Transkript
&K U R Z B Ü N D I G
Aktuelle Studien – kurz gefasst
Hören, um zu sehen
Patienten mit einem halbseitig blinden Sehfeld profitieren davon, Schallreize auf der beeinträchtigten Seite zu hören.
Nachdem die Patienten eine Stunde lang passiv Tönen gelauscht hatten, verbesserte sich ihre Wahrnehmung von Lichtreizen in der blinden Sehfeldhälfte signifikant. Verantwortlich für diesen Effekt sind Nervenbahnen, die Informationen verschiedener Sinne gleichzeitig verarbeiten. Um die Wirksamkeit der Schallreize zu untersu-
chen, führte das Forscherteam an der Ruhr-Universität Bochum, Arbeitseinheit Kognitionspsychologie, vor und nach der akustischen Stimulation einen Sehtest durch. Aufgabe der zehn Patienten war es, die Position von Lichtblitzen im gesunden und im blinden Sehfeld zu bestimmen. Während die Leistung in der intakten Sehfeldhälfte konstant blieb, steigerte sich die Anzahl an richtigen Antworten in der blinden Hälfte nach der Schalldarbietung. Dieser Effekt hielt 1½ Stunden an.
In weiteren Studien wollen die Wissenschafter nun klären, ob sie die Sehfunktion anhaltend verbessern können, wenn sie ihren neuen Therapieansatz wiederholt anwenden. Ausserdem werden sie testen, ob sich die Stimulation des Gehörsinns auch auf komplexere Sehfunktionen als die Detektion von Lichtblitzen auswirkt.
Studie: J. Lewald, M. Tegenthoff, S. Peters, M. Hausmann (2012): Passive auditory stimulation improves vision in hemianopia, PLoS ONE.
Kognitive Störungen zur Früherkennung von Psychosen
Bei der Früherkennung von schizophrenen Erkrankungen könnten Störungen von Konzentration und Gedächtnis eine grössere Rolle spielen als vermutet.
Dies berichtet ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel in einer Metaanalyse mit über 2000 Hochrisikopatienten und Gesunden. Die Untersuchung ist die erste Metaanalyse
von Studien, welche neurokognitive Störungen bei beginnenden psychotischen Symptomen bei einer derart grossen Gruppe systematisch untersucht: In einer Stichprobe von 1188 Hochrisikopatienten und 1029 gesunden Kontrollpersonen wurde nachgewiesen, dass Erstere deutliche neurokognitive Beeinträchtigungen aufwiesen; besonders in zwei der kognitiven Gebiete wurde dies deutlich (Gedächtnis, Sprachkompetenz). Da die bisherigen klini-
schen Hochrisikokriterien noch ungenügend sind, können solche kognitiven Marker die Früherkennung von Psychosen und präventive Interventionen möglicherweise verbessern.
Originalbeitrag: Paolo Fusar-Poli, Giacomo Deste, Renata Smieskova, Stefano Barlati, Alison R. Yung, Oliver Howes, Rolf-Dieter Stieglitz, Antonio Vita, Philip McGuire, Stefan Borgwardt: Cognitive functioning in prodromal psychosis: A meta-analysis; Archives of General Psychiatry. Arch Gen Psychiatry. 2012; 69(6): 562–57.
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