Transkript
COPD
Leitlinie zum Absetzen von inhalativen Kortikosteroiden
ERS
Viele COPD-Patienten erhalten heute inhalative Steroide. Doch nicht alle profitieren von dieser Therapie. In einer kurzen Leitlinie hat ein Expertengremium der ERS die Evidenz zum möglichen Absetzen der inhalativen Steroide zusammengefasst und daraus Empfehlungen abgeleitet.
Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sprechen sehr unterschiedlich auf inhalative Steroide (ICS) an: Während es bei manchen zur deutlichen Reduktion in der Häufigkeit von Exazerbationen kommt, beobachtet man bei anderen Patienten nur Nebenwirkungen. Deshalb ist es wichtig, zu wissen, nach welchen Kriterien die Indikation gestellt werden sollte, betonte Prof. Daiana Stolz aus Basel in einer deutschsprachigen Session beim virtuellen Jahreskongress der European Respiratory Society (ERS). Deshalb versuchte eine Expertenkommission der ERS, Kriterien für diese Therapieentscheidung zu identifizieren. Dazu
wurden Studien ausgewertet, in denen bei COPD-Patienten, die mit einer ICS-haltigen Kombinationstherapie behandelt worden waren, die ICS abgesetzt und die nur noch mit Bronchodilatatoren weiterbehandelt worden waren, während eine Kontrollgruppe weiter die ICS-haltige Kombinationstherapie erhielt. Es wurden nur Studien eingeschlossen, bei denen die Patienten auch eine Therapie mit Bronchodilatatoren bekommen haben, die Beobachtungszeit musste länger als 6 Monate sein. Am Ende blieben von den 1385 gescreenten Veröffentlichungen nur vier Studien in der Analyse: COSMIC, WIS-
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ERS
Entzündung
Eosinophilenzahl ≥ 300 Zellen/µl Eosinophilenzahl < 300 Zellen/µl starke Empfehlung für ICS-Fortsetzung bedingte Empfehlung für ICS-Absetzen Evidenz limitiert; individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung im Gespräch mit dem Patienten < 2 pro Jahr und keine Hospitalisierung ≥ 2 pro Jahr oder 1 Hospitalisierung Exzazerbationen Quelle: Chalmers JD et al.: Withdrawal of inhaled corticosteroids in COPD: a European Respiratory Society guideline. Eur Respir J 2020; 55: 2000351 Abbildung: ERS-Empfehlungen zum Absetzen der ICS bei COPD DOM, INSTEAD und SUNSET. In den Studien (bis auf COSMIC) waren Patienten behandelt worden, die keine häufigen Exazerbationen hatten, und in allen berücksichtigten Studien wurde die Fixkombination aus Fluticason und Formoterol eingesetzt. Asthmapatienten wurden in allen diesen Studien ausgeschlossen. Die Auswertung dieser Studien zeigte, dass das Absetzen der ICS nicht mit einer Zunahme der Exazerbationshäufigkeit assoziiert war. Auch die Zeitdauer bis zur ersten Exazerbation war nicht verkürzt. Der Anteil der Patienten, die eine Exazerbation entwickelten, nahm nach Absetzen der ICS im Vergleich zur Fortführung der ICS-Therapie nicht zu. Allerdings konnte die Frage nicht spezifisch für schwere Exazerbationen beantwortet werden, schränkte Stolz ein. In Bezug auf die Lebensqualität wurde eine zwar statistisch signifikante, allerdings nicht klinisch relevante Verschlechterung um 0,87 Punkte im SGRQ registriert (p = 0,05). Bezüglich der Nebenwirkungen, insbesondere der Pneumonien, Download-Tipp ERS-Leitlinie «Absetzen von inhalativen Steroiden bei COPD» Die Leitlinie steht kostenlos zum Download zur Verfügung unter war kein Unterschied festzustellen, und auch die Zahl der Hospitalisierungen aufgrund von Nebenwirkungen war in den Gruppen ähnlich. Für die FEV1 fand sich zwar in drei der vier Studien eine Verschlechterung, allerdings in einem Ausmass, das als nicht klinisch relevant anzusehen sei, betonte Stolz. Bezüglich der Bedarfsmedikation, Dyspnoe und Gesamtmortalität gab es keine Unterschiede. Eine Vorhersage des Therapienutzens der ICS war in Subgruppenauswertungen bei Berücksichtigung der Esosinophilenzahlen möglich: So profitierten scheinbar Patienten mit einer Gesamt-Eosinophilenzahl über 300/µl sowie mit einem relativen Eosinophilenanteil von über 2 Prozent von der ICSGabe. Denn diese Patienten zeigten eine Zunahme der Inzidenz moderater und schwerer Exazerbationen um 63 Prozent bei Absetzen der Steroide. ICS-Stopp bei seltenen Exazerbationen und niedrigen Eosinophilenzahlen möglich Demensprechend wird in der von der ERS-Kommission ent- wickelten Leitlinie empfohlen, dass bei Patienten mit einer COPD ohne häufige Exazerbationen in der Anamnese ein Absetzen der ICS in Erwägung gezogen werden sollte. Patien- ten mit Bluteosinophilenzahlen über 300 µl sollten allerdings weiterhin ICS erhalten. Wenn man die ICS-Therapie stoppen will, dann sollte man sicher sein, dass diese Patienten eine ausreichende Bronchodilatation mit einer oder zwei lang- wirksamen Substanzen bekommen. Unbeantwortet bleibt die Frage zum Vorgehen bei Patienten mit niedrigen Eosino- philenzahlen, aber häufigen Exazerbationen; allerdings war sich die ERS-Expertengruppe einig, dass ein Absetzen nur bei Patienten mit weniger als 2 Exazerbationen pro Jahr sinnvoll sei (siehe Abbildung). Denn die Studie IMPACT hat gezeigt, dass der positive Effekt der ICS in der Subgruppe von Patien- ten mit rezidivierenden Exazerbationen sowie mit schweren Exazerbationen in der Anamnese wesentlich höher war. Ein weiterer Faktor, der für das Ansprechen auf ICS eine Rolle spielt, ist der Raucherstatus: Exraucher und Nichtraucher sprechen eher auf die ICS-Therapie an als aktive Raucher. Solche weiteren Faktoren sollten insbesondere bei Patienten mit Eosinophilenzahlen zwischen 100 und 300/µl berück- sichtigt werden. s Adela Žatecky Quelle: Online-Jahreskongress der European Respiratory Society, Deutsche Session am 8. September 2020. 46 CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Pneumologie | Dezember 2020