Transkript
STUDIE REFERIERT
Rheumatoide Arthritis und Arbeitsfähigkeit
Weniger Fehlzeiten dank Biologika?
Die besseren klinischen und radiologischen Ergebnisse, die mit Biologika im Vergleich zu konventionellen Therapien erzielt werden, scheinen nicht zu besseren Ergebnissen im Hinblick auf die Erwerbstätigkeit zu führen.
JAMA
In einer neuen Analyse der Swefot-Studie (Swedish Pharmacotherapy) untersuchte man anhand der Daten des schwedischen Sozialversicherungsregisters, ob sich die besseren radiologischen Ergebnisse mit Infliximab auch in weniger Arbeitsausfällen und einer geringeren Rate an Erwerbsunfähigkeitsrenten niederschlagen (1). In die Studie wurden neu erkrankte RAPatienten (Symptomdauer < 1 Jahr) im erwerbsfähigen Alter unter 63 Jahren von Oktober 2002 bis Dezember 2005 aus 15 schwedischen Rheumakliniken eingeschlossen. Patienten, bei denen nach 3 bis 4 Monaten mit Methotrexat keine niedrige Krankheitsaktivität erzielt werden konnte, erhielten in der Swefot-Studie entweder zusätzlich Infliximab oder eine konventionelle Kombination aus Sulfasalazin (Salazopyrin®) und Hydroxychloroquin (Plaquenil® und Generika). Über einen Zeitraum von 21 Monaten nach der Randomisierung ermittelten die Wissenschaftler anhand des schwe-
Merksatz
O Mit Biologika werden bessere klinische und radiologische Ergebnisse erzielt als mit konventionellen DMARD-Kombinationen.
O Der Rückgang an Fehlzeiten und Frühverrentungen unter Biologika oder konventionellen Therapeutika ist vergleichbar.
dischen Sozialversicherungsregisters die monatlichen Fehlzeiten der Patienten und die Anzahl der Tage, an denen eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen wurde. Als Vergleichsgruppe wurden Personen mit ähnlichen Charakteristika ohne Rheumaerkrankung herangezogen.
Ergebnisse Von den 204 Rheumapatienten erhielten 105 Infliximab und 99 die konventionelle Therapie. 7 Patienten der Infliximabgruppe und 4 der konventionell behandelten Gruppe erhielten keine Studienmedikation. Insgesamt befolgten 72 Patienten der Infliximabgruppe und 52 Patienten der konventionell behandelten Patienten das Studienprotokoll über 21 Monate. Zum Zeitpunkt der Randomisierung fehlten die Patienten beider Behandlungsgruppen durchschnittlich 17 Tage im Monat. In der Allgemeinbevölkerung lagen die Fehlzeiten bei 5,5 Tagen im Monat. Nach 21 Monaten hatten sich die durchschnittlichen Fehlzeiten in der Infliximabgruppe um 4,9 Tage/Monat und in der konventionell behandelten Gruppe um 6,2 Tage/Monat verringert. Die durchschnittliche Differenz betrug 1,6 Tage/Monat (95%-Konfidenzintervall [KI]: -1,2 bis 4,4). Unter Einbeziehung der Personen, die mindestens eine Studienmedikation erhalten hatten, lag die durchschnittliche Differenz bei 1,5 Tagen/Monat und in der Per-Protokoll-Analyse bei 0,3 Tagen/Monat. Im Hinblick auf Fehltage wurden somit keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen festgestellt. Der Anteil der Patienten ohne Arbeitsausfälle stieg in der Infliximabgruppe von 27 auf 42 Prozent (p < 0,001) und in der konventionell behandelten Gruppe von 32 auf 47 Prozent (p < 0,001). Im Gegenzug sank der Anteil der Patienten, die krankheitsbedingt gar nicht mehr arbeiteten und Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen, von
33 Prozent auf 24 Prozent in der Infliximabgruppe und von 41 Prozent auf 20 Prozent bei den konventionell behandelten Patienten (p < 0,001 für beide Ergebnisse). Auch hier zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Die besseren klinischen und radiologischen Ergebnisse unter der Behandlung mit Infliximab führten somit nicht zu besseren Ergebnissen im Hinblick auf die Erwerbstätigkeit.
Diskussion
Die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr
ins Arbeitsleben nach längerer Er-
werbsunfähigkeit (> 6 Monate) erwies
sich als gering. Keiner der 21 Patienten,
die zu Studienbeginn eine Teilrente
oder eine volle Erwerbsunfähigkeits-
rente bezogen hatten, kehrte zur Voll-
zeitarbeit zurück. Längere krankheits-
bedingte Fehlzeiten reduzieren mögli-
cherweise per se die Wahrscheinlichkeit
für eine Fortsetzung der Berufstätig-
keit, selbst wenn mit der Zeit eine bes-
sere Kontrolle der Krankheitsaktivität
und der radiologischen Ergebnisse er-
zielt wurde. Zudem spielen im Hin-
blick auf die Berufstätigkeit auch an-
dere Faktoren eine Rolle, wie die kör-
perliche Beanspruchung durch die
Tätigkeit, die Arbeitsumgebung, Ent-
scheidungen des Patienten, seine finan-
zielle Situation und die Krankheitsbe-
wältigung.
In einem Kommentar (2) interpretiert
Edward Yelin von der University of
California die Resultate der Studie
trotzdem positiv: Im klinischen Alltag
werden Biologika nur für Patienten
verschrieben, bei denen eine Behand-
lung mit konventionellen DMARD
fehlgeschlagen ist. Die Studie bestätige,
dass mit Biologika auch dann noch ein
akzeptables Ergebnis im Hinblick auf
die Erwerbsfähigkeit erzielt werden
kann.
O
Petra Stölting
Quellen: 1. Erikson JK et al., JAMA Intern Med;
doi:10.1001/jamainternmed.2013.7801. 2. Yelin E, JAMA Intern Med;
doi:10.1001/jamainternmed.2013.7812.
Interessenkonflikte: 2 der 7 Studienautoren (1) haben Gelder von verschiedenen Pharmaunternehmen erhalten; der Autor des Kommentars (2) von Amgen und Aspreva.
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ARS MEDICI 19 I 2013