussballer Bedenken äussern wegen der Coronaimpfung. Toxische Reaktionen und Allergien auf Tattootinte, Farbbestandteile in allen möglichen Körperregionen, Infektionen mit Hepatitis-, HI- oder anderen Viren sind offenbar durchaus akzeptable Risiken. Oder andersrum: Offenbar ist der Schutz vor einer potenziell tödlichen Krankheit schlicht weniger wichtig als das archaische, identitätsstiftende Beimpfen der Haut mit Farbpigmenten?
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Brauchen wir noch Papier, wo wir doch alle Informationen auf dem Handy, am PC, im TV oder im Radio lesen, sehen und hören können? Nein, bräuchten wir nicht; wir könnten auf Papier verzichten, tun es aber nicht. Die Gründe sind nicht ganz klar. Es zeigt sich nur immer wieder: Neue Technologien bringen alte nicht zwangsläufig zum Verschwinden. Klar kann man Romane, Krimis und Sachbücher heute auf einem E-Book-Reader lesen. Das ist bequem, platzsparend und vor allem wichtig auf Reisen: So ein vir-
tuelles Buch wiegt nichts und nimmt keinen Platz weg. Und doch liest nur jeder Zwanzigste am Tablet. Die übrigen 95 Prozent blättern lieber, knicken Seiten um, kritzeln nie wieder beachtete Notizen an den Rand, leihen das Buch aus und kriegen es nie mehr zurück. Eigentlich erstaunlich. Und es sind nicht etwa die technoaffinen Jungen, die Fitzek, Christie, Adler-Olsen, Grisham, Link (Charlotte), Schätzing oder Dürrenmatt lieber digital lesen, sondern die Alten. Warum? Weil sie nicht mehr so gut sehen und die Schrift auf dem Display beliebig gross einstellen können. So simpel ist der Erfolg der Digitalisierung erklärbar.
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Wenn Islamisten sich für Toleranz einsetzen, meinen sie Toleranz für die Islamisten. Nicht für Christen, nicht für Minderheiten und schon gar nicht für Juden. Toleranz bei Extremisten ist nichts als perfide Propaganda. Aber eben: Selbst plumpste Propaganda findet Gläubige.
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Onkel Hugo ist auf die Idee gekommen, die alten Dias und Fotos seiner Familie zu digitalisieren und so vor dem endgültigen Verbleichen oder einem immer giftiger werdenden Stich ins Rote (manchmal auch Blaue) zu bewahren. Ein wochenlanges und ziemlich teures Unterfangen, das aber viel zur Unterhaltung und zur guten Laune in der ganzen Familie beiträgt. «Haben wir wirklich mal so ausgesehen?» «Hab ganz vergessen, dass wir so ein Auto hatten.» «Jö, de Hansi.» (Gemeint ist der Kanarienvogel, vor mehr als zwanzig Jahren buchstäblich vom Stängeli gefallen.) «Wow, da hast du aber noch gut ausgesehen!»
(Das kommt schlecht an …) «Was, so jung warst du?» (Das geht durch, denn es ist nicht zu leugnen.) «Mamma mia, vo dene uf dere Foti läbed drei scho nümme.» «Wer ist das denn? Der Beni? Hat der mal so viele Haare gehabt?»
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Gelesen, am gleichen Tag, in einer Zeitung und auf Facebook: (1) «Hunde sind klimaschädlich.» (2) «Greta hat jetzt zwei Hunde.»
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Forschung und Entwicklung von Atomkraft werden oft von den gleichen Leuten verteufelt, die bei anderer Gelegenheit fordern: «Hört auf die Wissenschaft!»
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Divide et impera! (Teile und herrsche!), hiess es früher, will sagen: eigentlich schon immer und auch heute noch (auch wenn die Redewendung nicht von den Römern stammt und vermutlich auch Machiavelli nicht die Quelle ist). Die eher humorlose, dafür sehr rationale, moderne Version des Ratschlags für eine erfolgreiche Herrschaftspolitik lautet demgegenüber: Herrsche und teile NICHT!
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Und das meint Walti: Antriebslosigkeit, Müdigkeit, reduzierte körperliche Belastbarkeit … – kann man Long Covid eigentlich auch ohne Coronainfektion bekommen?
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 23 | 2021