Transkript
Haustiere und Allergien
Möglichkeiten zur Lösung eines zunehmenden Problems
Schwerpunkt
Allergien gegen Haustiere sind häufig, vor allem bei Personen mit bereits bestehenden Erkrankungen des atopischen Formenkreises. Bei bestätigter Allergie ist die beste Strategie das Vermeiden oder die Reduktion des Allergens. Medikamente können die Symptome lindern, die allergenspezifische Immuntherapie ist in ausgewählten Fällen eine Option.
Von Felicitas Bellutti Enders und Marcel Bergmann
Die Symptome einer Tierhaarallergie ähneln den Symptomen eines Heuschnupfens mit laufender Nase und geröteten Augen, es kann auch zu einem Asthma bronchiale kommen. Jedes Haustier kann allergische Symptome hervorrufen, am häufigsten sind jedoch Katze oder Hund die Ursache. Im Gegensatz zu einer Sensibilisierung auf Hundeepithelien lässt sich die Sensibilisierung auf Katzenepithelien mit den heute verfügbaren Prick-Tests beziehungsweise mit der Messung von spezifischem Immunglobulin E (IgE) im Serum gut nachweisen. Eine Komponentendiagnostik kann die Diagnose noch verbessern. Die Sensibilisierung auf Katzenepithelien ist die dritthäufigste allergische Sensibilisierung in Europa, nach Hausstaubmilben und Graspollen (1). In der Schweiz sind 6,4 Prozent der Kinder betroffen (2). Etwa 28 Prozent aller Haushalte in der Schweiz besitzen eine Katze, 12 Prozent einen Hund (3). Allergien auf Haustiere sind häufig, vor allem bei Patienten mit bereits bestehenden Erkrankungen des atopischen Formenkreises, wie zum Beispiel atopischem Ekzem, Lebensmittelallergien, Asthma oder allergischer Rhinokonjunktivitis auf andere respiratorische Allergene. Dass Katzen und Hunde die häufigsten Haustiere sind, spiegelt sich auch in der Häufigkeit der Sensibilisierung wider (4). Eine direkte Exposition scheint notwendig zu sein, um sich auf Hundehaare zu sensibilisieren, wogegen für eine Sensibilisierung auf Katzen- und Hasenhaare eine indirekte Exposition ausreicht (4). Weltweit sind etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung betroffen, und Tierallergien sind ein wachsendes Problem für das öffentliche Gesundheitswesen (5). Im Allgemeinen sind zwischen 24 und 37 Prozent der Bevölkerung von einer allergischen Rhinokonjunktivitis beziehungsweise von einem allergischen Asthma auf Tierhaare betroffen. Etwa 52 Prozent der Patienten haben eine Sensibilisierung auf mehrere Tierhaare, wobei es oft unklar ist, ob es sich hier um klinisch relevante Sensibilisierungen, also Allergien, oder um Kreuzreaktivitäten handelt (6). Eine exakte Diagnosestellung ist wichtig, um die Pa-
tienten korrekt behandeln zu können und die Morbidität zu reduzieren.
Symptome
Als Symptome werden Urtikaria bei Kontakt mit Speichel oder Tierhaaren beschrieben sowie Rhinokonjunktivitis (d. h. Juckreiz, laufende oder verstopfte Nase, tränende und gerötete Augen) und bronchiales Asthma (Husten, pfeifende Atmung, Atem-
not) bei direkter Exposi- Zur Prävention wird eine tion mit den Tierhaaren. frühe Exposition mit Tieren im Aufgrund der geringen ersten Lebensjahr empfohlen.
Partikelgrösse sind asthmatische Symptome bei Tierhaarallergikern häufig. Die Symptome können auch bei indirektem Kontakt auftreten, da zum Beispiel Katzenhaare auch bei Patienten ohne Haustiere zu Symptomen führen können.
Exakte Anamnese ist wichtig
Für die Diagnose einer Tierhaarallergie ist eine hinweisende Anamnese zwingend erforderlich, gemeinsam mit dem Nachweis von spezifischem IgE für die entsprechenden Tierhaarallergene. Wie bei anderen Atemwegsall ergenen zeigt das alleinige Vorhandensein von spezifischem IgE bei einem atopischen Kind nur eine potenzielle Reaktivität an, und dieser Befund bedeutet nicht zwingend, dass das Kind tatsächlich allergisch ist. Eine Tierhaarallergie ist bei sporadischem oder intermittierendem Kontakt mit dem Tier leichter zu vermuten, wenn Kinder, die zuvor asymptomatisch waren, in der Regel innerhalb von Minuten suggestive Atemwegssym ptome entwickeln. Die Diagnose kann bei anhaltendem Kontakt mit Tieren schwieriger sein, weil die Kinder dann normalerweise subtilere, chronische Symptome zeigen, wie zum Beispiel anhaltende Rhinitis, intermittierende Konjunktivitis und chronischen Husten. Insbesondere im Herbst und Winter können diese Symptome leicht mit Erkrankungen der oberen Atemwege verwechselt werden. Eine positive persönliche beziehungsweise familiäre Ana-
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mnese für atopische Erkrankungen, wie zum Beispiel atopische Dermatitis, Lebensmittelallergien und/oder infektgetriggertes Asthma bronchiale, sowie das Fehlen von Fieber oder anderen Symptomen, die auf Atemwegsinfekte hinweisen, legen den Verdacht auf eine Allergie nahe. Falls möglich (etwa ab dem 5. Lebensjahr), können die Messung des exhalierten Stickstoffmonoxids (> 20 ppb FeNO gelten als Zeichen einer eosinophilen Entzündung) sowie ein Lungenfunktionstest bei Kindern mit Verdacht auf Asthma bronchiale nützliche zusätzliche diagnostische Massnahmen sein.
Prick-Test oder IgE?
Bei klarer Anamnese, aber auch bei verdächtigen klini-
schen Befunden (Rhinitis, Konjunktivitis oder pfeifende
Atmung), kann die Diagnose einer Tierhaarallergie durch
den Nachweis von spezifischem IgE gegen das Allergen
bestätigt werden. Dieser Nachweis erfolgt indirekt durch
Haut-(Prick-)Tests unter Verwendung einer standardisier-
ten Lösung und/oder durch eine direkte Messung des
spezifischen IgE gegen Tierhaarvollextrakt im Serum.
Hauttests werden als erste Massnahme vorgeschlagen, da
sie einfach durchzuführen
Ein positiver Allergietest
und kostengünstig sind
muss immer in Hinblick auf
und innert 15 bis 20 Minu-
das Vorhandensein oder
ten ein Ergebnis liefern.
Fehlen von Symptomen inter- Die Positivität des Haut-
pretiert werden.
tests wird durch eine
Quaddel von mehr als 3
mm mit umgebendem Erythem definiert (oder mindestens
3 mm Zunahme im Vergleich zur negativen Kontrolle). Zu
beachten ist, dass die Kinder mindestens 1 Woche lang
keine Antihistaminika einnehmen, damit das Testergebnis
richtig interpretiert werden kann.
Die Messung spezifischer IgE wird normalerweise vorge-
schlagen, wenn Symptome und Hauttests widersprüchlich
sind sowie vor Beginn einer allergenspezifischen Immun-
therapie. Eine molekulare Diagnostik mit der Messung
spezifischer IgE gegen rekombinante Proteine (Kompo-
nentendiagnostik, siehe Tabelle) kann nützlich sein.
Die Sensitivität sowohl der Hauttests als auch der spezi-
fischen IgE ist hoch. Aber wie bereits erwähnt, sollte
Positivität immer zusammen mit dem Vorhandensein von
Symptomen interpretiert werden. Es gibt 36 offiziell an-
erkannte Tierhaarallergene, davon sind 13 im Immuno-
CAP™-Assay erhältlich, 2 nur im ImmunoCAP™-ISAC-
Assay (siehe Tabelle).
Kreuzreaktivität von Panallergenen
Die meisten Tierallergene sind sogenannte Panallergene, weil sie Proteinfamilien (z. B. Serumalbumine und Lipocaline) angehören, die in vielen oder allen Säugetieren vorkommen. Aufgrund der Kreuzreaktionen sind gruppenspezifische Markerallergene teilweise nur bedingt definierbar. Serumalbumine spielen eine Rolle beim Transport von Nährstoffen. Sie können verschiedene Moleküle binden und finden sich im Speichel, im Urin, in Hautschuppen, im Plasma und in der Milch. Sensibilisierungen auf diese Proteine kommen meist im Rahmen von Polysensibilisierungen vor, da sie bei konservierter Aminosäurensequenz stark kreuzreaktiv sind (7). Diese Allergene sind auch potenzielle Fleischallergene. 1 bis 2 Prozent der Katzen-
allergiker haben deshalb auch eine manifeste Fleischall ergie, vor allem auf Schweine- und Rindfleisch (8). Lipocaline übernehmen eine Transportfunktion bei Lipiden, Steroidhormonen und Retinoiden. Es sind wichtige Major-/Minorallergene bei allen Felltieren (6). Tatsächlich ist eine Sensibilisierung nicht unbedingt mit der Entwicklung klinischer Symptome verbunden, obwohl eine Sensibilisierung gegenüber Fel d1, dem Hauptallergen bei Katzen, oder eine Polysensibilisierung gegen verschiedene Katzenallergene das Risiko für die Entwicklung einer Katzenallergie mit der Zeit erhöht. Auch zeigen sich bei Katzenallergikern im Vergleich zu Patienten mit latenter Sensibilisierung meist höhere IgE-Werte. Eine Komponentendiagnostik hilft hier leider aufgrund der oben genannten Kreuzreaktionen wenig weiter (9, 10). Ausserdem sind polyvalente Tiersensibilisierungen, also Sensibilisierungen auf mehrere Tierarten, eine weitere diagnostische Herausforderung. Bei unklarer klinischer Relevanz können spezifische Expositionstests vorgeschlagen werden (10, 11). Das kann insbesondere bei Kindern mit chronischen Atemwegsbeschwerden, wiederkehrendem oder anhaltendem Kontakt mit den Tierhaaren und Sensibilisierung gegen diverse Tierhaar- und andere Innenraumallergene (insbesondere Hausstaubmilben) sinnvoll sein. Nasale und konjunktivale Provokationstests mit standardisierten Produkten können in diesen spezifischen Indikationen bei Verfügbarkeit der entsprechenden Produkte eingesetzt werden, obwohl es derzeit nur wenig Evidenz zur Beurteilung ihres diagnostischen Werts gibt. Aufgrund der potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen wird eine bronchiale Provokation mit Allergenen bei Kindern nicht routinemässig durchgeführt.
Allergenvermeidung
Bei bestätigter Tierhaarallergie bleibt, wie bei allen All ergien, die Allergenvermeidung die wichtigste therapeutische Massnahme (12). Normalerweise wird empfohlen, das Tier aus dem Haus zu entfernen, aber diese Empfehlung wird aus emotionalen Gründen nur selten befolgt. Das Ausschliessen des Tieres aus dem Schlafzimmer, häufiges Lüften der Wohnung, die regelmässige Verwendung von Hochleistungsstaubsaugern und insbesondere die Kombination aller Massnahmen können sinnvoll sein, um die Exposition gegenüber Tierhaarallergenen zu reduzieren. Häufig reichen diese Massnahmen nicht aus, um die Symptome zu verringern, da, wie bereits erwähnt, auch die indirekte Exposition vor allem bei Katzen- und Kaninchenhaarallergikern eine grosse Rolle bei der Entwicklung von Symptomen spielt. In letzter Zeit werden sogenannte hypoallergene Katzen, die eine geringe Menge an Fel d1 ausscheiden, zunehmend als sinnvolle Alternative für Familien mit Katzenallergikern und dem Wunsch nach einer Katze zu Hause angesehen (13). Da aber andere, geringfügigere Allergene trotzdem eine signifikante Rolle bei den Symptomen spielen können, kann den Patienten und ihren Eltern keine Garantie für die Verträglichkeit und das Ausbleiben von Symptomen gegeben werden, weil sich die Gesamtkonzentration der Allergene in der Umwelt mit einer hypoallergenen Katze nicht signifikant verringern wird. Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Daten, welche einen allergologisch positiven Effekt durch hypoallergene Haustiere unterstützen könnten (12, 13).
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In einigen Studien wurde gezeigt, dass eine kontinuierliche Exposition gegenüber Katzenallergenen die spezifischen IgE-Werte im Lauf der Zeit verringern kann und dass bei Vorhandensein einer hohen Konzentration von Fel d1 bei einigen Patienten eine geringere klinische Reaktivität auftritt (14). Nach unserer Erfahrung im klinischen Alltag können sensibilisierte Personen, die mit Katzen aufgewachsen sind und diese wegen der ständigen Exposition im Kindesalter tolerierten, im Erwachsenenalter, nach einem Intervall ohne Allergenkontakt, bei erneuter Exposition Symptome entwickeln (z. B. Asthma).
Symptomatische Behandlung
Bei sporadischem Kontakt mit Tierhaarallergenen kann die vorherige Einnahme von Antihistaminika bei den meisten Patienten die Symptome verhindern oder zumindest lindern. Chronisch exponierte Kinder benötigen häufig eine tägliche Medikation mit nasalen, bei Asthma bronchiale inhalativen Kortikosteroiden mit oder ohne lang wirksame Beta-2-Agonisten (LABA). Kinder mit all ergischem Asthma sollten regelmässig und engmaschig überwacht werden, um die Compliance und die Sym ptomkontrolle zu beurteilen und lebensbedrohliche Attacken zu verhindern.
Allergenspezifische Immuntherapie (AIT)
Die AIT ist eine wichtige ursächliche Behandlung, vor allem bei Patienten mit Katzenhaarallergie (15). Sie kann Patienten vorgeschlagen werden, bei denen die bestmögliche Vermeidung des Allergens und eine gezielte pharmakologische symptomatische Behandlung keine ausreichende Symptomkontrolle ermöglichen. Zurzeit stehen auf dem Schweizer Markt subkutane Therapien (SCIT) für Katzen-, Hunde- und Pferdehaarallergiker zur Verfügung. Es besteht auch die Möglichkeit für eine sublinguale Immuntherapie (SLIT) bei Katzenhaarallergie, wobei es sich in der Schweiz um eine Magistralrezeptur handelt. Deshalb ist vor Beginn dieser Therapie eine Kostengutsprache der Krankenkasse notwendig. Bei Katzenhaarallergikern wird am häufigsten die SCIT angewendet, und sie wurde am besten untersucht (16). Die Wirksamkeit bezüglich der Linderung der Rhinokonjunktivitis und insbesondere der Asthmasymptome wurde von verschiedenen Studien unter anderem bei Kindern bestätigt (17–23). Diese Studien haben leider ein sehr heterogenes Studiendesign, und sie wurden mit unterschiedlichen Konzentrationen des Hauptallergens Fel d1 durchgeführt. In einer offenen skandinavischen Studie mit einer 3-jährigen SCIT-Behandlung mit Katzenhaarextrakt bei 21 Patienten (davon 14 Kinder) erzielte man eine statistisch signifikante Reduktion der Sym ptome bei 15 Patienten, zusammen mit einer Abnahme der allergenspezifischen und unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität (18). In derselben Studie zeigte sich, dass der Behandlungserfolg mit einer Abnahme des spezifischen IgE und einem Anstieg von spezifischem IgG und IgG4 auf Fel d1 korreliert. Ein Rückgang der allergenspezifischen bronchialen Überempfindlichkeit zeigte sich, wie in früheren Studien, vor allem im ersten Behandlungsjahr (21, 22, 24). Bisher wurden nur 2 ausschliesslich pädiatrische Studien veröffentlicht, in denen die Wirkung der SCIT mit Katzenhaarextrakt untersucht wurde und eine signifikante Ver-
Tabelle:
Allergene zur Komponentendiagnostik bei Verdacht auf Allergien gegen Tierhaare
Katze
Allergen Fel d1
Hund
Fel d2 Fel d4 Fel d7 Can f1
Can f2
Can f3 Can f4
Can f5
Can f6 Andere Haustiere Pferd Equ c1
Equ c31 Rind Bos d6
Schwein Maus
Kaninchen
Sus s1 Mus m11
Ory c32
Funktion
Kommentar
Uteroglobulin
Serumalbumin Lipocalin Lipocalin
95% der Katzenhaarallergiker sind positiv, Hauptallergen der Katze, kommt in Speichel, Tränenflüssigkeit und Talgdrüsen der Tiere vor, stark kreuzreaktiv mit Grosskatzen, Fel-d1-Sequenzen sind auch von Pferd, Maus, Ratte und Mensch bekannt
20% der Katzenhaarallergiker sind positiv, wird in der Leber produziert, kommt in Haaren, Krallen und Zähnen der Katze vor
60% der Katzenallergiker sind positiv, wird im Speichel der Katze produziert und auf den Haaren bzw. der Haut deponiert
hohe Kreuzreaktivität mit Can f1
Lipocalin Lipocalin
Serumalbumin Lipocalin Argininesterase, PSA-like
Lipocalin
79% der Hundehaarallergiker sind positiv, 45% der sensibilisierten Patienten sind nur auf dieses Protein sensibilisiert, wird vom Zungenepithel des Hundes produziert
19% der sensibilisierten Patienten sind positiv, assoziiert mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für einen positiven Provokationstest, Homologie mit Mus M1, wird in den Speicheldrüsen des Hundes produziert
12% der sensibilisierten Patienten
assoziiert mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für einen positiven Provokationstest, wird in Haaren und Hautepithelien von Hunden gefunden
35% der Patienten sind positiv, Majorallergen des Hundes, kommt ausschliesslich bei Rüden vor, primär im Urin, aber auch in den Haaren, Kreuzreaktionen mit humanem Kallikrein 2 (Spermienflüssigkeit: ca. 18% der Can-f5-positiven Frauen haben eine Allergie auf humane seminale Flüssigkeit [45])
Kreuzreaktivität mit Fel d4
Lipocalin Albumin Serumalbumin
Serumalbumin Urinprotein Lipophilin
Haut, Kreuzreaktivität mit Fel d4 und Can f1
Haut, Serum, Milch und Muskeln
Majorallergen des Rindes, Minorallergen in der Milch, hitzelabiles Protein, Kreuz reaktionen mit Milch möglich
Kreuzreaktivität mit Fel d2
Majorallergen, hohe Kreuzreaktivität mit Fel d4
Majorallergen, keine Kreureaktivität mit Fel d1
1nur im ISAC erhältlich 2zurzeit nicht erhältlich (Stand: 18. August 2021)
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minderung der katzenspezifischen bronchialen Provokation, eine Reduktion der Papelgrösse im Prick-Test sowie eine Erhöhung der spezifischen IgG und IgG4 nachweisbar waren (24, 25). Klinische Parameter wurden in diesen Studien nicht evaluiert. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der SCIT bei Kindern. Systemische Nebenwirkungen, insbesondere bei Patienten mit mittelschwerem Asthma, wurden häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen beschrieben. In einer schwedischen Doppelblindstudie traten bei 19 von 20 Kindern solche Nebenwirkungen auf. Aus diesem Grund wird eine SCIT mit Katzenhaarextrakt bei Kindern in der Schweiz selten vorgeschlagen (24). Die SLIT ist eine Alternative. Ähnliche immunologische Veränderungen wie bei der SCIT wurden für diverse Pollenallergien gezeigt, und das Sicherheitsprofil ist im Vergleich zur SCIT besser, mit einer reduzierten Rate an systemischen Nebenwirkungen (27, 28). Die Metaanalysen zeigen, dass die Effizienz von SLIT und SCIT in Bezug auf die Verbesserung der Symptome vergleichbar ist und dass sich vor allem die SLIT bei perennialen Allergenen (in dieser Metaanalyse wurden allerdings nur Studien mit Hausstaubmilbenallergikern eingeschlossen) zusätzlich durch eine Reduktion des Medikamentengebrauchs auszeichnet (29). Die meisten Studien dokumentieren eine positive Wirkung auf die Symptome, insbesondere bei Asthmatikern (30–34). Die SLIT mit Katzenhaarextrakt hat sich als sichere Behandlung erwiesen, die Studienresultate zu ihrer Wirksamkeit sind heterogen. In einer ersten doppelblinden, plazebokontrollierten Studie mit Erwachsenen konnten Nelson et al. (35) bei 21 Patienten mit Katzenallergie im Vergleich zu 20 mit Plazebo behandelten Patienten keine statistisch signifikante Veränderung der Rhinkonjunktivitissymptome zeigen. Eine weitere Studie mit 53 Katzenallergikern lieferte ähnliche Ergebnisse (36). Bemerkenswert ist, dass die SLIT in diesen beiden Studien nur 3 Monate lang durchgeführt wurde und nur wenige Asthmapatienten (15% in letztgenannter Studie) eingeschlossen waren. In einer weiteren doppelblinden, plazebokontrollierten Studie zur Wirkung von SLIT mit Katzenhaarextrakt mit 50 erwachsenen Patienten (26) wurden in der Behandlungsgruppe eine 62-prozentige Reduktion der Allergiesymptome sowie eine verminderte Reaktion auf die Exposition mit Katzen (peak expiratory flow [PEF]) nachgewiesen, während in der Plazebogruppe keine Wirkung beobachtet wurde. Derzeit liegen keine pädiatrischen Daten zur SLIT mit Katzenhaarextrakt vor. Die Beobachtungen der Anwendung in der klinischen Praxis in den letzten Jahren lieferten vielversprechende Ergebnisse. Andere Formen der Immuntherapie mit hypoallergenen rekombinanten Allergenen, die Verwendung verschiedener Adjuvanzien und die intralymphatische Gabe von rekombinantem Fel d1 werden noch untersucht (37). Ein weiterer Erfolg versprechender Ansatz ist die Immuntherapie der Katze, um die Produktion des Hauptallergens Fel d1 in der Katze selbst und folglich die Symptome des Katzenallergikers zu reduzieren (38). Zur AIT für Hundeallergiker stehen zurzeit nur wenige heterogene und deshalb schlecht vergleichbare Studien zur Verfügung. Nur in 3 randomisierten, plazebokontrollierten Studien konnte man eine Reduzierung des Quad-
deldurchmessers im Prick-Test und eine Erhöhung der spezifischen IgG nachweisen, ohne dass dies gleichzeitig zu einer signifikanten klinischen Besserung bei Erwachsenen und Kindern mit Rhinokonjunkitivits und Asthma bronchiale führte (18, 39, 40).
Prävention
Die Studienlage erlaubt zwar noch keine abschliessenden Aussagen, aber der Zeitpunkt der Exposition gegenüber Katzenallergenen könnte eine Rolle für das Sensibilisierungsrisiko spielen. Tatsächlich deuten neuere Daten darauf hin, dass bei atopischen Kindern eine perinatale Exposition oder eine Exposition vor dem ersten Geburtstag vor allem mit Hunden, aber auch mit mehreren verschiedenen Tierarten das Risiko für allergisches Asthma verringern kann (41–43). Gleichzeitig wurde auch gezeigt, dass eine Exposition nach dem ersten Lebensjahr mit einem erhöhten Risiko für Sensibilisierungen und allergische Erkrankungen verbunden ist (4, 44).
Zusammenfassung
Die Inzidenz für Allergien gegenüber Haustieren steigt. ● Zur Prävention wird eine frühe Exposition mit Tieren
im ersten Lebensjahr empfohlen, weil sie die Sensibilisierung auf diverse Allergene reduzieren kann. ● Die Diagnose basiert auf einer Anamnese mit entsprechenden Symptomen und dem gleichzeitigen Nachweis von spezifischen IgE. Eine Herausforderung ist die Beurteilung der klinischen Relevanz bei Nachweis einer Polysensibilisierung: Hier können vor allem konjunktivale oder nasale Provokationstests helfen. ● Wie bei allen Allergien ist die Allergenvermeidung der erste Pfeiler der Therapie. ● Als zweite Massnahme sollten die Patienten eine symptomatische Therapie erhalten. ● In ausgewählten Fällen, bei Persistenz der Symptome trotz Allergenkarenz und symptomatischer Therapie, kann eine Immuntherapie erwogen werden. Die zurzeit verfügbaren Therapieoptionen, vor allem die SCIT bei Katzenhaarallergie, wurden in einer Studie mit 20 Kindern mit einer erhöhten Inzidenz systemischer Nebenwirkungen in Verbindung gebracht. Deshalb werden neue Optionen gesucht. ● Vor allem die SLIT scheint bei Katzenallergie eine attraktive Alternative zu sein. ● Auch die Immuntherapie der Katze könnte in der Zukunft eine (sehr teure) Lösung sein.
Korrespondenzadresse: Dr. med. Felicitas Bellutti Enders Leiterin Allergologie Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) Spitalstrasse 33 4031 Basel E-Mail: Felicitas.Belluttienders@ukbb.ch
Der Co-Autor Dr. med. Martin Bergmann arbeitet am Centro Pediatrico del Mendrisiotto, Mendrisio, und an der Unité d’allergologie pédiatrique, Département de l’enfant et de l’adolescent, Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG), Genf.
Interessenlage: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel bestehen.
Literatur auf www.ch-paediatrie.ch abrufbar.
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