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Im Fokus: Urologische Tumoren
Die Systemtherapie beim metastasierten Blasenkarzinom
Ein Update
Trotz Einsatz von Chemotherapie und Immuntherapie ist die Prognose von Patienten mit einem meta stasierten Blasenkarzinom heutzutage leider nach wie vor schlecht; dringend sind effizientere Therapien gefragt. An den letztjährigen Kongressen ASCO und ESMO wurden mehrere wichtige, klinisch relevante Studien präsentiert, die unmittelbar die Systemtherapie dieser Patienten beeinflussen.
DONAT DÜRR, FRANK STENNER
SZO 2021; 1: 19–22.
Donat Dürr Frank Stenner
Das Blasenkarzinom stellt in Bezug auf die Mortalität die achthäufigste Tumorerkrankung in der Schweiz dar. Männer erkranken 3-mal häufiger als Frauen; Rauchen ist nach wie vor der wichtigste Risikofaktor. Mehr als die Hälfte der Karzinome werden in einem Frühstadium diagnostiziert und können mit lokalen Massnahmen angegangen werden. Kommt es jedoch zu einer Infiltration des Detrusormuskels, so steigt das Metastasierungsrisiko beträchtlich. Im Falle einer metastasierten Erkrankung ist die mittlere Lebenserwartung mit etwa 15 Monaten leider weiterhin deutlich eingeschränkt. Somit sind effektivere Systemtherapien dringend gefragt.
Aktuelle Therapieempfehlungen
Basierend auf der im Jahre 2000 von H. von der Maase publizierten Studie sollen Patienten mit einem metastasierten Urothelkarzinom – sofern ihr Allgemeinzustand und die Nierenfunktion dies erlauben – wenn immer möglich mit der Kombination Cisplatin/Gemcitabin behandelt werden (1). In der Studie konnte gezeigt werden, dass diese Kombination etwa gleich gut wirksam ist wie der frühere Standard MVAC (Methotrexat, Vinblastin, Adrimycin, Cisplatin), jedoch mit einer deutlich geringeren Toxizität einhergeht.
Zirka 50% der Patienten sind jedoch ungeeignet für die Applikation von Cisplatin; bei ihnen muss auf die Kombination Carboplatin/Gemcitabin oder auf Monosubstanzen wie Paclitaxel oder Gemcitabin ausgewichen werden. Kommt es nach der Chemotherapie zu einer Progression, so stellen heute die Checkpoint-Inhibitoren die Therapie der Wahl dar. Die Gabe des PD1-Inhibitors Pembrolizumab (Keytruda®) führte in der Phase-IIIStudie KEYNOTE-045 gegenüber einer Chemotherapie mit Paclitaxel, Docetaxel und Vinflunin zu einem signifikanten Vorteil beim Gesamtüberleben (Overall Survival, OS) (2); der PD-L1-Inhibitor Atezolizumab (Tecentriq®) zeigte in der IMvigor211-Studie gegenüber der Chemotherapie, die vom Arzt gewählt wurde, zwar kein verlängertes Überleben, aber eine bessere Verträglichkeit (3). Mit Einführung der CheckpointInhibitoren ist der Einsatz von Vinflunin, welches gegenüber Best Supportive Care erst unter Anwendung einer multivarianten Cox-Analyse einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil zeigte, weiter in den Hintergrund getreten (4). Ebenso hat sich die additive Gabe von Ramucirumab (Cyramza®) zu Docetaxel bei nur marginalem PFS-, jedoch fehlendem OS-Benefit nie durchgesetzt (5).
ABSTRACT
Unfortunately, the prognosis of patients suffering from metastatic bladder cancer is even in the presence of chemo- and immunotherapy still poor; practice changing therapies are urgently needed. The Javelin Bladder-100 study has this character. This study shows that a maintenance therapy with the checkpoint inhibitor Avelumab for non-progressing patients after platin-containing chemotherapy leads to an overall survival benefit of about 7 months. Furthermore, the antibody-drug-conjugate Enfortumab-Vedotin has shown very promising results in phase I and II studies. There, the phase III data are eagerly expected. These new options as well as a personal approach focused on the individual tumors molecular subclass will hopefully improve the prognosis of our patients with bladder cancer.
Keywords: metastatic bladder cancer, Javelin Bladder-100 study, antibody-drug-conjugat, prognosis
Neue Studiendaten zur Erstlinientherapie
Nach Einführung der Checkpoint-Inhibitoren in die Therapie der Urothelkarzinome lag eine Weiterentwicklung in Richtung Kombinationstherapien nahe. In Analogie zum Erfolg beim nicht kleinzelligen Bronchuskarzinom wurde die Kombination CheckpointInhibitor plus gleichzeitige Chemotherapie auch in dieser Indikation intensiv untersucht; am ESMO-Kongress 2019 wurden erstmals die Daten der IMvigor130-Studie präsentiert. In dieser dreiarmigen Phase-IIIStudie verlängerte sich durch die additive Gabe von
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Atezolizumab zur Chemotherapie (Cisplatin/Gemcitabin oder Carboplatin/Gemcitabin) das PFS; nicht aber das Überleben (6). Für eine finale Konklusion ist die mittlere Beobachtungszeit der IMvigor-Studie jedoch noch zu kurz.
KEYNOTE-361 Am virtuellen ESMO-Kongress 2020 präsentiert Ajjai Alva mit KEYNOTE-361 eine sehr ähnliche Studie. Die primären Endpunkte waren PFS und OS der beiden Arme Chemotherapie plus Checkpoint-Inhibitor versus Chemotherapie allein. Leider fielen die Ergebnisse hinsichtlich beider Endpunkte statistisch nicht unterschiedlich aus (7). Damit zeigen nun zwei Studien, dass beim Blasenkarzinom – im Gegensatz zum nicht kleinzelligen Bronchuskarzinom – die unmittelbare Kombination Checkpoint-Inhibitor plus Chemotherapie nicht zum gewünschten Erfolg führt. In der oben erwähnte Studie KEYNOTE-361 gab es noch einen dritten Arm; einen Arm mit Pembrolizu mab-Monotherapie. Da die beiden erwähnten primären Endpunkte negativ ausfielen, fand jedoch keine weitere statistische Auswertung mehr statt. Betrachtet man die beiden Überlebenskurven «Chemotherapie» versus «Checkpoint-Inhibitor» aber mit blossem Auge, so zeigt sich ein auch von anderen Tumoren her bekanntes Phänomen: Während es den Patienten unter Chemotherapie initial besser ging, kreuzten sich die Kurven nach zirka 12 Monaten, und im weiteren Verlauf zeigten die Patienten unter alleiniger Immuntherapie ein zumindest gleich gutes Überleben. Dieses Phänomen erklärt sich am ehesten dadurch, dass initial mehr Patienten auf die Chemoals auf die Immuntherapie ansprechen. Durch die unmittelbar bessere Tumorkontrolle kommt es so für Patienten mit einem lebensnotwendig raschen klinischen Ansprechen durch die Chemotherapie zu einem Überlebensvorteil, der durch den möglicherweise günstigeren längerfristigen Verlauf bei Patien-
ten, die von der Immuntherapie profitieren, in der Ge samtheit nicht mehr ausgeglichen werden kann. Obwohl es wichtig wäre, die Patienten, welche von einer Immuntherapie profitieren, vor Therapiebeginn zu identifizieren, fehlen uns leider bis heute die diesbezüglichen prädiktiven Faktoren. Die Expression von PD-L1 als Surrogatmarker für eine Immunthe rapie mit Anti-PD1-Antikörpern ist im sogenannten Common Positive Score (CPS) abgebildet. Beim Blasenkarzinom scheint dieser aber nicht ausreichend informativ zu sein. Vergleicht man die Hazard Ratio (HR) von Pembrolizumab und Chemotherapie bezüglich OS, so ist sie bei Patienten mit einem CPS von 10 oder höher nicht signifikant unterschiedlich zu unselektionierten Patienten (1,01 versus 0,92).
DANUBE-Studie Die ebenfalls am ESMO 2020 präsentierte und mit Spannung erwartete DANUBE-Studie ging derselben Fragestellung nach. Darin wurde beim fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinom ebenfalls eine Chemotherapie (Cisplatin oder Carboplatin plus Gemcitabin) mit einem Checkpoint-Inhibitor in der ersten Therapielinie verglichen. Als Checkpoint-Inhibitor wurde Durvalumab (Imfinzi®), ein PD-L1-Inhibitor, eingesetzt. In einem dritten Arm der DANUBEStudie erhielten die Patienten eine Kombination aus Durvalumab und dem CTL4-Inhibitor Tremelimumab. Als primäre Endpunkte der Studie waren das Gesamtüberleben (OS) unter Chemotherapie im Vergleich zur Kombination von Durvalumab und Tremelimumab und das OS unter Chemotherapie versus Durvalumab, stratifiziert für Patienten mit einer hohen PD-L1-Expression im Tumor, definiert. «PD-L1 hoch» war definiert mit mehr als 25% PD-L1-positiven Tumoroder Immunzellen. Beide primären Endpunkte fielen negativ aus (8). Interessanterweise wäre Durvalumab plus Tremelimumab gegenüber der Chemotherapie in der «CPS high»-Gruppe positiv geworden, wie
Medianes OS (95%-KI) Monate Avelumab 21,4 (18,9–26,1) Kontrolle 14,3 (12,9–17,9)
Hazard Ratio: 0,69; p = 0,001
Patienten (%)
Monate Abbildung: OS-Kurve: Erhaltungstherapie mit oder ohne Avelumab, Quelle: adaptiert nach (9)
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Thomas Powles am ESMO-Kongress ausführte. Allerdings war diese Analyse ungeplant post hoc durchgeführt worden, was somit nur einen hypothesengenerierenden Effekt hat. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die PD-L1-Inhibition und letztlich auch die Kombination aus Checkpoint-Inhibitor plus CTL4-Inhibitor in einer unselektionierten Patientenpopulation nicht besser zu sein scheint als die etablierte Chemotherapie.
Studie Javelin Bladder-100 Einen anderen Ansatz verfolgte die am ASCO-Kongress 2020 präsentierte Studie Javelin Bladder-100. Patienten, welche unter der Erstlinienchemotherapie mit Carboplatin oder Cisplatin/Gemcitabin keine Progression aufwiesen, erhielten eine Erhaltungstherapie mit dem PD-L1-Inhibitor Avelumab (Bavencio®) oder Best Supportive Care. Hier wurde der primäre Endpunkt – definiert als Verlängerung des OS – klar mit der Erhaltungstherapie mit Avelumab erreicht (OS: 21,4 versus 14,3 Monate, HR: 0,69, p = 0,001) (9). Mit einer 7-monatigen Verlängerung des Überlebens hat für uns diese Studie einen «practice changing»-Charakter. Das sequenzielle Vorgehen – Chemotherapie, danach unmittelbar Einleitung einer Immuntherapie im Sinne einer frühen Zweitlinientherapie oder SwitchMaintenance – macht biologisch durchaus Sinn; unter Erstlinienchemotherapie sehen wir bei Patienten mit einem metastasierten Blasenkarzinom häufig ein Ansprechen. Wird dann nach erreichter Tumorkon trolle ein Checkpoint-Inhibitor gegeben, so hat dieser bessere Ausgangsbedingungen, um seine Wirkung entfalten zu können. Es bleibt anzumerken, dass durch das Kriterium einer fehlenden Tumorprogression unter Erstlinientherapie eine Selektion stattfand. Nur Patienten, bei denen die Chemotherapie einen Nutzen erbrachte, erhielten Avelumab. Intensiv wurde die Frage untersucht, welche der mit Avelumab behandelten Patienten nun am meisten von dieser sogenannten Switch-Maintenance-Therapie profitierten. Patienten mit einer hohen PD-L1-Expression (hier definiert als: 25% oder mehr der Tumorzellen sind PD-L1-positiv; falls 1% der Tumorzellen PD-L1-positiv ist: mindestens 25% der Immunzellen sind positiv; falls weniger als 1% der Tumorzellen PD-L1-positiv ist: 100% der Immunzellen sind PD-1positiv) schienen einen grösseren Benefit zu haben. Die HR lag im Vergleich von Avelumab zur Kontrolle bei 0,56 (PD-L1-Positivität) respektive bei 0,86 (PD-L1Negativität). Basierend auf weiteren Biomarkeranalysen, welche im Rahmen des ESMO-Kongresses 2020 präsentiert wurden, scheinen aber auch andere Faktoren wie die Tumormutationslast und die CD8Zellzahl an der Invasionsfront oder im Tumorzentrum eine Rolle zu spielen (10). Neben den Stärken der Studie müssen aber auch gewisse Schwächen angesprochen werden. Patienten
mit «Best Response» Progressive Disease waren von der Switch-Maintenance mit Avelumab ausgeschlossen. Ausserdem war die Dauer der Immuntherapie, solange keine Progression auftrat, leider unbegrenzt, was ein Stoppen der Therapie im klinischen Alltag erschweren und damit wahrscheinlich in einigen Fällen zu einer Übertherapie führen wird. Es gab auch ein Ungleichgewicht des Nutzens bei Patienten mit viszeralen Metastasen (vM) im Vergleich zu den Patienten ohne viszerale Metastasen (OS mit vM HR: 0,82 vs. 0,54 ohne vM).
Neue Studiendaten zum Vorgehen nach Versagen von Chemo- und Immuntherapie
Die Evidenz für eine Therapie nach Chemo- und Immuntherapie ist heutzutage – noch – gering. Gemäss einer Pressemitteilung vom September 2020 werden demnächst Phase-III-Daten vorliegen, die einen OSBenefit mit einer HR von 0,7 zugunsten von Enfortumab-Vedotin im Vergleich zu einer Chemotherapie nach Wahl des Arztes zeigen sollen (11). Bei Enfortumab-Vedotin (als Padcev® durch die FDA seit September 2019 zugelassen) handelt es sich um ein sogenanntes Antibody-Drug-Konjugat (ADC), gerichtet gegen Nectin-4, ein transmembranöses Protein, welches von Krebszellen im Allgemeinen und von Urothelzellen im Speziellen exprimiert wird. In einer bereits publizierten Phase-I-Studie zeigte Enfortumab-Vedotin bei 155 Patienten eine Ansprechrate von 43%; ein PFS bzw. OS von 5,4 bzw. 12,3 Monaten (12). In der daraufhin durchgeführten Phase-II-Studie liessen sich sehr ähnliche Zahlen reproduzieren. Damit kommen die nun angekündigten Phase-III-Daten nicht völlig überraschend. Als Nebenwirkungen muss mit kutanen Veränderungen wie Hautausschlag, Pruritus und Alopezie gerechnet werden, welche man sich mit einer moderaten Expression von Nectin-4 in der Haut erklärt. Die ebenfalls beschriebene Polyneuropathie ist im Zusammenhang mit dem verwendeten Mikrotubuli-Inhibitor Monomethyl Auristatin E (MMAE) zu sehen. Einen ähnlichen Ansatz wie Enfortumab-Vedotin verfolgt die Substanz Sacituzumab-Govitecan (als Trodelvy® durch die FDA 2020 zur Therapie von triplenegativem Brustkrebs zugelassen). Zu dem gegen
Merkpunkte
n Trotz Einsatz von Chemo- und Immuntherapie ist die Prognose von Patienten mit einem metastasiertem Blasenkarzinom heutzutage leider nach wie vor schlecht.
n In Anbetracht eines imposanten Überlebensvorteiles von mehr als 7 Monaten ist unserer Meinung nach die Studie Javelin Bladder-100 «practice-changing».
n Die Gabe von Enfortumab-Vedotin könnte sich nach Präsentation der Phase-III-Daten als effiziente Option nach Chemo- und Immunchemotherapie etablieren.
n Ein mehr auf die molekularen Subklassen fokussiertes Vorgehen könnte zukünftig die Prognose von Patienten mit nicht resezierbaren oder metastasierten Urothelkarzinomen weiter verbessern.
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Trop-2-gerichteten Antibody-Drug-Konjugat wurde am ESMO-Kongress 2020 eine vielversprechende Phase-II-Studie bei metastatischen urothelialen Karzinomen präsentiert. Bei Trop-2 handelt es sich ebenfalls um ein bei Urothelkarzinomzellen stark exprimiertes Oberflächeneiweiss. Die Ansprechrate war hier zwar mit 27% tiefer, das PFS und das OS waren aber etwa in einem vergleichbaren Bereich (PFS: 5,4 und OS: 10,5 Monate) (13). Als zielgerichtete Substanz kann nach Chemotherapie auch Erdafitinib, ein FGFR1-4-Inhibitor, erwogen werden. Als Voraussetzung für den Einsatz muss aber eine Fibroblast-Growth-Factor-Receptor(FGFR)3-Mutation oder eine FGFR2/3-Fusion am Tumor gewebe vorliegen. In einer von Yohann Loriot und Co-Autoren publizierten Phase-II-Studie konnte gezeigt werden, dass 40% der Patienten nach Progression unter Chemotherapie nochmals ein Ansprechen aufwiesen; Patienten mit einer FGFR3-Mutation schienen mehr von Erdafitinib zu profitieren als Patienten mit einer FGFR2/3-Fusion (14). Zurzeit wird der Nutzen von Erdafitinib noch in einer internationalen Phase-IIIStudie untersucht, an der unseres Wissens kein Schweizer Zentrum beteiligt ist.
Ausblick
Was die zukünftige Behandlung von Patienten mit Blasenkarzinomen anbelangt, so sehen wir im Moment zwei möglichen Strategien: Einerseits sollte versucht werden, die beim Blasenkarzinom zweifelsfreie Wirkung des Immunsystems weiterzunutzen. Nachdem sich die Hoffnungen auf eine synergistische Wirkung von Chemotherapie und Checkpoint-Inhibitoren nicht erfüllt haben, werden andere Wege erforscht werden müssen. Eine Studie, die einen anderen Ansatz verfolgt, war die Studie EV-103, welche am ESMO-Kongress 2019 präsentiert wurde. Therapienaive Patienten mit metastasiertem Urothelkarzinom, die nicht für eine Cisplatin-haltige Therapie infrage kamen, erhielten im Rahmen dieser Phase-I-Studie den Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab in Kombination mit dem Antibody-Drug-Konjugat Enfortumab-Vedotin. Es zeigte sich eine sagenhaft hohe Ansprechrate von 71%, mit einem resultierenden PFS von 12,3 Monaten (15). Basierend auf präklinischen Daten, die beispielsweise auch in Basel generiert wurden, wird postuliert, dass das Spindelgift MMAE des Antibody-Drug-Konjugates eine Immunantwort auf Checkpoint-Inhibitoren verstärkt (16). Diese Hypothese soll nun in einer Phase-III-Studie überprüft werden. Ein anderer Weg, der sich in Zukunft für die Behandlung der Patienten mit einem Urothelkarzinom durchsetzen könnte, wäre ein Vorgehen gemäss molekular determinierter Subgruppen. Von den molekularen Analysen her ist bekannt, dass es sich beim Blasenkarzinom um eine sehr heterogene Erkrankung handelt. Basierend auf einem Konsensus-Papier aus 2020
wird das muskelinvasive Blasenkarzinom nun in 6 Sub-
gruppen unterteilt; diese unterscheiden sich nicht nur,
was die molekularen Veränderungen anbelangt, son-
dern auch bezüglich Immuninfiltration, klinischer Fak-
toren (Alter, Geschlecht, Stadium) und schlussendlich
bezüglich der Prognose (17). Die Hoffnung ist, dass die
differenziertere Einteilung ein differenzierteres Vor-
gehen erlaubt, was wiederum mit einer verbesserten
Prognose einherginge. Dieser Ansatz muss sich aber
erst noch in prospektiv-durchgeführten Studien be-
stätigen.
n
Dr. med. Donat Dürr Leiter Onkologie/Hämatologie Zuger Kantonsspital E-Mail: donat.duerr@zgks.ch
Prof. Dr. med. Frank Stenner Leitender Arzt Onkologie, Stv. Leiter Tumorzentrum Universitätsspital Basel E-Mail: frank.stenner@usb.ch
Interessenkonflikte: Donat Dürr: keine; Frank Stenner: potenzielle Interessenkonflikte im Zusammenhang mit Honoraren für die Teilnahme an Advisory Boards von Roche, Pfizer, MSD, Merck
Quellen: 1. von der Maase H et al.: Gemcitabine and cisplatin versus methotrexate, vinblastine, doxorubicin, and cisplatin in advanced or metastatic bladder cancer: results of a large, randomized, multinational, multicenter, phase III study. J Clin Oncol. 2000; 18(17):3068-3077. 2. Bellmunt J et al.: Pembrolizumab as Second-Line Therapy for Advanced Uro thelial Carcinoma. N Engl J Med. 2017;376(11):1015-1026. 3. Powles T et al.: Atezolizumab versus chemotherapy in patients with platinumtreated locally advanced or metastatic urothelial carcinoma (IMvigor211): a multicentre, open-label, phase 3 randomised controlled trial. Lancet. 2018;391(10122): 748-757. 4. Bellmunt J et al.: Phase III trial of vinflunine plus best supportive care compared with best supportive care alone after a platinum-containing regimen in patients with advanced transitional cell carcinoma of the urothelial tract. J Clin Oncol. 2009;27(27):4454-4461. 5. Petrylak DP et al.: Ramucirumab plus docetaxel versus placebo plus docetaxel in patients with locally advanced or metastatic urothelial carcinoma after platinumbased therapy (RANGE): a randomised, double-blind, phase 3 trial. Lancet. 2017; 390(10109):2266-2277. 6. Galsky MD et al.: Atezolizumab with or without chemotherapy in metastatic uro thelial cancer (IMvigor130): a multicentre, randomised, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet. 2020;395(10236):1547-1557. 7. Alva A et al.: Pembrolizumab (P) combined with chemotherapy (C) vs C alone as first-line (1L) therapy for advanced urothelial carcinoma (UC): KEYNOTE-361. ESMO 2020, Abstract LBA23. 8. Powles T et al.: A phase III, randomized, open-label study of first-line durvalumab (D) with or without tremelimumab (T) vs standard of care chemotherapy in patients with unresectable, locally advanced or metastatic urothelial carcinoma (DANUBE). ESMO 2020, Abstract 6970. 9. Powles T et al.: Avelumab Maintenance Therapy for Advanced or Metastatic Urothelial Carcinoma. N Engl J Med. 2020;383(13):1218-1230. 10. Sridhar S et al.: Avelumab first-line (1L) maintenance + best supportive care (BSC) vs BSC alone for advanced urothelial carcinoma (UC): Association between clinical outcomes and exploratory biomarkers. ESMO 2020, Abstract 6990. 11. «Astellas and Seattle Genetics Announce PADCEV® (enfortumab vedotin-ejfv) Significantly Improved Overall Survival in Phase 3 Trial in Previously Treated Locally Advanced or Metastatic Urothelial Cancer». Pressemitteilung von Astellas und Seattle Genetics, 23. September 2020, Zugriff unter: www.astellas.com/system/files/news/ 2020-09/20200923_en_1_1.pdf. 12. Rosenberg J et al.: EV-101: A Phase I Study of Single-Agent Enfortumab Vedotin in Patients With Nectin-4-Positive Solid Tumors, Including Metastatic Urothelial Carcinoma. J Clin Oncol. 2020;38(10):1041-1049. 13. Loriot Y et al.: TROPHY-U-01 cohort 1 final results: A phase II study of sacituzumab govitecan (SG) in metastatic urothelial cancer (mUC) that has progressed after platinum (PLT) and checkpoint inhibitors (CPI). ESMO 2020, Abstract LBA24. 14. Loriot Y et al.: Erdafitinib in Locally Advanced or Metastatic Urothelial Carcinoma. N Engl J Med. 2019;381(4):338-348. 15. Hoimes C et al.: EV-103: Initial results of enfortumab vedotin plus pembrolizumab for locally advanced or metastatic urothelial carcinoma. ESMO 2019, Abstract 4844. 16. Müller P et al.: Trastuzumab emtansine (T-DM1) renders HER2+ breast cancer highly susceptible to CTLA-4/PD-1 blockade. Science Translational Medicine. 2015;7(315):315ra188. DOI: 10.1126/scitranslmed.aac4925. 17. Kamoun A et al.: A Consensus Molecular Classification of Muscle-invasive Bladder Cancer. Eur Urol. 2020;77(4):420-433.
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