Transkript
Editorial
Es geht folgende Anekdote um: Die Krankenkasse S. ruft in der Praxis an, bespricht mit der Praxisassistentin einen Fall, bei dem eine Limitatio nicht beachtet wurde oder sich bei der Abrechnung sonst ein Bagatellfehler eingeschlichen hat. So nebenbei fragt der Herr am Telefon dann kumpelhaft, ob man es in ihrer Praxis auch so halte «wie in anderen Praxen üblich, gell», dass nämlich die Praxisassistentinnen Spritzen verabreichten sowie Infusionen legten und überwachten. Wird dies von den Praxisassistentinnen bejaht, ist das Gespräch auch schon beendet. Dafür flattert dann am nächsten Tag ein
Praxisinhaber möge bedenken, dass mit dieser Abschlagszahlung explizit (wenn auch nirgends schriftlich festgehalten und auch mündlich einigermassen verklausuliert) die Garantie verbunden sei, den Tatbestand keiner anderen Kasse zu
Das nette Pärchen von der S.
Rückforderungsbegehren über – je nachdem – mehrere tausend bis zehntausend Franken ins Haus. Denn in Praxen, in denen häufig Infusionen gelegt werden, kommen mit den fälschlicherweise als vom Arzt vorgenommenen und entsprechend verrechneten, in Tat und Wahrheit aber von den Praxisassistentinnen gelegten und deshalb nicht verrechenbaren Infusionen und Ähnliches über mehrere Jahre zurückgerechnet ganz hübsche Summen zustande. Doch damit nicht genug. Der Herr von der S. ist gerne bereit mit dem Praxisinhaber zu verhandeln. Selbstverständlich nur im Beisein der hauseigenen Juristin. Das clevere Pärchen macht dem Praxisinhaber daraufhin unverhohlen ein «attraktives» Angebot: Der Arzt möge doch ohne weitere und genauere Abklärungen den Pauschalbetrag von «Franken ixüpsilon» überweisen und dann sei die Angelegenheit für die S. erledigt. Sicher, der Betrag möge ewas hoch erscheinen, aber der
melden. Andernfalls … – der Herr Doktor möge selber rechnen, ob es sich lohne, Rückforderungen auch aller anderen Krankenversicherer zu riskieren. Der kluge Mann hat begriffen und bezahlt? Schwierig. Grundsätzlich müsste man sagen: nur nicht! Hier liegt ein Fall von Nötigung vor, in der Alltagssprache eine «Erpressung», und man muss wissen: einmal erpressbar, immer erpressbar. Wie auch immer im Einzelfall, eine Meldung an die FMH kann nicht schaden. Und noch besser: Entweder keine Abrechnungsschummeleien oder dann wenigstens keine Auskunft am Telefon.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 23 ■ 2009 953