Transkript
Die Glosseschreiber von links: Kurt Hausammann, Franco Weyland, Hansjörg Lang und Jürg Weber
Ihr Hausarzt – ein verlässlich weiser und Berater
S ieben Jahre lang durften wir vier Thurgauer Landärzte mit Freude die «Sprechstunde» als hausärztliche Plattform nutzen. Die oftmals von einem Augenzwinkern begleiteten Schreiben sollten Ihnen das Denken und Wirken des «medicus ruralis simplex», also des einfachen Landarztes, in Form einer regelmässigen Glosse näherbringen. Weshalb war uns das so wichtig? In den sieben Jahren versuchten wir, Ihnen die Sicht des Hausarztes nahezubringen, denn leider sind der Hausarzt und die hausärztliche Medizin nach wie vor vom Aussterben bedroht. Damit Sie den Hausarzt dereinst nicht im Museum (be-)suchen müssen, haben uns vier weitere Hauptgründe für unseren Einsatz
motiviert: Uns hat es erstens Freude gemacht, in der «Sprechstunde» zu zeigen, dass auch mit einfachen Gedankengängen, Erklärungen, Massnahmen und Handlungsanweisungen Wesentliches zur Gesundheitsversorgung beigetragen werden kann, und zwar auf dem Land wie in der Stadt. Zweitens versuchten wir aufzuzeigen, wie dankbar, hochinteressant und vielseitig das Arbeitsfeld des Haus- und Landarztes ist. Wir hatten und haben noch immer die Hoffnung, etwas zur Akzeptanz und zur Förderung des Hausarztwesens beizutragen. Dies im Vorfeld der in den letzten Jahren endlich zunehmend in Gang gekommenen politischen und öffentlichen Diskussion zur Bedeu-
tung der Hausarztmedizin. Leider bleibt es uns nun verwehrt, diesen Prozess bis zur Realisierung des bundesrätlichen Masterplanes oder bis zur Abstimmung über die Initiative zur Förderung der Hausarztmedizin am Rande zu unterstützen. Hiermit verbunden ist ja die Idee, dass in Land- und Talregionen, mit oft nur einem praktizierenden Arzt, die Nachfolge geregelt werden kann. Drittens haben wir versucht, der Leserschaft den Unterschied zwischen Hausarzt- und Spezialarztwesen und die Bedeutung einer sinnvollen Arbeitsteilung dieser beiden Berufssparten aufzuzeigen. Es wäre schön, wüsste der Patient mehr über das vielfältige Leistungsangebot seiner Dorfpraxis. Denn nicht jeder
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LANDARZTGLOSSE
her Weg-
Patient mit einer einfachen Schnittverletzung muss gleich in die Notfallstation des nächsten Spitals fahren oder bei einer einfachen Augenentzündung den Augenarzt aufsuchen. Wir Hausärzte können aber nur Nachfolger rekrutieren, wenn die Bevölkerung weiterhin Vertrauen in das Können und in die Erfahrung eines Dorf- und Landarztes hat. Und wenn sich das Problem nicht abschliessend in der Dorfpraxis lösen lässt, so ist der Hausarzt zumindest ein verlässlicher Wegweiser und Berater, wenn es darum geht, sich in der komplizierteren Welt der Spezialisten und Spitäler besser zurechtzufinden. Viertens möchten wir daran erinnern, dass die «Sprechstunde» im Prinzip ur-
sprünglich als Mittel zur Förderung und Erhaltung der Selbstdispensation (direkte Medikamentenabgabe durch den Hausarzt) diente. Das Fernziel der flächendeckenden Erlaubnis für die ärztliche Medikamentenabgabe ist noch nicht erreicht; die Akzeptanz scheint jedoch gestiegen zu sein. Gerne hätten wir die Leserschaft noch weiter unterhalten und mit Geschichten aus den Landarztpraxen informiert. Wir hoffen, Ihnen in den sieben Jahren das eine oder andere Aha-Erlebnis beschert zu haben, und danken Ihnen für Ihre Lesetreue.
*Dr. Jürg Weber ist Hausarzt mit eigener Praxis in Wigoltingen (TG).
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Der Hausarzt – bald eine ausgestorbene Spezies? Abdruck mit Genehmigung des Nebelspalter Verlags, Horn