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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Coronaviruspandemie
Kein Schutz vor südafrikanischer Coronavirusmutante
In einer Studie in Südafrika schützte der Impfstoff von AstraZeneca nicht vor COVID-19-Erkrankungen, welche durch die zuerst in Südafrika identifizierte Mutante B.1.351 (501Y.V2) verursacht wurden. Der Impfstoff mit den Bezeichnungen ChAdOx1 nCoV-19, AZD1222 beziehungsweise Vaxzevria® wurde von Swissmedic bis anhin nicht zugelassen (Stand: 6. April 2021).
In die randomisierte, doppelblinde Studie wurden 2026 HIV-negative Erwachsene von 18 bis 65 Jahre (Altersmedian: 30 Jahre) eingeschlossen: 1011 erhielten den Impfstoff, 1010 das Plazebo. Eine leichte bis mittelschwere COVID19-Erkrankung trat bei 23 von 717 Personen (3,2%) mit Plazebo auf, mit dem Impfstoff bei 19 von 750 Personen (2,5%). Das entspricht einer Wirksamkeit von 21,9 Prozent. Bei 39 der 42 Personen mit COVID-19 war die südafrikanische Mutante B.1.351 verantwortlich. Die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen diese Mutante betrug 10,4 Prozent. In den Serumproben fand sich in vitro bei den mit dem Verum geimpften Personen zwar eine höhere Aktivität gegen die Mutante als bei denjenigen, die Plazebo erhalten
hatten, für einen tatsächlichen Schutz
vor COVID-19 reichte das aber offen-
bar nicht aus.
«Mit einem 2-Dosen-Regime des Impf-
stoffs ChAdOx1 nCoV-19 zeigte sich
kein Schutz vor einer durch die
B.1.351-Mutante verursachten leichten
bis mittelschweren COVID-19-Erkran-
kung», so das Fazit der Studienautoren.
Schwere Verläufe traten weder in der
Plazebo- noch in der Verumgruppe auf,
sodass hierzu keine Aussagen gemacht
werden konnten.
RBO s
Madhi SA et al.: Efficacy of the ChAdOx1 nCoV-19 Covid-19 Vaccine against the B.1.351 Variant. N Engl J Med. 2021; published online ahead of print, Mar 16, 2021.
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Coronaviruspandemie
Handhygiene und Hautschutz
Foto: Tora Chu, Unsplash
Eine aktuelle Studie mit 114 Beschäftigten am Universitätsklinikum München
(OP/Intensivstation) ergab, dass nicht nur die Handhygienemassnahmen während der Coronapandemie deutlich zunahmen, sondern auch, dass in der Folge 90 Prozent des Personals klinische Symptome eines Handekzems aufwiesen: Hauttrockenheit (83,2%), Erythem (38,6%), Juckreiz (28,9%), Brennen (21,1%), Schuppung (18,4%), Fissuren (9,6%) und Schmerzen (4,4%). Der Detergenzieneffekt von Seife verstärke sich durch das anschliessende Tragen von Handschuhen, während das bei alkoholischen Desinfizienzien nicht der Fall sei, heisst es in einer Medienmitteilung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Auch mindere eine Hautpflege nicht die antiseptische Wirkung von alkoholischen Desinfektionsmitteln. Die DDG empfiehlt deshalb folgende Strategie für Personen, die sich wegen der Pandemie besonders häufig die Hände reinigen müssen:
s Wenn die Hände nicht sichtbar ver-
schmutzt sind und ein viruzides al-
koholisches Händedesinfektions-
mittel zur Verfügung steht, sollte
man das Desinfektionsmittel und
nicht Seife oder Waschlotionen ver-
wenden. Noch besser ist es, wenn
das Händedesinfektionsmittel haut-
barriereschützende Hilfsstoffe wie
Glycerol enthält.
s Nach jeder Waschung und/oder Des-
infektion sollte die Haut der Hände
vollständig mit einem Pflegepräpa-
rat eingecremt werden, das die Re-
generation der Hautbarriere unter-
stützt.
s Beim Auftreten von Hautverände-
rungen im Sinne eines Handekzems
sollte eine hautärztliche Behandlung
eingeleitet werden.
RBO s
Medienmitteilung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft vom 29. März 2021.
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ARS MEDICI 8 | 2021
Allergologie
Pollensaison beginnt immer früher
Rückspiegel
Foto: Ekaterina Novitskaya, Unsplash
Der Temperaturanstieg in den vergangenen drei Jahrzehnten hat dazu geführt, dass die Pollensaison in der Schweiz früher beginnt, länger dauert und intensiver ist als zu früheren Zeiten. Das sind die Ergebnisse einer Studie des Schweizerischen Tropen- und PublicHealth-Instituts (Swiss TPH), die in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSwiss) durchgeführt wurde. Blütenpollen von Bäumen, Gräsern und Kräutern verursachen bei etwa einem Fünftel der Schweizer Bevölkerung saisonale Allergien. «Bei mindestens vier allergenen Pflan-
zenarten beginnt die Pollensaison heute frü-
her als noch vor 30 Jahren, manchmal sogar
schon vor dem Jahreswechsel», so Dr. Mar-
loes Eeftens, Studien- und Gruppenleiterin
beim Swiss TPH.
Das Swiss TPH hat nun eine neue Studie lan-
ciert. Sie soll dazu beitragen, das Wissen über
die vielfältigen gesundheitlichen Auswirkun-
gen von Pollen zu vertiefen, beispielsweise auf
den Blutdruck, die Lungenfunktion, die Kon-
zentrationsfähigkeit, die allgemeine Stim-
mung und den Schlaf.
Für diese Studie werden noch Teilnehmerin-
nen und Teilnehmer gesucht. Sie sollten 18 bis
65 Jahre alt sein, in der Schweiz leben und von
Basel mit öffentlichen Verkehrsmitteln inner-
halb von 40 Minuten erreichbar sein. Gesucht
sind sowohl Personen mit leichten, mittel-
schweren oder schweren Allergiesymptomen
als auch Personen ohne jegliche Pollenaller-
gien. Weitere Informationen:
www.swisstph.ch/epochal
RBO s
Glick S et al.: Multi-decade changes in pollen season onset, duration, and intensity: A concern for public health? Sci Total Environ. 2021;781:146382.
Prävention
ASS schützt Ältere nicht vor Krebs
Studien mit Teilnehmern jüngeren und mittleren Alters sprachen dafür, dass niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS) vor Krebs schützen kann. In einer kürzlich publizierten Studie mit älteren Personen sieht das völlig anders aus. Ein tumorpräventiver Effekt blieb nicht nur aus, sondern die ASS-Gabe könnte bei ihnen sogar zu einer beschleunigten Progression bereits bestehender Tumoren führen. In die randomisierte, doppelblinde Studie «ASPirin in Reducing Events in the Elderly» wurden in Australien und in den USA rund 19 000 Personen ab einem Alter von 70 Jahren aufgenommen, in den USA auch ab 65 Jahre (Afroamerikaner, Hispanics). Die Studienteilnehmer waren zu Beginn frei von kardiovaskulären Erkrankungen, Demenz oder physischen Behinderungen. Sie wurden in 2 Gruppen randomisiert: Die einen erhielten täglich 100 mg ASS, die anderen ein Plazebo. Das Follow-up dauerte im Mittel 4,7 Jahre.
Im Beobachtungszeitraum traten 981 Krebs-
erkrankungen in der ASS- und 952 in der
Plazebogruppe auf. Es gab keine statistisch
signifikanten Unterschiede zwischen den bei-
den Gruppen bezüglich der Anzahl neu auf-
getretener Krebserkrankungen sowie der
Häufigkeit von Leukämien oder soliden Tu-
moren. ASS war assoziiert mit einem leicht
erhöhten Risiko für Tumoren, die zum Zeit-
punkt der Erstdiagnose bereits metastasiert
(Hazard Ratio [HR]: 1,19; 95%-Konfidenz-
intervall [KI]: 1,00–1,43) oder im Stadium 4
waren (HR: 1,22; 95%-KI: 1,02–1,45). Auch
das Risiko, im Beobachtungszeitraum an ei-
nem Tumor im Stadium 3 oder 4 zu sterben,
war mit ASS erhöht (Stadium 3: HR: 2,11;
95%-KI: 1,03–4,33; Stadium 4: HR: 1,31;
95%-KI: 1,04–1,64).
RBO s
McNeil JJ et al.: Effect of Aspirin on Cancer Incidence and Mortality in Older Adults. J Natl Cancer Inst. 2021;113(3):258-265.
Vor 10 Jahren
Umstrittener Salzverzicht
Der Nutzen der Salzrestriktion als Hypertonieprävention wird infolge einer neuen Studie angezweifelt. Die Studie bestätigt zwar, dass der Blutdruck bei einer höheren Kochsalzzufuhr etwas steigt (pro 2,5 g/Tag zusätzlich 1,71 mmHg systolisch, diastolisch kein Effekt), aber es ist kein negativer kardiovaskulärer Effekt mit dem höheren Salzkonsum assoziiert. Von den rund 2000 Studienteilnehmern, die zu Beginn normoton waren, entwickelt in allen 3 Terzilen (2,5, 3,9 und 6,0 g/Tag) ein vergleichbarer Anteil von 26 bis 27 Prozent im Lauf der Zeit eine Hypertonie.
Vor 50 Jahren
Virale Hepatitis auf dem Vormarsch
Als «Zivilisationsseuche» bezeichnet der Münchner Internist Josef Eisenburg die infektiöse Form der Hepatitis, die immer mehr um sich greift. Als neue Infektionsquellen spielen dabei nicht nur gemeinsam genutzte, infizierte Nadeln beim Konsum intravenöser Rauschmittel eine Rolle, sondern auch medizinische Verfahren, wie beispielsweise Dialysegeräte oder Herz-Lungen-Maschinen, und nicht zuletzt mit Hepatitisviren verunreinigte Blutkonserven.
Vor 100 Jahren
Arbeitsmedizin
Das drei Jahre zuvor in Grossbritannien gegründete Industrial Fatigue Research Board legt einen Report zum Einfluss von Raumtemperatur und Abkühlungsdynamik auf die Ermüdung und somit auf die Produktivität der Arbeiter in Schuhfabriken vor. Insbesondere in den Räumen, in denen besonders harte körperliche Arbeit geleistet werden müsse, seien die Kühlung und die Lüftung mangelhaft, heisst es in dem Bericht. Obendrein würden von den Arbeitern häufig noch dicke, wollene Kleidungsstücke getragen, um den Schweiss aufzusaugen, während hier dünnere Kleidung sinnvoller sei. RBO s
ARS MEDICI 8 | 2021
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