Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse 115
Sohn: iPad. Tochter: iPod. Vater: iPaid.
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Abzocker sind Leute, die sich am liebsten am Geld von andern gütlich tun. Wie beispielsweise Nationalrat Heiner Studer (EVP) und ein paar SP-Politiker(innen), die sich unter dem Titel Erbschaftssteuer das Geld für ihre teuren politischen Hobbys bei denen holen wollen, «die es ja haben» (Originalton!). Man merke: Wer hat, dem darf genommen werden.
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Diebe argumentieren übrigens ganz ähnlich und machen letztlich auch nichts anderes als umverteilen ohne explizites Einverständnis der Betroffenen.
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Frankreich geht’s schlechter trotz (oder wegen der) Reichensteuer. 5000 Franzosen haben das Land aus steuerlichen Gründen verlassen. Jetzt müssen halt die weniger Reichen – ab 150 000 Euro Jahreseinkommen – bluten, der sogenannte Mittelstand also, der nicht einfach abhauen kann. Und Fussballstar Beckham, der für 800 000 Euro (pro Monat!) bei Paris Saint-Germain angeheuert hat, spendet das Geld lieber, als es zu versteuern. Kommt billiger, als in Frankreich Steuern zu bezahlen.
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Sie wissen nicht, was ein «hashtag» ist? Nein, nicht ein falsch geschriebener Waschtag, wie Grossmutter meinte. Sie entlarvte sich damit wie Sie, der/die Sie ohne tägliches Nutzen von Hashtags auskommen, eindeutig als kommunikativ etwas zurückgebliebener Zeitgenosse, der ohne Twitter auskommt. Aber machen Sie sich nichts draus. Es gibt kein überflüssigeres Kurzgeschwätz als twittern. Wichtigster Ansporn für die meisten Twitterer: dass das Schweizer TV ihren nichtssagenden Tweet als Unterzeile in einer nichtssagenden Sendung einblendet.
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Gelesen: Erst wenn dein bester Freund seinen Hund vermisst, deine Nachbarn stundenlang nach der Katze rufen und deine Kinder draussen ihr Meerschwein suchen, dann weisst du, dass in der Lasagne nicht nur Pferdefleisch ist.
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Wenn Deutsche in England Deutschkurse geben, dann heisst das Thema der Klasse nicht «Familie Meier auf Reise», «Frau Schulze beim Einkaufen» oder «Besuch beim Arzt», sondern politisch korrekt: «Klimawandel». Sie sind unglaublich, unsere deutschen Freunde.
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«Er ist wieder da» heisst das Buch von Timur Vermes. Seither diskutiert man in Deutschland wieder einmal, ob man über Hitler und die Nazis Witze machen darf. Denn «Er», das ist Herr Hitler. Adolf. Auferstanden in unserer modernen Welt. Und siehe da, die Satire ist so absurd nicht. Vor allem, wenn «der kleine Mann» «Tugenden» beweist, die Herr Hitler bestens kennt und äusserst schätzt. Beispielsweise, wenn ein Stadtangestellter selbst bei stärkstem Wind Laub bläst – weil ihm das so aufgetragen wurde. Wie «Er» seine Deutschen bewundert: für diesen unbedingten Gehorsam!
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Der Verfassungsauftrag zur Förderung der Familie wurde – glücklicherweise – von den bodenständigen Landkantonen abgelehnt. Was er bedeutet hätte, lässt sich an den Zahlen erahnen, die eben publiziert wurden. Für einen externen Kinderbetreuungsplatz bezahlt die durchschnittlich 7500 Franken im Monat verdienende Schweizer Familie bereits heute mehr als 2000 Franken monatlich. In unseren Nachbarländern, die man, wenn’s um Medikamentenpreise geht, so gerne als Vergleich heran zieht und sich dann über die 10 Prozent Mehrkosten in der Schweiz enerviert, kostet der Betrieb eines Kin-
derbetreuungsplatzes etwa die Hälfte. (Bezahlen müssen die Eltern in Deutschland, wo seit diesem Jahr ein verfassungsmässiges Recht auf einen Kita-Platz besteht, allerdings lediglich um die 100 Euro pro Monat – den Rest bezahlen die Kommunen.)
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Würden Medikamente bei uns durchschnittlich das Doppelte kosten wie in unsern Nachbarländern, kassierte die Pharmaindustrie umgehend das Attribut Abzocker-Industrie. Wenn hingegen die Schweizer Sozialindustrie dafür sorgt, dass die Kosten für Kinder-, Kranken-, Alten- und andere Hilfsbedürftigenbetreuung 100 Prozent höher ausfallen als im nahen Ausland, dann führt man das allenfalls auf den Swiss Finish zurück oder – man spricht nicht darüber. Notfalls verlangt die staatlich geförderte und personell mit ihm aufs Engste verbandelte Sozialindustrie einfach höhere Steuern.
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Und das meint Walti: Wenn dir das Leben in den Arsch tritt, nutze den Schwung, um vorwärtszukommen.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 5 I 2013
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