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Dysphagie und Ernährungsstörung bei Demenz
Herausforderung für Betroffene und Umfeld
DYSPHAGIE
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Nicole Bruggisser
Die Veränderungen des Ess- und Trinkverhaltens im Verlauf einer Demenz, die auch schwere Schluckstörungen umfassen können, stellen eine besondere Herausforderung für die Betroffenen und ihr Umfeld dar und erfordern eine behutsame Betreuung mit manchmal schwierigen Entscheidungen. Im Folgenden ein Überblick über therapeutische Interventionen auf Basis der aktuellen Studienlage. Die Evidenz spricht gegen den Einsatz von PEG-Sonden und die nicht hinterfragte Anwendung von Konsistenzanpassungen.
Am Kantonsspital Baden werden in der Logopädie sowohl stationär als auch ambulant Patienten mit Demenz behandelt. Schluckabklärungen, therapeutische Massnahmen sowie die Beratung von Pflege, Ärzten und Angehörigen spielen eine wichtige Rolle.
Demenz und Ernährungsstörung
Schluckstörungen und Ernährungsstörungen treten im Rahmen einer Demenz bei 80 bis 93 Prozent der Patienten auf (1, 2). In diesem Artikel werden die in diesem Zusammenhang typischen Probleme aufgezeigt, ohne auf spezifische Unterschiede zwischen den verschiedenen Demenzformen (Alzheimer-Demenz, Lewy-Body-Demenz, frontotemporale Demenzen, Parkinson-Demenzen, vaskuläre Demenz und sekundäre Demenzen) einzugehen. Durch Malnutrition und Dehydratation bedingte Spitaleintritte kommen bei Demenzkranken 10-mal häufiger vor als bei Gleichaltrigen (3). Pneumonie ist der Grund für 55 Prozent der Spitaleintritte bei Demenz (4). Sowohl die Effizienz als auch die Sicherheit des Schluckens sind Faktoren für erschwertes Essen und Trinken (2). Viele Patienten sind abhängig vom Eingeben, lehnen das Essen zeitweise ab und zeigen Aspirationen und Erstickungsanfälle (3). Neben einer Verminderung der Lebensqualität kann eine demenzbedingte Dysphagie auch zu Kachexie und zum Tod führen (5).
Faktoren für eine Dysphagie und Ernährungsstörung bei Demenz
Die Gründe für eine Ernährungsstörung bei Demenz sind vielfältig. Neben typischen Altersphänomenen wie Inappetenz, einem verminderten Durstgefühl und Muskelabbau (Sarkopenie) sind Abhängigkeit und eine eingeschränkte Wahrnehmung zum Beispiel von Geruch oder Geschmack (4, 6) weitere Probleme.
Speisen werden teilweise als fremd wahrgenommen oder lösen Angst vor Vergiftung aus, fehlendes Zeitgefühl und Gedächtnisprobleme können zur ständigen Annahme führen, eben erst gegessen zu haben. Medikamente mit der Nebenwirkung Mundtrockenheit und damit eine lange Kauphase mit schnell eintretendem Sättigungsgefühl sind weitere Faktoren. Die Fähigkeit, den Essensvorgang zu planen und zu initiieren, die Aufmerksamkeit zu halten und Hilfsmittel wie Besteck korrekt zu erkennen, sind eingeschränkt. Hinzu kommen Verhaltensprobleme wie hastiges Essen mit ungeschluckten Residuen im Mund oder Ausspucken (6, 7). Auch Depressionen oder Immobilität können eine Inappetenz zur Folge haben. Ablenkbarkeit und Bewegungsdrang erhöhen den Energiebedarf, aber erschweren es, sich zum Essen Zeit zu nehmen. Ein erhöhtes Sturz- und Frakturrisiko bei Muskelabbau können die Folgen sein. Ein reduziertes Durstgefühl und Angst vor Inkontinenz verhindern oft ausreichendes Trinken (8). Die so entstehende Mangelernährung und Dehydration sind typische Probleme, die wiederum die Symptome der Demenz und die Selbstsorgeproblematik verstärken können. Eine eigentliche Schluckstörung mit Kauproblemen und Sensibilitätseinschränkungen und damit eine erhöhte Aspirationsgefahr treten im Verlauf gehäuft auf (1, 9). Stille Aspirationen (ohne sichtbare Zeichen wie Husten) sind eine besondere Gefahr. Speziell erschwerend sind Probleme mit der Mundhygiene und dem Zahnstatus, damit geht eine erhöhte Gefahr für Aspiration von kontaminiertem oralem Sekret einher (3, 4). Abbildung 1 zeigt Faktoren für eine Schluckund Ernährungsstörung bei Demenz.
Abklärung Dysphagie
Eine differenzierte logopädische Schluckabklärung umfasst Anamnese, Aufmerksamkeitstestung, orofa-
Nicole Bruggisser
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2020 11
DYSPHAGIE
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Eine PEG-Sonde (PEG = Perkutane endoskopische Gastrostomie) kann bei einigen Krankheitsbildern ein Hilfsmittel zur überbrückenden Bedarfsdeckung sein – bei Menschen mit Demenz ist aufgrund der aktuellen Forschungslage aber dezidiert davon abzuraten. Entgegen der guten Absicht ist eine signifikante Lebensverkürzung die Folge (8, 9, 14 –18): Komplikationen wie Perforationen, Dislokation, Blutungen, Infektionen, Undichtigkeiten, Dekubiti und Reflux sind häufig (13), der Ernährungszustand verbessert sich nicht, und speziell ist eine Zunahme von Aspirationspneumonien (deren Auftreten man verhindern wollte) zu verzeichnen. Die Massnahme «nichts per os» führt zu einer bakteriellen Kolonialisation der Mundflora, was eine der erwiesenen Ursachen von Pneumonien ist (14, 19, 20). Auf der sozialen Ebene führt eine PEG oft zu Agitiertheit, nötigem Fixieren, weniger Stimulation und Kontakt zu Pflegepersonen durch die fehlende Zuwendung beim Essen. Der Patientenwille, der für die ethische Entscheidungsfindung wichtig ist, kann oft nicht eindeutig ermittelt werden, speziell wenn keine Patientenverfügung vorliegt. Für die stellvertretenden Angehörigen ist es entscheidend zu wissen, dass die Empfehlung gegen eine PEG nicht heisst, den Patienten nun «verhungern zu lassen» oder ihn nicht mehr gut zu betreuen. Alternativen müssen aufgezeigt und eine sorgfältige Beratung über die zu erwartende Entwicklung des Schluckens bei Demenz angeboten werden (9, 14 –16). Geeignete und ungeeignete therapeutische Interventionen Der Umgang mit einer Dysphagie bei Patienten mit degenerativen Erkrankungen wie Demenz erfordert nicht nur Einfühlungsvermögen und das Bewusstsein, dass eine vollständige Wiederherstellung des ungestörten Schluckvorgangs nicht möglich ist. Ebenso wichtig ist es, sich bei einschneidenden Entscheidungen der aktuellen, bereits umfangreichen Evidenz zu geeigneten und ungeeigneten Massnahmen bewusst zu sein. Die Tabelle fasst die Evidenzlage zu Massnahmen bei demenzbedingten Schluckund Ernährungsstörungen zusammen. Kostanpassungen nur bedingt gerechtfertigt Eine weitverbreitete Massnahme bei Dysphagie ist eine Anpassung der Konsistenzen, sei es zum Beispiel das Pürieren von Kost oder das Eindicken von Getränken für eine langsamere Fliessgeschwindigkeit. Auch wenn das vordergründig als Sicherheitsmassnahme einleuchten mag, gibt es dafür keine ausreichende Evidenz. Im Gegenteil, die Studienlage zeigt, dass die Nachteile gravierend sind. Zusätzlich zur eingeschränkten Lebensqualität durch veränderte Nahrungsmittel und damit verbunden weniger Zufuhr bestehen auch physiologisch negative Folgen (11). Das Eindicken verhindert in Videofluoroskopien zwar teilweise Aspirationen, begünstigt aber sekundäre und stille Aspirationen durch vermehrte Residuenbildung und führt langfristig sogar zu mehr Pneumonien (5). Weitere Folgen sind Dehydratation, ein schlechterer Ernährungszustand und erhöhte Mortalität (12). Die vermehrte Kauarbeit bei normal fester Kost und flüssigen Getränken scheint zu besserem Speichelmanagement, weniger Infekten und weniger Hospitalisationen zu führen (4, 13). Nur bei ausgeprägter Bolusaspirationsgefahr bei stark verminderter oraler Verarbeitung können – nach einer sorgfältigen Abklärung aller Alternativen – allenfalls pürierte Nahrungsmittel infrage kommen (4, 13). Oft behalten aber Menschen mit Demenz pürierte Speisen lange im Mund und aspirieren still, da kein klarer sensorischer Input zur Verarbeitung hilft (9). Beim Trinken sind Flüssigkeiten vorzuziehen, solange ein ausreichender Hustenstoss vorhanden ist. Hier ist es wichtig, mit Aufklärung und Schulung die Gewohnheiten des Betreuungsteams anzusprechen und auch die tatsächlichen bekannten Faktoren für Aspirationspneumonien zu erläutern (Tabelle). Auch das Schlucken von Medikamenten wird evaluiert. Nicht mit Sicherheit ausschliessen lässt sich in der klinischen Untersuchung eine stille Aspiration. Entsprechend ist in Zweifelsfällen eine instrumentelle Dysphagieabklärung angezeigt: eine Videofluoroskopie (Röntgenschluckuntersuchung) oder eine endoskopische Schluckuntersuchung (FEES). Therapeutische Massnahmen werden aus der Gesamteinschätzung abgeleitet. Unterstützende Massnahmen Klassisch logopädische Therapiemassnahmen bei Dysphagie wie funktionelle Übungen und Kompensationsstrategien sind oft bei eingeschränkter Kognition nicht langfristig umzusetzen. Umso mehr lässt sich durch eine unterstützende Umgebung für das Essen und Trinken erreichen – in diesem Sinne hat die Beratung von Betreuungspersonen den wichtigs- 12 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2020 DYSPHAGIE Tabelle: Sinnvoller therapeutischer Umgang mit Dysphagie und Ess- und Trinkstörungen bei Demenz Symptomatik Therapeutische Interventionen Positive Effekte Negative Effekte Evidenz Dysphagie Aspirationsgefahr Logopädische und ggf. instrumentelle Schluckabklärung*, Ermittlung der sichersten Nahrungsaufnahme und des Schluckens von Medikamenten a) Nichts per os b) «risk feeding» – Essen trotz Aspirationsgefahr Ineffiziente orale Verarbeitung, Aspirationsgefahr a) Kostanpassungen, Konsistenzmodifikationen (z. B. pürieren, Getränke eindicken) b) Normale feste Kost und freie Flüssigkeiten Inappetenz und reduzierte Trinkmenge Zahnprobleme Bedarfsdeckung Fingerfood, einfach erreichbare Getränke, angepasste Portionen, Geschmacksvorlieben kennen, Ernährungsberatung involvieren, stetige Nahrungsangebote ohne Druck, Anreicherung, Tagesstruktur, gemeinsame Zubereitung, gemeinsames Essen Zahnärztliche Massnahmen, ausgezeichnete Mundhygiene PEG, Sondenernährung Agnosie (Essen nicht erkennen) Schwieriges Essverhalten, Ablehnung Optimierung von Aussehen, Temperatur, Geruch des Essens, Küche öffnen, vertraute ruhige Essensumgebung, Ess-Trink-Rituale Logopädische Schulungen für Betreuungspersonal Ernährungsstörung Sorgfältige Angehörigenberatung Risikovermeidung durch angepasste Schluckbedingungen, Beratung des Betreuungsteams, Hilfsmitteleinsatz, Haltungsoptimierung Kürzere Spitalaufenthalte, bessere Ernährung und Hydrierung. Wichtig: gute Teamkommunikation und Angehörigengespräche Kurzfristig weniger Husten, weniger Erstickungsanfälle Weniger Aspirationspeumonie, mehr Kauarbeit, Speichelverarbeitung, weniger Zahnkrankheiten, weniger Infektanfälligkeit Verbesserter Ernährungsstatus, soziale Teilhabe, Gruppenzugehörigkeit, positive gemeinsame Erlebnisse Weniger Pneumonien bei Mundgesundheit Verknüpfung mit Essenserinnerungen, familiäres Setting, bessere Zugänglichkeit ohne Zeitdruck Wissen über fortgeschrittene Demenz und ethische Fragestellungen, Umgang mit Unsicherheit, Handlungsrepertoire Aufklärung bezüglich Angst vor dem Verhungern, Begleitungsmöglichkeiten aufzeigen, bessere assistierte Autonomie Grenzen der direkten logopädischen Therapie bei Demenz: aktive Kompensationsstrategien oder funktionelle Übungen schwierig umzusetzen Hohe Pneumonie- und Mortalitätsrate, mehr Spitalaufenthalte Langfristig mehr Pneumonien (stille Aspiration bei Eingedicktem, sekundäre Aspiration bei Residuen**), Akzeptanzproblem, weniger Lebensqualität, Dehydratation, Malnutrition Risiko Bolusaspiration: sorgfältig abschätzen Keine Verbesserung des Ernährungsstatus, höhere Sterblichkeit: Komplikationen wie Pneumonie (bakterielle Kolonialisation der Mundflora, Reflux), Infekte, Perforation, Blockaden, Lecks, Dislokation, Diarrhö/Druckulzera, Blutungen, geringe Lebensqualität (Fixierung, weniger Pflegekontakte, weniger positive Wahrnehmungserfahrungen) 4, 7, 9, 21, 22 4, 9, 13, 18 4, 17, 20 5, 11, 12, 13, 23, 24, 25, 26 13 3, 7, 18, 20 7, 9, 13 4, 8, 9, 13, 14, 15, 18, 20, 21, 27 7, 20 3, 6, 7, 18 9, 15, 16, 18, 20 * instrumentelle Schluckabklärungen: z. B. Videofluoroskopie (Röntgenschluckabklärung), FEES (endoskopische Schluckuntersuchung) ** Risikofaktoren für eine Aspirationspneumonie: schlechte Mundhygiene, Mundinfektionen, Sondenernährung, Abhängigkeit vom Eingeben, Immobilität, Anzahl Medikamente, kognitive Einschränkungen, eingeschränkte Atemfunktion, Multimorbidität, reduziertes Immunsystem, Rauchen (13, 19) Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2020 13 DYSPHAGIE Abb. 2: Fingerfood an beliebten Orten kann zum Essen ermuntern Abb. 3: Zusammen anstossen erleichtert den Einstieg ins Trinken ten Stellenwert. Das Ziel soll eine grösstmögliche Autonomie, soziale Teilhabe und Lebensqualität für die betroffenen Menschen sein. Folgende Anregungen können helfen (3, 6–8, 13, 21): zahnärztliche Behandlung, intensive Mundpflege, Zeit und Ruhe bei der Essbegleitung, über den Tag verteilt kleine Portionen anbieten, eventuell in Form von Fingerfood, das an oft begangenen Orten verteilt steht, individuelle Geschmäcke kennen und berücksichtigen, vertraute Rituale wie das Anstossen zur Trinkermutigung nutzen, bekannte Speisen verwenden, Zusammenarbeit mit der Ernährungsberatung, gutes Würzen mit Kräutern, die Küchentür beim Kochen offen halten, die Betroffenen bei der Vorbereitung einbeziehen, gemeinsame familienartige Tische, Haltungsanpassungen – und viel Geduld und Einfühlungsvermögen. Eine angepasste Kommunikation mit wenig Information, aber jeweils guter Vorbereitung des nächsten Schrittes und allenfalls Berührungen und Humor können einer Verweigerung entgegenwirken. Auch wenn die innere Logik eines Menschen mit Demenz nicht immer von aussen nachvollziehbar ist, hilft eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den gezeigten Gefühlen bei der Kommunikation. Sorgen der Angehörigen aufgrund der geringen Essensmenge gegen Ende des Lebens müssen gemeinsam angesprochen werden. Es ist wichtig, diese Angst zu relativieren und die Angehörigen dafür zu sensibilisieren, dass das zwanglose gemeinsame Sitzen am Tisch oder auch die Mundpflege Zeichen liebevoller Zuwendung sein können. Beispiel einer Patientensituation im Spital Zu einer Patientin mit einer frontotemporalen Demenz wurde die Logopädin gerufen, da sie das Essen mehrheitlich verweigerte und immer wieder beim Trinken hustete. Die Pflegefachperson hatte vorsorglich püriertes Essen bestellt. Die Begegnung fand beim Mittagessen statt, um eine möglichst natürliche Situation ohne Abklärungscharakter zu schaffen. Zusätzlich zur pürierten Kost nahm die Logopädin ein Stück Kuchen mit in der Hoffnung, mit der vertrauteren Konsistenz einen attraktiveren Anreiz setzen zu können. In der Begegnung kam eine Art Gespräch zustande, in dem teilweise verständliche Äusserungen über die Heimat der Patientin aufgegriffen werden konnten, oft aber Wörter ohne nachvollziehbaren Sinn vorkamen. Trotzdem gab es Gelegenheit zum gemeinsamen Lachen, und das Essen konnte eher beiläufig eingegeben werden, wobei die Patientin das Bedürfnis nach Pausen anzeigte und mit viel Zeit auch die Medikamente in flüssiger Form oder als kleine Tabletten, in ein Löffelchen Creme eingepackt, schlucken konnte. Das Husten beim Trinken war auffällig, aber kräftig, und die Patientin genoss das angebotene Cola. Beim Kuchen war Zeit zum Kauen nötig, sie schien ihn aber zu geniessen. Für mehr Lebensqualität konnte deshalb auf weiche Kost umgestellt werden. Schlussgedanken In der beschriebenen Situation waren die Elemente vertraute Konsistenz, Zeit, eine Atmosphäre ohne Druck, das Ernstnehmen von gezeigten Gefühlen und eine nachfolgende Besprechung mit der betreuenden Pflegefachfrau hilfreich. Im Umgang mit Schluckund Ernährungsstörungen ist es speziell wichtig, sich sowohl der medizinischen als auch der ethischen Implikationen von Fragen am Lebensende von Menschen mit Demenz im interprofessionellen Team bewusst zu sein. Gute Kommunikation auch mit den Angehörigen kann helfen, so viel Autonomie und Würde wie möglich zu erhalten. Korrespondenzadresse Nicole Bruggisser, MSc Kantonsspital Baden AG Leiterin Logopädie Im Ergel 1, 5404 Baden E-Mail: nicole.bruggisser@ksb.ch Interessenkonflikte: keine. Die Referenzen finden Sie in der Onlineversion des Beitrags unter www.rosenfluh.ch/ernaehrungsmedizin-2020-04 14 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2020 Literatur: 1. Warnecke T et al.: Dysphagia from a neurogeriatric point of view. 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