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FORTBILDUNG
Diagnose von Augeninfektionen
Zur gezielten Behandlung von Augeninfektionen ist häufig eine ätiologische Diagnose anhand klinischer Charakteristika und mikrobiologischer oder molekularer Untersuchungen erforderlich. In einem Review wurden derzeit verfügbare Verfahren zur Diagnose von Augeninfektionen zusammengestellt.
EYE
Auf der äusseren Augenoberfläche befinden sich kommensale Organismen wie Staphylokokken-, Corynebakterium- und Propionibakteriumspezies, welche die residente Flora darstellen. Jeder andere Organismus aus der Umgebung kann eine transiente Flora bilden. Die intraokulären Gewebe und Räume sind dagegen steril. Während die Konjunktiva von Blutgefässen durchzogen ist, ist die Hornhaut gefässlos. Daher werden beide Gewebe von unterschiedlichen Organismen besiedelt. Intraokulare Gewebe können von jedem Erreger infiziert werden, der ins Innere des Auges gelangt. Verletzungen stellen einen bedeutenden prädisponierenden Faktor für eine Infektion der Kornea und intraokularer Gewebe dar. Am häufigsten kommen exogen verursachte Infektionen vor, Infektionen können sich jedoch auch von Nachbarorganen her oder über das Blut ausbreiten. Augeninfektionen werden von Bakterien, Pilzen, Parasiten oder Viren verursacht, und jeder dieser Organismen kann ein breites Erkrankungsspektrum hervorrufen. Die Identifizierung der Ursache anhand klinischer Symptome ist sehr schwierig, da sich diese unterscheiden können oder auch nicht. Manchmal kann nicht einmal zwischen infektiven und nicht infektiven Ursachen unterschieden werden. Derzeit
Merksätze
❖ Klinische Charakteristika einer Augeninfektion sind massgeblich für die Laboruntersuchung.
❖ Die Bestätigung der klinischen Vermutung durch eine mikroskopische Untersuchung und eine Organismenkultur gilt derzeit als Goldstandard zur ätiologischen Diagnose.
❖ Molekulare Verfahren weisen eine höhere Sensitivität und Spezifität auf und ermöglichen eine schnellere Diagnose.
gelten die Bestätigung der klinischen Vermutung durch eine mikroskopische Analyse und das Anlegen einer Kultur als Goldstandard zur ätiologischen Diagnose. Mit molekularen Methoden kann jetzt auch mit grösserer Sensitivität und Spezifität eine schnellere Diagnose gestellt werden.
In-vivo-Konfokalmikroskopie Bei der Konfokalmikroskopie handelt es sich um eine nicht invasive Technik, mit deren Hilfe eine 200- bis 500-fache Vergrösserung bei hohen Bildkontrasten möglich ist. Damit sind sogar bei trüber Hornhaut Details in der Kornea erkennbar. Die Technik ermöglicht wiederholte Betrachtungen zur Unterstützung der Diagnosestellung und des Managements sowie die Überwachung einer mikrobiellen Keratitis. In Studien zeigte sich eine hohe diagnostische Genauigkeit des Verfahrens.
Konventionelle mikrobiologische Methoden Klinische Proben werden von der infizierten Stelle entnommen (siehe Tabelle), denn Serumproben sind zur Diagnose von Augeninfektionen nur selten hilfreich. Meist ist die verfügbare Probe sehr klein, und es ist eine direkte Verarbeitung ohne Zwischenlagerung in einem Transportbehältnis erforderlich (ausser zur Isolierung von Viren oder Chlamydien). Üblicherweise wird eine längere Inkubation im Nährmedium von ein bis zwei Wochen empfohlen, um auch ein Wachstum von langsam wachsenden Organismen zu ermöglichen.
Verarbeitung klinischer Proben aus dem Auge Nach der Probenentnahme müssen Objektträger oder Medien in sicheren Boxen ins Labor transportiert werden. Kontaktlinsen oder Kontaktlinsenlösungen können direkt dorthin überstellt werden. Die Methoden zur Untersuchung von Abstrichen und die Kulturmedien zur Isolierung von Pilzen und Bakterien sind für die Mehrheit der Proben ähnlich, lediglich die Inokulationsmethoden variieren. Zur Probengewinnung für den Nachweis von Viren und Parasiten sind spezielle Verfahren erforderlich. Hornhautscheibchen, Biopsien oder andere Gewebe müssen gleichzeitig histopathologisch untersucht werden, wobei für eine verlässliche Diagnose eine Korrelation mit der mikrobiologischen Untersuchung angestrebt wird. Von Kontaktlinsen, Kontaktlinsenlösungen, Intraokularlinsen, Korneabiopsien, Korneascheibchen oder Irisgewebe werden meist keine Abstriche gemacht. Sie werden unmittelbar in ein geeignetes Medium zum Anlegen einer Bakterien-, Pilz- oder Parasitenkultur eingebracht.
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Tabelle:
Art der Infektion und erforderliche Probe (modifiziert nach Sharma)
Art der Infektion
Blepharitis Konjunktivitis Dakryozystitis Keratitis Uveitis Endophthalmitis Panophtalmitis Stromainfiltration bei Keratitis nicht heilende Keratitis kontaktlinsenassoziierte Keratitis postoperative Endophthalmitis nach intraokulärer Linsenimplantation Augenverletzung mit Irisprolaps/Irisinkarzeration
Art der Probe
Schuppen/Absonderungen vom Lidrand Flüssigkeit/Absonderungen aus dem unteren Bindehautsack Flüssigkeit/Absonderungen aus dem unteren Bindehautsack Korneaabstrich Kammerwasser Kammerwasser, Glaskörperaspirat, Glaskörperbiopsie Glaskörperbiopsie Korneabiopsie Korneascheiben Kontaktlinsen, Linsenbehälter, Linsenlösung Intraokuläre Linse Irisgewebe
Zur Durchführung einer Polymerasekettenreaktion (PCR) werden die meisten Proben (ausser Flüssigkeiten) in einen sterilen salinen Phosphatpuffer (pH-Wert 7,2) gegeben und an ein Labor überstellt. Mithilfe der PCR kann der verursachende Organismus in weniger als 24 Stunden ermittelt werden. Das Verfahren ist besonders zur Diagnose einer bakteriellen (Propionibacterium acnes) oder einer durch Pilze verursachten Endophthalmitis von Nutzen, da hier die Sensitivität konventioneller Kulturmethoden gering ist.
Mikroskopische Untersuchung klinischer Proben Die meisten mikrobiologischen Labore gewährleisten eine rasche Diagnose basierend auf einer Abstrichuntersuchung, sodass mit der Behandlung möglichst frühzeitig begonnen werden kann. Die mikroskopische Untersuchung angefärbter Abstriche führt oft zu einer ätiologischen Diagnose, ohne dass zusätzlich eine Kultur erforderlich ist. Am häufigsten wird die Gram-Färbung zum Nachweis von Pilzen, Parasiten und Bakterien angewendet. Zu weiteren Färbemethoden gehören die Ziehl-Neelsen-Färbung sowie die Kinyoun-, Giemsa-, Papanicolaou- und die Hämatoxylineosin-Färbung. Direkte und indirekte Immunfluoreszenz- und Immunperoxidaseessays können zum Nachweis einer durch Herpessimplex-Virus oder Varizella-zoster-Virus verursachten Keratitis oder einer adenoviralen Keratokonjunktivitis herangezogen werden. Beide Verfahren sind schnell, spezifisch und sensitiv.
Kulturmethoden für Bakterien, Pilze und Parasiten Zum Anlegen einer Kultur gehört die Ausbringung der Probe in/auf ein geeignetes Nährmedium. Die Kenntnis des erwarteten Organismus ist bei der Auswahl eines geeigneten Mediums hilfreich. Die Inkubationsbedingungen variieren ebenfalls entsprechend den erwarteten Organismen. Alle Nährmedien werden täglich im Hinblick auf das Wachstum des Organismus untersucht und über ein bis zwei
Wochen inkubiert. Bakterien wie Nokardiaspezies, atypische Mykobakterien und Akanthamöben wachsen langsam und benötigen eine längere Inkubationszeit. Die meisten Pilze im Zusammenhang mit Augeninfektionen sind Saprophyten und wachsen innerhalb einer Woche. Dennoch können zwei bis vier Wochen zur ausreichenden Sporenbildung und zur Identifizierung erforderlich sein. Das Bakterienwachstum in flüssigen Nährmedien erfolgt mit grosser Geschwindigkeit, sodass Subkulturen und eine Gram-Färbung zur Identifizierung erforderlich sind. Das Wachstum von Bakterien oder Pilzen in einer Kultur gilt als signifikant, wenn sich auf einem festen Medium ein konfluentes Wachstum zeigt (> 10 Kolonien), wenn der Organismus im Abstrich sichtbar ist oder wenn er in mehr als einem Medium gezüchtet wurde.
Antibiotikasuszeptibilitätstests Suszeptibilitätstests dienen dazu, das wirksamste Medikament zur Behandlung zu identifizieren. Suszeptibilitätstests für Bakterien anhand der Plattendiffusionsmethode sind gut standardisiert und werden in allen mikrobiologischen Laboren durchgeführt. Vorgefertigte, mit Antibiotika versehene Platten enthalten jedoch Konzentrationen, die im Serum erreicht werden, und nicht die Konzentration, die im Tränenfilm der Kornea oder in intraokulären Räumen bei der üblichen topischen oder intraokulären Anwendung erzielt werden kann. Deshalb können Organismen, die als resistent gelten, im ophthalmologischen Setting trotzdem empfindlich sein. Mit Plattendiffusionstests kann ein Organismus als empfindlich, resistent oder mittelempfindlich kategorisiert werden. Mit Nährlösungsverdünnungsverfahren kann die minimale letale Konzentration oder die minimale bakterizide Konzentration unabhängig von der minimalen Hemmkonzentration (MIC) bestimmt werden. Das ist von klinischer Bedeutung, vor allem bei der Behandlung der Endophthalmitis, da hier die effektive Peak-Konzentration
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zwei- bis viermal höher sein sollte als die MIC. Eine einfache Methode zur Bestimmung der MIC ist der E-Test, ein quantitativer antimikrobieller Suszeptibilitätstest. Mit diesem Verfahren können die MIC von bis zu fünf Antibiotika gleichzeitig ermittelt werden. Suszeptibilitätstests gegen Antimykotika für Hefen und filamentöse Pilze werden mit Plattendiffusion und anhand von Bouillon- oder Agarverdünnungsverfahren zur Bestimmung der MIC durchgeführt. Zu den üblicherweise getesteten Medikamenten gehören Flucytosin (Ancotyl®), Ketoconazol (Nizoral® und Generika), Mikonazol (Daktarin®, Sebolox®, Monistat®), Fluconazol (Diflucan® und Generika), Itraconazol (Sporanox® und Generika) und Amphotericin (Ambisome®, Ampho-Moronal®, Fungizon®).
Kultivierung von Augenproben zum Nachweis von Viren Die Auswahl der Technik zur Weiterverarbeitung virenhaltiger Proben richtet sich nach der Art der Probe und dem spezifischen erwarteten Virus. Etablierte Zelllinien wie HeLa, Vero, Hep 2 oder MRC-5 werden zur Isolierung des Herpes-simplex-Virus aus Korneaabstrichen und anderen Proben aus dem Auge angewendet. Das Virenwachstum in den Zelllinien kann durch charakteristische zelluläre Veränderungen oder durch den zytopathischen Effekt (CPE) bestätigt werden. Anhand von Immunfloureszenz- und Immunperoxidasetechniken können Antigene in den infizierten Zelllinien nachgewiesen werden. Bis der CPE sichtbar wird, können mehrere Tage vergehen, während die Antigene noch vor dem Einsetzen des CPE nachgewiesen werden können. Somit sind Immunfloureszenz- und Immunperoxidasetechniken die schnelleren Verfahren.
Molekulare Methoden zur Diagnose von Augeninfektionen
Seit Kurzem haben virale molekulare diagnostische Verfah-
ren zum Nachweis viraler DNA in klinischen Proben an Be-
deutung gewonnen. Aufgrund der ausgeprägten Sensitivität
und Spezifität sind molekulare Techniken – und vor allem die
Polymerasekettenreaktion (PCR) – derzeit die gefragtesten
Tests zur viralen Diagnose und zum Nachweis von Orga-
nismen, die schwer zu kultivieren sind, wie Microsporidia,
Propionibakterium acnes, Toxoplasma gondii, oder von Er-
regern, die lange zum Wachsen brauchen, wie Myobacterium
tuberculosis. Die PCR ist ein schnelles, verlässliches und
sensitives Verfahren zur Diagnose der Endophthalmitis.
PCR-basierte Techniken werden häufig zur Diagnose viraler
Augeninfektionen angewendet. Eine durch Adenoviren,
Herpes-simplex-Virus, Chlamydien oder Mikrosporidia
verursachte Konjunktivitis oder Keratokonjunktivitis wird
üblicherweise durch PCR-Techniken bestätigt. PCR-Tech-
niken werden uniplex oder multiplex auch zur Diagnose
einer viralen Retinitis angewendet.
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Petra Stölting
Quelle: Sharma S: Diagnosis of infectious diseases of the eye. Eye 2012; 26: 177–184.
Interessenkonflikte: keine deklariert
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