Transkript
SGML
Nachrichten der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML)
Was ist erlaubt bis zum 1. Juni 2024 – vor und nach V-NISSG?
Die Schweizerische Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML) erreichen seit Inkrafttreten des NISSG (Bundesgesetzes über den Schutz vor Gefährdungen durch nicht ionisierende Strahlung und Schall) zahlreiche Fragen rund um die neuen Regelungen und Fragen darüber, inwieweit Personen, welche mit Lasern arbeiten, davon betroffen sind. Das Spektrum reicht von allgemeinem Unverständnis bis zu spezifischen Fragen von betroffenen Personen. In diesem Artikel wird deshalb zuerst grundsätzlich eine Übersicht über die neuen Regeln gegeben sowie aufgezeigt, was bis zum vollständigen Inkrafttreten dieser Regeln gilt. Anschliessend werden spezifische Fragen beantwortet, welche das Gesetz nicht gänzlich beantwortet und die dennoch in Einzelfällen äusserst relevant sind.
Was regelt die V-NISSG?
Für Ärztinnen/Ärzte
Ärztinnen und Ärzte dürfen, abgesehen von den verbotenen Behandlungen, jegliche Behandlungen durchführen und jede Technik verwenden. Verboten sind seit dem 1. Juni 2019 die Entfernung von Permanent-Make-up und von Tätowierungen mit Blitzlampen (IPL) sowie die Behandlung von Leberflecken (Melanozytennävi) mit Laserstrahlen oder IPL.
Für Nichtärztinnen/Nichtärzte
Nichtärztinnen und Nichtärzte dürfen folgende 12 Behandlungen
nur mit Sachkundenachweis durchführen:
▲ Akne
▲ Striae
▲ Cellulite und Fettpolster
▲ Entfernung von Haaren
▲ Couperose, Blutschwämmchen
▲ Entfernung von Permanent-Make-up
und Spinnennävi (kleiner
(nicht in Augennähe)
3 mm und nicht in Augennähe)
▲ Entfernung von Tätowierungen
▲ Falten
mit nicht ablativen Lasern
▲ Narben
(nicht in Augennähe)
▲ Nagelpilz
▲ Akupunktur mit Laser.
▲ postinflammatorische
Hyperpigmentierung
Nichtärztinnen und Nichtärzte dürfen folgende Behandlungen
nur unter direkter Kontrolle, Aufsicht und Verantwortung einer Ärztin oder eines Arztes
durchführen:
▲ aktinische und seborrhoische Keratosen ▲ Behandlungen an Augenlidern
▲ Altersflecken
oder in Augennähe bis 10 mm
▲ Angiome/Blutschwämme grösser 3 mm
– Entfernung von Permanent-Make-up
▲ Dermatitis
– Entfernung von Tätowierungen sowie
▲ Ekzeme
Teleangiektasien (Couperose)
▲ Feigwarzen
– Behandlungen von Spinnennävi und
▲ Fibrome
Blutschwämmchen
▲ Feuermale
▲ Folgende Techniken
▲ Keloide
– hoch fokussierter Ultraschall
▲ Melasma
– ablative Laser
▲ Psoriasis
– lang gepulster Nd:Yag-Laser
▲ Syringome
– Photodynamische Therapien (PDT),
▲ Talgdrüsenhyperplasie
kombiniert mit der Anwendung
▲ Varizen und Besenreiser
von phototoxischen Substanzen
▲ Vitiligo
oder Medikamenten
▲ Warzen
– Laserlipolyse.
▲ Xanthelasmen
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SGML
Nachrichten der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML)
Was gilt, bis es den Sachkundenachweis gibt?
Bis die Regeln bezüglich der Behandlungen, welche unter Sachkundenachweis stehen, am 1. Juni 2024 in Kraft treten bzw. bis der benötigte Sachkundenachweis erworben werden kann, gilt folgende Regel: Laser der Klasse 4 oder Blitzlampen, welche als Medizinprodukte zugelassen sind, dürfen nur von Kosmetikerinnen oder Kosmetikern mit eidgenössischem oder gleichwertigem Fachausweis (höhere Bildung) oder Personen mit gleichwertiger Aus- oder Weiterbildung verwendet werden. Zudem müssen diese Personen die Behandlungen unter direkter ärztlicher Aufsicht durchführen. Für die Behandlungen mit Niederspannungsprodukten empfiehlt das BAG dieselben Voraussetzungen wie bei Medizinprodukten.
Fragen und Antworten
Dürfen Nichtärztinnen und Nichtärzte bereits vor 2024 mit Klasse-4-Lasern arbeiten, wenn sie den Sachkundenachweis bereits vor 2024 absolviert haben? Ja. Aktuell gibt es den Ausbildungsgang zum Sachkundenachweis allerdings noch nicht. Die Trägerschaft unter der Schirmherrschaft des BAG arbeitet zurzeit an den Ausbildungsgängen.
Ändert die V-NISSG etwas bezüglich des Laserfähigkeitsausweises? Muss man den Laserfähigkeitsausweis überhaupt noch machen? Ein Laserfähigkeitsausweis ist für Ärztinnen und Ärzte nicht Pflicht, aber als Fachverband empfehlen wir den Erwerb im Sinne einer gründlichen Ausbildung und Fortbildung. Bei Schadensfällen ist es sinnvoll, eine gute Ausbildung nachweisen zu können. Für die Abrechnung von Laserleistungen zulasten der gesetzlichen Krankenkassen oder der Unfallkasse ist ein Fähigkeitsausweis Pflicht.
Wenn eine Kosmetikerin oder ein Kosmetiker in einer Arztpraxis eigene Pa-
tienten mit Klasse-4-Lasern behandelt, kann die Kosmetikerin oder der Kosmetiker dann eine Rechnung in eigenem Namen ausstellen? Nein, das ist nicht möglich. Die Begründung finden Sie in der Antwort auf die nächste Frage.
Können Ärztinnen und Ärzte in einem Kosmetikinstitut tätig sein, damit die Kosmetikerin oder der Kosmetiker unter deren Aufsicht lasern darf? Wenn Ärztinnen oder Ärzte das tun, entspricht das der Führung einer Arztpraxis an einem Zweitstandort. Der Zweitstandort ist der Gesundheitsdirektion zu melden. Entsprechend sind alle Berufsausübungspflichten einzuhalten. Die Ärztin oder der Arzt trägt die Verantwortung z. B. für die Aufbewahrung der Medizinprodukte, für die Lagerung und die Bewirtschaftung der Medikamente (z. B. Botulinumtoxin), für die Wahrung der Rechte der Patienten/ Kunden (Aktenführung, Berufsgeheimnis usw.). In einer Präsenzliste muss über die Anwesenheit der Ärztin oder des Arztes Buch geführt werden. Hier begibt man sich also schnell auf juristisches Glatteis.
In Abschnitt 2, Art. 5 der V-NISSG heisst es: «Ärztinnen oder Ärzte, die zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung befugt sind», dürfen die in der V-NISSG definierten Behandlungen durchführen. Über welche Ausbildung müssen Ärztinnen und Ärzte verfügen? Was heisst genau «die zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung befugt sind»? Braucht es einen bestimmten Facharzttitel oder Fähigkeitsausweis? Oder dürfen jegliche Ärzte ab Staatsexamen Behandlungen mit den genannten Apparaturen gemäss V-NISSG durchführen? Welche Ärztinnen und Ärzte zur Berufsausübung befugt sind, wird für privatwirtschaftlich in eigener fachlicher Verantwortung tätige Ärztinnen und Ärzte durch das Medizinalberufegesetz (MedBG) bestimmt. Für alle anderen
Ärztinnen und Ärzte gelten die einschlägigen Bestimmungen des jeweiligen Kantons. Nach MedBG handelt es sich um Ärztinnen und Ärzte, die der Bewilligungspflicht betreffend die Berufsausübung unterstellt sind bzw. die über eine Berufsausübungsbewilligung verfügen. Darunter fallen seit dem 1. Februar 2020 auch die in einer Praxis angestellten Fachärztinnen/-ärzte. Alle Berufsausübungsbewilligungen werden von den kantonalen Behörden erteilt. Ärztinnen und Ärzte dürfen ihren Beruf nach MedBG nur dann in eigener fachlicher Verantwortung ausüben, wenn sie zusätzlich einen eidgenössischen oder anerkannten ausländischen Weiterbildungstitel erworben haben. Die V-NISSG setzt keinen bestimmten Facharzttitel oder Fähigkeitsausweis voraus, um Behandlungen nach Anhang 2 Ziffer 1 V-NISSG durchzuführen. Ärztinnen und Ärzte, die zur Berufsausübung befugt sind, brauchen keine zusätzliche Sachkunde.
Wie viel Praxispersonal darf unter «direkter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung der Ärztinnen oder Ärzte nach Buchstabe a» tätig sein bzw. Behandlungen nach V-NISSG durchführen? Und müssen diese Personen eine bestimmte Berufsausbildung oder sonstige Weiterbildung haben? Unter direkt unterwiesenem Praxispersonal versteht man Personal, das vom Arzt oder von der Ärztin angestellt ist und unter der Kontrolle, der Aufsicht und der Verantwortung der Ärztin oder des Arztes arbeitet, die oder der während der Behandlung physisch in der Praxis anwesend ist. Dritte, die beispielsweise Räumlichkeiten in einer Arztpraxis mieten, aber unabhängig von einem Arzt ihre Tätigkeiten ausüben, sind damit nicht erfasst. Über die Anzahl des Praxispersonals sagt die Verordnung nichts, deshalb gilt hier keine Beschränkung. Das Praxispersonal braucht ebenfalls keine zusätzliche Sachkunde, da es nur unter direkter Anleitung, Aufsicht und Ver-
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Nachrichten der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML)
antwortung der Ärztinnen oder Ärzte arbeiten darf.
Laut dem neuen Laserschutzgesetz darf man Muttermale nicht mehr lasern. Wenn aber der Patient eine Einwilligung unterschreiben würde, könnte man es trotzdem lasern bzw. wäre es dann erlaubt? Die Verbote nach Artikel 6 V-NISSG gelten absolut und können nicht mittels Einwilligung des Klienten oder Patienten aufgehoben werden. Selbst wenn der Klient oder der Patient in die Ent-
fernung von Melanozytennävi mittels Laser oder IPL einwilligen sollte, macht sich die Person strafbar, welche die entsprechende Behandlung durchführt.
Alle oben stehenden Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen, für deren Richtigkeit kann dennoch keine Haftung übernommen werden. Wenden Sie sich bei Unsicherheiten bitte immer an die zuständige Behörde.
Wir wünschen Ihnen in diesem Sinne ruhige Fahrwasser.
Sebastian Rümmelein für die SGML
Autoren: Sebastian Rümmelein, Prof. Dr. iur. Tomas Poledna (Poledna RC AG), Dr. Bettina Rümmelein
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