Transkript
LEBERERKRANKUNGEN UND ERNÄHRUNG
Hintergründe und konkrete Empfehlungen
Ernährungsberatung bei Fettleber
Ruth Meier-Ellenberger, Sabina Raschle
In der Schweiz leben derzeit ungefähr 1,5 bis 2 Millionen Personen, die von einer nicht alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) betroffen sind. Aktuelle Zahlen zur alkoholischen Fettlebererkrankung (AFLD) fehlen. In der ambulanten Ernährungsberatung ist man dennoch äusserst selten mit der Diagnose NAFLD konfrontiert. Es sind die Grund- und Folgekrankheiten, die zu einer Zuweisung führen. Bei den Überweisungen liegt die nicht diagnostizierte Fettleber vermutlich hinter Adipositas und/oder Diabetes mellitus Typ 2.
Die wichtigsten Ursachen einer Fettleber sind rechts zusammengestellt: Tabelle 1. Durch eine erfolgreiche Ernährungsumstellung bestehen bei Fettleber gute Heilungschancen. Diese Tatsache wirkt sich in der Regel positiv auf die Patienten-Compliance aus, insbesondere bei NAFLD. Ziel der Ernährungsberatung ist es, die Leberzellen zu «entfetten» sowie ihre vitalen Funktionen zurückzugewinnen. Es gilt, die Folgerisiken durch entzündliche Fettlebererkrankungen (non alcoholic steatohepatitis [NASH], alcoholic steatohepatitis [ASH] und/oder Fibrose und Leberzirrhose (LC) zu verhindern (1).
Leber als zentrales Stoffwechselorgan
Tabelle 1:
Ursachen für Fettleber
• Alkoholmissbrauch • Übergewicht und Adipositas • Dyslipidämie • Diabetes mellitus Typ 2
(Ursache und Folgeerkrankung) • Proteinmangelernährung bzw. auch Energiemangel-
ernährung • Anorexia und Anorexia nervosa • Medikamentenmissbrauch • Viruserkrankungen • Bewegungsmangel
Die Leber hat zentrale Funktionen im Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel. Sie ist verantwortlich für den Abbau von Alkohol, Alkaloiden wie Nikotin und Koffein sowie verschiedenen Medikamenten. Weitere Funktionen sind die Bildung von Gallenflüssigkeit, die Aufnahme und die Speicherung der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Auch spielen in der Leber gebildete Proteine eine wichtige Rolle im Immunsystem. Bei diesem Aufgabenspektrum wird rasch klar, dass nur schon der partielle Funktionsausfall eine Kaskade von Dysfunktionen bzw. Krankheiten auslöst. Genau das passiert durch die Einlagerung von Fett im Lebergewebe. Die Ernährungsberatung bei NAFLD/NASH umfasst am häufigsten bei Erkrankungen des metabolischen Syndroms. Bei AFLD/ASH gilt die Aufmerksamkeit insbesondere der Mangelernährung.
Mediterrane Ernährung als Grundlage
Samen oder Kerne, Fisch, Milchprodukte, Eier, Hülsenfrüchte und 1- bis 2-mal pro Woche helles Fleisch als wertvolle Eiweissquelle. Auf Fertig- oder Halbfertigprodukte wird weitestgehend verzichtet. Allerdings gibt es bei der Fettleber vier Punkte hinsichtlich der mediterranen Ernährung, die speziell beachtet und allenfalls adaptiert werden sollten.
Wasserlösliche und nicht wasserlösliche Nahrungsfasern
Die tägliche Zufuhr sollte mindestens 30 Gramm betragen. Beeinflussen die wasserlöslichen Kohlenhydratfasern den Fettstoffwechsel positiv, haben die nicht wasserlöslichen einen wichtigen Einfluss auf das Mikrobiom, die Peristaltik, die Blutzuckerregulation und die Cholesterinabsorption. Zum Vorkommen und zur Umsetzung im Alltag siehe Tabellen 2 und 3.
Sowohl bei (N)AFLD als auch bei (N)ASH gilt die mediterrane Ernährung als Basis. Das Credo lautet: eine einfache, fleischarme Küche mit reichlich Obst und Gemüse, täglich Olivenöl und eine Handvoll Nüsse,
Einschränkung der Fructosezufuhr
Entgegen den Regeln der mediterranen Ernährung gibt es zum Verzehr von Früchten und Beeren eine
6 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2021
LEBERERKRANKUNGEN UND ERNÄHRUNG
Tabelle 1A:
Funktionen der Leber im Kontext mit Ernährung (1),(2),(3):
a. Kohlenhydratstoffwechsel • Glycogen-Aufbau und Freisetzung • Glucose-Neubildung aus Fructose oder aus Lactat, Aminosäuren und Glycerin • Lipogenese bei einem Überangebot an Fructose
b. Fettstoffwechsel • Triglycerid-Synthese (inkl. Liopogenese stimuliert durch hohen Insulinspiegel) • Bildung von Liporoteinen • Keton-Körperbildung im «Hungerstoffwechsel», bei Glucose-Mangel • Cholesterin-Synthese
c. Proteinstoffwechsel • Synthese und Abbau von Aminosäuren • Bildung von Hormonen, Enzymen und Blutplasmaproteinen • Abbau z.B. von Hämoglobin (Bilirubin fällt an)
d. Entgiftung • Abbau von Alkohol (Ethanol) und Alkaloiden wie Nicotin, Coffein, Morphin etc. • Reduktion und Ausscheidung von Medikamenten, synthetischen Stoffen und Giften z. B. aus Schimmelpilzen
e. Weitere Funktionen • Bildung von Harnstoff und Harnsäure • Bildung von Gallenflüssigkeit (ca. 1lt./d) z. B. für Fett-Emulgation (Lecithin via Gallenflüssigkeit) im Verdauungsprozess oder für Abtransport von Bilirubin via Gallenblase und Dünndarm • Aufnahme und Speicherung der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K sowie der Mineralstoffe Zink, Eisen u.a.m. • Immunologische Funktionen im Kontext mit der Bildung von spezifischen Proteinen
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2021 6A
LEBERERKRANKUNGEN UND ERNÄHRUNG
Einschränkung. Ein Fructoseüberangebot (aus Saccharose oder Fructose) wirkt sich nicht nur negativ auf die Blutfettlipide aus, die Bildung von Viszeralfett wird ebenfalls begünstigt. Deshalb gilt: Auf gezuckerte Getränke, Fruchtsäfte, Süss- und Backwaren sollte nach Möglichkeit verzichtet werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dem «versteckten Zucker» in Frühstückszerealien, Milchprodukten, Getreide- und Energieriegeln, Saucen usw. Gerade bei der Kreation neuer Lifestyleprodukte wird vermehrt auf Fruchtzucker gesetzt, um den Anschein von Natürlichkeit zu erzeugen. Kritische Produkte mit relevanter Menge an zugesetzter oder isolierter Fructose haben wir in Tabelle 4 zusammengestellt. Regel für Fructose: 1 Fruchtportion immer im Anschluss an eine faserreiche Mahlzeit als Dessert geniessen. Das Gleiche gilt für eine sogenannte normale Dessertportion 1- bis 3-mal wöchentlich (2).
Wenig verarbeitete Lebensmittel bevorzugen
Der Konsum an Fertig- und Halbfertigprodukten hat in den letzten Jahren enorm zugenommen und damit auch die Aufnahme an Weissmehlprodukten, Zucker, gesättigten und Transfettsäuren. Es ist realitätsfremd und kontraproduktiv, ein Verbot auszusprechen. Vielmehr muss aufgezeigt werden, welche Produkte geeignet und welche ungeeignet sind. Einige Beispiele finden sich in Tabelle 5.
Tabelle 2:
Nahrungsfasern
Faserarten Vorkommen
Lösliche Nahrungsfasern
Pektine, Inulin, Carrageen, Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl
Haferflocken, Zitrusfrüchte, Apfel, Linsen, Algen, Flohsamen, Edamame
Unlösliche Nahrungsfasern Zelullose, Lignin, Hemizellulose
Getreidespelzen/Kleie (z. B. in Vollkornbrot, Vollreis, Vollkornhaferflocken), Gemüse, Samen in Früchten
Omega-3-Fettsäuren und Olivenöl
Der positive Effekt dieser beiden Fettquellen konnte in Studien eindrücklich bewiesen werden, sodass es sich ausdrücklich lohnt, in der Zubereitung auf Oliven- oder Rapsöl (auch HOLL-Rapsöl) zu setzen und vermehrt Nüsse, Algen, Samen und Kerne in die Ernährung zu integrieren. Der Fischkonsum kann aus ökologischen Aspekten auf 2 Portionen monatlich festgelegt werden (3).
Tabelle 3:
Beispiel zur Erreichung der empfohlenen 30 g Nahrungsfasern pro Tag
Mahlzeit
Menge
Frühstück Kräutertee Joghurt nature Himbeeren Vollkornhaferflocken Weizenkleie
Mittagessen Vollkornteigwaren, gekocht Tomatensauce Reibkäse Apfel
Abendessen Vollkornbrot Hummus Gurke, roh Karotte, roh Hartkäse
Total Nahrungsfasern
120 g 40 g 5 g
125 g 125 g
120 g
75 g 60 g 120 g 80 g
Nahrungsfasergehalt
8,1 g 4,2 g 2,3 g
6,8 g 2,4 g
2,5 g
5,3 g 2,8 g 1,0 g 2,1 g
37,5 g
Quelle: www.naehrwertdaten.ch (abgerufen: 24.8.21)
Tabelle 4:
Kritische Produkte mit relevanter Menge an zugesetzter oder isolierter Fructose
Nahrungsmittel- Beispiele kategorie
Getränke
Fitness-/Wellnesswasser Isotonische Sportgetränke
Getreide
Milchprodukte Alternative Süssungsmittel Diverses
Deklarationen
Reiswaffeln mit Fruchtgeschmack Getreideriegel mit Honig gesüsst Flockenmischungen mit Fruchtsüsse
Kinderjoghurts/-quark Kinderjoghurtdrinks
Birnendicksaft, Agavendicksaft, Honig, Ahornsirup, Dattelsüsse, Mangopüree
Konfitüre Ketchup Fruchtschnitten/-riegel Dörrobst
Ohne Zuckerzusatz Nur mit Fruchtsüsse gesüsst
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2021 7
LEBERERKRANKUNGEN UND ERNÄHRUNG
Tabelle 5:
Fertigprodukte und Empfehlungskriterien
Geeignete Fertig-/Halbfertigprodukte
(Gemüse) Salate, gerüstet und gewaschen Hülsenfrüchte (in der Dose, als Fertigsalate usw.) Dosengemüse/Gemüse im Glas (im Salzwasser) Sandwich aus Vollkornbrot mit relativ fettarmer Füllung (Trockenfleisch, Schinken usw.) Fertigsalate mit relativ fettarmer Eiweissbeilage (Pouletstücke, Trockenfleisch, Ei, Hüttenkäse usw.) Fertigrösti natur/mit Gemüse Ungeeignete Fertig-/Halbfertigprodukte Vegane Ersatzprodukte für Burger, Wurst, Käse
Junkfood
Dosenfrüchte Sandwiches aus Weissbrot mit fettiger und/oder panierter Füllung (Wurstwaren, Eimasse, paniertes Schnitzel usw.)
Kriterien in Bezug auf die Ernährungstherapie bei NAFLD
Hoher Nahrungsfasergehalt
Hoher Nahrungsfasergehalt
Hoher Nahrungsfasergehalt
Hoher Nahrungsfasergehalt Blutzuckerbremse
Hoher Nahrungsfaseranteil Blutzuckerbremse
Resistente Stärke
Hoher Fettgehalt, schlechte Fettqualität Hohe Energiedichte Fehlender Proteinanteil
Hoher Fettgehalt, schlechte Fettqualität Rasch resorbierbare Kohlenhydrate Tiefer Nahrungsfasergehalt
Hoher Zucker- und Fructosegehalt
Tiefer Nahrungsfasergehalt Rasch resorbierbare Kohlenhydrate Hoher Fettgehalt
Alkohol
Bei AFLD steht der absolute Alkoholverzicht an erster Stelle. Gleichzeitig zur Ernährungsberatung sollte eine psychologische Therapie erfolgen. Bei NAFLD sofern eine entzündliche Erkrankung ausgeschlossen wurde, ist ein sehr moderater Konsum vertretbar. Dieser liegt bei < 10 g/Tag für Frauen und < 20 g/Tag für Männer. Wichtig ist, im Hinblick auf das Körpergewicht, den Energiegehalt der alkoholischen Getränke zu berücksichtigen (4).
Gewichtsreduktion anstreben
Leberzellen konnte vermindert und der Glucosestoffwechsel gleichzeitig verbessert werden (6).
Angepasste mediterrane Ernährung bei gestörtem Kohlenhydratstoffwechsel
Bei einer verminderten Glucosetoleranz, einer Insulinresistenz oder einem Diabetes mellitus Typ 2 können auch die Formuladiäten eingesetzt werden (5). Mit der mediterranen Ernährung, die vermehrt auf Hülsenfrüchte als Proteinquelle setzt, ist eine Kohlenhydratzufuhr von < 40 Prozent nicht zu erreichen. Werden alle Empfehlungen im Zusammenhang mit der mediterranen Ernährung umgesetzt, stimmt zwar das Kohlenhydratmanagement, doch ist dieser tiefe Wert nicht haltbar. Vertretbar und realistisch scheint uns deshalb ein Kohlenhydratanteil von etwa 45 Prozent.
Zuckerkonsum reduzieren
Weniger als 100 Kcal sollten aus Zuckerquellen wie Saccharose, Maltose oder Invertzucker stammen. Gezuckerte Getränke sollten auf jeden Fall in der Ernährungsberatung angesprochen werden. Eine in diesem Jahr publizierte Studie aus Zürich zeigt eindrücklich deren Nachteile auf. Bereits eine Menge von 80 g Saccharose oder Fructose (entspricht 8 dl Süssgetränk) fördern die Einlagerung von Fett in den Leberzellen erheblich und nachhaltig (7). Nicht überraschend wirkte sich die reine Fructose am schlechtesten aus, danach folgten Saccharose und reine Glucose. Dabei spielt nicht nur die Art des Zuckers eine Rolle, sondern auch die rasche Verfügbarkeit in der flüssigen Form.
Weitere Massnahmen für einen langsameren Blutzuckeranstieg
Dazu gibt es verschiedene Massnahmen beim Kochen und in der Menügestaltung, die den Blutzuckeranstieg verlangsamen. Einige Möglichkeiten sind in Tabelle 6 zusammengefasst.
Eine Gewichtsreduktion von 0,5 bis 1 kg/Woche sollte angestrebt werden. Konkret haben sich die folgenden Vorgehensweisen als effektiv erwiesen: Reduktion der Energiezufuhr • Übergewicht und Adipositas Grad I: 1200 bis
1500 kcal/Tag oder minus 500 kcal/Tag, je nach Alter, Geschlecht, Grösse und körperlicher Alltagstätigkeit. • Ab Adipositas Grad II: Hier hat sich der Einsatz von niederkalorischen, proteinreichen Formuladiäten (600 bis 800 kcal/Tag) als sehr effektiv erwiesen. Bereits eine 1- bis 2-wöchige Anwendung bringt eine Verbesserung der Stoffwechsellage. Das gilt insbesondere für adipöse Typ-2-Diabetikerinnen (5).
Intervallfasten
Intermittierendes Fasten hat in Studien einen günstigen Einfluss gezeigt. Die Einlagerung von Fett in den
Tabelle 6:
Blutzuckerbremsen
Massnahme Salat und Gemüse Vollkornprodukte Konsistenz
Eiweisslieferanten (fettarm) Fett
Effekt
Erhöhter Nahrungsfaseranteil
Erhöhter Nahrungsfaseranteil Komplexe Kohlenhydrate
Physikalischer Effekt durch festere Konsistenz und verlängerte Quellzeit im Darm, z. B. kernige Kochweise (al dente), Schalenkartoffeln vs. Kartoffelstock
Verzögerungseffekt im Magen und im Dünndarm, u. a. durch Proteindenaturierung im Magen
Längere Magenverweildauer Portionierte Weitergabe in den Dünndarm
8 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2021
LEBERERKRANKUNGEN UND ERNÄHRUNG
Resistente Stärke
Auch durch das Erhitzen und anschliessende Abkühlen von Stärke verändern sich Kohlenhydrate so, dass sie für die Verdauung schwieriger aufzuspalten sind. Die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel ist ähnlich positiv wie die der Nahrungsfasern. Zu Nutzen machen kann man sich das durch die Zubereitung von abgekühlten (und wieder aufgewärmten) Speisen. Das eignet sich insbesondere für Gerichte mit Reis, Kartoffeln oder Teigwaren. Einige Beispiele: Bratkartoffeln aus abgekühlten Geschwellten, Auflauf mit Teigwarenresten oder gebratener Reis am Folgetag.
Um den raschen Blutzuckeranstieg nach dem Konsum von stärkehaltigen Lebensmitteln zu vermeiden, kann das Prinzip der resistenten Stärke empfohlen werden.
von 1,2 bis 1,5 g/kg Körpergewicht und Tag empfohlen. Wir würden, je nach Ernährungsanamnese und/ oder NRS, sogar 1,5 bis 2,0 g empfehlen. Das insbesondere • bei Mangel zur Bedarfsdeckung • für eine gute Sättigung bei Gewichtsreduktion • zur Verminderung der Insulinresistenz (11).
Kaffee erwünscht
Pro Tag sind 2 bis 4 Tassen Kaffee empfehlenswert. Koffein scheint, entgegen der Vermutung, einen günstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu haben. Es konnte in einer Studie sowohl der Rückgang der Fibrose als auch der Entzündung (NASH) nachgewiesen werden (12).
Mikronährstoffe nicht vergessen
Wenn möglich keine Zwischenmahlzeiten
Sofern es akzeptiert wird und es das körperliche Befinden des Patienten zulässt, sollte auf Zwischenmahlzeiten verzichtet und auf den positiven Effekt von längeren Mahlzeitenabständen (mind. 4 h) gesetzt werden. Die Bildung von Bauchfett wird durch Zwischenmahlzeiten gefördert (8). Patienten, besonders ältere, die auf Zwischenmahlzeiten nicht verzichten möchten oder können (Blutzuckerschwankungen), empfehlen wir protein- und nahrungsfaserhaltige Snacks mit möglichst wenig Kohlenhydraten und Fett. Rohes Gemüse, kombiniert mit einem Magermilchprodukt, oder ungesalzene Nüsse sind zwei von vielen möglichen Beispielen.
Empfehlungen bei Mangelernährung und Proteinmangel
Eine Mangelernährung (Energie resp. Protein-Energie-Mangelernährung) tritt sowohl bei AFLD als auch bei ASH auf. Da bei Anorexia-nervosa-Betroffenen ebenfalls häufig eine NAFLD festgestellt wird, gelten folgende Empfehlungen auch für diese Patientengruppe. Da die Mangelernährung bei adipösen Patienten oft weniger offensichtlich erscheint, ist es wichtig, deren Ernährungszustand in der Anamnese zu erfassen. Als mögliches Tool bietet sich der Nutrition Risk Score (NRS) an (9).
Mittels Anamnese und Labor sollten die Mikronährstofffe evaluiert werden. Eine Substitution sollte in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Eine besondere Bedeutung kommt dem Vitamin D zu. Hier gilt die Regel 600 IE/Tag (15 µg/Tag) bzw. 800 IE/Tag (20 µg/Tag) ab dem 60. Lebensjahr. Bei erhöhtem Bedarf soll entsprechend supplementiert werden. Ein positiver Effekt von Vitamin E konnte nie bestätigt werden (13). Am häufigsten ist eine kritische Versorgung beim Vitamin-C/B-komplex, bei Zink, Magnesium, Kalium und Selen beschrieben.
Korrespondenzadresse: Ruth Meier-Ellenberger Sabina Raschle Ernährungszentrum Weinbergstrasse 82 8006 Zürich E-Mail: kontakt@ezch.ch Referenzen in der Onlineversion des Beitrags unter www.rosenfluh.ch/ernaehrungsmedizin-2021-04
Auch bei untergewichtigen, anorektischen oder AFLD-Patienten sollte das Thema gesüsste Getränke und Fruchtsäfte unbedingt angesprochen werden. Viele dieser Patientinnen trinken Fruchtsäfte zur vermeintlichen Vitaminversorgung und gegen Inappetenz. Als Alternative bietet sich leicht gesalzener und ggf. etwas verdünnter Tomatensaft mit etwas Olivenoder Rapsöl an. Dieser ist kaliumreich, und Olivenöl verbessert die Verfügbarkeit von Lycopin, dem eine antioxidative Wirkung zugesprochen wird (7, 10). In der Fachliteratur wird eine erhöhte Proteinzufuhr
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2021 9
LEBERERKRANKUNGEN UND ERNÄHRUNG
Referenzen: 1. Goosens N et al.: Nonalcoholic fatty liver disease burden – Switzer-
land 2018–2030. Swiss Med Wkly. 2019;149:w20152. 2. Stanhope KL et al.: Consuming fructose-sweetened, not glu-
cose-sweetened, beverages increases visceral adiposity and lipids and decreases insulin sensitivity in overweight/obese humans. J Clin Invest. 2009; May;119(5):1322-34. 3. Ferramosca A, Zara V: Modulation of hepatic steatosis by dietary fatty acids. World J Gastroenterol. 2014; Feb 21;20(7):1746-55 4. Dunn W et al.: Modest alcohol consumption is associated with decreased prevalence of steatohepatitis in patients with non-alcoholic fatty liver disease (NAFLD). J Hepatol. 2012; Aug;57(2):384-91. 5. Lim EL et al.: Reversal of type 2 diabetes: normalisation of beta cell function in association with decreased pancreas and liver triacylglycerol. Diabetologia. 2011; Oct;54(10):2506-14. 6. Fuhrmeister J et al.: Fasting-induced liver GADD45 restrains hepatic fatty acid uptake and improves metabolic health. EMBO Mol Med. 2016;8:654-669. 7. Geidl-Flueck B et al.: Fructose- and sucrose- but not glucose-sweetened beverages promote hepatic de novo lipogenesis: A randomized controlled trial. J Hepatol. 2021; 75:46-54. 8. Koopman KE et al.: Hypercaloric diets with increased meal frequency, but not meal size, increase intrahepatic triglycerides: a randomized controlled trial. Hepatology. 2014; Aug;60(2):545-53. 9. Kondrup J et al.: Nutritional risk screening (NRS 2002): a new method based on an analysis of controlled clinical trials. Clin Nutr. 2003; Jun;22(3):321-36. 10. Minorsky PV: Lycopene and human health. Plant Physiol. 2002; Nov;130(3):1077-8. 11. Yki-Järvinen H: Nutritional Modulation of Non-Alcoholic Fatty Liver Disease and Insulin Resistance. Nutrients. 2015;Nov5;7(11):9127-38. 12. Molloy JW et al.: Association of coffee and caffeine consumption with fatty liver disease, nonalcoholic steatohepatitis, and degree of hepatic fibrosis. Hepatology. 2012;Feb;55(2):429-36. 13. Eliades M et al.: Meta-analysis: vitamin D and non-alcoholic fatty liver disease. Aliment Pharmacol Ther. 2013; Aug;38(3):246-54.
10 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2021