Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Ein Philosoph über die Welt: Dass die Welt schlecht ist, ist kein Grund, sich umzubringen. Dass die Welt schön ist, macht Ungerechtigkeiten nicht besser. Dass die Welt gut und schlecht zugleich ist, ist kein Anlass für eine neue Philosophie. Die Welt ist, was sie ist.
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Können Sie loslassen (im übertragenen Sinn)? Ja? Auch Bücher? Dann sind Sie zu beneiden. Für viele wird’s nämlich schwierig, wenn’s darum geht, von den 20, 200 oder 2000 Büchern, die herumliegen und -stehen, 20 auszusortieren, um Platz zu schaffen auf Fenstersims, Sofa, Sideboard, Boden. An Marx’ «Kapital» hängen Erinnerungen, wiewohl man’s nie gelesen hat und sicher nie mehr lesen wird. Die «Kursbücher» sind schon bald Antiquitäten. Die vielen KarlMay- und die Maigret-Bände – unmöglich, die wegzuwerfen. Am ehesten noch «Menschen im Hotel» von Vicki Baum, das man von den Eltern geerbt hat. Aber nein, bringt man auch nicht übers Herz. Ob Kinderbuch oder Jugendroman, politische Literatur oder Philosophisches, Sachbuch oder völlig veralteter Reiseführer, ob Goethe, Bellow, Musil oder Zane Grey – an jedem Buch hängt etwas dran, etwas, das einen davon abhält, es wegzugeben oder gar wegzuwerfen. Soll’s doch dereinst der Nachlassverwalter erledigen. Emotionslos. Aber der Teufel soll ihn holen, wenn er alle in einer Mulde verschwinden lässt. Und überhaupt, vielleicht kommt man ja doch noch dazu, irgendwann … z. B. Günter Grass‘ «Der Butt» zu lesen. Solange man lebt, besteht Hoffnung. Die Bücher bleiben, wo sie sind!
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Manche Politiker versuchen, die Welt auch gegen den Willen der Bürger zu ret-
ten. Koste es, was es wolle – notfalls Freiheit, Wohlstand und Demokratie.
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In den nächsten 30 Jahren wird die Weltbevölkerung um etwa 1 Milliarde wachsen. Das sind 1000 Millionen. Um weitere Zersiedelung und Landverbrauch zu verhindern, siedelt man die Milliarde am besten in verdichtet gebauten Städten an. Nur: 1 000 000 000 geteilt durch 30 Jahre heisst: Es müssen Jahr für Jahr 10 Städte für je 3 Millionen Menschen entstehen oder während 30 Jahren jeden Monat (!) eine Stadt wie Athen (im Januar), Mailand (im Februar), danach Kiew, Lissabon, San Francisco, Berlin, Rom, Caracas, Kuwait, Izmir, Hanoi und (im Dezember) Vancouver. Jahr für Jahr für Jahr. Am besten CO2-neutral, vermutlich dank Co-Gardening, Co-Working, Co-Living und Co-Mobility. Das Problem dahinter, auch in der Schweiz, wo es sich identisch stellt, einfach mit drei Nullen weniger, lässt sich in zwei Worte fassen, die ein Freund aus Italien schon vor 30 Jahren aussprach: «Siamo troppi!»
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Insider wissen’s schon lange: Wikipedia ist längst keine objektive Informationsquelle mehr (vermutlich nie gewesen). In Wikipedia wird knallhart Politik gemacht. Darüber, was über bestimmte Persönlichkeiten stehen soll oder darf, was zu Klimawandel und andern umstrittenen Themen publiziert wird – und vor allem: was nicht drin steht! –, entbrennen heftige «edit wars»: Streitigkeiten unter den Redaktoren. Zitat NZZ: Es versucht eine rechthaberische Oligarchie von sogenannten Experten, den Leuten vorzuschreiben, «was wichtig und richtig» sei. Die Folge: zu Laschet nur Schlechtes, zu Baerbock nur Gutes. Über Klimawandel nur Erschreckendes, kaum Kritik an deren
Vertretern. Fazit: Was die Menschen so gern hätten, ist leider auch in Wikipedia nicht zu finden: objektive Fakten oder schlicht «die Wahrheit». Wir bekommen immer und überall nur Meinungen. Wenn man’s weiss, kann man damit umgehen. Aber wer ahnt schon, dass nicht nur in den Medien, sondern sogar bei Wikipedia manipuliert wird?
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Was Rassismus und Quotenregelung miteinander zu tun haben? Inkonsequenz! Inkonsequenz ist, wenn man verlangt, Menschen nicht als Angehörige von Gruppen (Schwarze, Roma, Frauen o. ä.) wahrzunehmen, sondern ausschliesslich als Individuen, gleichzeitig aber Quotenregelungen einführt, die das Gegenteil bezwecken, nämlich einzelne Personen in Abhängigkeit von ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zu bevorzugen.
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Eine von fast jedem Arzt gefürchtete Situation: Im Airbus über dem Atlantik ertönt die drängend fragende Stimme des Chefstewards: «Wir haben einen medizinischen Notfall. Ist ein Arzt an Bord? Wenn Sie Mediziner sind, melden Sie sich bitte bei der Flugbegleiterin!» Es gibt nur eine Mitteilung, die noch mehr Herzklopfen auslöst – die Frage: «Ähm, ist zufällig ein Pilot an Bord?»
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Und das meint Walti: Seien Sie grundlos glücklich wie ein Kind. Wenn Sie einen Grund brauchen, um glücklich zu sein, haben Sie ein Problem: Der Grund kann Ihnen abhanden kommen.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 14–16 | 2021