Transkript
Rosenbergstrasse 115
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Werbung mit einem der Klitschkos im deutschen Fernsehen: «Wer seinen Partner liebt, schickt ihn zur Darmkrebsvorsorge.» Na ja, die Liebe geht manchmal seltsame Wege.
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In einer Galerie in Genf hängt ein totes Pferd. Nichts weiter. Man wolle nicht provozieren um des Provozierens willen, behaupten die Galeristen, aber es sei verständlich, dass diese Kunst heftige Reaktionen auslöse – bei Kindern und Vegetariern. Ein Kommentator im Chat stellt die Frage, ob Kunst wirklich alles dürfe. Gute Frage. Ja, Kunst darf (heute) alles: sogar den Bekanntheitsgrad von Idioten bei andern Idioten erhöhen.
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Egal, was für Kapriolen das Wetter schlägt und was für Rekorde es produziert: den heissesten Sommer, den kühlsten März, den regenreichsten November, den sonnenärmsten Juni, den schneeärmsten Winter, den spätesten Frühlingsbeginn – jedes Extrem dient als Beweis für die Theorie entweder der menschengemachten Klimaerwärmung – oder für deren Gegenteil. Irgendwie scheint es, die Meteorologie sei immer noch mehr Ideologie als Wissenschaft.
Etwa ab 2014 werde die durchschnittliche Jahrestemperatur anfangen zu sinken und gegen 2050 mit rund 1,5 Grad Celsius weniger als heute den Tiefpunkt erreichen. Bis vor wenigen Tagen hatte man Lust, Abdussamatows einsamer Theorie zu glauben.
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Statistisch gesehen hat ein Mensch, wenn er 75 Jahre alt wird, 14 Tage seines Lebens mit Küssen verbracht, jedoch 8 Monate mit dem Löschen unerwünschter E-Mails. Wir setzen offensichtlich falsche Prioritäten beim Verbringen unserer Zeit.
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Liebe, Hass, Angst gelten als die intensivsten Gefühle. In der Literatur auf jeden Fall. Aber man unterschätze den Neid nicht. In der Politik spielt er eine viel grössere Rolle. Neid geht allemal vor Vernunft. Neid geht so weit, dass die Neider Schaden für sich selber und für jene, für die sie sich angeblich einsetzen, noch so gerne in Kauf nehmen, wenn dafür die Beniedenen geschädigt werden. Ganz im Sinne des sozialistischen Credos: Besser, es geht allen gleich schlecht als allen gut und einigen wenigen sehr gut.
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Polizisten. Die Kriminellen, die sie mühsam fangen, werden von der Justiz stante pede wieder laufen gelassen. Irgendwer spinnt hier.
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Jeder sollte Steuern bezahlen. Nicht für einen überbordenden, aber für einen effizienten Staat, der überall da aktiv ist, wo Private sich nicht engagieren oder wo es Schwächere zu schützen gilt. So weit ist sich die Runde aus Sozis und Bürgerlichen einig. Das ändert sich rasch bei der Frage, ob 75 Prozent Steuern auf das Einkommen (wie in Frankreich geplant) oder bis über 90 Prozent (wie einst in Schweden) einem Steuerzahler das moralische Recht geben, den Fiskus zu umgehen. Konkret: Darf jemand, der 1 Million verdient, mit (legalen) Tricks zu verhindern versuchen, dass ihm der Staat davon 750 000 Franken abknöpft? Legal, aber unmoralisch, finden die einen. Moralisch gerechtfertigter Widerstand gegen staatliche Abzockerei, finden die andern.
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Und das meint Walti: Niemand weiss, ob es besser wird, wenn es anders wird, aber alle wissen, dass es anders werden muss, wenn es besser werden soll.
Richard Altorfer
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Chabibullo Abdussamatow leitet in St. Petersburg das Labor für Raumforschung und verfolgt seit zehn Jahren die Sonnenaktivitäten. Die Sonne werde in den nächsten Jahren deutlich weniger Wärme ausstrahlen, sagt er. Folglich stehe den Erdbewohnern eine «kleine Eiszeit» bevor. (Zuletzt hatte es das zwischen 1645 und 1715 gegeben; Nordeuropa litt damals unter Hunger und Kälte.) Laut Abdussamatow hat die Erde schon seit 1990 einen negativen Energiesaldo. Bisher glichen die Weltmeere den Wärmemangel durch die darin gespeicherte Energie aus. Nun sei das aber nahe daran zu kippen.
Auf fehlende Zuneigung deutet folgendes Briefchen hin: Es ist ja nicht so, dass ich dich hasse. Aber wenn du brennen würdest und ich hätte Wasser … – ich würds trinken.
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Gehst du in die Stadt, vergiss den Pfefferspray nicht. Diese Empfehlung ging tatsächlich und allen Ernstes von der Polizei an die Bewohner einer von Überfällen durch Nordafrikaner gebeutelten Schweizer Stadt. Okay, der Rat ist angekommen. Und die nächste Eskalationsstufe vorhersehbar: nur noch mit Taser durch die Gassen! So weit kommts noch. Leid tun einem die
ARS MEDICI 8 ■ 2013
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