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JOURNAL CLUB
Mammografiescreening
Niedrigere Brustkrebsmortalität bei Screening ab 40 Jahren?
In der Schweiz wird Frauen ab 50 Jahren alle 2 Jahre ein Mammografiescreening angeboten. Autoren einer grossen Studie aus Grossbritannien fanden Hinweise darauf, dass sich ein Beginn des Screenings bereits ab 40 Jahren lohnen könnte.
Ab welchem Alter ein Brustkrebsscreening erfolgen sollte, ist Gegenstand der Diskussion, der Wert eines regelmässigen Screenings bei Frauen unter 50 Jahren ist umstritten. Typischerweise ist bei jüngeren Frauen das Drüsengewebe radiologisch dichter und somit die Sensitivität der Mammografie geringer. Auch sind die Inzidenz und die Mortalität einer Brustkrebserkrankung bei Frauen unter 50 Jahren niedriger, was den potenziellen Gewinn eines Screenings reduziert. Auf der anderen Seite sind Tumoren bei den jüngeren Frauen schneller progredient, häufiger östrogenrezeptornegativ und histologisch ungünstig.
Kontrollierte Studie mit mehr als 160 000 Frauen
Für die randomisierte, kontrollierte Studie UK Age wurden zwischen 1990 und
1997 mehr als 160 000 Frauen im Alter zwischen 39 und 41 Jahren rekrutiert. Ein Drittel davon wurde der Interventionsgruppe zugewiesen und erhielt bis zum 49. Lebensjahr jährlich eine Mammografie. Ab dem 50. Lebensjahr wurden sie wie die anderen zwei Drittel alle drei Jahre zum Screening eingeladen. Median wurden die Frauen 22,8 Jahre nachbeobachtet. Zum Zeitpunkt des 10-Jahres-Follow-up konnte eine signifikante Senkung der Brustkrebsmortalität verzeichnet werden; 83 brustkrebsbedingten Todesfällen in der Interventionsgruppe standen 219 in der Kontrollgruppe gegenüber (relatives Risiko [RR]: 0,75; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,58–0,97; p = 0,029.) Das entspricht einer Reduktion der Mortalität in einer Grössenordnung von 25 Prozent. In den nächsten 10 Jahren wurde keine sig-
nifikante Senkung mehr beobachtet (126 vs. 255 Todesfälle, RR: 0,98; 95%-KI: 0,79–1,22; p = 0,86). Die jährliche Mammografie ab einem Alter von 40 oder 41 Jahren war in der vorliegenden Studie mit einer relativen Reduktion der Brustkrebsmortalität assoziiert, die nach 10 Jahren abgeschwächt wurde. Pro 10 000 Frauen im Alter zwischen 40 und 49 Jahren, die gescreent wurden, konnten 6 brustkrebsbedingte Todesfälle verhindert werden. Das Risiko für eine Überdiagnose bewerteten die Autoren nicht höher als das mit dem Screening ab 50 Jahren einhergehende. Sie folgern, dass die Herabsetzung der unteren Altersgrenze für das Mammografiescreening dazu beitragen könnte, die Brustkrebsmortalität zu reduzieren. I
Mü
Quelle: Duffy SW et al.: Effect of mammographic screening from age 40 years on breast cancer mortality (UK Age trial): final results of a randomised, controlled trial. Lancet Oncol 2020; 21: 1165–1172.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 5/2020
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