Transkript
Behandlung entzündlicher Darmerkrankungen
Das Ziel heisst steroidfreie Remission
ECCO
Das Ziel einer Therapie von Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen ist eine langfristige kortikosteroidfreie Remission. Neue, am ECCO-Kongress präsentierte Studien zeigen, dass dies sowohl mit Biologika als auch mit JAK-Inhibitoren möglich ist.
Am virtuellen ECCO-Kongress wurden die 3-JahresMaintenance-Daten für die Behandlung von Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa (CU) mit dem IL-12/23-Antagonisten Ustekinumab (UST) vorgestellt, und in einer separaten Analyse wurde der Kortikosteroidverbrauch berücksichtigt (1, 2). Die Teilnehmer wurden in einer Induktionsphase mit UST in Remission gebracht und in der nachfolgenden Erhaltungsphase entweder mit Plazebo oder Verum (UST alle 8 oder 12 Wochen) behandelt. Am Ende der 44-wöchigen Maintenance-Phase seien 90 Prozent der Patienten steroidfrei gewesen, betonte Dr. med. Ellen Scherl vom Weill Cornell Medical Center in New York. In der darauffolgenden UNIFI-Long-TermExtension-Studie erhielten die Teilnehmer subkutan 90 mg UST (Woche 8 oder Woche 12). Insgesamt befanden sich nach 3 Jahren noch 55,2 Prozent der Patienten in symptomatischer Remission. Von den 284 Patienten, die nach Woche 44 eine Remission erreicht hatten und die in die Langzeitphase eingeschlossen worden waren, waren am Ende der Studie noch 76,4 Prozent in symptomatischer Remission. In Woche 0 waren 139 von 284 Patienten auf Kortikosteroide angewiesen. Von diesen waren nach 152 Wochen 91,4 Prozent (n = 127) steroidfrei, insgesamt kamen damit rund 95 Prozent der CU-Patienten mit symptomatischer Remission ohne Steroide aus.
Weniger Steroide durch JAK-Inhibitoren
Wie steht es um die Wirksamkeit von Januskinase-(JAK-) Inhibitoren bei Patienten mit Colitis ulcerosa, wenn die begleitende Kortikosteroidbehandlung abgesetzt wird? Dieser Frage widmete sich eine internationale Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Stephan Vavricka vom Universitätsspital Zürich. In die randomisierte Studie OCTAVE Sustain Maintenance wurden Responder des vorhergehenden 8-wöchigen Phase-III-Studien-Programms eingeschlossen, die für die 52-wöchige Studie (n = 593) in 3 Gruppen randomisiert worden waren: Tofacitinib 10 mg BID, Tofacitinib 5mg BID und Plazebo (3). Für die von Vavricka am ECCO-Kongress präsentierte Analyse wurden nur Daten von 289 Patienten ausgewertet, die zu Beginn mit oralen Kortikosteroiden behandelt wurden (mittlere Steroiddosierung: ca. 15 mg/Tag). Von ihnen erhielten neben den Steroiden 101 Plazebo (34,9%) und 188 den JAK-Inhibitor Tofacitinib (65%), entweder 5 mg BID oder 10 mg BID. Als steroid-
frei galten solche Teilnehmer, die länger als 4 Wochen vor
der Evaluation keinerlei Kortikosteroide mehr erhalten hat-
ten. Nach 24 und 52 Wochen waren die Werte für die ste-
roidfreien Endpunkte in den beiden Tofacitinib-Gruppen
signifikant höher als unter Plazebo. So erreichten nach
52 Wochen rund 28 Prozent der mit Tofacitinib Behandelten
eine steroidfreie Remission (Plazebo: 10,9%; p = 0,003) und
rund 30 Prozent eine steroidfreie endoskopische Verbesse-
rung (Plazebo: 11,9%). Hinsichtlich der Sicherheitsaspekte
konnten zwischen steroidfreien Plazebo- und Tofacitinib-Be-
handlungen keine signifikanten Unterschiede festgestellt
werden. Unter höher dosiertem Tofacitinib (10 mg) wurden
3 Fälle von Herpes zoster, unter niedriger dosiertem Tofaci-
tinib (5 mg) und Plazebo dagegen keine registriert. Fazit
Vavricka: «Wir sollten die steroidfreie Remission als wichti-
gen Endpunkt viel mehr in unseren Studien berücksichti-
gen.»
Auch für den neuen selektiven JAK1-Inhibitor Filgotinib
wurde eine neue Post-hoc-Analyse (SELECTION-Studie)
vorgelegt, um eine mögliche Kortikosteroidreduktion bei
Patienten mit moderater bis schwerer aktiver CU zu unter-
suchen (4). Nach 58 Wochen wiesen signifikant mehr Teil-
nehmer unter Filgotinib 200 mg/Tag eine steroidfreie Remis-
sion im Vergleich zu Plazebo auf (27 vs. 6%). Die allermeis-
ten Teilnehmer, die nach 58 Wochen eine Remission erreicht
hätten (93%), seien über 6 Monate komplett ohne Steroide
ausgekommen, berichtete Prof. Edward V. Loftus von der
Mayo Clinic in Rochester (USA). In einer separaten Analyse
der Induktionsdaten dieser Studie waren bereits nach
1 Woche Behandlung mit dem JAK1-Inhibitor (200 mg täg-
lich) sowohl bei biologikanaïven als auch bei biologika-
vorbehandelten Patienten gegenüber Plazebo signifikante
Verbesserungen hinsichtlich Stuhlfrequenz und rektaler
Blutungen zu verzeichnen (5). Die Therapie wurde gut
vertragen, es traten keine neuen Sicherheitssignale auf. Die
Daten würden einen sehr schnellen Wirkeintritt von Filgoti-
nib demonstrieren, so Dr. Silvio Danese vom Istituto Clinico
Humanitas in Mailand.
KD s
Quelle: DOP Session 10 – New data from landmark studies, ECCO virtuell vom 9. Juli 2021.
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Referenzen: 1. Abreu MT et al.: Efficacy and Safety of Ustekinumab for Ulcerative Colitis
Through 3 Years: UNIFI Long-term Extension. ECCO 2021; DOP83. 2. Scherl EJ: Corticosteroid-sparing effects of ustekinumab therapy for Ul-
cerative Colitis through 3 years: UNIFI long-term extension. ECCO 2021; DOP86. 3. Vavricka SR et al.: Corticosteroid-free efficacy and safety outcomes in patients receiving tofacitinib in the OCTAVE Sustain maintenance study. ECCO 2021; DOP85. 4. Loftus E et al.: Corticosteroid-free remission of Ulcerative Colitis with filgotinib maintenance therapy: post hoc analysis of the phase 2b/3 SELECTION study. ECCO 2021; DOP82. 5. Danese S et al.: Rapidity of symptom improvements during filgotinib induction therapy in patients with Ulcerative Colitis: post hoc analysis of the phase 2b/3 SELECTION study. ECCO 2021; OP37.
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