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BERICHT
Überblick zur Therapie der chronischen Hepatitis B
20. United European Gastroenterology Week Amsterdam, 20. bis 24. Oktober 2012
Zur Behandlung einer chronischen Hepatitis B bieten sich heute zwei Strategien an, wie Patrick Marcellin, Clichy, anlässlich der UEGWeek aufzeigte. Wann einer Therapie mit pegyliertem Interferon alpha 2a (PEG IFN) und wann Nukleosid/Nukleotid-Analoga der Vorzug zu geben ist, hängt von vielen Faktoren ab. Ziel der Behandlung ist ähnlich wie bei HIV und im Gegensatz zur Hepatitis C die Viruskontrolle, nicht die «Ausheilung».
CHRISTINE MÜCKE
Bei einem HBV-DNA-Level über 2000 IU/ml und/oder einem erhöhten ALTLevel mit bioptisch nachgewiesener Nekroinflammation und moderaten bis schweren fibrotischen Läsionen sollte die Behandlung der Hepatits-BPatienten erwogen werden, wie Marcellin einleitend erläuterte. Ist die HBVDNA hingegen < 2000 IU/ml und die ALT normal, ist ein Follow-up ohne Leberbiopsie ausreichend. Zwei Vorgehensweisen kommen bei chronischer Hepatitis-B-Infektion infrage. Die erste ist die primäre Behandlung mit PEG IFN. Für den Einsatz von PEG IFN sprechen eine HBV-DNA < 2 Millionen IU sowie eine um mehr als das Dreifache erhöhte ALT, so Marcellin. Im Fall des Versagens kommen dann die Analoga zum Einsatz. Alternativ können Entecavir und Tenofovir bereits als First-Line-Therapie einge-
Vorhersage des Therapieansprechens
Die Wirksamkeit der PEG-IFN-basierten Therapieregime bei HBeAg-positiven Patienten ist je nach Genotyp unterschiedlich. Die besten Chancen haben Patienten mit einem Genotyp A in Kombination mit einem HBV-DNA-Level < 9 log Kopien/ml und einer um mehr als das Zweifache erhöhten ALT. Hier kann mit einem Verlust des HBsAg von bis zu 54 Prozent gerechnet werden. Insofern kann die Genotypisierung vor Beginn der Therapie dabei helfen, Patienten zu erkennen, die von Interferon als First-Line-Therapie profitieren. Die Ergebnisse einer Therapie mit Analoga beeinflusssen die Genotypen jedoch nicht. Einen wertvollen Hinweis kann auch die quantitative Analyse des HBsAg geben. Es kann zusammen mit der HBV-DNA-Abnahme in Woche 12 als unabhängiger Parameter bei HBeAg-negativen Patienten den Entscheid zu einem Therapieabbruch unterstützen, insbesondere bei Patienten mit Genotyp D. Falls diese bis dahin keine HBsAg-Abnahme oder keine Reduktion der HBV-DNA um mehr als 2 log-Stufen erreicht haben, werden sie kein anhaltendes virales Ansprechen erzielen können. Bei HBeAG-positiven Patienten kann die Abnahme des HBsAg unter PEG IFN in Woche 12 beziehungsweise 24 als Surrogatmarker zur Vorhersage einer anhaltenden Viruselimination dienen respektive zur Erkennung der Patienten, bei denen ein Ansprechen auch unter Fortführung der Therapie unwahrscheinlich ist. Die Quantifizierung des HBsAg ist bei Patienten unter Analoga von besonderem Interesse. Ist unter erfolgreicher Therapie die HBV-DNA unter die Nachweisgrenze gefallen, kann das HBsAg als prognostischer Hinweis auf die anhaltende antivirale Wirksamkeit bewertet werden.
Quelle: «Prediction of Response to Treatment in Hepatitis B and C», 20. UEG-Week, 20. bis 24. Oktober 2012, Amsterdam.
setzt werden, im Wissen, dass diese Therapie üblicherweise von unbestimmter Dauer ist, so der Experte.
PEG-IFN-Therapie versus Nukleotid-/Nukleosid-Analoga Unter PEG IFN gelingt bei 32 Prozent der HBeAg-positiven Patienten mit chronischer Hepatitis B 6 Monate nach Behandlung eine HBe-Serokonversion, bei den HBeAg-negativen nur mehr bei 24 Prozent, so Marcellin weiter. In den meisten Fällen sei die virologische Antwort auch nach 5 Jahren stabil, rund zwei Drittel bleiben HBsAg-negativ.
Eine Abnahme des HBsAg-Levels in den ersten 3 bis 6 Monaten erwies sich als guter Prädiktor für ein anhaltendes virologisches Ansprechen und den Verlust des Oberflächenantigens. Der Hauptvorteil einer Therapie mit PEG IFN besteht darin, dass es bei dieser zeitlich limitierten Behandlung keine Resistenzen gibt. Allerdings ist sie nicht für alle Patienten geeignet und häufig mit Nebenwirkungen verbunden. Mit den potentesten der heute verfügbaren Nukleosid-/Nukleotid-Analoga ist es möglich, bei mehr als 90 Prozent der chronisch Hepatitis-B-Infizierten
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BERICHT
Analoga versus PEG-IFN
limitierte Therapiedauer anhaltende Response keine Resistenzen orale Gabe gute Verträglichkeit niedrige Kosten
Analoga – – – + + –
PEG-IFN + + + – – –
zen mit vergleichbarer Wirksamkeit und ausgezeichneten Sicherheits- und Resistenzprofilen. Daher ist laut Marcellin diesen beiden Substanzen unter den Analoga der Vorzug zu geben. Bei HBeAg-positiven Hepatitis-B-Patienten kann nach 5-jähriger Therapie mit Entecavir bei 90 Prozent eine anhaltende virologische Response mit nicht detektierbarer HBV-DNA beobachtet werden. Die Resistenzrate ist mit 1,2 Prozent sehr niedrig. Lamivudin-resis-
Risikostratifiziertes Testen zur Identifikation Hepatitis-Infizierter
Virale Hepatitis B und C sind die häufigsten Ursachen von Lebertransplantationen und Leberkrebs. Eine Grosszahl der betroffenen Personen sind sich der Infektion nicht bewusst. Hepatitis-Bund -C-Infektionen können eine Leberzirrhose verursachen, ohne dass die Transaminasen ansteigen. Das risikostratifizierte Testen unabhängig von Leberwerten könnte diese Dunkelziffern in der Schweiz mindern. Für Hepatitis B gelten folgende Risikofaktoren: ❖ Migranten aus Endemiegebieten ❖ sexuelle Ansteckung ❖ vertikale Übertragung ❖ berufliche Exposition ❖ i.v. Drogenkonsum ❖ immunsupprimierte Patienten ❖ Piercing und Tattoos unter nicht optimalen hygienischen Verhältnissen.
Durch konsequentes Impfen von Neugeborenen können die Hepatitis-B-Ansteckungen in der Schweiz langfristig effizient gesenkt werden.
eine anhaltende virologische Response zu induzieren. Insbesondere das Nukleosidanalogon Entecavir und das Nukleotidanalogon Tenofovir stellt der Experte heraus: zwei potente Substan-
tente Patienten sollten allerdings nicht mit Entecavir behandelt werden, denn bei ihnen lag die Resistenzrate nach 3 Jahren bei 35 Prozent. Nach 5 Jahren Behandlung mit Tenofovir zeigten
HBeAg-positive Patienten mit chronischer Hepatitis B ein anhaltendes virologisches Ansprechen mit nicht nachweisbarer HBV-DNA in 98 bis 99 Prozent der Fälle, und das ohne Resistenzen. Selten konnten reversible Auswirkungen auf die Niere beobachtet werden.
Wann welcher Option den Vorzug geben? Welcher Therapie der Vorzug zu geben ist, ist von individuellen Faktoren abhängig und muss von Fall zu Fall entschieden werden. Eine Rolle spielen dabei zum Beispiel das Risiko für Nebenwirkungen der PEG-IFN-Therapie, die Chance auf Response abhängig von DNA-Level und/oder hohen ALTWerten.
Adhärenz wichtig für Therapieerfolg Um die Adhärenz und damit den Therapieerfolg zu verbessern, ist es unumgänglich, die Patienten umfassend zu informieren und die therapeutischen Entscheidungen mit ihnen gemeinsam zu treffen. Marcellin: «Bei mindestens 90 Prozent der Hepatitis-B-Patienten, die adhärent sind, haben wir heute die Möglichkeit, die Erkrankung zu kontrollieren.» Ob eine Kombination der Analoga mit PEG IFN zukünftig noch bessere Behandlungsresultate ermöglicht, ist Gegenstand laufender Studien, so das Fazit des Experten. ❖
Christine Mücke
KORRIGENDUM
Neue Therapieoption bei allergischer Rhinitis (ARS MEDICI Nr. 9/2013, Seite 450)
Leider ist uns in der letzten Ausgabe im Bericht «Neue Therapieoption bei allergischer Rhinitis» ein Fehler unterlaufen. Richtig muss es heissen: Mit zweimal täglich einem Sprühstoss pro Nasenloch appliziert man eine Tagesdosis von 548 µg Azelastin und 200 µg Fluticason.
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